Transactions
0293 - Saurer AG
Empfehlung II in Sachen Saurer AG vom 31. Oktober 2006 - Angebotsprospekt
Öffentliches Kaufangebot der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, mit Sitz in Freienbach, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Saurer AG, Arbon – Angebotsprospekt
A.
Die Saurer AG („Zielgesellschaft“ oder „Saurer“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Arbon (TG). Ihr Aktienkapital beträgt CHF 112'019'600 und ist aufgeteilt in 14'548'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 7.70 („Saurer-Aktien“). Die Saurer verfügt zudem über ein bedingtes Aktienkapital in der Höhe von maximal CHF 32'725'000. Die Namenaktien der Saurer sind an der SWX Swiss Exchange („ SWX“) kotiert.
B.
Die OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon („Anbieterin“ oder „Oerlikon“, vormals Unaxis Holding AG), ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Freienbach (SZ). Ihr Aktienkapital beträgt CHF 282'848'740 und ist aufgeteilt in 14'142'437 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 20. Die Namenaktien der Oerlikon sind an der SWX kotiert und werden an der virt-x gehandelt.
C.
Am 6. September 2006 – vor Börsenbeginn – teilte die Oerlikon mittels Pressemitteilung mit, dass sie 24.1% der Saurer-Aktien erworben habe und über Optionen verfüge („Saurer-Optionen“), die Oerlikon zum Bezug von weiteren 20.97% Saurer-Aktien berechtigten. Am selben Tag liess die Oerlikon mittels Pressemitteilung zudem verlauten, dass sie ihren Anteil an Saurer-Optionen ausgebaut habe und zwischenzeitlich über Optionen verfüge, die sie zum Bezug von 26.1% Saurer-Aktien berechtigten.
D.
Ebenfalls am 6. September 2006 kündigte die Oerlikon in den elektronischen Medien an, dass sie ein öffentliches Übernahmeangebot für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Saurer unterbreiten werde („Voranmeldung“).
E.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 6. September 2006 wurde die Zielgesellschaft aufgefordert, zur Voranmeldung der Anbieterin bis am 11. September 2006 Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde der Oerlikon Frist bis zum 14. September 2006 angesetzt, um sich alsdann bei Erhalt der Stellungnahme der Zielgesellschaft dazu zu äussern.
F.
Am 7. September 2006 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung, indem diese in mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wurde. Als Preis des Angebots waren CHF 93.42 je Saurer-Aktie vorgesehen. Das Angebot sollte an folgende Bedingungen geknüpft werden:
„ (a) Die Saurer Aktien, die Unaxis bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist gültig angedient worden sind, repräsentieren, zusammen mit den Saurer Aktien, welche die Unaxis-Gruppe zu diesem Zeitpunkt hält, mindestens 50.01% aller sich zu diesem Zeitpunkt im Publikum befindenden Saurer Aktien (unter vollständiger Berücksichtigung allfälliger Verwässerungseffekte);
(b) Kein Entscheid und keine Verfügung eines Gerichts oder einer anderen Behörde wurde erlassen, welche den Vollzug des Angebotes verbietet;
(c) Alle zuständigen schweizerischen, EU und sonstigen ausländischen Behörden haben die Übernahme der Saurer durch die Unaxis genehmigt und/oder eine Freistellungsbescheinigung erteilt, ohne dass damit Auflagen oder Bedingungen verknüpft worden sind, die insgesamt und auf der Basis des konsolidierten Jahresabschlusses des Geschäftsjahres, welches am 31. Dezember 2005 zu Ende ging, einer Partei:
(I) Kosten und/oder einen Rückgang des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Amortisation
(EBITA) von insgesamt mehr als EUR 15.2 Millionen (auf konsolidierter Basis) verursachen; oder
(II) einen Rückgang des konsolidierten Umsatzes von mehr als EUR 78.5 Millionen bewirken;
(III) einen Rückgang des konsolidierten Eigenkapitals von mehr als EUR 28.7 Millionen verursachen.
(d) Seit dem 31. Dezember 2005 haben keine wesentlichen negativen Ereignisse stattgefunden, und es wurden keine solchen bekannt, die, nach Ansicht einer von Unaxis zu bezeichnenden unabhängigen, international angesehenen Investmentbank oder Revisionsgesellschaft, insgesamt und auf der Basis des konsolidierten Jahresabschlusses der Saurer des Geschäftsjahres, welches am 31. Dezember 2005 zu Ende ging:
(I) Kosten und/oder einen Rückgang des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Amortisation
(EBITA) der Saurer von insgesamt mehr als EUR 15.2 Millionen (auf konsolidierter Basis) verursachen; oder
(II) einen Rückgang des konsolidierten Umsatzes der Saurer von insgesamt mehr als EUR 78.5 Millionen der Saurer bewirken; oder
(III) einen Rückgang des konsolidierten Eigenkapitals der Saurer von mehr als EUR 28.7 Millionen verursachen.
(e) Saurer hat (I) nach Veröffentlichung der Voranmeldung und (II) nach dem Zustandekommen des Angebotes keine Handlungen vorgenommen, die nicht zum normalen Geschäftsgang der Saurer gehören, ausser Saurer ist nach den anwendbaren rechtlichen Bestimmungen dazu verpflichtet;
(f) Die Generalversammlung der Saurer hat keine Fusion, keine Spaltung mit einem Wert von über EUR 126.51 Millionen, und keine Kapitalerhöhung (ob ordentlich, bedingt oder genehmigt) beschlossen und keine zusätzlichen Statutenbestimmungen beschlossen, die Übertragungsbeschränkungen und/oder Stimmrechtsbegrenzungen vorsehen oder sonstwie die Kontrolle oder Rechte eines Mehrheitsaktionärs einschränken;
(g) Mit Ausnahme von öffentlich bekannten Transaktionen hat sich Saurer seit dem 31. Dezember 2005 nicht verpflichtet, Vermögenswerte mit einem Wert oder zu einem Preis von gesamthaft mehr als EUR 126.51 Millionen zu kaufen oder zu verkaufen;
(h) Das Angebot, insbesondere dessen Vollzug, führt nicht dazu, dass Fremdkapital von Saurer im Betrag von mehr als EUR 50 Millionen zur vorzeitigen Rückzahlung fällig wird.“
G.
Am 8. September 2006 teilte die Anbieterin mittels Medienmitteilung mit, sie erhöhe den Angebotspreis auf CHF 110 je Saurer-Aktie.
H.
Ebenfalls am 8. September 2006 reichte die Saurer ein begründetes Gesuch um Fristerstreckung zur Stellungnahme zur Voranmeldung ein. Mit verfahrensleitender Anordnung vom 8. September 2006 erstreckte die Übernahmekommission der Zielgesellschaft die Frist zur Stellungnahme bis 13. September 2006. Gleichzeitig wurde auch der Anbieterin die Frist bis 18. September 2006 erstreckt. Innert der erstreckten Frist reichten sowohl die Saurer als auch die Oerlikon ihre Stellungnahmen bei der Übernahmekommission ein. Auf die Stellungnahmen wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen eingegangen.
I.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 8. September 2006 stellte die Übernahmekommission der Oerlikon einen detaillierten Fragenkatalog betreffend Saurer-Aktien und Saurer-Optionen zu, mit der Aufforderung, die darin gestellten Fragen bis am 14. September 2006 zu beantworten. Überdies wurde die Oerlikon aufgefordert, bis zum genannten Datum auch die in diesem Zusammenhang relevanten Dokumente einzureichen. Innert Frist reichte die Oerlikon die Antworten und die angeforderten Dokumente bei der Übernahmekommission ein. Darauf wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen eingegangen.
J.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 19. September 2006 wurde die Saurer aufgefordert, zu den von der Übernahmekommission mit verfahrensleitender Anordnung vom 8. September 2006 von der Oerlikon eingeforderten Unterlagen und Erklärungen bis spätestens am 21. September 2006 Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde der Oerlikon die Möglichkeit gegeben, sich bis am 25. September 2006 zur Stellungnahme der Saurer zu äussern.
K.
Am 19. September 2006 reichte die Saurer ein begründetes Gesuch um Fristerstreckung für die mit verfahrensleitender Anordnung vom 19. September 2006 (s. lit. J) angesetzte Frist zur Stellungnahme ein. Mit verfahrensleitender Anordnung vom 20. September 2006 erstreckte die Übernahmekommission der Saurer die Frist bis zum 25. September 2006. Gleichzeitig wurde auch der Oerlikon die Frist bis zum 27. September 2006 erstreckt. Innert der erstreckten Frist reichte die Saurer ihre Stellungnahme ein. Am 26. September 2006 reichte Oerlikon ein begründetes Gesuch um Fristerstreckung für die mit verfahrensleitender Anordnung vom 20. September 2006 angesetzte Frist zur Stellungnahme ein. Mit verfahrensleitender Anordnung vom 26. September 2006 erstreckte die Übernahmekommission die in der verfahrensleitenden Anordnung vom 20. September 2006 gesetzte Frist zur Eingabe einer Stellungnahme antragsgemäss bis zum 29. September 2006. Auf die Stellungnahmen der Saurer und der Oerlikon wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen eingegangen.
L.
Am 19. September 2006 hat die Übernahmekommission Untersuchungen bei den Banken, welche an der Emission von Saurer-Optionen beteiligt waren, eingeleitet. Es handelt sich dabei um die Bank Vontobel AG, Zürich („Vontobel“), die Merrill Lynch Capital Markets AG, Zürich, und die Merrill Lynch International Limited, London (beide „Merrill Lynch“), die Zürcher Kantonalbank, Zürich („ZKB“), die Bank Julius Bär & Co. AG, Zürich („Julius Bär“), die Bank Austria Creditanstalt AG, Wien, und die CA IB International Markets Limited, London, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Bank Austria Creditanstalt AG, Wien (beide „Bank Austria“) sowie die NZB Neue Zürcher Bank, Zürich („NZB“). Überdies wurden auch Anfragen gegenüber der Credit Suisse, Zürich („Credit Suisse“) vorgenommen, da die Credit Suisse Securities (Europe) Limited, London („Credit Suisse London“), eine Gesellschaft der Credit Suisse Group mit Sitz in UK, im Laufe des Verfahrens vor der Übernahmekommission als Gegenpartei einer untersuchten Transaktion in Saurer-Aktien genannt worden war. Im Verlaufe der Untersuchungen haben die Vontobel, die Merrill Lynch, die ZKB, die Julius Bär sowie die Credit Suisse der Übernahmekommission gewisse Informationen nicht mitgeteilt, meistens mit dem Hinweis, sie seien aufgrund des Bankkundengeheimnisses nicht in der Lage, der Übernahmekommission alle geforderten Informationen offen zu legen. Die Credit Suisse hat geltend gemacht, bei dem die Transaktion ausführenden Broker handle es sich um eine Gesellschaft der Credit Suisse Group im Ausland (U.K.) und deshalb sei sie „aus rechtlichen Gründen“ nicht in der Lage, der Übernahmekommission die verlangten Informationen zukommen zu lassen. Aus diesem Grund wurden die weiteren Untersuchungen gegenüber den Banken mit Unterstützung der Eidgenössischen Bankenkommission („EBK“) bzw. gegenüber der Credit Suisse mit Unterstützung der Financial Services Authority („FSA“) geführt. Die Untersuchungen bei den Banken wurden am 20. Oktober 2006 abgeschlossen.
Die Untersuchungen haben dabei folgenden Sachverhalt ergeben:
I. Die Rolle der NZB
Die NZB hatte bereits in der Vergangenheit Kontakt zu Herrn Georg Stumpf als Vertreter der Oerlikon und wurde bezüglich Saurer-Aktien von diesem telefonisch kontaktiert, mit der Bitte, ihn beratend bei der Umsetzung derivativer Ideen zur Seite zu stehen. Die NZB hat für die Oerlikon im September Neuemissionen in Saurer-Optionen strukturiert. Die
Emissionen von Saurer-Optionen durch die Julius Bär und die Merrill Lynch kamen auf Anfrage der NZB zustande (vgl. unten II. 3 und IV. 2). Der Erwerb von Saurer-Optionen der Vontobel (s. unten IV.1) für die Oerlikon erfolgte durch die NZB. Ebenfalls im September hat die NZB im Auftrag der M&A Privatbank AG, Wien („M&A Privatbank“) Neuemissionen in derivative Produkte auf Saurer-Aktien strukturiert. Die M&A Privatbank war gemäss Angaben der Oerlikon als Brokerin für die Oerlikon tätig. In dieser Funktion habe sie für die Oerlikon den Kontakt zur NZB hergestellt, der Oerlikon über die NZB Call Optionen auf Saurer-Aktien vermittelt und für die Oerlikon Saurer-Aktien erworben. Eine Tochtergesellschaft der Oerlikon habe ein Wertpapierdepot und ein Kontokorrent-Konto bei der M&A Privatbank geführt. Die NZB führt aus, dass die M&A Privatbank eine Kundin der NZB sei, welche ihr auf regelmässiger Basis telefonisch Aktien- und Optionsaufträge in verschiedenen Titeln erteile.
Die NZB bestätigte, dass sie Gegengeschäfte getätigt habe. Es sei branchenüblich, dass der Vermittler bei weniger liquiden Aktien das Delta der zu Grunde liegenden Aktien eines derivativen Produktes der Bank zur Verfügung stellt. Die NZB hat im vorliegenden Fall mit den Emissionsbanken vereinbart, dass die NZB für das jeweilige Aktiendelta verantwortlich ist. Diese Gegengeschäfte seien am Markt gekauft oder aus Kundenaufträgen generiert worden. Der Erwerb aller Aktien sei nicht aufgrund Vermittlung bzw. Hinweisen von Dritten erfolgt.
II. Vor der Voranmeldung emittierte Optionen
1. Emission von Optionen durch die ZKB
Am 7. August 2006 erfolgte eine unverbindliche Anfrage von Herrn Ronny Pecik an die ZKB für ein Pricing von Optionen auf Saurer-Aktien. Gemäss Angaben der ZKB wurde diese Anfrage rein indikativ und beispielhaft bearbeitet. Am 22. August 2006 fand eine Besprechung zwischen der ZKB und den Herren Georg Stumpf, Verwaltungsratspräsident der Oerlikon, und Ronny Pecik statt. Die ZKB führt aus, Herr Stumpf habe angegeben, in Vertretung der Oerlikon zu handeln und dass Herr Pecik als Berater von Herrn Stumpf tätig sei. An dieser Besprechung wurden Möglichkeiten für ein Derivatgeschäft zwischen der Oerlikon und der ZKB, mit Saurer-Aktien als Basiswert, diskutiert, wobei bekannt gegeben wurde, dass die Oerlikon Saurer-Aktien von der Laxey Partner Limited, Isle of Man („Laxey“), zu kaufen plane.
Verschiedene Varianten (Anzahl, Ausübungspreis, Laufzeit) wurden erörtert. Schliesslich blieb die Idee, die ZKB solle der Oerlikon Call Optionen mit einer Laufzeit von ca. 6 bis 12 Monaten verkaufen; dagegen solle die ZKB Saurer-Aktien als Hedge von der Oerlikon kaufen. In den darauffolgenden Tagen wurden verschiedene Gespräche über die Grösse und die Art der Derivattransaktion geführt.
Am 31. August 2006 wurden die Details der Transaktion an einer Sitzung mit Herrn Pecik besprochen. Die besprochenen Transaktionen waren nach Angabe der ZKB die Folgenden:
Die Oerlikon kauft zwei nicht kotierte Call Optionen von der ZKB mit einem Ausübungspreis von CHF 105 bzw. CHF 110, für eine Laufzeit von 6 bzw. 12 Monaten; bei einem Preis von CHF 9 bzw. CHF 12, basierend auf einer Volatilität von 40% und einem Aktienreferenzkurs von CHF 98 (Kurs vom 30.08.2006); die Anzahl wurde auf je 750’000 Stück (Ratio 1:1) festgelegt. Dagegen verkauft die Oerlikon der ZKB 1'500'000 Saurer-Aktien zu CHF 98. Die Transaktion sollte abgewickelt werden, sobald die Oerlikon im Besitz der Saurer-Aktien sein würde.
Am 4. September 2006 wurden in einem Telefongespräch mit Herrn Pecik die Preise der Optionen nochmals verhandelt. Mit einer Volatilität von 38% ergaben sich Warrant-Preise von CHF 8.40 und CHF 11.50.
Am 5. September 2006 kontaktierten Herr Stumpf und Herr Pecik wiederum die ZKB mit der Bitte, die Aktien anstatt zu CHF 98 zu CHF 120 an die ZKB verkaufen zu können (Differenz: CHF 22). Um ökonomisch dasselbe zu erhalten, wurden die Optionspreise ebenfalls um CHF 22 nach oben angepasst. Somit betrugen die Preise für die Warrants in Abänderung des Termsheets CHF 30.40 und CHF 33.50. Diese Anpassung der Preise änderte für die ZKB nach eigenen Angaben an den Risikoparametern und an der Gesamttransaktion nichts.
Die folgenden Transaktionen wurden alsdann abgewickelt:
· Am 5. September 2006: Verkauf von insgesamt 1'500'000 nicht kotierte Warrants, nämlich 750'000 Call Optionen SAUMY zum Preis vom CHF 30.40 pro Option und 750'000 Call Optionen SAUTM zum Preis vom CHF 33.50 pro Option an die Thurgauer Kantonalbank („Thurgauer KB“), welche die Optionen anschliessend ins Depot der Oerlikon bei der Thurgauer KB einbuchte.
· Am 5. September 2006: Kauf von 780’000 Saurer-Aktien zu einem Preis von CHF 120 pro Saurer-Aktie von der Bank Austria.
· Am 6. September 2006: Kauf von 720’000 Saurer-Aktien zu einem Preis von CHF 120 pro Saurer-Aktie ebenfalls von der Bank Austria. Die ZKB hat bestätigt, dass diese Transaktionen (Erwerb von Saurer-Aktien) in direktem Zusammenhang mit den zwei Derivatgeschäften stehen. Die ZKB kauft als Hedge für die verkauften Optionen (SAUTM und SAUMY) Saurer-Aktien. Die Aktien dienen somit als Absicherung für die verkauften Optionen.
2. Emission von Optionen durch die Bank Austria
Am 5. September 2006 wurde die Bank Austria von der Oerlikon kontaktiert, ob sie bereit wäre, Call Optionen auf insgesamt 1'000'000 Aktien der Saurer zu strukturieren. Die Anfrage erfolgte telefonisch durch Herrn Stumpf. In der Anfrage teilte die Oerlikon der Bank Austria die Eckdaten mit, auf deren Basis die Oerlikon die Bank Austria bat, die Strukturierung zu berechnen (Anzahl der Optionen, Ratio, Laufzeit, Volatilität etc.). Nach erfolgter interner Beurteilung und Berechnung, unter anderem durch das „Structured Products Department“ und Riskmanagement, erfolgte im Lauf des Nachmittags des 5. September 2006 die Rückmeldung an die Oerlikon, dass die Optionen strukturiert werden könnten.
Die Erfassung der Optionen im System der Bank Austria erfolgte am 5. September 2006, das Settlement (i.e. Bezahlung des Optionspreises und Verbuchung der Optionen ins Depot der Oerlikon) erfolgte mit Valuta vom 8. September 2006. Die schriftliche „Confirmation“ dieses Geschäft wurde am 13. September 2006 an die Oerlikon übermittelt. Nach Angaben der Bank Austria sei die Ausstellung von Pre-Confirmations in ihrem Haus nicht üblich.
Mit „Trade Date“ der geschriebenen Option, d.h. am 5. September 2006, hat die Bank Austria 555'000 Saurer-Aktien als Hedge in ihren Eigenbestand zu einem Kaufpreis von CHF 120 pro Saurer-Aktie übernommen. Die Gegenpartei(en) der Hedging Geschäfte wurden der Übernahmekommission mit dem Hinweis auf das österreichische Bankgeheimnis nicht offen gelegt.
Der Preis der Optionen wurde auf der Basis der Anfrage der Oerlikon gemäss einer Black & Scholes Bewertung unter zusätzlicher Berücksichtigung folgender Parameter berechnet: (i) implizite Volatilität am Markt, (ii) Liquidität der Saurer-Aktien und (iii) Skewness. Dadurch hat sich gemäss Angaben der Bank Austria ergeben, dass die von der Oerlikon angefragte Volatilität von 42% nicht darstellbar war. Die Bank Austria kam aufgrund ihrer Analyse der aktuellen Marktsituation, der öffentlich kotierten Optionen auf Saurer-Aktien und der underlying Saurer-Aktie auf die Volatilität von rund 50%. Der Ausübungspreis (CHF 110) basierte auf der Anfrage der Oerlikon, zu diesem Kurs eine Option zu strukturieren. Der Referenzpreis der Optionen betrug CHF 120 und entsprach dem Kurs des ersten Delta Hedges.
3. Emission von Optionen durch die Julius Bär
Die Emission bzw. das Schreiben der Optionen auf Saurer-Aktien durch die Julius Bär erfolgte aufgrund eines Auftrages seitens der NZB. Ein Kontakt der Julius Bär mit der Oerlikon habe in diesem Zusammenhang nicht bestanden. Die Aufträge erfolgten nach einer ersten telefonischen Kontaktnahme seitens der NZB mit dem „Derivatives Sales Desk“ der Julius Bär vom 31. August 2006 und den in diesem Geschäft üblichen telefonischen Vereinbarungen über die Bedingungen des zu emittierenden Produktes. Am 1. September 2006 kaufte die NZB von der Julius Bär je 4'000'000 der Optionen SAUZZ, SAUYY und SAUJB. Die Warrants wurden “Delta neutral“ abgewickelt, d.h. die Julius Bär erwarb von der NZB eine entsprechende Anzahl Saurer-Aktien beim Verkauf der Warrants. Verkauft die Julius Bär einer Gegenpartei zum Beispiel 100'000 Call Warrants mit Delta 0.5, kauft sie dieser Gegenpartei im Gegenzug 50'000 Aktien ab. Vorliegend hat die NZB der Julius Bär einen Teil der zum Hedging notwendigen Saurer-Aktien zur Verfügung gestellt. Gemäss den der Übernahmekommission vorliegenden Unterlagen hat die NZB der Julius Bär am 1. September 2006 im Rahmen einer Blocktransaktion 176'000 Saurer-Aktien zu einem Preis von CHF 110 pro Saurer-Aktie verkauft.
Aus den Unterlagen der NZB geht hervor, dass die Emission von je 4'000'000 der Optionen SAUZZ, SAUYY und SAUJB durch die Julius Bär für die Oerlikon erfolgte. Weiter wird in den Unterlagen der NZB für diese Transaktion die M&A Privatbank als ihre Klientin aufgeführt. Eine entsprechende Anzahl derselben Optionen (SAUZZ, SAUYY und SAUJB) wurde mit Abschlussdatum 1. September 2006 ins Depot der Oerlikon bei der Thurgauer KB eingebucht.
III. Transaktion in Saurer-Aktien über ein Volumen von 3'774'102 bzw. 3'503'336 Aktien
Am 5. September 2006 fand eine ausserbörsliche Transaktion über 3'774'102 Saurer-Aktien zu einem Preis von CHF 120 statt. Die Credit Suisse London hat diese Aktien von der Laxey erworben und sie sodann an die Bank Austria weiterverkauft.
Ebenfalls am 5. September 2006 erwarb die Oerlikon mittels einer Brokerage-Transaktion 3'503'336 Saurer-Aktien. Die Oerlikon beauftragte die Bank Austria, für sie Saurer-Aktien zu erwerben. Der Kauf wurde von der Bank Austria entsprechend ausgeführt, wobei als Gegenpartei die Credit Suisse auftrat.
IV. Nach der Voranmeldung emittierte Optionen
1. Emission von Optionen durch die Vontobel
Die Vontobel hat nach eigenen Angaben keine Transaktionen in Saurer-Optionen mit der Oerlikon abgesprochen. Vorbesprochen wurde die Transaktion von 4'000'000 SAUER Optionen vom 6. September 2006, bei welcher die NZB als Gegenseite auftrat. Inhalt der Vorbesprechung waren die finanziellen Details und die Abwicklung als Delta-Swap: D.h. die Vontobel erhielt von der NZB eine Aktienposition, deren Delta-Exposure gleich gross war, wie das von der Vontobel emittierte und an die NZB gelieferte Delta-Exposure der Derivatpositionen. Die Absicherung der durch die Emission von Optionen entstehenden offenen Risikoposition wurde somit mittels eines entsprechenden Tauschgeschäfts mit der NZB (Optionen versus Aktien, deltabereinigt) vorgenommen. Gemäss Angaben der NZB verkaufte sie der Vontobel 100'000 Saurer-Aktien zu CHF 110.
2. Emission von Optionen durch die Merrill Lynch
Die Merrill Lynch wurde am 15. August 2006 von der NZB kontaktiert. Von Seiten der NZB wurde erklärt, sie werde eventuell in naher Zukunft beim Transfer einer grösseren Aktienposition einer in der Schweiz kotierten mittelgrossen Schweizer Gesellschaft an verschiedene Kunden der NZB involviert sein. Die NZB bat um Auskunft, ob die Merrill Lynch allenfalls eine Anzahl Warrants ausgeben würde. Die Merrill Lynch hat ihre internen Abklärungen am 25. August 2006 abgeschlossen. Die Sales Person wurde angewiesen, die NZB anzufragen, ob allenfalls eine schriftliche Bestätigung betreffend der in der Aktientransaktion involvierten Kunden der NZB erhältlich sei. Die NZB lehnte dies mit dem Hinweis auf die Gepflogenheiten im Handel mit Derivaten als unüblich ab. Am 31. August 2006 bat die Sales Person die Merrill Lynch um Erstellung von indikativen Termsheets für Warrants auf Saurer-Aktien mit verschiedenen Ausübungspreisen. Bei der Verkaufsofferte für die besprochenen Saurer-Warrants vereinbarte die Sales Person mit der NZB, entsprechende Basiswerte (für den Delta Hedge) direkt von der NZB zu kaufen. Die NZB teilte am 5. September 2006 mit, dass sie eventuell an diesem Tag einen „lead order“ für die Derivate geben würde. Am späten Nachmittag des 6. September 2006 wurde sodann von der NZB ein entsprechender „lead order“ erteilt. Darauf wurden die Derivate von der Merrill Lynch geschaffen und (teilweise) an den darauffolgenden Tagen an der SWX kotiert. Die Merrill Lynch betont, mit der Oerlikon habe es keine direkten Kontakte oder Absprachen gegeben. Am 6. September 2006 kaufte die Merrill Lynch von der NZB 430'000 Saurer-Aktien zum Preis von CHF 112 für den Delta Hedge.
V. Tabellarische Übersicht des Optionenerwerbs
M.
Mit Eingabe vom 28. September 2006 reichte die Saurer bei der Übernahmekommission ein Gesuch betreffend Abwehrmassnahmen ein. Nach einem ausführlichen Schriftenwechsel zwischen den Parteien, der am 9. Oktober 2006 abgeschlossen war, hat die Übernahmekommission am 13. Oktober 2006 diesbezüglich eine Empfehlung erlassen (s. Empfehlung I in Sachen Saurer AG – Abwehrmassnahme vom 13. Oktober 2006).
N.
Mit Eingabe vom 2. Oktober 2006 reichte die Saurer bei der Übernahmekommission unaufgefordert ein Gutachten von Prof. Dr. Rudolf Volkart und Dr. Thomas Vettiger („Gutachten Volkart/Vettiger“) zur wirtschaftlichen Betrachtung der Optionsbeteiligung der Oerlikon an Saurer ein. Auf die Eingabe der Saurer und auf das Gutachten Volkart/Vettiger wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen eingegangen.
O.
Am 3. Oktober 2006 wurde die Oerlikon mit verfahrensleitender Anordnung aufgefordert, zur Eingabe der Saurer und dem Gutachten Volkart/Wettiger bis 6. Oktober 2006 Stellung zu nehmen.
P.
Am 5. Oktober 2006 reichte die Oerlikon ein begründetes Gesuch um Fristerstreckung für die mit verfahrensleitender Anordnung vom 3. Oktober 2006 angesetzte Frist zur Stellungnahme ein. Mit verfahrensleitender Anordnung vom 6. Oktober 2006 erstreckte die Übernahmekommission die in der verfahrensleitenden Anordnung vom 3. Oktober 2006 gesetzte Frist zur Eingabe einer Stellungnahme antragsgemäss bis zum 13. Oktober 2006. Mit fristgerechter Eingabe nahm die Oerlikon zum Gutachten Volkart/Wettiger Stellung und reichte ein Gegengutachten von John Hull und Prof. Alan White zum Kauf der Saurer-Optionen durch Oerlikon ein. Auf die Stellungnahme der Oerlikon sowie auf das eingereichte Gutachten wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen eingegangen.
Q.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 6. Oktober 2006 wurde die Oerlikon aufgefordert, der Übernahmekommission bis spätestens 9. Oktober 2006 mitzuteilen, ob die Oerlikon zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Reduktion bzw. Veräusserung der Anzahl Optionen in Saurer-Aktien beabsichtige bzw. ob die Oerlikon eine solche bereits in die Wege geleitet bzw. in Auftrag gegeben habe. Gegebenenfalls sei detailliert anzugeben, wie diese Reduktion/Veräusserung erfolgen soll bzw. erfolgt ist. Eine allfällige (geplante) Reduktion/Veräusserung der Optionen in Saurer-Aktien sei offenzulegen und detailliert zu begründen. In ihrer fristgerecht eingereichten Stellungnahme liess die Oerlikon verlauten, sie prüfe die Möglichkeit, die von ihr erworbenen Optionen zum Erwerb von Saurer-Aktien auszuüben oder unter gleichzeitigem Erwerb der zugrunde liegenden Saurer-Aktien zu verkaufen. Zur Evaluation dieser Alternativen sei die Oerlikon in Verhandlungen mit Banken, von denen sie Call Optionen erworben habe.
R.
Am 11. Oktober 2006 teilte die Oerlikon mittels Pressemitteilung mit, dass sie die von ihr gehaltenen Optionen zum Erwerb von Saurer-Aktien den emittierenden Banken zurückverkauft und gleichzeitig 2'997’300 Saurer-Aktien, entsprechend 20.6%, zu einem Preis von CHF 116.50 pro Saurer-Aktie erworben habe. Zudem liess die Oerlikon darin verlauten, sie erhöhe den Angebotspreis von CHF 110 auf CHF 116.50 pro Saurer-Aktie und verzichte auf alle in der Voranmeldung aufgeführten Angebotsbedingungen, mit Ausnahme der Wettbewerbsbedingung und der Bedingung, dass kein Entscheid und keine Verfügung eines Gerichts oder einer anderen Behörde erlassen wurde, welche den Vollzug des Angebotes verbietet (vgl. oben lit. F, Bedingung b und c). Des Weitern liess sie verlauten, sie halte per 11. Oktober 2006 44.68% des Kapitals und der Stimmrechte der Saurer. Am 12. Oktober 2006 hat die Oerlikon überdies mit Transaktionsmeldung gemäss Art. 31 BEHG der Übernahmekommission den Kauf von 2'997’300 Saurer-Aktien, entsprechend 20.6% der Stimmrechte, und den Rückverkauf von 22'675'000 Saurer-Optionen, welche zum Bezug von weiteren 26.118% der Saurer-Aktien und Stimmrechte berechtigten, gemeldet.
S.
Mit unaufgeforderter Eingabe vom 12. Oktober 2006 äusserte sich die Saurer zu der von der Oerlikon am 11. Oktober 2006 veröffentlichten Pressemitteilung (vgl. lit. R) bzw. im Wesentlichen zum Rückverkauf der Saurer-Optionen an die emittierenden Banken und zur Best Price Rule. Auf Einzelheiten wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen näher eingegangen.
T.
Mit Medienmitteilung vom 16. Oktober 2006 teilte die Oerlikon mit, sie erhöhe letztmalig den Angebotspreis von CHF 116.50 auf CHF 135 pro Saurer-Aktie. Mit Pressemitteilung vom 17. Oktober 2006 empfahl die Saurer die Annahme des verbesserten Angebots von CHF 135 pro Saurer-Aktie.
U.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 17. Oktober 2006 wurde die Oerlikon aufgefordert, betreffend den Rückverkauf der Saurer-Optionen an die emittierenden Banken und den Erwerb von 2'997'300 Saurer-Aktien der Übernahmekommission bis spätestens 19. Oktober 2006 detaillierte Informationen über Bedingungen und Modalitäten der einzelnen Transaktionen (insbesondere Preis, Volumen, genaue Abschlusszeit und Gegenpartei) unter Offenlegung sämtlicher Dokumente (Kaufabrechnungen, Depotauszüge etc.) zukommen zu lassen. Auf die innert Frist eingereichten Informationen und Dokumente wird – soweit erforderlich – in den Erwägungen eingegangen.
V.
Mit Schreiben der Übernahmekommission vom 17. Oktober 2006 wurde der Vontobel, Merrill Lynch, ZKB, Julius Bär sowie der NZB Gelegenheit gegeben, sich bis zum 20. Oktober 2006 zu Sinn und Zweck und ökonomischen Interesse der Emission und des Rückkaufs von Optionen auf Saurer-Aktien sowie zur Frage, ob sie mit der Oerlikon in gemeinsamer Absprache handeln bzw. gehandelt haben, zu äussern. Innert angesetzter Frist gingen die Stellungnahmen der genannten Banken bei der Übernahmekommission ein. Im Wesentlichen geben sämtliche obgenannten Banken an, dass sie nicht in gemeinsamer Absprache mit der Oerlikon handeln bzw. gehandelt hätten.
W.
Am 18. Oktober 2006 erfolgte die landesweite Verbreitung des öffentlichen Kaufangebots der Oerlikon für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Saurer, indem dieses in mehreren Zeitungen auf Deutsch und Französisch veröffentlicht und den elektronischen Medien zugestellt wurde. Der Angebotspreis beträgt CHF 135. Mit verfahrensleitender Anordnung vom 18. Oktober 2006 wurde die Saurer aufgefordert, bis am 20. Oktober 2006 zum Angebotsprospekt Stellung zu nehmen. Oerlikon ihrerseits hatte danach bis am 24. Oktober 2006 Gelegenheit, sich zur Stellungnahme der Saurer zu äussern. Auf beide innert Frist eingereichten Stellungnahmen wird – soweit erforderlich – im Rahmen der Erwägungen eingegangen.
X.
Ebenfalls am 18. Oktober 2006 wurde die Oerlikon mit verfahrensleitender Anordnung aufgefordert, der Übernahmekommission am gleichen Tag noch die am 16. Oktober 2006 mit Saurer abgeschlossene Transaktionsvereinbarung einzureichen. Auf die innert Frist eingereichte Transaktionsvereinbarung wird – soweit erforderlich – im Rahmen der Erwägungen eingegangen.
Y.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 25. Oktober 2006 gab die Übernahmekommission der Oerlikon und der Saurer bis am 27. Oktober 2006 einerseits die Möglichkeit, sich zum Sachverhalt, welcher sich aus den Untersuchungen gegenüber den Banken ergeben hat (vgl. lit. L), zu äussern. Der Sachverhalt bzw. die Ergebnisse der Untersuchungen gegenüber den Banken wurden von der Übernahmekommission in der verfahrensleitenden Anordnung dargestellt. Andererseits wurde ihnen die Gelegenheit gegeben, sich hinsichtlich der Antworten der Banken (vgl. lit. V), welche der verfahrensleitenden Anordnung (inkl. der Schreiben der Übernahmekommission an die genannten Banken) beigelegt wurden, vernehmen zu lassen. Die Oerlikon wurde zudem aufgefordert, bis am 27. Oktober 2006 die Rolle der M&A Privatbank bei den Transaktionen in Saurer-Optionen und Saurer-Aktien im September 2006 zu erklären.
Z.
Mit Eingabe vom 26. Oktober 2006 stellte die Oerlikon den Antrag, es sei ihr „umfassende Akteneinsicht“ in sämtliche im Rahmen des Verfahrens betreffend öffentliches Kaufangebot der Oerlikon produzierten Akten, insbesondere den der Sachverhaltsschilderung der Übernahmekommission in der verfahrensleitenden Anordnung vom 25. Oktober 2006 zu Grunde liegenden Akten, zu gewähren. Weiter sei ihr für die Stellungnahme zum Sachverhalt und zu den Antworten der Banken eine neue Frist anzusetzen, wobei diese mindestens zwei Börsentage nach Erhalt der Akten betragen müsse und die Frist nicht vor dem 31. Oktober 2006 anzusetzen sei. Zudem sei die für die Erklärung der Rolle der M&A Privatbank angesetzte Frist zu erstrecken.
AA.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 26. Oktober 2006 wurde der Antrag der Anbieterin hinsichtlich der Ansetzung einer neuen Frist für die Stellungnahme zum Sachverhalt und zu den Antworten der Banken abgelehnt. Die Frist hinsichtlich der Erklärung zur Rolle der M&A Privatbank wurde bis zum 30. Oktober 2006 erstreckt.
BB.
Mit Eingabe per Fax vom 27. Oktober 2006, 10.26 Uhr, verlangte die Oerlikon, die Übernahmekommission habe der Oerlikon bis 11.30 Uhr eine Rechtsmittelbelehrung im Zusammenhang mit der verfahrensleitenden Anordnung vom 26. Oktober 2006 zuzustellen.
CC.
Mit Eingabe vom 27. Oktober 2006, 12.25 Uhr, reichte die Oerlikon eine Beschwerde hinsichtlich der verfahrensleitenden Anordnungen vom 25. und 26. Oktober 2006 (vgl. lit. Y und AA) zuhanden der Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission sowie der Übernahmekommission ein. Im Wesentlichen macht die Oerlikon darin geltend, ihr Gesuch um Akteneinsicht (vgl. lit. Z) sei durch die Übernahmekommission in der verfahrensleitenden Anordnung vom 26. Oktober 2006 nicht behandelt worden. Zudem fehle eine Rechtsmittelbelehrung. Das rechtliche Gehör der Oerlikon sei durch die „faktische Verunmöglichung“ der Akteneinsicht vor Ablauf der mit verfahrensleitender Anordnung vom 25. Oktober 2006 angesetzten Frist und aufgrund der „unrealistisch kurzen Fristansetzung“ verletzt worden. Weiter führt die Oerlikon aus, der Präsident des Ausschusses der Übernahmekommission sei nicht kompetent zum Erlass einer Anordnung, in dem das Gesuch der Oerlikon um Akteneinsicht abgewiesen werde. Der Entscheid, welcher das rechtliche Gehör der Oerlikon betreffe, sei vom Ausschuss zu erlassen. Schliesslich gibt die Oerlikon an, sie habe der ZKB nie 1'500'000 Saurer-Aktien verkauft und bestreitet in ihrer Eingabe die Sachverhaltsdarstellung der Übernahmekommission in der verfahrensleitenden Anordnung vom 25. Oktober 2006, soweit diese von der bisherigen Darstellung der Oerlikon abweiche.
DD.
Mit Eingabe vom 27. Oktober 2006 reichte die Saurer innert der ihr mit verfahrensleitender Anordnung vom 25. Oktober 2006 angesetzten Frist ihre Stellungnahme (vgl. lit. Y) ein. Die Saurer betont im Wesentlichen, dass sie vollumfänglich an ihren Stellungnahmen vom 25. September 2006 und 12. Oktober 2006 festhalte und sie diese, im Interesse der Saurer-Aktionäre liegende eingehende Abklärung des relevanten Sachverhalts begrüsse.
EE.
Zur Prüfung der vorliegenden Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Henry Peter (Präsident des Ausschusses), Frau Susan Emmenegger und Herrn Raymund Breu gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Wirkungen der Voranmeldung
1.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann eine Anbieterin ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden, wobei diese Voranmeldung den in Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK genannten Mindestinhalt aufweisen muss. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, die Börseninformationen verbreiten, zuzustellen. Damit die Rechtswirkungen gemäss Art. 9 UEV-UEK an diesen Zeitpunkt geknüpft werden können, genügt gemäss Praxis der Übernahmekommission die blosse Zustellung an ein elektronisches Medium jedoch nicht. Vielmehr hat eine Veröffentlichung der vollständigen Voranmeldung in den Zeitungen zu erfolgen, und zwar innert drei Börsentagen nach Veröffentlichung in den elektronischen Medien (vgl. dazu statt vieler Empfehlung in Sachen Swiss International Air Lines AG von 28. April 2005, Erw. 1.1).
1.2 Im vorliegenden Fall enthielt die am 6. September 2006 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung sämtliche von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK geforderten Angaben. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte rechtzeitig innerhalb von drei Börsentagen am 7. September 2006. Die Voranmeldung entfaltet ihre Wirkungen somit grundsätzlich am 6. September 2006.
1.3 In diesem Zusammenhang macht die Saurer in ihren Eingaben vom 13. September 2006 (vgl. Sachverhalt lit. H) und vom 25. September 2006 (vgl. Sachverhalt lit. K) geltend, am 5. September 2006 seien insgesamt 5'274'102 Saurer-Aktien zu einem Preis von CHF 120 in drei ausserbörslichen Transaktionen gehandelt worden. Angesichts der koordinierten Verkäufe von Saurer-Aktien zu einem Preis von CHF 120 sei davon auszugehen, dass mehrere Aktionäre oder andere Marktteilnehmer privilegiert vor der Veröffentlichung der formellen Voranmeldung vom Übernahmeangebot wussten bzw. darüber informiert wurden. Auch die Tatsache, dass die Oerlikon nach eigenen Angaben vor der formellen Ankündigung Warrants emittierende Banken angefragt habe, ob sie bereit wären, Optionen auf Saurer-Aktien zu schreiben, lasse auf eine Vorabinformation gewisser Marktteilnehmer schliessen. Da das Übernahmeangebot informell ausgewählten Aktionären und/oder Banken bekannt gegeben worden sei, müsse von einer „informellen Voranmeldung“ des Angebots ausgegangen werden, welche mindestens am 5. September 2006, wenn nicht sogar ab oder kurz vor den ersten Optionskäufen am 1. September 2006 stattgefunden habe. Folglich gelte auch die Best Price Rule ab diesem Zeitpunkt.
1.4 Der Argumentation der Saurer kann nicht gefolgt werden. Zwar kann davon ausgegangen und kann auch nicht allen Ernstes von professionellen Marktteilnehmern – wie die vorliegend in die Emission von Call Optionen auf Saurer-Aktien involvierten Banken – abgestritten werden, dass diesen oder zumindest gewissen unter ihnen (immerhin jenen, die direkten Kontakt zur Oerlikon hatten) klar war oder zumindest sein musste, welches wohl der nächste Schritt nach den erfolgten Vorbereitungen für den Aufbau einer Optionsbeteiligung sein würde oder zumindest sein könnte. Dennoch kann nicht nachgewiesen werden, dass die Oerlikon oder die für sie handelnde NZB tatsächlich einen oder gewisse Marktteilnehmer im Voraus über das geplante Übernahmeangebot informiert haben. Überdies kann – selbst wenn man vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck des Börsengesetzes von einer extensiven Auslegung des Begriffs „Voranmeldung“ ausgeht – dennoch nicht jede Äusserung gegenüber Marktteilnehmern als öffentliche Vorankündigung eines Angebots qualifiziert werden (zum Begriff der „Öffentlichkeit“ im Übernahmrecht vgl. Empfehlung in Sachen Intersport PSC Holding AG vom 11. August 2000, Erw. 1.3). Dies würde dazu führen, dass eine Anbieterin vor der Unterbreitung eines
Übernahmeangebots praktisch weder mit Aktionären der Zielgesellschaft (z.B. beim vorgängigen Kauf von Aktien) noch mit Banken Kontakt aufnehmen könnte. Vorliegend ist nicht ersichtlich, inwiefern formell oder materiell von einer Voranmeldung des Kaufangebots auszugehen wäre, welche vor der Voranmeldung vom 6. September stattgefunden hätte. Demzufolge entfaltet die Voranmeldung – wie in Erwägung 1.2 festgestellt – ihre Wirkungen am 6. September 2006.
2. Handeln in gemeinsamer Absprache
2.1 Gemäss Art. 11 UEV-UEK
2.1.1 Für im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handelnde Personen gelten Art. 15 Abs. 1 und 2 BEHV-EBK sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV-UEK).
2.1.2 Nach Art. 11 Abs. 1 UEV-UEK i.V.m. Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt die Anbieterin grundsätzlich in gemeinsamer Absprache mit allen Mitgliedern ihres Konzerns und den sie beherrschenden Aktionären. Im Übrigen handeln gemäss Praxis der Übernahmekommission diejenigen Personen in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin, welche hinsichtlich des Unterbreitens eines öffentlichen Kauf- bzw. Umtauschangebots und dessen Bedingungen ihr Verhalten koordinieren bzw. sich über das Angebot und über dessen Bedingungen geeinigt haben (vgl. Empfehlung in Sachen Tag Heuer International SA vom 7. Oktober 1999, Erw. 3).
2.1.3 Die Saurer und die Oerlikon haben am 13. Oktober 2006 eine Transaktionsvereinbarung bezüglich der Erhöhung des Angebotspreises sowie der Publikation einer Empfehlung zur Annahme des öffentlichen Kaufangebots durch die Oerlikon abgeschlossen (s. Sachverhalt lit. X und Ziff. 5.4 des Angebotsprospekts). Ab diesem Datum handeln die Saurer, die von ihr direkt und indirekt kontrollierten Gesellschaften sowie die von der Oerlikon direkt und indirekt kontrollierten Gesellschaften im Hinblick auf das vorliegende Angebot in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin.
2.1.4 Vorliegend stellt sich überdies die Frage, ob die Banken, welche Optionen emittiert haben, mit der Oerlikon in gemeinsamer Absprache handeln. Was die emittierenden Banken anbelangt, handeln diese nach eigenen Angaben nicht in gemeinsamer Absprache mit der Oerlikon. Sowohl die Emission als auch der Rückkauf der Optionen sei aus rein ökonomischen Zwecken und Interessen und im Rahmen der üblichen Geschäftstätigkeit der Banken erfolgt. Auch die zur Absicherung der emittierten Optionen getätigten Käufe (Delta Hedge) und Verkäufe an die Oerlikon (bzw. an die für sie handelnde NZB) (Auflösung der Hedging Position) von Saurer-Aktien erfolgten aus Sicht der Banken im Rahmen ihrer üblichen Geschäftstätigkeit. Der Übernahmekommission liegen keine Indizien vor, dass die Banken ihr Verhalten mit der Oerlikon abgesprochen bzw. im Hinblick auf das öffentliche Kaufangebot der Oerlikon mit dieser abgestimmt hätten und damit in gemeinsamer Absprache handeln würden.
2.1.5 Überdies stellt sich die Frage, ob die NZB mit der Oerlikon in gemeinsamer Absprache handelt. Die NZB handelte gemäss eigenen Aussagen im Auftrag der Oerlikon. Sie wurde von der Oerlikon beauftragt, ihr „bei der Umsetzung derivativer Ideen zur Seite zu stehen“. Gemäss Aussagen der Banken handelte die NZB allerdings jeweils in eigenem Namen. Sie hat demzufolge als Auftragnehmerin und somit als (indirekte) Stellvertreterin der Oerlikon gehandelt. Von den Vertreterinnen der Anbieterin wird gemäss Art. 11 Abs. 2 UEV-UEK vermutet, dass sie nicht in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handeln. Diese Bestimmung erfasst grundsätzlich alle Berater der Anbieterin, z.B. Anwälte, Investmentbanken, Steuerberater etc. Diese Vermutung kann allerdings – wie jede gesetzliche Vermutung – durch den Beweis des Gegenteils umgestossen werden. Hat das Handeln der Vertreterin einen direkten Einfluss auf den Erfolg des Angebots, ist allenfalls ein Handeln in gemeinsamer Absprache im Sinne von Art. 11 UEV-UEK zu bejahen.
Die NZB hat einen wesentlichen Teil der Optionsstrategie der Oerlikon umgesetzt und koordiniert. Bei denjenigen emittierenden Banken, mit denen sie die Emission der Saurer-Optionen abgesprochen hat, war sie jeweils für die Beschaffung des jeweiligen Aktiendeltas (Delta Hedge) zu Gunsten der emittierenden Banken verantwortlich. Ebenso erfolgte der Rückverkauf der Optionen an die emittierenden Banken und der Kauf der damit verbundenen Saurer-Aktien (Auflösung der Hedge Position durch die Banken) teilweise durch die NZB. Die NZB handelte dabei gegenüber den emittierenden Banken jeweils auf Rechnung der Oerlikon, aber in eigenem Namen. Es ist offensichtlich, dass die durch die NZB getätigten Options- und Aktiengeschäfte einen direkten Einfluss auf den Erfolg des Angebots haben. Allerdings handelte die NZB im Auftrag der Oerlikon und im Rahmen ihrer üblichen Geschäftstätigkeit als Bank bzw. Effektenhändlerin. Insofern ist auch bei der NZB davon auszugehen, dass sie nicht in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelt.
2.1.6 Die Anbieterin hat nach Art. 12 Abs. 1 UEV-UEK die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen offen zu legen. Oerlikon kommt dieser Verpflichtung in Ziff. 3.5 des Angebotsprospekts nach. Mit Bezug auf die in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt auch im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen. Die in gemeinsamer Absprache mit Oerlikon handelnden Personen sind den in Art. 12 UEV-UEK statuierten Pflichten unterworfen. Die Prüfstelle hat zu prüfen, ob diese Personen ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen.
2.2 Gemäss Art. 27 BEHV-UEK
Aufgrund des oben Erörterten ist davon auszugehen, dass die Banken auch nicht im Sinne von Art. 27 BEHV-EBK als mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handelnde Personen zu betrachten sind. Die Banken haben im Rahmen ihrer üblichen Geschäftstätigkeit und nicht im Hinblick auf die gemeinsame Beherrschung der Saurer gehandelt.
3. Anwendbarkeit der Bestimmungen über Pflichtangebote
3.1 Überschreitung des Grenzwerts
3.1.1 Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss diejenige Person, welche direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit mit den Papieren, die sie bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten.
3.1.2 Die Überschreitung des Grenzwerts kann auf verschiedene Weise zustande kommen. Art. 32 Abs. 1 BEHG spricht grundsätzlich von einer Grenzwertüberschreitung durch Erwerb von Beteiligungspapieren. Gemäss Art. 28 Abs. 2 BEHV-EBK umfasst die für das Überschreiten des Grenzwerts massgebliche Beteiligung des Erwerbers sämtliche in seinem Eigentum stehende oder ihm Stimmrechte vermittelnde Beteiligungspapiere, ungeachtet ob die Stimmrechte ausübbar sind oder nicht.
3.1.3 Massgebend für das Auslösen der Angebotspflicht gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG ist grundsätzlich der Eigentumserwerb und somit der Vollzug des zugrunde liegenden Geschäfts (Empfehlung in Sachen Swiss International Air Lines AG vom 28. April 2005, Erw. 3.2; Empfehlung in Sachen Netstal-Maschinen AG vom 17. August 2001, Erw. 1.1).
3.2 Grenzwertüberschreitung mittels Optionen
3.2.1 Massgeblichkeit der ratio legis
3.2.1.1 Grundsätzlich ist der Wortlaut des geschriebenen Rechts naturgemäss der „starting point“ jeder Interpretation. Obwohl der Wortsinn ein wichtiges Indiz für den festzustellenden Normsinn darstellt, heisst dies indessen nicht, dass bei (vermeintlich) klarem Wortlaut keine weiteren Interpretationsschritte anzustellen sind [gegen die formalistische „sens clair-Doktrin“ bzw. „Eindeutigkeitsregel“, gemäss welcher ein eindeutiger Wortlaut nicht interpretativ in Frage zu stellen ist, schon Arthur Meier-Hayoz, Der Richter als Gesetzgeber: eine Besinnung auf die von den Gerichten befolgten Verfahrensgrundsätze im Bereiche der freien richterlichen Rechtsfindung gemäss Art. 1 Abs. 2 des schweizerischen Zivilgesetzbuches, Zürich 1951, 42; Ders., in: Liver et al. eds., Berner Kommentar, Bd. I, Einleitung (Art. 1-10 ZGB), Bern 1962 (Nachdruck 1966), Art. 1 N 178; ebenso Ernst Zeller, Auslegung von Gesetz und Vertrag: Methodenlehre für die juristische Praxis, Zürich 1989, 152f.]. Der Wortlaut, sprich die Literalinterpretation, ist ein Auslegungselement unter anderen, aber nicht einfach per se das allein massgebende. Ob die grammatikalische Interpretation sachlich richtig und angemessen ist, kann erst dann festgestellt werden, wenn zum Wortlautargument weitere interpretatorische Erwägungen, namentlich teleologische, angestellt werden, welche bestätigen, dass Wortsinn auf der einen Seite und Sinn und Zweck des Gesetzes auf der andern im Einklang sind. „Das Gesetz muss (...) nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis, die zu ermitteln dem Gericht allerdings nicht nach seinen eigenen, subjektiven Wertvorstellungen, sondern nach den Vorgaben des Gesetzgebers aufgegeben ist“ (BGE 121 III 219, 224, Erw. 1d). Bei der Auslegung einer Norm ist somit nicht der vordergründig klare Wortlaut entscheidend, sondern der wahre Rechtssinn, die ratio legis (so schon BGE 111 Ia 292, 297). „(...) Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Rechtsnorm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz“ (BGE 121 III 219, 224, Erw. 1d).
3.2.1.2 Aus dem oben Erörterten kann somit zusammenfassend festgestellt werden, dass Aufsichtsbehörden an die Vorgaben des Gesetzes und ihrer Verordnungen gebunden sind. Allerdings ergeben sich diese Vorgaben nicht ausschliesslich aus dem Wortlaut einer Norm. Vielmehr müssen die Vorgaben des Gesetzgebers – wie oben dargelegt – durch Auslegung des Gesetzes, also durch Feststellung von dessen Sinn und Zweck und der ihm zugrunde liegenden Wertungen festgestellt werden, wobei die sprachlich-grammatikalische Interpretation nur eines von verschiedenen Auslegungselementen darstellt, und zwar auch dann, wenn der Wortlaut vordergründig klar scheint [so auch BGE 99 Ib 505, 507: „Indes ist daraus, dass der Wortlaut (...) an sich klar ist, nicht ohne weiteres zu schliessen, dass für eine sinngemässe Auslegung kein Raum bleibe“]. Die alleinige Massgeblichkeit des (vermeintlich eindeutigen) Wortlauts und somit eine ausschliessliche Anwendung des Wortlautarguments bei der Auslegung des Börsengesetzes und der dazugehörigen Verordnungen käme einer ungerechtfertigten – auch vom Bundesgericht zu Recht abgelehnten – Überbewertung des semantischen Auslegungsarguments gleich.
3.2.2 Ratio legis von Art. 32 Abs. 1 BEHG
In Art. 32 BEHG vermutet das Gesetz bei Überschreitung des massgeblichen Grenzwerts einen Kontrollwechsel , welcher grundsätzlich zu einem Pflichtangebot führt. Hauptzweck der Angebotspflicht gemäss Art. 32 BEHG ist der Schutz der Minderheitsaktionäre. Diese sollen im Falle veränderter Kontrollverhältnisse, d.h. im Falle der Übernahme der Kontrolle der Gesellschaft durch einen (neuen) Mehrheitsaktionär oder eine Aktionärsgruppe, die Möglichkeit erhalten, aus ihrer Investition auszusteigen (Ausstiegsrecht). Schutzobjekt der Angebotspflicht gemäss Art. 32 BEHG ist demzufolge das Vertrauen der (Minderheits)-Aktionäre in die Kontinuität der gegebenen Aktionärsstrukturen (s. Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. Februar 1993, Sonderdruck, 49). Zudem besteht der Zweck des Börsengesetzes unter anderem darin, die Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte zu gewährleisten (Art. 1 BEHG). Im Hinblick auf die Regulierung öffentlicher Kaufangebote steht dabei die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Unternehmenskontrollmarktes im Vordergrund, da Übernahmeangebote „das Werkzeug“ des Unternehmenskontrollmarktes darstellen. Dieses allgemeine, in Art. 1 BEHG festgehaltene Schutzziel, ist auch im Rahmen der Auslegung von Art. 32 BEHG zu beachten.
3.2.3 Vorliegen einer teleologischen Lücke
3.2.3.1 Massgebend für das Auslösen der Angebotspflicht gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG ist grundsätzlich, ob die gehaltenen Papiere Stimmrechte beinhalten oder solche vermitteln, ungeachtet ob die Stimmrechte ausübbar sind oder nicht. Insofern fällt der Erwerb von Call Optionen im Allgemeinen nicht in den Anwendungsbereich von Art. 32 Abs. 1 BEHG, solange keine Ausübung stattfindet. In Anbetracht des Erörterten und der ratio legis von Art. 32 BEHG stellt sich allerdings die Frage, ob Art. 32 Abs. 1 BEHG in gewissen Konstellationen nicht doch auf den Erwerb von Call Optionen anzuwenden ist.
Bei der Frage, ob sich trotz Fehlens einer positiven gesetzlichen Anordnung die Anwendung der übernahmerechtlichen Bestimmungen des Börsenrechts auf einen bestimmten Sachverhalt rechtfertigt, muss – wie oben bereits erörtert – mit Hilfe teleologischer Überlegungen festgestellt werden, ob das Gesetz planwidrig eine positive Antwort auf eine Rechtsfrage schuldig bleibt. Es muss also danach gefragt werden, ob der in concreto zu beurteilende Sachverhalt – allerdings abstrakt betrachtet – wertungsmässig nicht der Situation entspricht, die das Gesetz durch eine ausdrückliche Regelung erfasst hat, und ob sich diese gesetzliche Regelung aber
eben im Hinblick auf die Nichteinbeziehung des zu beurteilenden, wertungsmässig gleichgelagerten Sachverhalts, nicht als zu eng erweist (zur sog. teleologischen oder offenen Lücke vgl. Ernst A. Kramer , Juristische Methodenlehre, Bern 1998, 141ff.; Claus-Wilhelm Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz: eine methodologische Studie über Voraussetzungen und Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung praeter legem, 2.A., Berlin 1983, 65ff.). Kommt man zum Schluss, dass eine teleologische Lücke vorliegt, muss die Antwort auf die Rechtsfrage allenfalls praeter verba, sed secundum rationem legis, also zwar ausserhalb des Wortlauts, aber gemäss Sinn und Zweck des Gesetzes, gesucht werden.
3.2.3.2 Im vorliegenden Fall hat die Oerlikon am 5. September 2006 einen Vertrag über 3'503'336 Saurer-Aktien, entsprechend 24.08% der Stimmrechte, abgeschlossen. Der Vollzug dieses Vertrags fand am 8. September 2006 statt. Vom 1. bis und mit 6. September 2006 hat sie überdies 22'675'000 Optionen erworben, die zum Bezug von 3'800'000 Saurer-Aktien, entsprechend 26.12% der Stimmrechte, berechtigten. Der Vollzug dieser Optionen erfolgte gestaffelt zwischen dem 8. September 2006 und dem 13. September 2006. Wie aus lit. L des Sachverhalts hervorgeht, handelte es sich dabei mehrheitlich um OTC Optionen, welche auf Anfrage der Oerlikon bzw. der in ihrem Auftrag handelnden NZB zustande kamen. Die Emissionen der Optionen wurden zum Teil vollumfänglich (z.B. diejenigen der ZKB) bzw. grösstenteils jeweils der Oerlikon zugeteilt. Überdies war die Oerlikon bzw. die im Auftrag der Oerlikon handelnden NZB und die Bank Austria dafür besorgt, dass die emittierenden Banken die zur Absicherung für die verkauften Optionen notwendigen Aktien („Delta Hedging“) im Rahmen sog. „Gegengeschäfte“ („Delta Swap“) erwerben konnten.
Aus den Untersuchungen bei den Banken (vgl. Sachverhalt lit. L) ergibt sich somit eindeutig, dass die Oerlikon im Vorfeld der Voranmeldung mit Unterstützung der NZB und der Bank Austria eine Optionsstrategie verfolgt hat, bei der sie eine Optionsbeteiligung aufbaute, welche sich aus Optionen zusammensetzte, die „taylor made“ ausgestaltet, zumindest speziell für die Oerlikon strukturiert wurden. Fest steht auch, dass die Optionsbeteiligung im Zusammenhang mit der Unterbreitung eines Übernahmeangebots erworben, ja in zeitlicher Hinsicht mit der Veröffentlichung des Angebots abgestimmt war.
3.2.3.3 Aus den Materialien und der Entstehungsgeschichte des Börsengesetzes ergibt sich nirgends der Schluss, dass die in casu relevante Konstellation vom Gesetzgeber erkannt und bewusst nicht geregelt wurde, dass sich also das Gesetz „bewusst“ über diesen Fall ausschweigt (sog. qualifiziertes Schweigen). Demzufolge ist eine teleologische Lücke nach Ansicht der UEK im vorliegenden Fall eindeutig zu bejahen: Wird ein (freiwilliges) Übernahmeangebot unterbreitet, gleichzeitig im Vorfeld oder parallel zum Angebot mittels einer gezielten Optionsstrategie eine Optionsbeteiligung aufgebaut, wobei die Optionskäufe im Zusammenhang bzw. im Hinblick auf das Übernahmeangebot erfolgten, d.h. bezweckt die Optionsbeteiligung die Kontrollübernahme bzw. wird diese dank den den Optionen zugrunde liegenden Aktien ermöglicht, liegt wertungsmässig (teleologisch) betrachtet eine von Art. 32 BEHG anvisierte Kontrollübernahme vor. Dass eine solche Vorgehensweise wie eine Kontrollübernahme wirkt, ergibt sich auch daraus, dass dadurch a priori eine mögliche Auktion, also der Zutritt eines Konkurrenzanbieters, ausgeschlossen ist. Ist im Markt bekannt, dass ein Anbieter 24.08% in Aktien und 26.12% in Optionen der Zielgesellschaft besitzt, steht für einen potentiellen Konkurrenzanbieter im Voraus fest, dass er ohne einen Aktienverkauf des Erstanbieters die Zielgesellschaft nicht kontrollieren kann. In einem solchen Fall ist die spätere Kontrollübernahme bereits in die Wege geleitet. Da somit der in casu zu beurteilende, gesetzlich nicht geregelte Sachverhalt, nämlich die Kontrollübernahme mittels gezielter Optionsstrategie, dem im Gesetz geregelten Fall, nämlich einem Kontrollerwerb durch Stimmrechtserwerb, wertungsmässig entspricht, müssen diese beiden Fälle aufgrund ihrer teleologischen Gleichwertigkeit auch analog beurteilt werden.
3.2.3.4 Dass diese Fälle wertungsmässig gleich behandelt werden müssen, bestätigt auch ein Vergleich mit ausländischen Regelungen, welche jüngeren Datums sind als die Regelung von Art. 32 BEHG und sich somit bewusst mit dieser Problematik auseinandersetzen konnten. Das deutsche Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz („WpÜG“) sieht in § 30 Abs. 1 Nr. 5 in Bezug auf die Frage, ob eine Zielgesellschaft kontrolliert wird, vor, dass Stimmrechte des Bieters Stimmrechte aus Aktien der Zielgesellschaft gleichstehen, die der Bieter durch eine Willenserklärung erwerben kann. Call Optionen führen dann zu einer Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Nr. 5, wenn der Begünstigte den dinglichen Eigentumserwerb an den „veroptionierten“ Aktien jederzeit durch einseitige Handlung herbeiführen kann, ohne dass jemand ihn daran hindern könnte ( Christoph von Bülow, in: Heribert Hirte/Christoph von Bülow eds., Kölner Kommentar zum WpÜG, Köln/Berlin/Bonn/München, 2003, § 30 N 92). Ebenfalls in diese Richtung gehen Vorschläge des englischen Panel on Takeovers and Mergers: „(…) amend Rule 9.1 to provide that if a person (together with his concert parties) acquired shares carrying voting rights, call options and written put options in respect of such shares and long derivatives to such shares which in aggregate amount to 30% or more of a company’s voting rights, he would trigger an obligation to make a mandatory cash offer. (…) In each case, a bid obligation would be triggered regardless of whether the derivative or option was cash or stock settled, of whether it was in or out of the money and of whether (or how) the counterparty hedged its position.” (Consultation Paper issued by the Code Committee of the Panel, Dealings in Derivatives and Options, Outline Proposals relating to Amendments proposed to be made to the Takeover Code and the Sars, 7. Januar 2005, 14.7 b). Aber auch unter dem heutigen Recht werden Optionen allenfalls für den “threshold” von 30% berücksichtigt: “Generally speaking, the acquisition of convertible securities, warrants or options is not treated as an acquisition of the shares into which they can be converted (…). However, if the subscription rights arise from the grant of an option, and the relationship and arrangements between the parties giving and granting the options are such that effective control over those shares has passed to the taker of the option, the Panel may well treat the acquisition as an effective purchase of those shares in determining whether the 30 per cent threshold has been crossed. (…) Similarly, a holding of derivatives referenced to a company’s shares would not necessarily be taken into account in determining whether Rule 9.1 had been triggered. However, where the counterparty buys shares in the company to hedge the derivative the Panel will be concerned as to whether the holder of the derivative and the counterparty are acting in concert in respect of the hedge shares or whether the holder of the derivative has effective control over the hedge shares.” ( Christopher Pearson/Nick Adams, in: Maurice Button ed. , A Practitioner’s Guide to the City Code on Takeovers and Mergers 2005/2006, Surrey 2005, 4.2.4.5; vgl. auch The City Code on Takeovers and Mergers, Notes on Rule 9.1, Nr. 11, Convertible securities, warrants and options).
3.2.3.5 Es ist offensichtlich, dass der Schutz der Minderheitsaktionäre und das Schutzobjekt von Art. 32 BEHG gefährdet wären, wenn auf den hier vorliegenden Fall die Bestimmungen über Pflichtangebote nicht (analog) angewendet würden. Dies würde dazu führen, dass die Anwendung von Art. 32 BEHG durch gezielte Umgehungen verhindert werden bzw. ein eigentliches Pflichtangebot als freiwilliges Angebot „kaschiert“ werden könnte, mit allen damit verbundenen Konsequenzen auf den Angebotspreis (Mindestpreis), die Bedingungen etc. Hinzu kommt, dass die erörterte Optionsstrategie vorliegend den Zweck des Übernahmerechts, nämlich die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Unternehmenskontrollmarktes (s. oben Erw. 3.2.2) gefährdet. Öffentliche Übernahmen sind potentiell immer auch Auktionen, wobei der Auktionsprozess mit dem Erstangebot in Gang gesetzt wird. Aus der Sicht des Aktionärs und im Interesse des Funktionsschutzes ist es entscheidend, dass während der Angebotsfrist jederzeit ein potentieller Auktionszutritt möglich bleibt, unabhängig davon, ob tatsächlich ein Konkurrenzangebot erfolgt. Wie bereits erörtert (s. oben Erw. 3.2.3.3), führt eine Optionsstrategie wie die vorliegende dazu, dass eine mögliche Auktion, also der Zutritt eines möglichen Konkurrenzanbieters faktisch ausgeschlossen und somit die Funktionsfähigkeit des Übernahmemarktes beeinträchtigt wird.
Umgehungshandlungen, mit denen zwingenden gesetzlichen Regelungen ausgewichen werden soll, können allgemein keinen rechtlichen Schutz beanspruchen. Ergibt die ratio legis einer umgangenen Vorschrift, dass ein bestimmter Sachverhalt miterfasst sein sollte, so gilt auch für diesen die Rechtsfolge der (analog angewendeten) umgangenen Norm, auch wenn der zu beurteilende Sachverhalt formal betrachtet, d.h. wörtlich interpretiert, nicht unter den Normtatbestand fällt. Sinn und Zweck einer Bestimmung können nicht durch Berufung auf die „verba legis“ ausgeschaltet werden. Vorliegend ist somit der Erwerb der Optionsbeteiligung durch die Oerlikon dem Erwerb von Saurer-Aktien gleichzustellen bzw. Saurer-Aktien (und ihre Stimmrechte), welche die Anbieterin mittels Call Optionen hätte erwerben können, sind ab Vollzug der Optionsgeschäfte der Oerlikon zuzurechnen.
3.2.4 Optionsbeteiligung als indirekter Erwerb von Aktien
3.2.4.1 Geht man nicht von einer teleologische Lücke aus, gelangt man indessen zum selben Schluss, wenn man – wie die Zielgesellschaft in ihrer Stellungnahme vom 25. September 2006 geltend macht (s. Sachverhalt lit. K) – die Optionsbeteiligung der Oerlikon als indirekten Aktienerwerb qualifiziert.
3.2.4.2 Die Zielgesellschaft macht in ihrer Eingabe vom 25. September 2006 im Wesentlichen geltend, dass die Optionsbeteiligung der Oerlikon im konkreten Sachzusammenhang als indirekter Aktienerwerb zu qualifizieren sei. Dies ergebe sich nicht nur aus der zeitlichen Abstimmung mit dem Übernahmeangebot, sondern unter anderem daraus, dass die Oerlikon sich die den Optionen zugrunde liegenden Aktien gesichert habe und eine Kontrollübernahme bezwecke, die Optionen „taylor made“ und die Optionsbedingungen (ausser dem Optionspreis) von Oerlikon diktiert worden seien, die Oerlikon den Optionspreis mit dem Angebotspreis abgestimmt und die Laufzeiten der Optionen so abgestimmt habe, dass bei der Mehrheit der Optionen die Ausübung erst nach dem vermuteten Ablauf der zeitlichen Geltungsdauer der Best Price Rule stattfinden könne, was eine unzulässige Umgehung der Best Price Rule darstelle.
3.2.4.3 Die Anbieterin bestreitet in ihrer Eingabe vom 29. September 2006 (s. Sachverhalt lit. K), dass es sich bei der Optionsbeteiligung um einen indirekten Aktienerwerb handle. Sie hält der Zielgesellschaft entgegen, unter den Auffangtatbestand des indirekten Erwerbs würden alle jene Vorgänge fallen, in denen jemand zwar nicht das Eigentum, aber doch die Kontrolle über die mit den Beteiligungspapieren verbundenen Stimmrechte erlange. Entscheidendes Kriterium sei die Beherrschung, d.h. es müssten dem indirekten Erwerber Stimmrechte zuwachsen, die ihm die Kontrolle über die Zielgesellschaft verschaffen.
3.2.4.4 Als indirekter Erwerb gelten gemäss Art. 26 BEHV-EBK i.V.m. Art. 9 Abs. 3 lit. d BEHV-EBK alle Vorgänge, die im Ergebnis das Stimmrecht über die Beteiligungspapiere vermitteln können. Es geht dabei um Vorgänge, die zwar nicht das Eigentum, aber die Kontrolle über die entsprechenden Stimmrechte ermöglichen ( Rolf H. Weber, in: Nedim Peter Vogt/Rolf Watter eds., Kommentar zum Schweizerischen Kapitalmarktrecht, Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel, Basel/Genf/München 1999, Art. 29 N 51). Entscheidend ist vor allem, dass der Begriff „indirekt“ auch faktische und nicht nur juristische Kriterien umfasst bzw. den Fremdbesitz dem Eigenbesitz gleichstellt, sofern eine verlässliche und mithin auch juristisch durchsetzbare Machtverbindung besteht ( Jean Nicolas Druey, Die Meldepflicht, SZW Sondernummer 1997, 36-43, 40). Vorliegend wurde dargelegt (s. Sachverhalt lit. L), dass die Oerlikon eine eigentliche Optionsstrategie zwecks Kontrollübernahme verfolgt hat. Nicht nur hat sie die Emission und Strukturierung eines grossen Teils der Optionen selber in Auftrag gegeben. Insbesondere war die Oerlikon bzw. die im Auftrag der Oerlikon handelnden NZB und die Bank Austria auch dafür besorgt, dass die emittierenden Banken die zur Absicherung für die verkauften Optionen notwendigen Aktien im Rahmen sog. „Gegengeschäfte“ erwerben konnten. Es ist offensichtlich, dass zumindest diese Aktien von allem Anfang an der Oerlikon zuzurechnen sind. Diese wurden sozusagen bei den Banken „parkiert“ oder „ausgelagert“ und deren jederzeitiger Abruf mittels Call Optionen gesichert. Derart ausgestaltete Optionsstrategien müssen aufgrund der ratio legis und zur Verhinderung von Umgehungen von Art. 32 BEHG als indirekter Aktienerwerb im Sinne von Art. 26 i.V.m Art. 9 Abs. 3 lit. d BEHV-EBK qualifiziert werden. Vorliegend könnte allenfalls sogar der Tatbestand von Art. 9 Abs. 3 lit. a BEHV-EBK gegeben sein: Auch wenn die Banken – wie von ihnen behauptet – nichts von den Übernahmeabsichten der Oerlikon wussten, ist doch erstellt, dass sie sich im Prinzip für die Optionsstrategie der Oerlikon haben einspannen bwz. instrumentalisieren lassen. Insofern haben sie – bewusst oder unbewusst – die Aktien in eigenem Namen, aber auf Rechnung der Oerlikon gehalten.
3.2.5 Fazit
Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass Stimmrechte aus Saurer-Aktien, welche die Anbieterin mittels Call Optionen hätte erwerben können, ab Vollzug der Optionsgeschäfte der Oerlikon zuzurechnen sind, bzw. dass der Erwerb der Optionsbeteiligung der Oerlikon ab dessen Vollzug als indirekter Aktienerwerb zu betrachten ist. Demzufolge wurde der für die Anwendung von Art. 32 BEHG relevante Grenzwert von 33 1/3% von der Oerlikon vorliegend bereits am 11. September 2006, mit Vollzug des Kaufs von 4'000'000 Mio. Optionen der Vontobel (SAUER; vgl. oben Übersichtstabelle in Sachverhalt lit. L.V), überschritten und nicht erst – wie in der Medienmitteilung der Anbieterin vom 11. Oktober 2006 (vgl. Sachverhalt lit. R) festgehalten – am 11. Oktober 2006.
4. Preis der zugerechneten Aktien bzw. indirekten Aktienkäufe
4.1 Da der Erwerb der Optionsbeteiligung durch die Oerlikon teleologisch dem Erwerb von Saurer-Aktien gleichzustellen bzw. als indirekter Aktienerwerb zu qualifizieren ist, stellt sich die Frage, wie hoch der entsprechende Erwerbspreis für die Saurer-Aktien ist.
Für den Erwerb einer Call Option ist typischerweise eine Optionsprämie (Optionspreis) zu leisten und zwar unabhängig davon, ob die Option später ausgeübt wird oder nicht. Davon zu trennen ist der Bezugspreis (Ausübungspreis, Strike) für den Erwerb der Aktien, den der Optionsberechtigte im Ausübungsfall zu zahlen hat. Um aus der Option den Wert abzuleiten, der für den Erwerb der Aktien gezahlt wurde, d.h. den Wert zu ermitteln, der auf den Erwerb der zugrunde liegenden Aktien entfällt, wird in der Regel die Summe aus Optionsprämie und Ausübungspreis nach den anerkannten Methoden der Optionsbewertung (z.B. Black-Scholes- oder Binomial-Modell) um die laufzeit- und volatilitätsbedingte (Zeit-)Prämie bereinigt.
4.2 Im vorliegenden Fall gelten die Aktien ab Vollzug des Optionsgeschäfts als zugerechnet bzw. indirekt erworben. Insofern ist keine laufzeit- und volatilitätsbedingte (Zeit-)Prämie zu berechnen, da die Restlaufzeit der Option keine Rolle mehr spielt. Entscheidend ist lediglich, wieviel der Erwerber der Optionen im Zeitpunkt der Vereinbarung bereit war, für den Kontrollerwerb zu leisten, respektive wieviel er am Vollzugstag tatsächlich bezahlt hat. Am Tag des Erwerbs war die Oerlikon bereit, den dannzumal geltenden Marktpreis der Option, d.h. die ganze Optionsprämie (ohne laufzeit- und volatilitätsbedingten Abzug) zu leisten bzw. hat sie diesen am Vollzugstag bezahlt. Aus diesem Grund entspricht der Preis für die zugerechneten bzw. indirekt erworbenen Saurer-Aktien der Summe aus dem Ausübungspreis und der Optionsprämie (Optionspreis).
5. Einhaltung der Bestimmungen über Pflichtangebote
5.1 Angebot auf alle Arten von kotierten Beteiligungspapieren
Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHV-EBK hat sich ein Pflichtangebot auf alle Arten von kotierten Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft zu erstrecken. Gemäss Art. 10 Abs. 3 UEV-UEK muss sich ein Angebot sodann auch auf Beteiligungspapiere erstrecken, welche aus der Ausübung von Optionsrechten bis zum Ende der Nachfrist stammen.
Das vorliegende Angebot bezieht sich auf alle bis zum Ende der Nachfrist ausgegebenen, sich im Publikum befindenden Saurer-Aktien (Ziff. 2.2 des Angebotsprospekts). Art. 29 Abs. 1 BEHV-EBK und Art. 10 Abs. 3 UEV-UEK ist somit Rechnung getragen.
5.2 Bestimmungen über den Mindestpreis
5.2.1 Preis des vorausgegangenen Erwerbs
5.2.1.1 Nach Art. 32 Abs. 4 BEHG darf der Angebotspreis höchstens 25% unter dem höchsten Preis liegen, den die Anbieterin in den zwölf letzten Monaten vor Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat.
5.2.1.2 Im vorliegenden Fall wurden durch die Oerlikon oder die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen vor Publikation der Voranmeldung am 6. September 2006 3'603'336 Saurer-Aktien gekauft, wobei der höchste bezahlte Preis CHF 120 betrug. Ebenfalls in der relevanten Periode wurden durch die Oerlikon oder die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen 14'500'000 Optionen zum Kauf von Saurer-Aktien erworben. Der dabei gemäss Erwägungen 3 und 4 höchste bezahlte Preis für die Aktien (Summe aus Ausübungspreis und Optionsprämie) beträgt CHF 143.50 (Option SAUMY der ZKB; vgl. Tabelle im Sachverhalt lit. L.V). Nach Abzug von 25% ergibt dies einen für Art. 32 Abs. 4 BEHG relevanten Preis von CHF 107.65 . Der Angebotspreis von CHF 135 liegt demnach über dem Preis des vorausgegangenen Erwerbs. Somit ist diese Bedingung im vorliegenden Fall erfüllt.
5.2.2 Börsenkurs
5.2.2.1 Nach Art. 32 Abs. 4 BEHG muss der Angebotspreis zudem mindestens dem Börsenkurs der avisierten Titel entsprechen. Dieser Kurs ergibt sich gemäss Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK aus dem Durchschnitt der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung der Voranmeldung an einer Schweizer Börse ermittelten Eröffnungskurse für diese Beteiligungspapiere (Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK i.V.m. Art. 9 Abs. 3 lit. a UEV-UEK).
5.2.2.2 Im vorliegenden Fall entfaltete die Voranmeldung ihre rechtlichen Wirkungen am 6. September 2006 (vgl. oben Erw. 1.4). Der durchschnittliche Eröffnungskurs der Saurer-Aktien der letzten 30 Börsentage vor diesem Datum beläuft sich auf CHF 93.42. Der in casu im Angebot offerierte Preis beträgt CHF 135. Das Angebot der Oerlikon erfüllt somit die Anforderung von Art. 32 Abs. 4 BEHG.
5.2.3 Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass im vorliegenden Angebot die Bestimmungen über den Mindestpreis eingehalten sind.
6. Best Price Rule
6.1 Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK dürfen die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten (sogenannte „Best Price Rule“). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel bereits ab Veröffentlichung der Voranmeldung während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung in Sachen ZKB Visionen vom 23. August 2004, Erw. 4).
6.2 Seit Publikation der Voranmeldung am 6. September 2006 haben die Oerlikon oder die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen 2'997'300 Saurer-Aktien gekauft, wobei der höchste bezahlte Preis CHF 116.50 betrug. Ebenfalls in der relevanten Periode wurden durch die Oerlikon oder die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen 8'175'000 Optionen zum Kauf von Saurer-Aktien erworben. Der dabei im Sinne der Erwägungen 3 und 4 höchste bezahlte Preis für die Aktien, welcher bei einer allfälligen Verletzung der Best Price Rule nicht durch einen Rückverkauf der Optionen „geheilt“ werden könnte (vgl. Empfehlung in Sachen SIG Holding AG vom 26. Oktober 2006, Erw. 3.5.3), beträgt CHF 133.10 (SAUMB der Merrill Lynch; vgl. Tabelle in Sachverhalt lit. L.V). Auch im Rahmen des Rückverkaufs der Optionen und des damit verbundenen Kaufs von Saurer-Aktien durch die Oerlikon wurde insgesamt der Erwerbspreis von CHF 135 nicht überschritten.
Damit ist die Best Price Rule mit dem vorliegenden Angebotspreis von CHF 135 bis anhin eingehalten. Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Regel während des ganzen best price rule-relevanten Zeitraums eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).
7. Bedingungen
7.1. Gemäss Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK muss die Anbieterin innerhalb von sechs Wochen nach Publikation der Voranmeldung ein Angebot veröffentlichen, das den Konditionen der Voranmeldung entspricht. Eine im Angebotsprospekt genannte Bedingung muss deshalb bereits in der Voranmeldung enthalten sein (Art. 7 Abs. 2 lit. f UEV-UEK). Die im Angebotsprospekt enthaltenen Bedingungen sind bereits in der Voranmeldung enthalten. Vorliegend wurden die von der Anbieterin in der Voranmeldung aufgeführten Bedingungen, mit Ausnahme von zwei Bedingungen, im Angebotsprospekt nicht mehr aufgeführt.
7.2 Ein öffentliches Kaufangebot darf grundsätzlich nur an aufschiebende Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt die Anbieterin selbst nicht massgeblich beeinflussen kann (Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK). Diese Bestimmung untersagt der Anbieterin, das Angebot an praktisch unerfüllbare Bedingungen zu knüpfen, so dass das Angebot nur durch den Verzicht auf den Eintritt der Bedingung zustande kommen würde. Falls die Anbieterin aufgrund der Art der aufschiebenden Bedingung einen Beitrag zu deren Eintritt leisten kann, hat sie alle ihr zumutbaren Massnahmen zu ergreifen, damit die Bedingung eintritt. Ein öffentliches Kaufangebot kann ausnahmsweise auch an auflösende Bedingungen geknüpft werden. Diejenigen Bedingungen, die nach Ablauf der Angebotsfrist eintreten, benötigen das Einverständnis der Übernahmekommission (Art. 13 Abs. 4 UEV-UEK). Dieses wird grundsätzlich unter der Voraussetzung gegeben, dass der Anbieterin aus der Resolutivbedingung Vorteile erwachsen, welche die daraus resultierenden Nachteile für die Angebotsempfänger deutlich zu überwiegen vermögen (vgl. uek advice 81>Empfehlung in Sachen Centerpulse AG vom 16. April 2003, Erw. 5).
7.3 Gemäss Art. 32 Abs. 2 BEHV-EBK darf ein Pflichtangebot sodann ausser aus wichtigen Gründen nicht an Bedingungen geknüpft werden.
Nachstehend wird zu den Bedingungen im vorliegenden öffentlichen Kaufangebot der Oerlikon Stellung genommen.
7.4 Bedingung (a) des Angebots sieht vor, dass kein Entscheid und keine Verfügung eines Gerichts oder einer anderen Behörde erlassen wurde, welche den Vollzug des Angebots verbietet. Die Bedingung (a) gilt, gemäss Angaben im Angebotsprospekt, als aufschiebende Bedingung bis zur Veröffentlichung des Zwischenergebnisses des Angebots in den Printmedien. Danach, falls die Bedingung je nachdem nicht erfüllt ist oder die Oerlikon nicht auf ihre Erfüllung verzichtet hat, als auflösende Bedingung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK bis auf ihre Erfüllung verzichtet wurde oder bis zum Zeitpunkt, in dem Bedingung (b) entweder erfüllt ist oder auf ihre Erfüllung verzichtet wurde.
Gemäss ständiger Praxis der Übernahmekommission ist eine solche Bedingung auch als auflösende Bedingung zulässig (vgl. Empfehlung in Sachen Forbo Holding AG vom 7. März 2005, Erw. 6.2.5 und Empfehlung in Sachen Disetronic Holding AG vom 19. März 2003, Erw. 6.2.1). Gemäss Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHV-EBK ist eine solche Bedingung auch im Falle eines Pflichtangebots gestattet.
7.5 Bedingung (b) des Angebots sieht vor, dass alle zuständigen schweizerischen, EU und sonstigen ausländischen Behörden die Übernahme der Saurer durch Oerlikon genehmigt und/oder eine Freistellungsbescheinigung erteilt haben, ohne dass damit Auflagen oder Bedingungen verknüpft worden sind, die insgesamt und auf der Basis des konsolidierten Jahresabschlusses des Geschäftsjahres, welches am 31. Dezember 2005 zu Ende ging, einer Partei: (i) Kosten und/oder einen Rückgang des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Amortisation (EBITA) von insgesamt mehr als EUR 15.2 Millionen (auf konsolidierter Basis) verursachen; oder (ii) einen Rückgang des konsolidierten Umsatzes von mehr als 78.5 Millionen bewirken; oder (iii) einen Rückgang des konsolidierten Eigenkapitals von mehr als EUR 28.7 Millionen verursachen.
Es stellt sich vorab die Frage, ob die Bedingung (b) in einem Pflichtangebot, wie vorliegend der Fall, zulässig ist.
In Bedingung (b) wird die Genehmigung einer Behörde angeführt, die aber umfangmässig nicht die gleichen Auswirkungen zeitigen darf, wie sie in den klassischen Material Adverse Change-Klauseln („MAC-Klausel“) vorgesehen sind. Grundsätzlich sind Bedingungen in Bezug auf den Erhalt der erforderlichen Genehmigungen durch die zuständigen Wettbewerbsbehörden regelmässig auch bei Pflichtangeboten und auch auflösend zulässig . Hintergrund der Zulassung solcher Bedingungen auch bei Pflichtangeboten ist, dass bei Vorliegen eines Verbots dieser Behörden die Weiterführung bzw. der Vollzug eines Angebots nicht mehr möglich ist. Vorliegend wäre eine Weiterführung bzw. ein Vollzug des Angebots selbst bei Vorliegen eines Genehmigungsentscheids und/oder einer Freistellungsbescheinigung unter Auflagen oder Bedingungen weiterhin möglich. Für eine MAC-Klausel besteht jedoch im Rahmen eines Pflichtangebots kein Raum (vgl. Empfehlung in Sachen Swiss International Airlines AG vom 28. April 2005, Erw. 4.3.3.2). Daher sind alle in Bedingung (b) gemachten Ausführungen bezüglich Auflagen oder Bedingungen samt der genannten Wesentlichkeitsgrenzen zu streichen.
7.6 Die Bedingung (a) und (b) gelten, gemäss Angaben im Angebotsprospekt, als aufschiebende Bedingungen bis zur Veröffentlichung des Zwischenergebnisses des Angebots in den Printmedien. Eine aufschiebende Bedingung muss bis zum Ende der Angebotsfrist erfüllt sein. Demzufolge hat die Anbieterin diesen Passus dahingehend zu korrigieren, dass diese nur bis zum Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist als aufschiebende Bedingungen gelten.
8. Änderungen bzw. Ergänzungen im Angebotsprospekt
8.1 Bedingung (b)
Aufgrund der Ausführungen in Erw. 7.5, in welcher eine MAC-Klausel bei einem Pflichtangebot für unzulässig erachtet wird, hat die Anbieterin den Angebotsprospekt dahingehend zu ändern, dass alle in Bedingung (b) gemachten Ausführungen bezüglich Auflagen oder Bedingungen samt der genannten Wesentlichkeitsgrenzen zu streichen sind. Zudem hat die Anbieterin, wie in Erwägung 7.6 ausgeführt, den Passus „ Die Bedingungen gelten als aufschiebende Bedingungen bis zur Veröffentlichung des Zwischenergebnisses des Angebots in den Printmedien.“ dahingehend zu korrigieren, dass diese nur bis zum Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist als aufschiebende Bedingungen gelten.
8.2 Absichten der Oerlikon betreffend Verwaltungsrat und Geschäftsleitung der Saurer
8.2.1 Gemäss Art. 23 Abs. 1 lit. a UEV-UEK muss der Angebotsprospekt Angaben über die grundsätzlichen Absichten der Anbieterin für die Zielgesellschaft enthalten. Gemäss Praxis der Übernahmekommission sind davon nicht nur die Angaben der Anbieterin über die Auswirkungen des Angebots auf die Zielgesellschaft erfasst, sondern auch solche über die Organe, d.h. des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft.
8.2.2 Vorliegend sind im Angebotsprospekt in Ziffer 5.3 die Absichten der Oerlikon betreffend die Saurer umschrieben. Es werden jedoch keine Ausführungen zu den Absichten bezüglich des Verwaltungsrates bzw. der Geschäftsleitung gemacht. Aus diesem Grund hat die Anbieterin den Angebotsprospekt dahingehend zu ergänzen, dass die Absichten der Anbieterin bezüglich des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft ebenfalls aufgeführt werden.
9. Beginn der Karenzfrist
9.1 Gemäss Art. 14 Abs. 1 UEV-UEK kann das Angebot in der Regel frühestens nach einer Karenzfrist von zehn Börsentagen nach seiner Veröffentlichung angenommen werden.
9.2 Unter der Auflage, dass die Oerlikon die Änderungen und Ergänzungen des Angebotsprospekts spätestens bis 1. November 2006 in einer separaten Ergänzung des Angebotsprospekts in denselben elektronischen Medien und Printmedien, in welchen der Angebotsprospekt publiziert wurde, veröffentlicht ( Art. 18 UEV-UEK), kann die Angebotsfrist am 1. November 2006 zu laufen beginnen. Dasselbe gilt für den neuen Bericht der Prüfstelle, welchen die Anbieterin zu veröffentlichen hat.
9.3 Werden die Änderungen und Ergänzungen des Angebotsprospekts (vgl. Erw. 8) sowie der neue Bericht der Prüfstelle nicht bis zum 1. November 2006 in den Zeitungen veröffentlicht, wird die Karenzfrist bis zu deren Publikation in den Zeitungen verlängert. In diesem Fall hat die Anbieterin den Zeitplan im Angebotsprospekt entsprechend anzupassen. Zudem hat die Anbieterin die Öffentlichkeit über die Verschiebung des Beginns ihrer Angebotsfrist und die diesbezügliche Anpassung des Zeitplans ihres Angebots in analoger Anwendung von Art. 8 UEV-UEK spätestens am 1. November 2006 vor Börsenbeginn zu informieren.
Wird der geänderte bzw. ergänzte Angebotsprospekt (inkl. Prüfstellenbericht) innert drei Börsentagen, d.h. spätestens am 6. November 2006, in den Zeitungen veröffentlicht, ist eine separate Publikation der Information über die Verschiebung des Beginns der Angebotsfrist und die diesbezügliche Anpassung des Zeitplans ihres Angebots in den Zeitungen nicht mehr erforderlich.
10. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft
10.1 Zeitpunkt und Ort der Veröffentlichung
10.1.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft ist gemäss Art. 32 Abs. 2 UEV-UEK spätestens am 15. Börsentag nach Veröffentlichung des Angebots zu publizieren. Im vorliegenden Fall ist der entsprechende Zeitpunkt somit der 7. November 2006.
10.1.2 Der Bericht ist landesweit bekannt zu machen, indem er in mindestens zwei Zeitungen, in denen das Angebot publiziert wurde, veröffentlicht wird. Zudem muss der Bericht gemäss Abs. 3 derselben Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zugestellt werden. Der Verwaltungsratsbericht der Zielgesellschaft hat nach Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK sämtliche Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Angebotsempfänger ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können.
10.2 Zwischenabschluss
10.2.1 Art. 29 Abs. 1 BEHG verpflichtet den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft, die ihm bekannten und nicht veröffentlichten Angaben über den Gang der laufenden Geschäfte offen zu legen. Gemäss Praxis der Übernahmekommission hat der Verwaltungsrat in denjenigen Fällen, in denen der Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenberichts der Zielgesellschaft bis zum Ende der Angebotsfrist mehr als sechs Monate zurückliegt, einen aktuellen Zwischenabschluss zu erstellen. Dieser ist als Teil des Berichts des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft zu betrachten und entsprechend zu veröffentlichen (vgl. Empfehlung in Sachen Pelham Investments SA vom 1. Oktober 2004, Erw. 4.1.1 sowie Empfehlung in Sachen Scintilla AG vom 30. Juni 2004, Erw. 6.1.4).
10.2.2 Sind seit dem Stichtag des letzten publizierten Jahres- oder Zwischenabschlusses bis zum Ende der Angebotsfrist weniger als sechs Monate vergangen, ist keine Veröffentlichung eines aktuellen Zwischenabschlusses erforderlich. In einem solchen Fall hat jedoch der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft in analoger Anwendung von Art. 24 Abs. 3 UEV-UEK in seinem Bericht Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenberichts eingetreten sind. Sind keine solchen Änderungen eingetreten, so hat der Verwaltungsrat dies explizit in seinem Bericht zu bestätigen. Treten solche Änderungen nach Veröffentlichung des Berichts während der Angebotsfrist ein, hat der Verwaltungsrat die Pflicht, den Bericht entsprechend zu ergänzen und in derselben Form wie das Angebot zu veröffentlichen.
10.2.3 Der letzte von Saurer publizierte Jahresabschluss ist derjenige per 31. Dezember 2005. Saurer hat per 30. Juni 2006 einen Zwischenbericht erstellt. Somit hat der Verwaltungsrat der Saurer in seinem Bericht Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenberichts eingetreten sind. Sind keine solchen Änderungen eingetreten, so hat der Verwaltungsrat dies explizit in seinem Bericht zu bestätigen. Sollten solche Änderungen nach Veröffentlichung des Berichts während der Angebotsfrist eintreten, hat der Verwaltungsrat die Pflicht, den Bericht entsprechend zu ergänzen und in derselben Form wie das Angebot zu veröffentlichen.
10.3 Besondere Informationen
Gemäss Art. 30 UEV-UEK hat der Verwaltungsrat in seinem Bericht besondere Informationen anzugeben, insbesondere welche Abwehrmassnahmen die Zielgesellschaft zu ergreifen beabsichtigt, sowie die Beschlüsse der Generalversammlung, welche in Anwendung von Art. 29 Abs. 2 des Börsengesetzes (BEHG) gefasst wurden.
10.4 Interessenkonflikte
10.4.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden. Ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie hoch diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (statt vieler vgl. Empfehlung in Sachen Swiss International Air Lines AG vom 28. April 2005, Erw. 7.2.1).
10.4.2 Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK Rechenschaft ablegen über die Massnahmen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken (Empfehlung in Sachen Centerpulse AG vom 16. April 2003, Erw. 6.2).
10.5 Fairness Opinion
Sollte sich der Verwaltungsrat der Saurer in seiner Stellungnahme auf eine unabhängige Beurteilung des Angebotspreises durch einen Experten („Fairness Opinion“) stützen, wird die Fairness Opinion Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats. Diese ist demzufolge vollumfänglich offen zu legen, gleichzeitig mit dem Bericht zu veröffentlichen und im selben Umfang zu begründen. Damit die Fairness Opinion gemäss Art. 29 Abs. 4 UEV-UEK hinreichend begründet ist, sind die vom Experten konkret für seine Meinungsbildung herangezogenen Bewertungsmethoden, die getroffenen Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter und deren Herleitung offen zu legen, so dass die Angebotsempfänger die Einschätzung des Experten nachvollziehen und somit ihren Entscheid betreffend Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK). Zu diesem Zweck müssen auch die zur Erstellung der Fairness Opinion verwendeten Grundlagen und Informationen einzeln benannt werden.
11. Rechtliches Gehör, insbesondere Akteneinsichtsrecht
11.1 Das Verfahren vor der Übernahmekommission richtet sich nach den Art. 52 ff. UEV-UEK. Art. 55 Abs. 5 UEV-UEK hält zwar fest, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht zur Anwendung kommt. Der verfassungsmässige Anspruch auf die Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) ist jedoch in Art. 55 Abs. 1 UEV-UEK ausdrücklich statuiert. Das Akteneinsichtsrecht und das Recht zur Stellungnahme zu den für die Entscheidung wesentlichen Punkten sind Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann , Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage, Zürich 2006, N 1672). Den an einem Verfahren beteiligten Parteien steht das Einsichtsrecht grundsätzlich kraft ihrer Parteistellung zu, d.h. sie brauchen kein besonderes Interesse an der Akteneinsicht nachzuweisen (BGE 113 Ia 4).
11.2 Die Akteneinsicht erstreckt sich auf alle Akten, die geeignet sind, Grundlage für die spätere Entscheidung zu bilden, d.h. entscheidungsrelevant sind oder sein könnten (vgl. BGE 121 I 225, E. 2a). Das Akteneinsichtsrecht gilt nicht absolut, sondern es kann im Einzelfall zum Schutz berechtigter Geheimhaltungsinteressen Dritter oder überwiegender staatlicher Interessen eingeschränkt werden. Zwischen dem Interesse an der Einsicht und dem Geheimhaltungsinteresse hat demzufolge eine Interessensabwägung stattzufinden. Geht das Geheimhaltungsinteresse vor, so darf sich die Behörde in ihrem Entscheid nur dann auf die vertraulichen Aktenstücke zum Nachteil des Betroffenen stützen, wenn sie dem Betroffenen den wesentlichen Inhalt (z.B. durch Abdecken der geheim zu haltenden Stellen oder in Form einer Zusammenfassung) mitgeteilt hat (vgl. Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann , Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. A., Zürich 2006, N 1695).
11.3 Die Anbieterin macht in ihrer Beschwerde gegen die verfahrensleitenden Anordnungen vom 25. und 26. Oktober 2006 geltend, die Übernahmekommission habe den Antrag 1 der Stellungnahme der Oerlikon (Antrag auf Akteneinsicht) mit der verfahrensleitenden Anordnung vom 26. Oktober 2006 nicht behandelt. Sie, die Anbieterin, macht geltend, sie müsse, um zum Sachverhalt und den Schreiben der Banken gemäss der verfahrensleitenden Anordnung vom 25. Oktober 2006 Stellung nehmen zu können, Einsicht in sämtliche Unterlagen, die der Übernahmekommission vorliegen und die letztere ihrer Sachverhaltsdarstellung zugrunde legt, nehmen können. Zudem müsse ihr genügend Zeit zur Verfügung stehen, um zu diesen Akten Stellung nehmen zu können. Durch die faktische Verunmöglichung der Akteneinsicht vor Ablauf der in den Anordnungen 1 und 2 der verfahrensleitenden Anordnung vom 25. Oktober 2006 gesetzten Frist zur Stellungnahme und die unrealistisch kurze Fristansetzung durch die Übernahmekommission werde das rechtliche Gehör der Oerlikon verletzt. Im Übrigen sei der Präsident des Ausschusses nicht kompetent zum Erlass einer Anordnung, in dem das Gesuch der Oerlikon um Akteneinsicht abgewiesen werde. Dieser Entscheid müsse durch den Ausschuss getroffen werden.
11.4 Die Übernahmekommission nahm im Rahmen des Verfahrens betreffend öffentliches Kaufangebot der Oerlikon zur Abklärung des entscheidrelevanten Sachverhalts bei verschiedenen Banken Untersuchungen vor (vgl. Sachverhalt lit. L). Nach Abschluss der Untersuchung am 20. Oktober 2006 fasste die Übernahmekommission den sich aus der Untersuchung und den eingegangenen Unterlagen ergebenen Sachverhalt zusammen. Diesen hielt sie in der verfahrensleitenden Anordnung vom 25. Oktober 2006 fest und gab der Oerlikon als auch der Saurer die Möglichkeit, sich zu diesem zusammengefassten Sachverhalt zu äussern. Zudem wurden der verfahrensleitenden Anordnung vom 25. Oktober 2006 diejenigen Schreiben der Banken, in welchen sich diese u.a. zur Frage des Handelns in gemeinsamer Absprache äusserten, beigelegt. Auch zu diesen Schreiben hatten die Parteien die Gelegenheit, sich zu äussern. In beiden Fällen wurde den Parteien bis zum 27. Oktober 2006, 12. 00 Uhr (also den ganzen 26. Oktober 2006 und den halben Tag des 27. Oktober 2006) Zeit für eine allfällige Stellungnahme gegeben.
Währenddem die Saurer ihre Stellungnahme innert der angesetzten Frist einreichte, ersuchte die Oerlikon um umfassende Akteneinsicht und um Ansetzung einer neuen Frist für die Stellungnahme zum Sachverhalt und zum Schreiben der Banken. Mit verfahrensleitender Anordnung vom 26. Oktober 2006 wies die Übernahmekommission einzig das Begehren um Ansetzung einer neuen Frist ab. Es konnte der Oerlikon durchaus zugemutet werden, sich zum Sachverhalt, wie er in der verfahrensleitenden Anordnung zusammengefasst war und welcher nur knappe fünf Seiten umfasste, sowie zu den beigelegten Schreiben der Banken innert der angesetzten Frist zu äussern. Eine über den zusammengefassten Sachverhalt und den Schreiben der Banken hinausgehende Äusserung wurde auch zu keinem Zeitpunkt von der Übernahmekommission verlangt. Zudem ist zu betonen, dass das Verfahren im Übernahmerecht einfach ist und den kurzen Fristen Rechnung zu tragen hat, innerhalb derer die Empfehlungen erlassen werden müssen (Art. 55 Abs. 2 UEV-UEK; vgl. dazu sogleich Erw. 12.2 f.). Die der Gesuchstellerin zur Stellungnahme gesetzte Frist entsprach den üblichen im Rahmen eines Übernahmeverfahrens durch die Übernahmekommission gesetzten Fristen. Da der Zeitfaktor eine erhebliche Rolle spielt (s. unten Erw. 12.2), sind kurze Fristen von ein bis zwei Börsentagen keine Seltenheit. Dass es sich dabei nicht, wie von der Oerlikon behauptet, um eine „unrealistisch kurze“ Fristansetzung handelte, belegt zudem die Tatsache, dass die Anbieterin selbst im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu wesentlich umfangreicheren Unterlagen innert ähnlicher Frist wie die vorliegende jeweils ihre Stellungnahme eingereicht hat. Aufgrund der Tatsache, dass das Übernahmerecht ein schnelles und einfaches Verfahrens gebietet, die zur Stellungnahme gesandten Unterlagen nicht umfangreich waren und die zur Stellungnahme angesetzte Frist sich im Rahmen des bei der Übernahmekommission Üblichen bewegte, kann vorliegend nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geschlossen werden.
Wenn die Anbieterin in ihrer Beschwerde geltend macht, die Übernahmekommission habe ihr Akteneinsichtsrecht abgewiesen, so muss hier klargestellt werden, dass das Akteneinsichtsrecht nicht Gegenstand der verfahrensleitenden Anordnung vom 26. Oktober 2006 war. Zudem kann aus der Nichterwähnung desselben in der genannten Anordnung nicht stillschweigend auf eine Abweisung des Einsichtsrechts geschlossen werden. Damit kann die Frage, ob der Präsident des Ausschusses zum Entscheid über das Akteneinsichtsrecht befugt ist, offen bleiben, denn über das Begehren um Akteneinsicht wird mit der vorliegenden Empfehlung durch den Ausschuss entschieden. Zu erwähnen ist überdies, dass aus dem Akteneinsichtrecht kein Anspruch auf Einsicht innert einer ganz bestimmten Zeit abgeleitet werden kann. Es ist Sache der Übernahmekommission bzw. des Ausschusses – nach vorgängiger Abwägung der Interessen und dem Entscheid über das Akteneinsichtsrecht als solches – den Zeitpunkt für eine allfällige Akteneinsicht festzulegen.
11.5 Wie bereits ausgeführt, wird mit vorliegender Empfehlung über das Begehren um Akteneinsicht entschieden. Bei einem Teil der von der Oerlikon zur Einsicht verlangten Akten handelt es sich um die im Rahmen der Untersuchung bei den Banken (vgl. lit. L) bei der Übernahmekommission eingegangenen Bankunterlagen. Da vorliegend dem Interesse der Oerlikon auf Akteneinsicht Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen, muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden.
Die Übernahmekommission führte im Rahmen der Sachverhaltsabklärung Untersuchungen bei den Banken durch (vgl. Sachverhalt lit. L). Bei den betreffenden Unterlagen handelt es sich um solche, die von den angefragten Banken teilweise aus Gründen des Bankgeheimnisses über die Eidgenössische Bankenkommission an die Übernahmekommission weitergeleitet wurden. Sie enthalten zum Teil Namen von nicht in diesem Verfahren beteiligten Dritten, welche dem Bankgeheimnis (Art. 47 BankG) unterliegen, und überdies zum Teil Informationen, die Geschäftsgeheimnisse darstellen. Hinzu kommt, dass der sich aus der Untersuchung ergebende und für den Entscheid der Übernahmekommission wesentliche Inhalt dieser Dokumente der Oerlikon und der Saurer mit verfahrensleitender Anordnung vom 25. Oktober 2006 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht wurde (vgl. analog Art. 28 VwVG). Im Übrigen ist kein weiteres Interesse der Oerlikon an der Einsicht in die betreffenden Unterlagen auszumachen, da nicht ersichtlich ist, inwiefern sie durch die entscheidrelevanten Passagen, welche auf diesen Bankunterlagen basieren, beschwert ist. Demzufolge überwiegt das Interesse an der Geheimhaltung der entsprechenden Unterlagen im Vergleich zum Interesse der Oerlikon an Akteneinsicht. Das Akteneinsichtsrecht der Oerlikon in die Bankunterlagen wird daher abgewiesen. Im Übrigen ist zu erwähnen, dass den Parteien, mit Ausnahme der genannten Bankunterlagen sämtliche entscheidrelevanten Dokumente und Informationen in Anwendung von Art. 59 Abs. 3 UEV-UEK zur Verfügung gestellt wurden, womit diesbezüglich das Begehren der Oerlikon auf „umfassende Akteneinsicht“ gegenstandslos ist.
11.6 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Oerlikon aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung kein Akteneinsichtsrecht bezüglich der im Rahmen der Untersuchung bei den Banken bei der Übernahmekommission eingegangenen Bankunterlagen gewährt wird. Im Übrigen ist das darüber hinausgehend geltend gemachte Akteneinsichtsrecht gegenstandslos. Das rechtliche Gehör der Oerlikon wurde weder durch die Fristansetzung in der verfahrensleitenden Anordnung vom 25. Oktober 2006 noch durch die Nichtansetzung einer neuen Frist verletzt.
12. „Rechtsmittel“ gegen eine verfahrensleitende Anordnung
12.1 Die Oerlikon beanstandet in ihrer Beschwerde vom 27. Oktober 2006 das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung in der verfahrensleitenden Anordnung des Präsidenten des Ausschusses vom 25. Oktober 2006.
12.2 Es ist das Ziel des Verfahrens vor der Übernahmekommission sicherzustellen, dass ein gesetzeskonformes Angebot zustande kommt, wobei in diesem Zusammenhang die Funktionsfähigkeit des (Übernahme-)Marktes zu gewährleisten ist (Art. 1 BEHG). Diesem Anliegen trägt das in Art. 55 UEV-UEK gesetzlich verankerte Gebot eines einfachen und raschen Verfahrens Rechnung. Die Wichtigkeit dieses Gebots zeigt sich auch darin, dass dieser Grundsatz auch unter den neuen mit dem Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht („FINMAG“) in Kraft tretenden Regelungen betreffend das Übernahmerecht Gültigkeit haben wird. Dies kommt in der Botschaft zum FINMAG mehrfach zum Ausdruck: Beispielsweise soll die Beschwerdefrist – in Abweichung von Art. 50 VwVG – fünf Börsentage betragen (vgl. Art. 33c Abs. 1 nBEHG).
Eine speditive Verfahrensführung ist Voraussetzung für einen gut funktionierenden Kapitalmarkt ( Hans Caspar von der Crone , Angebotspflicht, SZW Sondernummer zum neuen Börsengesetz, Zürich 1997, S. 45). Im Übernahmerecht dient ein rasches und einfaches Verfahren aber nicht nur dem Kapitalmarkt, sondern auch der Anbieterin, die an einer raschen Abwicklung des Angebots interessiert ist, sowie der Zielgesellschaft, welche aufgrund der börsenrechtlichen Regelung während der Dauer eines Angebots in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist. Die Wichtigkeit des im Übernahmeverfahren vorgesehenen Grundsatzes eines einfachen und raschen Verfahrens wurde im Übrigen auch vom Bundesgericht anerkannt (BGE 129 II Erw. 4.2 S. 189).
12.3 Wie oben ausgeführt, müssen Übernahmetransaktionen regelmässig im Interesse aller Beteiligten innert sehr kurzer Frist durchgeführt und von der Übernahmekommission auf ihre Gesetzmässigkeit überprüft werden. Aus diesem Grund ist es von zentraler Bedeutung, dass eine klare Strukturierung und Leitung des Übernahmeverfahrens durch die Übernahmekommission stattfindet. Den Parteien muss klar sein, wer sich wann wozu äussern darf bzw. soll. Das Verfahren in einem konkreten Kaufangebot wird vom Präsidenten des Ausschusses geleitet (Art. 52 Abs. 3 UEV-UEK). Verfahrensleitende Anordnungen werden im Rahmen dieser Leitungsbefugnis vom Präsidenten des Ausschusses erlassen. Zur Strukturierung und Leitung des Übernahmeverfahrens werden mit einer verfahrensleitenden Anordnung vor allem Fristen für das Einreichen von Stellungnahmen oder von auf der Basis von Art. 23 Abs. 3 BEHG einzufordernden Dokumenten angesetzt bzw. den Parteien die nächsten Verfahrensschritte angekündigt.
Könnten die an einem Übernahmeverfahren Beteiligten jederzeit eine solche verfahrensleitende Anordnung mittels eines „Rechtsmittels“ ablehnen, wären dadurch die Grundsätze und die rasche und einfache Durchführung eines Übernahmeverfahrens ernsthaft gefährdet. Ein Beteiligter könnte damit de facto jederzeit das laufende Übernahmeverfahren zum Stillstand bringen und die vom Verordnungsgeber gewollte und angeordnete Beschleunigung des laufenden Übernahmeverfahrens torpedieren, mit den entsprechenden Folgen für das Angebot. Damit wäre die Funktionsfähigkeit des Marktes in Bezug auf Übernahmetransaktionen in seinem Fundament in Frage gestellt. Ein Eingriff in den Grundsatz des einfachen und raschen Verfahrens rechtfertigt sich umso weniger, als in Übernahmeverfahren die relevanten Fragen ohnehin innerhalb kurzer Frist dem Ausschuss vorgelegt werden, dessen Empfehlung abgelehnt werden kann. Es obliegt somit dem Ausschuss zu entscheiden, ob er allfällige Anträge der Parteien sofort mittels einer „ad-hoc“-Empfehlung oder erst später im Rahmen einer ohnehin zu erlassenden Empfehlung behandeln will. Aus diesem Grund können verfahrensleitende Anordnungen des Präsidenten des Ausschusses grundsätzlich nicht selbständig angefochten werden. Allfällige Ablehnungsgründe sind mit der Ablehnung der Empfehlung gemäss Art. 5 UEV-UEK geltend zu machen. Somit ist die Rüge der unterlassenen Rechtsmittelbelehrung unerheblich.
13. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am 1. November 2006 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
14. Gebühr
Die Oerlikon und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen halten gemäss Angaben im Angebotsprospekt per 16. Oktober 2006 6'500'636 Saurer-Aktien. Das Angebot bezieht sich demzufolge auf mindestens 8'047'364 ausgegebene Saurer-Aktien. Bei einem Angebotspreis von CHF 135 pro Titel liegt der Wert des gesamten Angebots bei CHF 1'086'394'140 . Gemäss Art. 62 Abs. 2 i.V.m. Art. 62 Abs. 3 UEV-UEK wird folglich eine Gebühr von CHF 200'000 zu Lasten der Anbieterin erhoben.
Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:
- Das Öffentliche Kaufangebot der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, mit Sitz in Freienbach, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Saurer AG, Arbon, entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 unter der Auflage, dass die OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon,
- Die Prüfstelle wird verpflichtet, die Änderungen und Ergänzungen des Angebotsprospekts zu prüfen und der Übernahmekommission vor Beginn der Angebotsfrist einen neuen Bericht im Sinne von Art. 26 UEV-UEK zukommen zu lassen.
- Die OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, mit Sitz in Freienbach, hat die in Ziffer 1 des Dispositivs vorzunehmenden Änderungen und Ergänzungen des Angebotsprospekts sowie den neuen Bericht der Prüfstelle spätestens mit Beginn der Angebotsfrist, d.h. am 1. November 2006, in einer separaten Ergänzung des Angebotsprospekts in derselben Form wie das Angebot zu veröffentlichen.
- Werden die in Ziffer 1 des Dispositivs vorzunehmenden Änderungen und Ergänzungen des Angebotsprospekts sowie der Bericht der Prüfstelle nicht bis zum 1. November 2006 gemäss Ziffer 3 des Dispositivs veröffentlicht, wird die Karenzfrist bis zu deren Publikation verlängert.
- Wird die Karenzfrist gemäss Ziffer 4 des Dispositivs verlängert, hat die OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, mit Sitz in Freienbach, die Öffentlichkeit, in analoger Anwendung von Art. 8 UEV-UEK, spätestens am 1. November 2006, über die Verschiebung des Beginns der Angebotsfrist und die diesbezügliche Anpassung des Zeitplans ihres Angebots vor Börsenbeginn zu informieren. Wird der geänderte bzw. ergänzte Angebotsprospekt (inkl. Prüfstellenbericht) innert drei Börsentagen, d.h. spätestens am 6. November 2006, in den Zeitungen veröffentlicht, ist eine separate Publikation der Information über die Verschiebung des Beginns ihrer Angebotsfrist und die diesbezügliche Anpassung des Zeitplans ihres Angebots in den Zeitungen nicht mehr erforderlich.
- Das Begehren um Akteneinsicht der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, mit Sitz in Freienbach, wird abgewiesen.
- Die Beschwerde der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, mit Sitz in Freienbach vom 27. Oktober 2006 wird abgewiesen.
- Die Saurer AG, Arbon , hat bis spätestens am 7. November 2006 den Verwaltungsratsbericht entsprechend den Erwägungen 10.1 ff. zu veröffentlichen.
- Diese Empfehlung wird am 1. November 2006 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr zulasten der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, mit Sitz in Freienbach, beträgt CHF 200'000 .
a.) den Angebotsprospekt dahingehend ändert, dass alle in Bedingung (b) gemachten Ausführungen bezüglich Auflagen oder Bedingungen samt der genannten Wesentlichkeitsgrenzen gestrichen werden ,
b.) den Angebotsprospekt dahingehend ändert, dass die Bedingungen nur bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist als aufschiebend bedingt gelten,
c.) den Angebotsprospekt dahingehend ergänzt, dass die Absichten der OC Oerlikon Corporation AG, Pfäffikon, in Bezug auf den Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung der Saurer AG aufgeführt werden,
d.) im Falle einer allfälligen Verlängerung der Karenzfrist, den Angebotsprospekt dahingehend ändert, dass der Zeitplan des Angebots entsprechend angepasst wird.
Der Präsident des Ausschusses:
Henry Peter
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die
Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
- Saurer AG , durch ihren Vertreter;
- OC Oerlikon Corporation AG , Pfäffikon, durch ihren Vertreter;
- die Eidgenössische Bankenkommission;
- die Prüfstelle (zur Kenntnisnahme).