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0304 - Serono S.A.

Empfehlung in Sachen Serono S.A. vom 8. Januar 2007

Öffentliches Kaufangebot der Merck Vierte Allgemeine Beteiligungsgesellschaft mbH, Darmstadt, Deutschland, für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien der Serono S.A., Coinsins, Kanton Waadt

A.
Die Serono S.A. („Serono“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Coinsins (VD). Ihr Aktienkapital beträgt CHF 380'943'075, eingeteilt in 11'013'040 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 10 (Stimmrechtsaktien) und 10'832'507 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 25. Die Serono verfügt zudem über ein bedingtes Aktienkapital von CHF 53'047'100 zur Ausgabe von maximal 2'121'884 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 25 sowie über ein genehmigtes Aktienkapital von CHF 190'471'500, welches zur Ausgabe von maximal 7'618'860 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 25 berechtigen. Die Inhaberaktien der Serono sind an der SWX Swiss Exchange („SWX“) kotiert und werden an der virt-x, London, gehandelt. Die Namenaktien der Serono sind nicht kotiert.

B.
Die Merck Vierte Allgemeine Beteiligungsgesellschaft mbH („Merck“ oder „Anbieterin“) ist eine nach deutschem Recht organisierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Darmstadt (Deutschland). Das Stammkapital der Merck beträgt EUR 25'000. Die Merck hat bisher noch keine operative Tätigkeit ausgeübt. Ihre bisherige Geschäftstätigkeit beschränkt sich auf den Kauf von Inhaberaktien der Serono an der Börse.

C.
Die Merck Kommanditgesellschaft auf Aktien („Merck KGaA“) ist eine nach deutschem Recht organisierte Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in Darmstadt (Deutschland). Die Merck KGaA ist alleinige Gesellschafterin der Merck. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien ist gemäss § 278 AktG eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, bei der mindestens ein Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet (persönlich haftender Gesellschafter) und die übrigen an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (Kommanditaktionäre) . Das Gesamtkapital setzt sich aus einem in Aktien zerlegten Grundkapital (oder Kommanditkapital) und einem von einer unbeschränkt haftenden Gesellschafterin gehaltenen Kapitalanteil zusammen. Die Inhaberaktien der Merck KGaA sind an der Frankfurter Wertpapierbörse sowie im Freiverkehr an Regionalbörsen zum Handel zugelassen und werden im Aktienindex MDAX der Deutschen Börse geführt.

Am Gesamtkapital der Merck KGaA hält die persönlich haftende Gesellschafterin E. Merck oHG („EM“) rund 73% (Kapitalanteil). Den verbleibenden Rest (Grundkapital) von rund 27% ist in Aktien (Inhaberaktien) zerlegt und wird vom Publikum gehalten. Eine vinkulierte Namenaktie der Merck KGaA wird von der E. Merck Beteiligungen oHG („EMB“) gehalten. Die EMB hält zudem eine stille Beteiligung am Unternehmen der EM. Eine stille Gesellschaft nach deutschem Recht ist eine reine Innengesellschaft, die nicht nach aussen auftritt. Vertragsparteien sind dabei die Unternehmensträger (EM und EMB) sowie die stillen Gesellschafter.

EM und EMB sind nach deutschem Recht organisierte offene Handelsgesellschaften mit Sitz in Darmstadt (Deutschland). Die Mitglieder der Familie Merck halten die EM und die EMB über stille Beteiligungen.

D.
Am 21. September 2006 schlossen die Merck KGaA und die Merck mit Ernesto Bertarelli, Maria-Iris Bertarelli und Donata Bertarelli Späth ein Share Purchase Agreement („SPA“) ab. Inhalt dieser Vereinbarung ist der Kauf sämtlicher Aktien der Bertarelli Biotech SA, Chéserex (inzwischen umfirmiert in SeroMer Biotech SA, nachfolgend „Bertarelli Biotech“), sowie 1'823'740 Namenaktien der Serono durch die Merck. Die Bertarelli Biotech hielt im Zeitpunkt des Abschlusses des SPA 9'189'300 Namen- und 5'036'930 Inhaberaktien der Serono.

E.
Mit Pressemitteilung vom 21. September 2006 gab die Merck KGaA bekannt, dass sie mit der Familie Bertarelli, die die Aktienmehrheit an der Serono besitze, vereinbart habe, deren Inhaberaktien zu einem Preis von CHF 1'100 je Aktie zu übernehmen. Die Merck werde den Aktionären der Serono ein öffentliches Übernahmeangebot unter Schweizer Recht in Höhe von ebenfalls CHF 1'100 je Aktie machen. Die Pressemitteilung enthielt zudem folgenden Disclaimer: „Die in dieser Pressemitteilung enthaltenen Informationen stellen weder ein Angebot zum Kauf noch eine Aufforderung zum Verkauf bzw. zur Abgabe eines Angebots zum Verkauf von Wertpapieren (insbesondere von Aktien oder American Depositary Shares von Serono SA) dar. Der Angebotsprospekt für das öffentliche Kaufangebot wird voraussichtlich im November 2006 veröffentlicht. Massgebend sind einzig die in diesem Angebotsprospekt enthaltenen Bedingungen.“

F.
Am 8. Dezember 2006 schlossen die Parteien des SPA (vgl. lit. D) einen Zusatz zum SPA ab, worin unter anderem vereinbart wurde, dass weitere 635'842 Inhaberaktien der Serono von einer Tochtergesellschaft der Serono mit Wirkung vor dem 31. Dezember 2006 auf die Bertarelli Biotech übertragen werden.

G.
Das am 21. September 2006 abgeschlossene SPA (vgl. lit. D und F) wurde am 5. Januar 2007 vollzogen. Gleichentags nach Vollzug des SPA fand eine ausserordentliche Generalversammlung von Serono statt. An dieser wurden unter anderem die Herren Michael Becker, Elmar Schnee, Josef Dubacher, Axel von Wietersheim, Peter Bohnenblust, Philippe Tischhauser und Carlo Lombardini in den Verwaltungsrat von Serono gewählt.

H.
Am 5. Januar 2007, nach Vollzug des SPA, kündigte die Merck nach Börsenschluss in den elektronischen Medien an, dass sie ein öffentliches Übernahmeangebot für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien der Serono unterbreiten werde („Voranmeldung“).

I.
Am 9. Januar 2007 wird voraussichtlich die landesweite Verbreitung des öffentlichen Kaufangebots der Merck für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien der Serono erfolgen, indem dieses in mehreren Zeitungen auf Deutsch und Französisch veröffentlicht und den elektronischen Medien zugestellt wird. Der Angebotspreis beträgt CHF 1'100. Die Merck wird das Angebot voraussichtlich während 20 Börsentagen offen lassen. Das Angebot ist gemäss Angebotsprospekt an keine Bedingungen geknüpft.

J.
Die Voranmeldung, der Angebotsprospekt sowie der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission mit dem Antrag auf Feststellung der Gesetzmässigkeit vor der Publikation zur Prüfung unterbreitet. Zudem stellte die Anbieterin ein Gesuch um Befreiung von der Einhaltung der Karenzfrist. Die Prüfstelle KPMG AG hat ihren Prüfstellenbericht zum Angebot der Merck samt den erforderlichen Bestätigungen abgegeben.

K.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Hans Rudolf Widmer (Präsident), Henry Peter sowie Alfred Spörri gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Voranmeldung

1.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann eine Anbieterin ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden, wobei diese Voranmeldung den in Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK genannten Mindestinhalt aufweisen muss. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, die Börseninformationen verbreiten, zuzustellen. Damit die Rechtswirkungen gemäss Art. 9 UEV-UEK an diesen Zeitpunkt geknüpft werden können, genügt gemäss Praxis der Übernahmekommission die blosse Zustellung an ein elektronisches Medium nicht. Vielmehr hat eine Veröffentlichung der vollständigen Voranmeldung in den Zeitungen zu erfolgen, und zwar innert drei Börsentagen nach Veröffentlichung in den elektronischen Medien.

1.2 Im vorliegenden Fall enthielt die am 5. Januar 2007 nach Börsenschluss in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung sämtliche von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK geforderten Angaben. Durch die Publikation des Angebotsprospektes innert drei Börsentagen am 9. Januar 2007 ist die notwendige Veröffentlichung der vollständigen Voranmeldung in den Zeitungen nicht mehr erforderlich. Sie wird durch den Angebotsprospekt ersetzt. Vorausgesetzt, dass der Angebotsprospekt am 9. Januar 2007 publiziert wird, entfaltet die Voranmeldung ihre rechtlichen Wirkungen per 5. Januar 2007 (vgl. Empfehlung vom 4. März 2005 in Sachen Pelikan Holding AG, Erw. 1.3; Empfehlung vom 8. September 2005 in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG, Erw. 1.2; Empfehlung vom 25. September 2006 in Sachen Acorn Alternative Strategies AG, Erw. 1.3).

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob nicht schon die von der Merck KGaA am 21. September 2006 publizierte Pressemitteilung (vgl. Sachverhalt lit. E) als Voranmeldung qualifiziert werden müsste, zumal diese bereits sämtliche wesentlichen Angaben einer Voranmeldung enthielt. Der eingefügte Disclaimer (vgl. Sachverhalt lit. E) vermöchte jedenfalls eine Qualifikation der Pressemitteilung als Voranmeldung nicht zu verhindern. Damit wäre die Anbieterin bereits ab diesem Zeitpunkt an die mit der Veröffentlichung der Voranmeldung verbundenen übernahmerechtlichen Pflichten gebunden. Insbesondere wäre dieser Zeitpunkt für die Meldepflicht gemäss Art. 31 BEHG, die Bestimmung des vorausgegangenen Erwerbs nach Art. 38 BEHV-EBK sowie die Anwendbarkeit der Best Price Rule (Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK) anwendbar. Die Frage nach der Qualifikation der Pressemitteilung als Voranmeldung kann jedoch letztlich offen bleiben, da sich vorliegend für die Angebotsempfänger unter den konkret gegebenen Umständen keine nachteiligen Folgen ergeben. Selbst im bejahenden Falle sind die Bestimmungen über den Mindestpreis (Art. 32 Abs. 4 BEHG und Art. 32 Abs. 4 BEHG i.V.m. Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK) und die Best Price Rule (Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK) eingehalten: Die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen haben in den zwölf Monaten vor der Publikation der Pressemitteilung vom 21. September 2006 gemäss Angaben im Angebotsprospekt (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt C. Ziff. 7) keine Aktien der Serono erworben. Der durchschnittliche Eröffnungskurs der Inhaberaktien der Serono in den letzten 30 Börsentagen vor der Pressemitteilung vom 21. September 2006 beträgt CHF 855.95 und liegt somit unter dem Angebotspreis von CHF1 ' 100. Im Zeitraum zwischen dem 21. September 2006 und 5. Januar 2007 wurden gemäss Angaben der Anbieterin von ihr und den mit ihr in gemeinsamer Absprache keine Aktien der Serono über dem Angebotspreis von CHF 1'100 erworben oder veräussert. Die Übernahmekommission behält sich vor, in ähnlich gelagerten Fällen abweichend zu entscheiden.

2. Handeln in gemeinsamer Absprache

2.1 Für im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handelnde Personen gelten Art. 15 Abs. 1 und 2 BEHV-EBK sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV-UEK).

2.2 Nach Art. 11 Abs. 1 UEV-UEK i.V.m. Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt die Anbieterin grundsätzlich in gemeinsamer Absprache mit allen Mitgliedern ihres Konzerns und den sie beherrschenden Aktionären. Im Übrigen handeln gemäss Praxis der Übernahmekommission diejenigen Personen in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin, welche hinsichtlich des Unterbreitens eines öffentlichen Kauf- bzw. Umtauschangebots und dessen Bedingungen ihr Verhalten koordinieren bzw. sich über das Angebot und über dessen Bedingungen geeinigt haben (vgl. Empfehlung vom 28. April 2005 in Sachen Swiss International Air Lines AG, Erw. 2.2; Empfehlung vom 7. Oktober 1999 in Sachen Tag Heuer International SA, Erw. 3).

Vorliegend gelten alle von der Merck direkt oder indirekt kontrollierten und alle die Merck direkt und indirekt kontrollierenden Gesellschaften (inkl. Merck KGaA) und Personen sowie alle mit der Merck direkt oder indirekt unter gemeinsamer Kontrolle stehenden Gesellschaften und Personen, einschliesslich die Bertarelli Biotech, die Serono und die von Serono kontrollierten Gesellschaften als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnde Personen.

2.3 Die Anbieterin hat nach Art. 12 Abs. 1 UEV-UEK die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen offen zu legen. Die Merck kommt dieser Verpflichtung in Abschnitt C. Ziff. 6 des Angebotsprospekts nach. Mit Bezug auf die in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt auch im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen. Die in gemeinsamer Absprache mit der Merck handelnden Personen sind den in Art. 12 UEV-UEK statuierten Pflichten unterworfen. Die Prüfstelle hat zu prüfen, ob diese Personen ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen.

3. Anwendbarkeit der Bestimmungen über Pflichtangebote

3.1 Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss diejenige Person, welche direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit mit den Papieren, die sie bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten. Als indirekter Erwerb gilt gemäss Art. 26 BEHV-EBK i.V.m. Art. 9 Abs. 3 lit. c BEHV-EBK der Erwerb und die Veräusserung einer Beteiligung, die direkt oder indirekt die Beherrschung einer juristischen Person vermittelt, welche ihrerseits direkt oder indirekt Beteiligungspapiere hält.

3.2 Massgebend für das Auslösen der Angebotspflicht gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG ist grundsätzlich der Eigentumserwerb und somit der Vollzug des zugrunde liegenden Geschäfts ( Empfehlung vom 28. April 2005 in Sachen Swiss International Air Lines AG, Erw. 3.2; Empfehlung vom 17. August 2001 in Sachen Netstal-Maschinen AG, Erw. 1.1). Mit dem Vollzug des SPA am 5. Januar 2007 (vgl. lit. G) hat die Anbieterin den Grenzwert von 33 1/3 der Stimmrechte durch direkten und indirekten Erwerb (vgl. Sachverhalt lit. D) überschritten, weshalb sie nach Art. 32 Abs. 1 BEHG verpflichtet ist, allen Aktionären der Serono ein öffentliches Übernahmeangebot zu unterbreiten.

4. Einhaltung der Bestimmungen über Pflichtangebote

4.1 Angebot auf alle Arten von kotierten Beteiligungspapieren

Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHV-EBK hat sich ein Pflichtangebot auf alle Arten von kotierten Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft zu erstrecken. Gemäss Art. 10 Abs. 3 UEV-UEK muss sich ein Angebot sodann auch auf Beteiligungspapiere erstrecken, welche aus der Ausübung von Optionsrechten bis zum Ende der Nachfrist stammen.

Das vorliegende Angebot bezieht sich auf alle sich im Publikum befindenden kotierten Inhaberaktien der Serono mit einem Nennwert von CHF 25, unter Einbezug derjenigen Inhaberaktien, die bis zum Ende der Nachfrist aus dem bedingten oder genehmigten Kapital der Serono ausgegeben werden (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt B. Ziff. 2). Art. 29 Abs. 1 BEHV-EBK und Art. 10 Abs. 3 UEV-UEK ist somit in genügendem Mass Rechnung getragen.

4.2 Bestimmungen über den Mindestpreis

4.2.1 Preis des vorausgegangenen Erwerbs

4.2.1.1 Nach Art. 32 Abs. 4 BEHG darf der Angebotspreis höchstens 25% unter dem höchsten Preis liegen, den die Anbieterin in den zwölf letzten Monaten vor Veröffentlichung des Angebots für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat.

4.2.1.2 Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass Merck in den letzten zwölf Monaten vor Veröffentlichung des Angebots nicht nur 1'823'740 Namenaktien der Serono, sondern auch sämtliche Aktien der Bertarelli Biotech (und via diese Titel indirekt 9'189'300 Namenaktien sowie 5'672'772 Inhaberaktien der Zielgesellschaft) erworben hat, hinsichtlich denen Art. 32 Abs. 4 BEHG i.V.m. Art. 38 Abs. 1 BEHV-EBK zu beachten ist. In einem solchen Fall eines indirekten Erwerbs im Sinne von Art. 26 BEHV-EBK i.V.m. Art. 9 Abs. 3 lit. c BEHV-EBK hat die Anbieterin im Angebotsprospekt gestützt auf Art. 41 BEHV-EBK den auf die Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft entfallenden Anteil des bezahlten Preises offenzulegen; die Bewertung dieses Anteils ist durch eine Prüfstelle zu überprüfen.

Gemäss Abschnitt C. Ziff. 7 des Angebotsprospekts betrug der Kaufpreis für die Aktien der Bertarelli Biotech insgesamt CHF 9'583'914'990 (vorbehältlich einer Kaufpreisanpassung für Änderungen im Wert der Nettoaktiven der Bertarelli Biotech). Der Preis für die Aktien der Bertarelli Biotech entspreche unter Berücksichtigung der Nettofinanzverbindlichkeiten der Bertarelli Biotech einem theoretischen Kaufpreis von CHF 1'100 für jede von Bertarelli Biotech gehaltene Inhaberaktie bzw. CHF 440 für jede von ihr gehaltene Namenaktie von Serono.

4.2.1.3 Gemäss Art. 38 Abs. 2 BEHV-EBK ist der Preis des vorausgegangenen Erwerbs für jede Art von Beteiligungspapieren getrennt zu ermitteln. Der Festlegung des angemessenen Verhältnisses zwischen den Preisen mehrerer Arten von Beteiligungspapieren nach Art. 32 Abs. 5 BEHG ist der Preis des im Vergleich zum Nominalwert höchstbezahlten Beteiligungspapiers zugrunde zu legen.

Im vorliegenden Fall hat Merck in den letzten zwölf Monaten vor Veröffentlichung des Angebots sämtliche 11'013'040 Namenaktien der Serono erworben, nämlich 1'823'740 durch direkten und 9'189'300 durch indirekten Erwerb. Überdies hat sie – wie oben in Erw. 4.2.1.2 erörtert – indirekt 5'672'772 Inhaberaktien der Serono erworben. Der dabei höchstbezahlte Preis betrug CHF 1'100 für die Inhaberaktien (Nennwert CHF 25). Für die Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 10 wurde sowohl direkt als auch indirekt (s. oben Erw. 4.2.1.2) CHF 440 bezahlt. Damit besteht zwischen beiden Aktienkategorien das gleiche Verhältnis zwischen Nennwert und Preis des vorausgegangenen Erwerbs. Demzufolge ist Art. 38 Abs. 2 BEHV-EBK erfüllt.

4.2.1.4 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Bedingungen von Art. 32 Abs. 4 BEHG erfüllt sind. Die Prüfstelle hat überdies die Bewertung des indirekt vorausgegangenen Erwerbs überprüft und feststellt, dass der für die Aktien der Bertarelli Biotech bezahlte Preis keine nach Art. 32 Abs. 4 BEHG relevante Prämie beinhaltet.

4.2.2 Börsenkurs

4.2.2.1 Nach Art. 32 Abs. 4 BEHG muss der Angebotspreis zudem mindestens dem Börsenkurs der avisierten Titel entsprechen. Dieser Kurs ergibt sich gemäss Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK aus dem Durchschnitt der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung der Voranmeldung an einer Schweizer Börse ermittelten Eröffnungskurse für diese Beteiligungspapiere (Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK i.V.m. Art. 9 Abs. 3 lit. a UEV-UEK).

4.2.2.2 Die Voranmeldung wurde am 5. Januar 2007 nach Börsenschluss in den elektronischen Medien publiziert. Für die Berechnung des Mindestpreises ist daher der 5. Januar 2007 miteinzubeziehen. Der durchschnittliche Eröffnungskurs der Inhaberaktien der letzten 30 Börsentage vor der Voranmeldung beläuft sich auf CHF 1'090.70. Der in casu im Angebot offerierte Preis beträgt CHF 1'100. Das Angebot der Merck erfüllt somit die Anforderung von Art. 32 Abs. 4 BEHG.

4.2.3 Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass im vorliegenden Angebot die Bestimmungen über den Mindestpreis eingehalten sind.

5. Gleichbehandlung der Inhaber von Beteiligungspapieren

5.1 Best Price Rule

Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK dürfen die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten (sogenannte „Best Price Rule“). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel ab Veröffentlichung der Voranmeldung während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung vom 23. August 2004 in Sachen ZKB Visionen, Erw. 4). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Regel während des ganzen Best Price Rule-relevanten Zeitraums eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).

5.2 Aktien- und optionsbasierte Mitarbeiterbeteiligungsprogramme

5.2.1 Gemäss Art. 24 Abs. 2 BEHG muss der Anbieter alle Inhaber von Beteiligungspapieren derselben Art gleich behandeln. Dieses Prinzip verpflichtet den Anbieter, darauf zu achten, dass ein vernünftiges Verhältnis zwischen den Angebotspreisen für die verschiedenen Kategorien von Beteiligungspapieren besteht. Erstreckt sich das Angebot zudem auf nicht kotierte Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft, inklusive Optionsrechte, so ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch auf diese Beteiligungspapiere anzuwenden (Art. 10 Abs. 2 UEV-UEK). Dies gilt sowohl im Falle eines Pflichtangebotes (Art. 32 Abs. 5 BEHG und Art. 38 Abs. 2 BEHV-EBK) also auch im Falle eines freiwilligen Angebotes (Art. 10 Abs. 4 UEV-UEK).

5.2.2 Serono hat verschiedene aktien- und optionsbasierte Beteiligungspläne ausstehend, die Mitgliedern des Verwaltungsrats und Serono Mitarbeitern (inkl. Geschäftsleitung) Optionsrechte einräumen oder zum Kauf bzw. Bezug von Inhaberaktien der Serono berechtigen. Im Hinblick auf den Vollzug des SPA und das Angebot von Merck wurden die Beteiligungspläne von Serono zum Teil geändert. Da Serono mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handelt, sind die von ihr im Hinblick auf das Angebot eingeführten Änderungen und damit die von den aktien- und optionsbasierten Plänen betroffenen Beteiligungen materiell vom Angebot umfasst zu betrachten. Demzufolge ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch auf diese Titel anzuwenden.

5.2.3 Was die aktienbasierten Beteiligungspläne anbelangt, erhalten die Mitarbeiter im Wesentlichen entweder den Angebotspreis für ihre Aktien oder die noch ausgelieferten Aktien können zu den Konditionen des Angebots angedient werden. Insofern ist die Gleichbehandlung gewährleistet. Die Prüfstelle hat dies in ihrem Bericht zu Handen der Übernahmekommission bestätigt.

5.2.4 Was die optionsbasierten Beteiligungspläne betrifft, so gilt für Mitarbeiteroptionen, die ausgeübt werden können und „In the money“ sind, das Folgende: Serono dient die entsprechende Aktie an und der Mitarbeiter erhält in bar die Differenz zwischen dem Ausübungspreis und dem Angebotspreis von CHF 1'100 pro Inhaberaktie, sofern er nicht ausdrücklich die Aktie wünscht. Für Optionen, die „In the money“ sind, aber erst nach dem Ablauf der Angebotsfrist ausübbar wären, wird ebenfalls die Differenz zwischen dem Ausübungspreis und dem Angebotspreis bezahlt. Bei Optionen der Verwaltungsräte wird ebenfalls die Differenz zwischen dem Ausübungspreis und dem Angebotspreis ausbezahlt. Die Gleichbehandlung ist damit gewährleistet. Die Prüfstelle hat dies in ihrem Bericht zu Handen der Übernahmekommission bestätigt.

5.2.5 Mitarbeiteroptionen, die vor oder am Tag des Ablaufs der Angebotsfrist ausübbar, aber „Out of the money“ sind, werden in bar abgegolten. Der entsprechende Barbetrag wird aufgrund einer Bewertung der Optionen nach dem Black Scholes Modell festgelegt. Hingegen erhalten die Verwaltungsräte der Gesellschaft nichts für Optionen, die „Out of the money“ sind.

Die Übernahmekommission überlässt es grundsätzlich der Anbieterin, die Kriterien für die Festlegung des Verhältnisses zwischen den Angebotspreisen für die verschiedenen Kategorien von Beteiligungspapieren festzusetzen. Die vom Anbieter gewählte Methode muss nach Art. 22 Abs. 1 UEV-UEK im Angebotsprospekt beschrieben werden und die Prüfstelle hat die Angemessenheit der Verhältnisse zu bestätigen (Art. 22 Abs. 2 UEV-UEK). Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, beschränkt sich die Übernahmekommission auf eine Plausibilitätsprüfung. Nur wenn sich die Berechnungsmethode offenkundig als unhaltbar erweist, greift die Übernahmekommission ein (vgl. Empfehlung vom 18. Mai 1999 in Sachen Brauerei Haldengut, Erw. 3).

Bei dem von Serono gewählten Black Scholes Modell handelt es sich um eine marktübliche Methode zur Bewertung von Optionen. Die Prüfstelle hat überdies die Berechnung von Serono nachgerechnet und bestätigt, dass das Verhältnis zwischen dem Preis für die Inhaberaktien und dem Entgelt für die Optionen angemessen ist. Auch diesbezüglich ist der Gleichbehandlungsgrundsatz demzufolge eingehalten.

6. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

6.1 Stellungnahme des Verwaltungsrates

6.1.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Gemäss Art. 29 Abs. 3 UEV-UEK kann der Bericht empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen; er kann aber auch die Vor- und Nachteile des Angebots darlegen, ohne eine Empfehlung abzugeben. Selbst in diesem Fall muss der Verwaltungsratsbericht der Zielgesellschaft alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebotes ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK). Der Bericht muss eine klare Begründung enthalten und alle wesentlichen Elemente darlegen, welche die Stellungnahme beeinflusst haben (Art. 29 Abs. 4 UEV-UEK), damit die Empfänger des Angebotes ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können.

Der Verwaltungsratsbericht ist ein zentrales Element eines jeden Angebots. Dem Verwaltungsrat fällt nämlich die Rolle zu, sich im Interesse der Gesellschaft und dadurch mittelbar der Aktionäre eine eigene, von den spezifischen Interessen des jeweiligen Anbieters und von den eigenen Interessen unabhängige Meinung zu bilden und alsdann seine Überlegungen und Schlussfolgerungen im Verwaltungsratsbericht den Aktionären zur Kenntnis zu bringen. Ratio Legis der Bestimmung über die Pflicht zur Erstellung eines Verwaltungsratsberichts ist unter anderem, dass diejenigen Personen ihre Stellungnahme zum Angebot abgeben und somit dem Aktionär wichtige Informationen für seine Entscheidung hinsichtlich Annahme oder Ablehnung des Angebots liefern, welche aufgrund ihrer Funktion das Angebot und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft und ihre Aktionäre am besten beurteilen können. Sinn und Zweck dieser Bestimmung würde geradezu ausgehöhlt, wenn es dem Verwaltungsrat ermöglicht würde, wenige Stunden vor Lancierung des Angebots in Corpore zurückzutreten und somit keine Stellungnahme mehr zum Angebot abgeben zu müssen.

6.1.2 Vorliegend ist der vor der Ankündigung des Übernahmeangebots amtierende Verwaltungsrat am 5. Januar 2007, d.h. wenige Stunden vor Publikation der Voranmeldung der Merck gesamthaft zurückgetreten („bisheriger Verwaltungsrat“). Aufgrund des oben Gesagten (vgl. Erw. 6.1.1) hat sich auch der bisherige Verwaltungsrat zum vorliegenden Angebot zu äussern. Die Stellungnahme ist spätestens 5 Börsentage nach Veröffentlichung des Angebotsprospekts in denselben elektronischen Medien und Printmedien, in welchen der Angebotsprospekt publiziert wurde, zu veröffentlichen.

6.2 Zwischenabschluss

6 .2.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK hält sodann als Grundsatz fest, dass dieser Bericht alle Informationen enthalten muss, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können.

6.2.2 Art. 29 Abs. 1 BEHG verpflichtet den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft, die ihm bekannten und nicht veröffentlichten Angaben über den Gang der laufenden Geschäfte offen zu legen. Der Offenlegungsbedarf ist umso grösser, je länger die letztmals publizierten Daten zurückliegen. Gemäss Praxis der Übernahmekommission hat der Verwaltungsrat in denjenigen Fällen, in denen der Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenberichts der Zielgesellschaft bis zum Ende der Angebotsfrist mehr als sechs Monate zurückliegt, einen aktuellen Zwischenabschluss zu erstellen. Dieser ist als Teil des Berichts des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft zu betrachten und entsprechend zu veröffentlichen (vgl. Empfehlung vom 1. Oktober 2004 in Sachen Pelham Investments SA, Erw. 4.1.1 sowie Empfehlung vom 30. Juni 2004 in Sachen Scintilla AG, Erw. 6.1.4).

6.2.3 Sind seit dem Stichtag des letzten publizierten Jahres- oder Zwischenabschlusses bis zum Ende der Angebotsfrist weniger als sechs Monate vergangen, ist keine Veröffentlichung eines aktuellen Zwischenabschlusses erforderlich. In einem solchen Fall hat jedoch der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft in analoger Anwendung von Art. 24 Abs. 3 UEV-UEK in seinem Bericht Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenberichts eingetreten sind. Sind keine solchen Änderungen eingetreten, so hat der Verwaltungsrat dies explizit in seinem Bericht zu bestätigen. Treten solche Änderungen nach Veröffentlichung des Berichts während der Angebotsfrist ein, hat der Verwaltungsrat die Pflicht, den Bericht entsprechend zu ergänzen und in derselben Form wie das Angebot zu veröffentlichen.

6 .2.4 Der letzte von der Serono publizierte Jahresbericht ist derjenige per 31. Dezember 2005. Die Serono hat per 30. September 2006 einen Quartalsabschluss erstellt und veröffentlicht. Überdies erklärt der Verwaltungsrat in seinem Bericht, dass er keine Kenntnisse hat von wesentlichen Veränderungen in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage oder den Geschäftsaussichten, welche seit dem 30. September 2006 eingetreten sind. Damit entspricht der Bericht in diesen Punkten den gesetzlichen Anforderungen.

6.3 Zusammensetzung Verwaltungsrat / Geschäftsleitung

6.3.1 Neu bestellte Verwaltungsratsmitglieder / neu ernannte Geschäftsleitung

6.3.1.1 Der am 5. Januar 2007 neu bestellte Verwaltungsrat setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen: Michael Becker (Präsident), Elmar Schnee (Vizepräsident), Josef Dubacher (Mitglied), Axel von Wietersheim (Mitglied), Peter Bohnenblust (Mitglied), Philippe Tischhauser (Mitglied) und Carlo Lombardini (Mitglied).

6.3.1.2 Der neu bestellte Verwaltungsrat führt in seinem Bericht aus, dass sich die am 5. Januar 2007 zurückgetretenen Verwaltungsratsmitglieder der Serono mit dem vorliegenden Übernahmeangebot der Merck nicht befasst hätten, da frühzeitig bekannt geworden sei, dass die Merck ihr Angebot erst nach der Neubestellung des Verwaltungsrats publizieren werde. Daher werde der vorliegende Verwaltungsratsbericht von den neu bestellten Mitgliedern erstattet. Die Prüfung des Angebots hätten die neuen Mitglieder bereits vor der ausserordentlichen Generalversammlung von Serono am 5. Januar 2007 aufgenommen, damit sie ihre Pflichten bereits unmittelbar nach ihrem Amtsantritt erfüllen könnten.

6.3.1.3 Der Verwaltungsratsbericht hält in Bezug auf die Geschäftsleitung fest, dass im Rahmen der Integration der Serono in die Merck-Gruppe die Geschäftsleitung reorganisiert werde, sodass die Geschäftsleitung der Serono nur noch aus einem Management Team mit den Funktionen CEO, CFO und CAO bestehen werde. Weitere Geschäftsleitungsfunktionen würden im Rahmen der Integration in die neue Sparte Merck Serono (bis anhin Pharma Ethicals) der Merck-Gruppe überführt. Die Geschäftsleitung der Serono wurde nach Vollzug des SPA neu ernannt und setzt sich aus Elmar Schnee (CEO), Olaf Klinger (CFO) und François Naef (CAO) zusammen.

6.3.1.4 In formeller Hinsicht muss der zur Zeit der Lancierung des Übernahmeangebots amtierende Verwaltungsrat den Bericht zum Angebot abgeben, wo er überdies allfällige Interessenskonflikte, insbesondere auch die finanziellen Folgen des Angebots für die Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung offenzulegen hat. Allerdings ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der bisherige Verwaltungsrat wenige Stunden vor Publikation der Voranmeldung in den elektronischen Medien gesamthaft zurückgetreten ist und die Geschäftsleitung neu bestellt wurde. In einem solchen Fall genügt es nicht, dass der Verwaltungsrat einzig Angaben in Bezug auf seine Person bzw. die neu bestellte Geschäftsleitung macht. Es sind im Verwaltungsratsbericht zumindest die finanziellen Folgen des Angebots auch hinsichtlich des bisherigen Verwaltungsrats und der bisherigen Geschäftsleitung offenzulegen. Der Verwaltungsrat führt in seinem Bericht auch die finanziellen Folgen des Angebots in Bezug auf den am 5. Januar 2007 zurückgetretenen Verwaltungsrat und der bisherigen Geschäftsleitung auf. Damit erfüllt er die diesbezüglichen Anforderungen.

6.3.2 Bisherige Verwaltungsratsmitglieder / bisherige Geschäftsleitung

6.3.2.1 Der Verwaltungsrat der Serono wurde an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 5. Januar 2007 neu bestellt (s. Sachverhalt lit. G). Die bisherigen Verwaltungsratsmitglieder waren die Herren Georges Muller (Präsident), Ernesto Bertarelli (Vizepräsident), Jacques Theurillat (Mitglied), Pierre E. Douaze (Mitglied), L. Patrick Gage (Mitglied), Bernard Mach (Mitglied), Sergio Marchionne (Mitglied) und Alberto Togni (Mitglied), welche allesamt am 5. Januar 2007 zurückgetreten sind.

6.3.2.2 Gemäss Verwaltungsratsbericht wurde die Geschäftsleitung am 5. Januar 2007 neu ernannt. Die bisherige Geschäftsleitung setzte sich wie folgt zusammen: Ernesto Bertarelli, Roland Baumann, Giampiero De Luca, Fereydoun Firouz, Roberto Gradnik, Stuart Grant, Anders Härfstrand, Franck Latrille, François Naef, Jacques Theurillat und Timothy Wells.

6.4 Interessenkonflikte

6.4.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden. Ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie hoch diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (vgl. u.a. Empfehlung vom 13. Dezember 2005 in Sachen Berna Biotech AG, Erw. 6.2.2 ).

6.4.2 Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK Rechenschaft ablegen über die Massnahmen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken (vgl. statt vieler Empfehlung vom 23. März 2006 in Sachen Amazys Holding AG, Erw. 7.2.3).

6.4.3 Gemäss Verwaltungsratsbericht erhalten die zurückgetretenen Verwaltungsratsmitglieder keine besondere Entschädigung im Zusammenhang mit ihrem Rücktritt bzw. mit dem Angebot. Ernesto Bertarelli scheidet gemäss Vereinbarung im SPA mit dem Vollzugs des SPA aus dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung der Serono aus. Er erhält gemäss Verwaltungsratsbericht keine besondere Abfindung. Der Verwaltungsratsbericht hält zu den bestehenden und im Hinblick auf den Vollzug des SPA und das Angebot geänderten Beteiligungsplänen unter Verweis auf Abschnitt E. Ziff. 2 des Angebotsprospekts Folgendes fest: Der aktienbasierte Beteiligungsplan sei per 31. Dezember 2006 beendet und der optionsbasierte Beteiligungsplan sei dahingehend geändert worden, dass die von den Verwaltungsratsmitgliedern gehaltenen Optionen bei Beginn der Angebotsfrist ausgeübt werden könnten. Soweit die Optionen bei Ablauf der Angebotsfrist nicht im Geld seien, würden sie verfallen.

Der Verwaltungsratsbericht hält weiter fest, dass der am 5. Januar 2007 neu gewählte Verwaltungsrat keine Leistungen im Zusammenhang mit dem Angebot erhält. Zudem führt der Bericht aus, dass die neu gewählten Verwaltungsratsmitglieder weder über Inhaberaktien der Serono noch über Optionsrechte zum Bezug von Inhaberaktien der Serono verfügen. Auch sei auf sie ein entsprechender aktien- oder optionsbasierter Beteiligungsplan nicht anwendbar.

6.4.4 Zu den finanziellen Folgen des Angebots in Bezug auf die Geschäftsleitung führt der Verwaltungsratsbericht aus, dass neben Ernesto Bertarelli mit dem Vollzug des SPA auch die bisherigen Geschäftsleitungsmitglieder Jacques Theurillat, Stuart Grant und Anders Härfstrand ausscheiden. Im Zusammenhang mit diesem Abgang seien keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden, jedoch löse die Beendigung der Arbeitsverträge mit Jacques Theurillat, Stuart Grant und Anders Härfstrand eine Abgangsentschädigung aus. Zudem wurden die Beteiligungspläne der Mitarbeiter (inkl. der Geschäftsleitungsmitglieder) im Hinblick auf den Vollzug des SPA und dem Angebot geändert (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt E. Ziff. 2). Der Verwaltungsratsbericht verweist diesbezüglich auf die Ausführungen im Angebotsprospekt. Zudem hält der Bericht fest, dass im Übrigen im Zusammenhang mit dem Angebot keine Leistungen an ehemalige oder gegenwärtige Geschäftsleitungsmitglieder bzw. dem Management Team erbracht würden.

6.4.5 Im Verwaltungsratsbericht wird festgehalten, dass sämtliche Mitglieder des am 5. Januar 2007 neu gewählten Verwaltungsrats der Serono mit Stimmen der Anbieterin gewählt wurden. Michael Becker und Elmar Schnee stehen überdies in einem Dienstvertragsverhältnis mit der EM. Josef Dubacher steht in einem Beraterverhältnis mit der Merck AG und Axel von Wietersheim in einem Dienstvertragsverhältnis mit der Merck KGaA bzw. der Merck (Schweiz) AG. Demzufolge ist offensichtlich, dass sich der gesamte neu gewählte Verwaltungsrat der Serono bezüglich des Angebots in einem potentiellen Interessenkonflikt befindet.

Der Verwaltungsrat der Serono führt in seinem Bericht aus, dass er aus diesem Grund bereits vor seiner Wahl vom 5. Januar 2007 die Bank Sal. Oppenheim jr. & Cie. (Switzerland) Ltd. („Sal. Oppenheim“) damit beauftragt habe, die finanzielle Angemessenheit des öffentlichen Kaufangebots zu prüfen (sog. „Fairness Opinion“). Der Verwaltungsrat führt in seinem Bericht dazu aus, dass der am 5. Januar 2007 zurückgetretene Verwaltungsrat den Engagement Letter mit der Sal. Oppenheim unterzeichnet und der Sal. Oppenheim Zugang zu den für die Erstellung der Fairness Opinion notwendigen Informationen gewährt habe. Beim Bericht an die Aktionäre von Serono und bei seiner Beurteilung der finanziellen Angemessenheit des Angebots habe sich der Verwaltungsrat von dieser Fairness Opinion leiten lassen, um die Interessen der Minderheitsaktionäre der Serono und damit der Empfänger des Angebots zu wahren.

6.4 .6 Stützt sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft auf eine solche unabhängige Beurteilung des Angebotspreises durch eine Expertin, wird diese Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats. Die Fairness Opinion ist gleichzeitig mit dem Verwaltungsratsbericht zu veröffentlichen und im selben Umfang zu begründen.

Vorliegend sind die von Sal. Oppenheim konkret für ihre Meinungsbildung verwendeten Informationen und herangezogenen Bewertungsmethoden, die getroffenen Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung offengelegt, so dass die Angebotsempfänger die Einschätzung der Expertin nachvollziehen und folglich ihren Entscheid betreffend Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK). Die Fairness Opinion ist somit gemäss Art. 29 Abs. 4 UEV-UEK hinreichend begründet.

6.4.7 Zusammenfassend kann demzufolge festgestellt werden, dass der Verwaltungsrat von Serono dem Erfordernis der Offenlegung von bestehenden und allfälligen (potentiellen) Interessenkonflikten im Sinne von Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK in seinem Bericht nachgekommen ist. Im Übrigen hat er durch Abstützung seines Entscheids auf das unabhängige Bewertungsgutachten von Sal. Oppenheim geeignete Massnahmen im Sinne von Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK getroffen, um die Objektivität seiner Entscheidung sicherzustellen und um zu vermeiden, dass sich allfällige Interessenkonflikte seiner Mitglieder zum Nachteil der Empfänger des vorliegenden Angebots auswirken.

7. Befreiung von der Karenzfrist

Legt eine Anbieterin ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit diese die Anbieterin grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

Die Merck erfüllt durch Vorlage des Angebotsprospekts und des Verwaltungsratsberichts des am 5. Januar 2007 neu gewählten Verwaltungsrats vor dessen Publikation die Voraussetzungen von Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK und kann daher von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit werden. Die Übernahmekommission hat mit der vorliegenden Empfehlung eine Stellungnahme des bisherigen Verwaltungsrats zum Angebot verlangt (vgl. Erw. 6.1.2). Dies bewirkt jedoch nicht, dass keine Befreiung von der Karenzfrist erfolgen könnte.

8. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospekts, d.h. am 9. Januar 2007, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

9. Gebühr

Das Angebot umfasst maximal 2'373'589 Inhaberaktien der Serono zum Angebotspreis von CHF 1'100. Der Wert des gesamten Angebots liegt somit bei CHF 2'610'947'900. Gemäss Art. 62 Abs. 1 und 2 wird folglich die Maximalgebühr von CHF 200’000 zu Lasten der Merck und der Merck KGaA erhoben. Die Merck und die Merck KGaA haften hierfür solidarisch.



Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Das öffentliche Kaufangebot der Merck Vierte Allgemeine Beteiligungsgesellschaft mbH, Darmstadt, Deutschland, an die Inhaberaktionäre der Serono S.A., Coinsins, entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.

  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgende Ausnahme von der Übernahmeverordnung (Art. 4 UEV-UEK): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

  3. Der am 5. Januar 2007 zurückgetretene Verwaltungsrat der Serono S.A., Coinsins, hat zum Angebot der Merck Vierte Allgemeine Beteiligungsgesellschaft mbH, Darmstadt, Deutschland, Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme ist spätestens 5 Börsentage nach Veröffentlichung des Angebotsprospekts in denselben elektronischen Medien und Printmedien, in welchen der Angebotsprospekt publiziert wurde, zu veröffentlichen.

  4. Diese Empfehlung wird am 9. Januar 2007 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  5. Die Gebühr zu Lasten der Merck Vierte Allgemeine Beteiligungsgesellschaft mbH, Darmstadt, Deutschland, sowie der Merck Kommanditgesellschaft auf Aktien, Darmstadt, Deutschland, beträgt CHF 200'000, unter solidarischer Haftung.

 

Der Präsident

Hans Rudolf Widmer

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

 

Mitteilung an:

  • Merck Vierte Allgemeine Beteiligungsgesellschaft mbH (durch ihren Vertreter);
  • Serono S.A. ( durch ihren Vertreter);
  • die Eidgenössische Bankenkommission;
  • die Prüfstelle (zur Kenntnisnahme).