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Transaktionen

0200 - Scintilla AG

Empfehlung Scintilla AG vom 30. Juni 2004

Öffentliches Kaufangebot der Robert Bosch Internationale Beteiligungen AG, Zürich, an die Aktionäre der Scintilla AG, Solothurn

A.
Die Scintilla AG (“Scintilla“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Solothurn. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 45'000'000 und ist eingeteilt in 2'250'000 Inhaberaktien zu je CHF 20 Nennwert. Die Aktien der Scintilla sind an der SWX Swiss Exchange kotiert.

B.
Die Robert Bosch Internationale Beteiligungen AG (“Robert Bosch“ oder „Anbieterin“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 150'000'000 und ist eingeteilt in 150'000 Namenaktien zu je CHF 1'000 Nennwert. Robert Bosch hielt bereits bei Inkrafttreten des Börsengesetzes die Mehrheit und per 25. Juni 2004 96.9% des Aktienkapitals und der Stimmrechte von Scintilla.

Robert Bosch wird zu 100% von der Robert Bosch GmbH, D-Gerlingen-Schillerhöhe, gehalten. Die Kapitalanteile der Robert Bosch GmbH wiederum sind zu 91.993% im Besitz der Robert-Bosch-Stiftung, D-Stuttgart, zu 7.997% im Besitz der Familie Bosch und zu 0.01% im Besitz der Robert Bosch Industrietreuhand KG, D-Gerlingen-Schillerhöhe. Die Stimmrechte der Robert Bosch liegen zu rund 93% bei der Robert Bosch Industrietreuhand KG und zu rund 7% bei der Familie Bosch. Die Kapitalanteile und Stimmrechte der Robert Bosch Industrietreuhand KG werden zu gleichen Teilen gehalten von Dr. Peter Adolff, D-Stuttgart, Dr. Bo Erik Berggren, S-Stockholm, Dr. Christof Bosch, D-Königsdorf, Franz Fehrenbach, D-Hemmingen, Urs B. Rinderknecht, CH-Ennetbaden, Dr. Hermann Scholl, D-Korntal-Münchingen, Hans-Peter Stihl, D-Remseck und Tilman Tödenhöfer, D-Stuttgart.

C.
Am 28. Mai 2004 veröffentlichte Robert Bosch in den elektronischen Medien die Voranmeldung eines öffentlichen Kaufangebots für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien von Scintilla. Am 2. Juni 2004 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung, indem diese in mehreren Zeitungen in deutsch und französisch veröffentlicht wurde.

D.
Am 8. Juli 2004 wird die Robert Bosch in der Tagespresse und den elektronischen Medien das öffentliche Kaufangebot an die Aktionäre der Scintilla veröffentlichen. Den Aktionären wird CHF 1'050 je Inhaberaktie geboten.

Das Angebot ist an die aufschiebende Bedingung geknüpft, dass Robert Bosch nach Ablauf der Angebotsfrist genügend gültige Annahmeerklärungen erhalten hat, um, einschliesslich ihrer bereits gehaltenen Beteiligung, insgesamt 98% der Stimmrechte der Scintilla zu halten.

E.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor der Publikation zur Prüfung vorgelegt.

F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Frau Anne Héritier Lachat und Herrn Walter Knabenhans gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Voranmeldung

1.1. Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann eine Anbieterin ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, die Börseninformationen verbreiten, zuzustellen. Damit die Rechtswirkungen gemäss Art. 9 UEV-UEK an diesen Zeitpunkt geknüpft werden können, genügt gemäss Praxis der Übernahmekommission die blosse Zustellung an ein elektronisches Medium jedoch nicht. Vielmehr hat eine Veröffentlichung der vollständigen Voranmeldung zu erfolgen.

1.2. Im vorliegenden Fall enthielt die am 28. Mai 2004 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung sämtliche von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK geforderten Angaben. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte rechtzeitig innert drei Börsentagen am 2. Juni 2004. Somit entfaltete die Voranmeldung ihre Wirkungen am 28. Mai 2004.

2. Nichtanwendung der Bestimmungen über den Mindestpreis

Robert Bosch hielt bei Inkrafttreten des Börsengesetzes die Mehrheit (vgl. Sachverhalt lit. B.) und im Zeitpunkt der Voranmeldung des Angebots bereits 93.7% der Stimmrechte und des Aktienkapitals von Scintilla. Durch das Angebot wird Robert Bosch somit keinen Schwellenwert nach Art. 32 Abs. 1 BEHG oder Art. 52 BEHG überschreiten, der die Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots auslösen würde. Robert Bosch ist demzufolge nicht an die Bestimmungen über den Mindestpreis gebunden (Art. 10 Abs. 5 UEV-UEK e contrario).

3. Handeln in gemeinsamer Absprache

3.1. Nach Art. 11 Abs. 1 UEV-UEK i.V.m. Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt die Anbieterin grundsätzlich in gemeinsamer Absprache mit allen Mitgliedern ihres Konzerns und den sie beherrschenden Aktionären. Dies gilt auch für die Zielgesellschaft, wenn sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospekts oder der Voranmeldung durch die Anbieterin beherrscht wird.

3.2. Demzufolge gelten für das vorliegenden Angebot aufgrund der Kapital- und Beherrschungsverhältnisse (vgl. Sachverhalt lit. B.) die Familie Bosch, die Robert Bosch GmbH, die Robert Bosch Stiftung, die Robert Bosch Industrietreuhand KG und deren Inhaber, nämlich Dr. Peter Adolff, D-Stuttgart, Dr. Bo Erik Berggren, S-Stockhold, Dr. Christof Bosch, D-Königsdorf, Franz Fehrenbach, D-Hemmingen, Urs B. Rinderknecht, CH-Ennetbaden, Dr. Hermann Scholl, D-Korntal-Münchingen, Hans-Peter Stihl, D-Remseck und Tilman Tödenhöfer, D-Stuttgart, sowie alle anderen direkt oder indirekt kontrollierten Gesellschaften der Robert Bosch GmbH oder der Robert Bosch Industrietreuhand KG für das vorliegende Angebot als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnde Personen (vgl. Angebotsprospekt Kapitel B. Ziff. 4.) und haben den Pflichten von Art. 12 UEV-UEK nachzukommen.

4. Best Price Rule

Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK dürfen die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten (sogenannte „Best Price Rule“). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel ab Veröffentlichung der Voranmeldung während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung in Sachen Absolute Invest AG vom 17. Oktober 2003, Erw. 5). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflage eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).

5. Bedingungen

5.1. Ein öffentliches Kaufangebot darf grundsätzlich nur an aufschiebende Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt die Anbieterin selbst nicht massgeblich beeinflussen kann (Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK). Diese Bestimmung untersagt der Anbieterin, das Angebot an praktisch unerfüllbare Bedingungen zu knüpfen, so dass das Angebot nur durch den Verzicht auf den Eintritt der Bedingung zustande kommen würde.

5.2. Robert Bosch knüpft das Angebot an die aufschiebende Bedingung, dass sie nach Ablauf der Angebotsfrist genügend gültige Annahmeerklärungen erhalten hat, um, einschliesslich ihrer Beteiligung, insgesamt 98% der Stimmrechte der Scintilla zu halten (vgl. Sachverhalt lit. D. und Angebotsprospekt Kapitel A. Ziff. 7).

Knüpft die Anbieterin ihr Angebot an das Erreichen einer Mindestbeteiligung an der Zielgesellschaft, so darf die gesetzte Schwelle nicht unrealistisch hoch sein. Andernfalls würde es nur noch im Belieben der Anbieterin stehen, ein aufgrund der unrealistischen Bedingung von Anfang an zum Scheitern verurteiltes Angebot mittels Verzicht auf die entsprechende Bedingung doch noch zustande kommen zu lassen. Die Bedingung verkäme so zu einer unzulässigen Potestativbedingung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 erster Satz UEV-UEK.

Im vorliegenden Fall ist die Schwelle von 98% der Stimmen und des Kapitals der Zielgesellschaft sehr hoch gesetzt. Zu beachten ist jedoch, dass Robert Bosch die Zielgesellschaft im Zeitpunkt der Voranmeldung bereits mit 93.7%% der Stimmrechte und des Kapitals beherrschte. Seit Veröffentlichung des Angebots hat Robert Bosch überdies insgesamt 71’178 Scintilla Aktien gekauft und dadurch bis zum 25. Juni 2004 einen Anteil von 96.9% des Aktienkapitals und der Stimmrechte von Scintilla erreicht (vgl. Angebotsprospekt Kapitel B. Ziff. 6.). Das Erreichen der in der Bedingung gesetzten Schwelle ist deshalb realistisch. Die Bedingung ist folglich gemäss Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK als zulässig zu erachten.

6. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

6.1. Zwischenabschluss

6.1.1. Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK hält sodann als Grundsatz fest, dass dieser Bericht alle Informationen enthalten muss, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können

6.1.2. Art. 29 Abs. 1 BEHG verpflichtet den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft, die ihm bekannten und nicht veröffentlichten Angaben über den Gang der laufenden Geschäfte offen zu legen. Der Offenlegungsbedarf ist umso grösser, je länger die letztmals publizierten Daten zurückliegen. In ihrer bisherigen Praxis ging die Übernahmekommission überdies von der Grundüberlegung aus, dass im Zeitraum zwischen dem Stichtag des Jahres- bwz. Zwischenberichts und Veröffentlichung der Ergebnisse ein besonderer Offenlegungsbedarf gegeben ist, weil ein unzulässiger Informationsvorsprung seitens der Zielgesellschaft und der ihr nahestehenden Personen zu vermuten ist (vgl. Empfehlung in Sachen Bucherer AG vom 12. Oktober 2000, Erw. 4.1; zum Informationsvorsprung der Anbieterin allgemein vgl. Empfehlung in Sachen Big Star Holding AG vom 7. April 2000, Erw. 4.1). Diesen Informationsvorsprung respektive dieses Informationsungleichgewicht gilt es zu beseitigen, wobei gemäss Sinn und Zweck von Art. 29 Abs. 1 BEHG i.V.m. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK diese Aufgabe grundsätzlich dem Verwaltungsrat der Zielgesellschaft obliegt. Falls das Angebot von einer der Zielgesellschaft nahestehenden Person unterbreitet wird, fällt auch ihr diese Pflicht zu. Nur so kann sie nämlich bestätigen, dass sie von der Zielgesellschaft keine nicht öffentliche Informationen über die Zielgesellschaft erhalten hat, welche die Entscheidung der Empfänger des Angebots massgeblich beeinflussen könnten (vgl. Empfehlung in Sachen Bucherer AG vom 12. Oktober 2000, Erw. 4.1 und Empfehlung in Sachen Danzas Holding AG vom 15. Januar 1999, Erw 4.3.).

6.1.3. Die oben gemachten Erwägungen finden auch im vorliegenden Fall Anwendung. Der vermutete Informationsvorsprung wird in concreto durch Publikation des Halbjahresabschlusses von Scintilla per 30. Juni 2004 am 24. August 2004 beseitigt (vgl. Angebotsprospekt Kapital F. Ziff. 4.). Die Empfänger des Angebots können demzufolge sieben Börsentage vor Ablauf der Angebotsfrist einen aktuellen Zwischenabschluss der Zielgesellschaft einsehen und somit ihre Entscheidung über Annahme oder Nichtannahme des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen. Damit wird den in den obigen Erwägungen genannten Anforderungen Genüge getan.

Selbstverständlich trifft den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft in Bezug auf seinen Bericht und die Anbieterin in Bezug auf den Angebotsprospekt grundsätzlich eine Nachführungspflicht. Erlangt der Verwaltungsrat nach Publikation seines Berichts bzw. die Anbieterin nach Publikation des Angebotsprospekts Kenntnis neuer Informationen, die für die Entscheidfindung der Empfänger des Angebots wesentlich sind, so müssen solche Informationen in Ergänzung des Berichts des Verwaltungsrats bzw. des Angebotsprospekts in derselben Form publiziert werden. Sollten im vorliegenden Fall somit nach Publikation des Zwischenabschlusses neue Tatsachen bekannt werden, die für die Entscheidfindung der Empfänger des Angebots wesentlich sind, müssen diese dementsprechend veröffentlicht werden.

6.1.4. Die Übernahmekommission wird künftig, wenn der Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenberichts der Zielgesellschaft bis Ende der Angebotsfrist mehr als sechs Monate zurückliegt, vom Verwaltungsrat der Zielgesellschaft die Erstellung eines aktuellen Zwischenabschlusses verlangen, der als Teil des Berichts des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft zu betrachten und entsprechend zu veröffentlichen ist.

Sind seit dem Stichtag des letzten publizierten Jahres- oder Zwischenabschlusses weniger als sechs Monate vergangen, ist keine Veröffentlichung eines aktuellen Zwischenabschlusses erforderlich. In einem solchen Fall wird die Übernahmekommission jedoch in analoger Anwendung von Art. 24 Abs. 3 UEV-UEK vom Verwaltungsrat der Zielgesellschaft künftig verlangen, dass dieser Angaben über wesentliche Veränderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten macht, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenberichts eingetreten sind. Sind keine solche Änderungen eingetreten, so hat der Verwaltungsrat dies explizit in seinem Bericht zu bestätigen. Treten solche Änderungen nach Veröffentlichung des Berichts während der Angebotsfrist ein, hat der Verwaltungsrat die Pflicht, den Bericht entsprechend zu ergänzen und in derselben Form wie das Angebot zu veröffentlichen.

6.2. Interessenkonflikte

6.2.1. Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftslei-tung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Im Bericht ist offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden. Ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe Empfehlung in Sachen Axantis Holding AG vom 15. Dezember 2000, Erw. 5.3). Im vorliegenden Fall wird im Bericht des Verwaltungsrats ausgeführt, dass das Komitee des Verwaltungsrats, welches zur Beurteilung des öffentlichen Kaufangebots der Robert Bosch gebildet wurde (s. dazu unten 6.2.2.2), keine Kenntnis von vorgesehenen Änderungen in der Zusammensetzung des Verwaltungsrats der Scintilla oder der Bedingungen der Mandate der Verwaltungsratsmitglieder habe. Das Komitee habe im Übrigen auch keine Kenntnis von geplanten Änderungen in der Zusammensetzung der Geschäftsleitung. Die Geschäftsleitung werde nach Kenntnis des Komitees weiterhin zu gleichen Bedingungen für die operative Führung der Scintilla tätig sein.

6.2.2. Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK  Rechenschaft ablegen über die Massnahmen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken (Empfehlung in Sachen Centerpulse AG vom 16. April 2003, Erw. 6.2).

6.2.2.1. Der Verwaltungsrat der Scintilla setzt sich zusammen aus den Herren Urs B. Rinderknecht (Präsident), Wolfgang Drees (Vizepräsident), Kurt E. Feller, Dr. Holger Jacoby sowie Peter Kofmel. Herr Urs B. Rinderknecht ist gleichzeitig Vizepräsident des Verwaltungsrates der Anbieterin und Mitglied des Aufsichtsrats der Robert Bosch GmbH, Stuttgart, welche die Anbieterin zu 100% beherrscht. Herr Wolfgang Drees ist zugleich Repräsentant der Anbieterin im Aufsichtsrat der Robert Bosch (France) F.A.F. und Mitglied der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, Stuttgart. Im Weiteren ist Dr. Holger Jacoby im Management der Robert Bosch GmbH, Stuttgart, tätig.

In der vorliegenden Konstellation ist es offensichtlich, dass sich die Herren Urs B. Rinderknecht, Wolfgang Drees und Dr. Holger Jacoby in einem potentiellen Interessenkonflikt befinden. Diesem Umstand Rechnung tragend, sind diese Herren bei der Beschlussfassung des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft zur Beurteilung des öffentlichen Kaufangebots der Anbieterin in den Ausstand getreten (vgl. Angebotsprospekt Buchstabe F. Ziff. 3.).

6.2.2.2. Zur Beurteilung des öffentlichen Kaufangebots der Robert Bosch wurde ein Komitee bestehend aus den Herren Kurt E. Feller und Peter Kofmel gebildet. Die Tatsache, dass die Anbieterin Mehrheitsaktionärin der Zielgesellschaft ist und gemäss Bericht des Verwaltungsrats sämtliche Mitglieder des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf Antrag von und mit Stimmen der Anbieterin gewählt wurden (vgl. Angebotsprospekt Buchstabe F. Ziff. 3.), begründet gemäss Praxis der Übernahmekommission die Vermutung, dass sich auch die Herren Kurt E. Feller und Peter Kofmel in einem potentiellen Interessenkonflikt befinden. Allerdings kann diese Vermutung vom Verwaltungsrat der Zielgesellschaft durch den Nachweis der tatsächlichen Unabhängigkeit der entsprechenden Verwaltungsräte widerlegt werden.

Bei den Herren Kurt E. Feller und Peter Kofmel handelt es sich um nicht exekutive Mitglieder des Verwaltungsrats. Diese nehmen gemäss Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft keine weiteren exekutiven oder nicht exekutiven Funktionen innerhalb der Scintilla- bzw. Bosch-Gruppe wahr, noch stehen sie sonst in einer wesentlichen geschäftlichen Beziehung zur Anbieterin oder einer mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Person, welche einen Interessenkonflikt begründen würde (vgl. auch Kapitel zur Corporate Governance im Geschäftsbericht 2003 der Scintilla, S. 20). Der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft hat in seinem Bericht des weitern ausdrücklich bestätigt, dass die Herren Kurt E. Feller und Peter Kofmel in keiner Gesellschaft, die wichtige oder gar wesentliche Geschäftsbeziehungen zu Gesellschaften der Bosch Gruppe unterhalten, irgendwelche Organfunktionen innehaben. Ferner wurde der Übernahmekommission von der Anbieterin bestätigt, dass mit diesen beiden Verwaltungsräten weder ein Mandatsvertrag noch irgendeine andere Vereinbarung im Hinblick auf den Abschluss der Transaktion bestehe, und dass die Anbieterin diesen beiden Verwaltungsräten allgemein keine Instruktionen mit Bezug auf die Ausübung ihrer Stimmrechte erteile, insbesondere auch keine Instruktionen mit Bezug auf den zu erstellenden Bericht des Verwaltungsrats erteilt habe.

Damit kann festgehalten werden, dass ein genügender Nachweis für die tatsächliche Unabhängigkeit der beiden Verwaltungsräte erbracht wurde. Demzufolge waren die Verwaltungsräte Kurt E. Feller und Peter Kofmel im Stande frei, von Interessenkonflikten zum öffentlichen Kaufangebot der Anbieterin Stellung zu nehmen.

6.2.2.3. Zusammenfassend kann demzufolge festgestellt werden, dass der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft durch Bildung eines unabhängigen Komitees und durch Beschlussfassung unter Ausstand der durch potentielle Interessenkonflikte betroffenen Mitglieder eine geeignete Massnahme getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich die potentiellen Interessenkonflikte einzelner seiner Mitglieder zum Nachteil der Empfänger des vorliegenden Angebots auswirken.

Die Geeignetheit der Bildung eines Komitees als Massnahme zur Lösung von Interessenkonflikten erachtet die Übernahmekommission allerdings nur unter der wesentlichen Voraussetzung als gegeben, dass entsprechend dem „Vier-Augen-Prinzip“ mindestens zwei Verwaltungsräte übrig bleiben, die in der Lage sind, frei von Interessenkonflikten zum öffentlichen Kaufangebot Stellung zu nehmen. Wie bereits erörtert, ist diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt.

7. Befreiung von der Karenzfrist

Legt eine Anbieterin ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit diese die Anbieterin grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK). Da die Robert Bosch diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit.

8. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospekts, d.h. am 8. Juli 2004, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

9. Gebühr

Das Angebot bezieht sich auf 70'522 Scintilla Inhaberaktien. Bei einem Angebotspreis von CHF 1'050 pro Titel liegt der Wert des gesamten Angebots bei CHF 74'048'100. Gemäss Art. 62 Abs. 2 UEV-UEK i.V.m. Art. 62 Abs. 3 UEV-UEK wird folglich die Gebühr von CHF 37'000 erhoben.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Das öffentliche Kaufangebot der Robert Bosch Internationale Beteiligungen AG, Zürich, an die Aktionäre der Scintilla AG, Solothurn, entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.

  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgende Ausnahme von der Übernahmeverordnung (Art. 4 UEV-UEK): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

  3. Diese Empfehlung wird am 8. Juli 2004 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  4. Die Gebühr zu Lasten der Robert Bosch Internationale Beteiligungen AG beträgt CHF 37'000.


Der Präsident:

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Robert Bosch Internationale Beteiligungen AG, durch ihren Vertreter;
  • Scintilla AG, durch ihren Vertreter;
  • die EBK;
  • die Prüfstelle (zur Kenntnisnahme)