Transazioni
0765 - MCH Group AG
Verfügung 765/01 vom 13. Juli 2020
Gesuch der MCH Group AG und von Lupa Systems LLC betreffend die Feststellung der Gültigkeit einer Opting up-Klausel und das Nichtbestehen einer Angebotspflicht betreffend die MCH Group AG
A.
MCH Group AG (MCH Group) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Basel i.S.v. Art. 762 OR (HR-Firmennummer CHE-105.825.066). MCH Group bezweckt in erster Linie den Erwerb, die Veräusserung und die Verwaltung von Beteiligungen und die Finanzierung von in- und ausländischen Unternehmen des Messe- und Kongressbereiches und verwandter Geschäftszweige sowie die Überwachung und Koordination solcher Beteiligungen. Durch Unternehmen, an denen die MCH Group beteiligt ist, sollen u.a. Messen, Kongresse und weitere Veranstaltungen namentlich in den vorhandenen Infrastrukturen an den Standorten Basel, Zürich und Lausanne sowie an anderen Orten im In- und Ausland durchgeführt werden. Das Aktienkapital der MCH Group beträgt CHF 60'065'750 und ist eingeteilt in 6'006'575 Namenaktien zu je CHF 10 (die MCH-Aktien). Die MCH-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) kotiert (Valorensymbol MCHN; ISIN CH0039542854). Die Statuten der MCH Group enthalten weder eine Opting up- noch eine Opting out-Klausel.
Die MCH Group entstand wie folgt: Im Jahr 2000 wandelte sich die Genossenschaft Schweizer Mustermesse in eine Aktiengesellschaft mit der Firma Schweizer Mustermesse AG um. Im Jahr 2001 erfolgte der Zusammenschluss der Schweizer Mustermesse AG und der Messe Zürich AG, in dessen Folge die Schweizer Mustermesse AG ihre Aktien im Juni 2001 erstmals an der SIX kotierte. Im Jahr 2004 firmierte sich die MCH Messe Schweiz AG (vormals Schweizer Mustermesse AG) in MCH Messe Schweiz (Holding) AG um. Im Jahr 2009 änderte die MCH Messe Schweiz (Holding) AG ihre Firma in MCH Group AG.
B.
Gemäss der Datenbank der SIX halten derzeit folgende Personen bedeutende Beteiligungen von mehr als 3% der Stimmrechte an der MCH Group:
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Seit dem 14. Oktober 2019 hält Joint Proficient Project Company Limited, Tortola, British Virgin Islands, als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 224'000 Call Optionen/Warrants entsprechend 3.729% der Stimmrechte aus MCH-Aktien.
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Seit dem 10. September 2019 hält LLB Swiss Investment AG, Claridenstrasse 20, 8002 Zürich, als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 595'338 Namenaktien entsprechend 9.91% der Stimmrechte aus MCH-Aktien.
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Seit dem 8. Januar 2008 hält der Kanton Zürich als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 4.00% der Stimmrechte aus MCH-Aktien.
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Seit dem 1. Dezember 2007 hält die Stadt Zürich als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 3.75% der Stimmrechte aus MCH-Aktien.
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C.
Folgende Aktionäre halten gemäss den Angaben auf der Webseite der MCH Group (https://www.mch-group.com/investoren/aktionariat/, zuletzt abgerufen am 13. Juli 2020) eine Beteiligung von mehr als 3% an MCH Group:
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Kanton Basel-Stadt
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33.50% |
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LLB Swiss Investment AG
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9.80% |
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Kanton Basel-Landschaft
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7.80% |
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Kanton Zürich
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4.00% |
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IndexAtlas AG
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3.85% |
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Stadt Zürich
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3.70% |
Demnach halten die Kantone Basel-Stadt (33.50%), Basel-Landschaft (7.80%) und Zürich (4.00%) sowie die Stadt Zürich (3.70%) (alle zusammen die Öffentliche Hand) insgesamt 49% der MCH-Aktien.
D.
Lupa Systems LLC, New York, USA (Lupa), ist eine im Jahr 2019 gegründete private Investmentgesellschaft mit Sitz in New York. Ihr Gründer ist James Murdoch. Lupa investiert in verschiedene Geschäftsfelder, insbesondere im Medien- und Technologiebereich.
E.
In einer Medienmitteilung vom 3. Juni 2020, in welcher festgehalten wurde, welche Eckwerte der Kanton Basel-Stadt bei seiner künftigen Beteiligung an der MCH Group beachten wird, hielt die MCH Group Folgendes fest:
„In seinem Ratschlag zuhanden des Grossen Rats hält der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt fest, dass dieser der beabsichtigten Transaktion nur zustimmen wird, wenn der neue Investor eine formelle Vereinbarung mit der MCH Group AG unterzeichnet, die regeln soll, dass die rentablen Messen und Kongresse über eine angemessene, längere Zeitperiode weiterhin in Basel und Zürich durchgeführt werden.“
F.
Am 2. Juli 2020 gelangten die MCH Group und Lupa (zusammen die Gesuchsteller) mit einem Gesuch (Gesuch) und folgenden Anträgen an die Übernahmekommission (UEK):
„1. Es sei festzustellen, dass das beabsichtigte Opting up resp. die entsprechende den Aktionären der MCH Group zu unterbreitende Statutenbestimmung übernahmerechtlich wirksam resp. gültig sei.
2. Es sei festzustellen, dass der Kanton Basel Stadt, Kanton Basel Landschaft, Kanton Zürich sowie die Stadt Zürich als Aktionäre bei der statutarischen Einführung der Opting up-Bestimmung als "Minderheitsaktionäre" gelten und folglich mitstimmen können resp. deren Stimmen bei der Ermittlung der "Zustimmung der Mehrheit der Minderheit" zu zählen sind; eventualiter sei festzustellen, dass es dem Interesse der MCH Group entspricht, wenn ein Opting up eingeführt wird.
3. Es sei festzustellen, dass weder die Vereinbarung der Transaktion, insbesondere der Abschluss des Purchase and Subscription Agreement und des Relationship Agreement, noch die Durchführung der Transaktion, insbesondere die Beschlussfassungen an der vorgesehenen Generalversammlung und deren Umsetzung für die an der Gesellschaft als Aktionäre beteiligten Körperschaften des öffentlichen Rechts, für Lupa Systems LLC und/oder MCH Group weder gemeinsam noch je einzeln, die Angebotspflicht im Sinne von Art. 135 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel vom 19. Juni 2015 (FinfraG) bezüglich der MCH Group AG auslöst.
4. Die Publikation der Verfügung der Übernahmekommission sei aufzuschieben bis zur Ankündigung der Transaktion.“
Auf die Begründung dieser Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.
G.
Nach § 5 der Statuten der MCH Group sind die MCH-Aktien vinkuliert. Gestützt auf diese Bestimmung kann der Verwaltungsrat die Genehmigung der Übertragung von MCH-Aktien unter anderem verweigern, wenn eine natürliche Person oder juristische Personen oder Personengesellschaften direkt oder indirekt mehr als 5% des Aktienkapitals auf sich vereinigen würden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Statuten der MCH Group). Dies ist nicht der Fall, wenn der Erwerber der MCH-Aktien der Kanton Basel-Stadt, der Kanton Basel-Landschaft, der Kanton Zürich oder die Stadt Zürich ist (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Statuten der MCH Group). Weiter sehen die Statuten der MCH Group vor, dass für eine Änderung der Statuten sowie für die im Gesetz vorgesehenen Fälle die Zustimmung von mindestens zwei Drittel der vertretenen Stimmen und die absolute Mehrheit der vertretenen Aktiennennwerte erforderlich ist (§ 14 Abs. 4 Statuten der MCH Group). Hingegen fasst die Generalversammlung der MCH Group nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Statuten der MCH Group ihre Beschlüsse und vollzieht ihre Wahlen mit der absoluten Mehrheit der abgegebenen Aktienstimmen, soweit nicht das Gesetz oder die Statuten abweichende Bestimmungen enthalten. Bei der Berechnung des Mehrs werden Stimmenthaltungen und leer eingelegte Stimmen nicht berücksichtigt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Statuten der MCH Group). Jede MCH-Aktie berechtigt an der Generalversammlung der MCH Group zu einer Stimme.
H.
Der Verwaltungsrat der MCH Group besteht derzeit aus elf Mitgliedern. Gemäss § 22 Abs. 1 der Statuten der MCH Group werden drei Mitglieder vom Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt sowie je ein Mitglied vom Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, vom Regierungsrat des Kantons Zürich sowie vom Stadtrat der Stadt Zürich bestimmt. Die übrigen Mitglieder werden von der Generalversammlung gewählt. Das Recht der Öffentlichen Hand, Vertreter in den Verwaltungsrat zu berufen, ist ein wohlerworbenes Recht, das nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Öffentlichen Hand durch die Generalversammlung geändert oder aufgehoben werden kann (§ 22 Abs. 4 Statuten der MCH Group und Art. 762 Abs. 2 OR).
I.
Die MCH Group plant eine Transaktion, welche Sanierungsmassnahmen und weitere Elemente enthält (vorgesehene Transaktion; vgl. dazu im Einzelnen unten Sachverhalt lit. J). Dies geschieht vor folgendem Hintergrund: Laut Gesuch werde der Ausbruch der Corona-Krise starke Auswirkungen auf das Geschäftsergebnis der MCH Group für das Jahr 2020 und auf deren Liquiditätssituation haben. Die bereits angespannte finanzielle Situation mit einer Nettoverschuldung/EBITDA von 6.2x sowie einer Eigenkapitalquote von 10% werde dadurch verschlimmert. Mittelfristig seien diese Auswirkungen schwer abschätzbar. Eine „Rückkehr zur Normalität“ werde „im 2021 noch nicht stattfinden“. Zudem sei mit der Uhren- und Schmuckmesse Baselworld ein wichtiger Ertragspfeiler für die MCH Group weggefallen. Trotz zahlreichen Massnahmen zur Kostensenkung rechne die MCH Group für das laufende Geschäftsjahr 2020 mit einer Umsatzeinbusse von CHF 130 bis 170 Millionen. Das entspreche 30% bis 40% des Umsatzes des Jahres 2019. Ferner erwarte die MCH Group einen substantiellen Verlust für 2020. Auch sei es „eine Herausforderung“, die mittelfristig ablaufenden Finanzverbindlichkeiten der MCH Group im jetzigen Umfeld zu refinanzieren oder zurückzuzahlen. Eine Kapitalerhöhung der MCH Group werde somit unabdingbar. Dazu sei die MCH Group mit verschiedenen Investoren in Kontakt gewesen, um eine Kapitalerhöhung erfolgreich zu platzieren.
J.
Die vorgesehene Transaktion beruht auf einem Purchase and Subscription Agreement zwischen MCH Group und Lupa und beinhaltet folgende wesentlichen Elemente:
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Kapitalerhöhungen bei der MCH Group im Umfang von bis zu CHF 105 Millionen in zwei Tranchen (die MCH-Kapitalerhöhungen):
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- | Tranche 1: Ordentliche Kapitalerhöhung unter Ausschluss der Bezugsrechte zur Bilanzsanierung, wonach das nachrangige Darlehen des Kantons Basel-Stadt im Betrag von CHF 30 Millionen in MCH-Aktien gewandelt wird (Tranche 1). Dabei ist beabsichtigt, dass der Kanton Basel-Stadt unter Ausschluss des Bezugsrechts Schulden im Umfang von CHF 30 Millionen in neue Aktien umwandelt. Dies soll voraussichtlich mittels Liberierung durch Verrechnung erfolgen. Bei der Tranche 1 sollen die Bezugsrechte der Aktionäre ausgeschlossen werden. Mit diesem Schritt würde sich die Beteiligung des Kantons Basel-Stadt von zurzeit 33.5% allenfalls auf über 50% an der MCH Group erhöhen. Dies hängt vom Ausgabepreis beider Kapitalerhöhungen und von der Ausübung der Bezugsrechte in Tranche 2 ab (vgl. dazu sogleich). |
- | Tranche 2: Ordentliche Kapitalerhöhung mit Gewährung von Bezugsrechten an alle Aktionäre zur Aufnahme von frischem Kapital bzw. Liquidität (Tranche 2), wobei Lupa die gesamte Tranche 2 zeichnen würde (der Anteil der Lupa vermindert sich durch die Ausübung von Bezugsrechten durch Aktionäre der MCH Group). Damit soll der MCH Group Eigenkapital und Liquidität im Umfang von CHF 75 Millionen zuführt werden. Allen Aktionären wird je MCH-Aktie ein Bezugsrecht zugeteilt. Fünf Bezugsrechte werden zum Bezug von vier neuen MCH-Aktien zum Bezugspreis von CHF 10.50 pro MCH-Aktie berechtigen. Die Bezugsrechte werden voraussichtlich handelbar sein. Bezugsrechte, die nicht ausgeübt werden, bzw. Namenaktien, für die Bezugsrechte gewährt, aber nicht ausgeübt werden, werden Lupa zugewiesen. Dabei soll die Öffentliche Hand (abgesehen von der Tranche 1) ihre Bezugsrechte nicht ausüben (und auch nicht verkaufen) und somit keine MCH-Aktien erwerben. Diesbezüglich soll die Öffentliche Hand gegenüber MCH Group den Verzicht auf die Ausübung oder den Verkauf ihrer Bezugsrechte erklären. Die nicht ausgeübten Bezugsrechte der Öffentlichen Hand werden alsdann Lupa zugeteilt. |
Lupa würde damit nach Durchführung der Tranche 2 alle MCH-Aktien halten, die nicht infolge Ausübung der Bezugsrechte erworben werden. Der Anteil von Lupa nach Durchführung der Transaktion hängt damit von einer momentan noch nicht bekannten Grösse ab: dem Ausmass, in welchem die Publikumsaktionäre ihre Bezugsrechte ausüben. Anzunehmen ist, dass sich der Anteil von Lupa nach den MCHKapitalerhöhungen auf 29 – 45% der Stimmrechte der MCH Group belaufen wird;
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K.
Die Generalversammlung der MCH Group soll über ein Opting up entscheiden, wobei zwei Varianten erwogen wurden:
„Der Grenzwert für die Pflicht zur Unterbreitung eines Übernahmeangebots gemäss Art. 135 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel vom 19. Juni 2015 (FinfraG) beträgt 49% Prozent der Stimmrechte.“
Oder:
„Für den Fall und sofern Lupa Systems LLC, New York, USA ("Lupa") und/oder deren wirtschaftlich Berechtigter – alleine oder zusammen mit Personen, die Lupa kontrollieren, unter gemeinsamer Kontrolle wie Lupa stehen oder in gemeinsamer Absprache mit Lupa handeln – (i) durch Zeichnung oder Erwerb von Namenaktien der Gesellschaft im Rahmen der Kapitalerhöhung, die im Jahr 2020 durchgeführt wird, und/oder (ii) durch Erwerbsgeschäfte oder ein Handeln in gemeinsamer Absprache nach der im Jahr 2020 durchgeführten Kapitalerhöhung den Grenzwert von 33 1/3 %, jedoch nicht den Grenzwert von 49% der Stimmrechte der Gesellschaft überschreitet, sind Lupa sowie Personen, die Lupa kontrollieren, unter gemeinsamer Kontrolle wie Lupa stehen oder in gemeinsamer Absprache mit Lupa handeln, von der Pflicht zur Unterbreitung eines Übernahmeangebots gemäss Art. 135 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel vom 19. Juni 2015 (FinfraG) befreit."
L.
Die MCH Group soll mit Lupa im Hinblick auf deren Beteiligung ein Relationship Agreement abschliessen. Im Relationship Agreement soll namentlich die künftige Zusammensetzung des Verwaltungsrats der MCH Group geregelt werden. Die Öffentliche Hand soll sich verpflichten, Personen, die von Lupa gemäss Relationship Agreement zur Wahl in den Verwaltungsrat der MCH Group vorgeschlagen werden, zu wählen. Die Öffentliche Hand würde im Wesentlichen nur in Bezug auf diese Verpflichtung dem Relationship Agreement beitreten. Zudem soll sich Lupa im Relationship Agreement verpflichten, den statutarischen Zweck der MCH Group zu stützen und in Übereinstimmung mit ihm zu handeln. Lupa wird auch andere Verpflichtungen eingehen, wie zum Beispiel einen Lock-up oder einer Verpflichtung, Insiderrecht und entsprechende gesellschaftsinterne Reglemente einzuhalten. Detailliert geregelt wird im Relationship Agreement auch der Zugang zu Finanzinformationen der MCH Group. Schliesslich soll Lupa noch eine Option erhalten, insgesamt 0.9% der Beteiligung an der MCH Group von der Öffentlichen Hand zu erwerben, sofern Lupa nach den MCH Kapitalerhöhungen weniger als 30% der Stimmrechte an der MCH Group halten sollte.
M.
Nach Ankündigung der vorgesehenen Transaktion soll der Verwaltungsrat der MCH Group eine ausserordentliche Generalversammlung der MCH Group einberufen, um die Transaktion den Aktionären zur Genehmigung zu unterbreiten. An dieser Generalversammlung sollen die Aktionäre der MCH Group – abgesehen von den vorgeschlagenen Kapitalerhöhungen – dem vorgeschlagenen Opting up und anderen Statutenänderungen bedingt zustimmen und bedingte Wahlen in den Verwaltungsrat der MCH Group tätigen.
N.
Nachdem beide Tranchen der Kapitalerhöhung implementiert sind, soll das Aktionariat der MCH Group – jeweils abhängig von der Beteiligung der Publikumsaktionäre an der Tranche 2 – gemäss den Berechnungen der Gesuchsteller in etwa wie folgt aussehen:
O.
Wie bis anhin in den Statuten der MCH Group vorgesehen, soll sich deren Verwaltungsrat nach Durchführung der Transaktion weiterhin aus acht bis elf Mitgliedern zusammensetzen. Die statutarische Bestimmung betreffend die Vertretung der Öffentlichen Hand im Verwaltungsrat der MCH Group soll neu auf drei Vertreter reduziert werden, nämlich zwei für den Kanton Basel-Stadt und einen für den Kanton und die Stadt Zürich. Zusätzlich zu diesem Vertretungsrecht sollen ein bis drei Mitglieder des Verwaltungsrats, und davon einer als Präsident des Verwaltungsrats, unabhängig sein im Sinne der Kotierungsbestimmungen der SIX und des Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance.
P.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2020 teilte der Kanton Basel-Stadt gegenüber der UEK mit, dass er die Rechtsauffassungen und Schlussfolgerungen des Gesuchs teile (Schreiben Kanton Basel-Stadt). Er hielt weiter fest, dass er bei der Sonderabstimmung über das Opting up zugelassen werden solle, damit die angestrebte Sanierung und der langfristige Erhalt der MCH Group als Ziel der Transaktion erreicht werden könnten.
Q.
Mit Eingabe vom 3. Juli 2020 teilten die Gesuchsteller mit, dass sie an den Anträgen in ihrem Gesuch festhalten, diese jedoch wie folgt anpassen (angepasste Anträge):
„Antrag 1 des Gesuchs ist insofern zu ergänzen, als eventualiter festzustellen sei, dass ein formell selektives Opting up resp. die entsprechende den Aktionären der MCH Group zu unterbreitende Statutenbestimmung übernahmerechtlich wirksam resp. gültig sei.
Der Eventualantrag in Antrag 2 des Gesuchs, wonach eventualiter festzustellen sei, dass es dem Interesse der MCH Group entspricht, wenn ein Opting up eingeführt wird, wird hiermit zurückgezogen und durch folgenden Eventualantrag ersetzt: eventualiter sei festzustellen, dass der Kanton Basel Stadt, Kanton Basel Landschaft, Kanton Zürich sowie die Stadt Zürich als Aktionäre bei der statutarischen Einführung der selektiven Opting up-Bestimmung gemäss Antrag 1 als "Minderheitsaktionäre" gelten und folglich mitstimmen können resp. deren Stimmen bei der Ermittlung der "Zustimmung der Mehrheit der Minderheit" zu zählen sind.“
Auf die Begründung der angepassten Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.
R.
Am 9. Juli 2020 gelangten die Gesuchsteller an die UEK und zogen folgende Anträge zurück:
„Antrag 2 des Gesuches vom 2. Juli 2020, wonach
Es sei festzustellen, dass der Kanton Basel Stadt, Kanton Basel Landschaft, Kanton Zürich sowie die Stadt Zürich als Aktionäre bei der statutarischen Einführung der Opting up-Bestimmung als "Minderheitsaktionäre" gelten und folglich mitstimmen können resp. deren Stimmen bei der Ermittlung der "Zustimmung der Mehrheit der Minderheit" zu zählen sind; eventualiter sei festzustellen, dass es dem Interesse der MCH Group entspricht, wenn ein Opting up eingeführt wird.
Antrag 2 des Nachtrags vom3. Juli 2020, wonach
Der Eventualantrag in Antrag 2 des Gesuchs, wonach eventualiter festzustellen sei, dass es dem Interesse der MCH Group entspricht, wenn ein Opting up eingeführt wird, wird hiermit zurückgezogen und durch folgenden Eventualantrag ersetzt: eventualiter sei festzustellen, dass der Kanton Basel Stadt, Kanton Basel Landschaft, Kanton Zürich sowie die Stadt Zürich als Aktionäre bei der statutarischen Einführung der selektiven Opting up-Bestimmung gemäss Antrag 1 als "Minderheitsaktionäre" gelten und folglich mitstimmen können resp. deren Stimmen bei der Ermittlung der "Zustimmung der Mehrheit der Minderheit" zu zählen sind.“
S.
Am 10. Juli 2020 wurde die Einladung zu einer ausserordentlichen Generalversammlung der MCH Group vom 3. August 2020 publiziert. Ebenso wurde die Öffentlichkeit über die vorgesehene Transaktion am 10. Juli 2020 informiert.
T.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus dem Präsidenten Thomas A. Müller, Lionel Aeschlimann und Mirjam Eggen gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Gegenstand der vorliegenden Verfügung
[1] Vorliegend bilden folgende Fragen den Gegenstand dieser Verfügung: Zunächst wird geprüft, ob ein schutzwürdiges Interesse vorliegt, um eine Feststellungsverfügung zu erlassen (Ziff. 2). Anschliessend werden die alternativ vorgesehenen Opting up-Klauseln untersucht (Ziff. 3). Sodann wird geprüft, ob die Transaktion eine Angebotspflicht gestützt auf die Übergangsbestimmung des Art. 163 FinfraG auslöst (Ziff. 4). Daraufhin wird untersucht, ob Lupa, die Öffentliche Hand und/oder die MCH Group in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA handeln und dadurch eine Angebotspflicht i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG entsteht (Ziff. 5). Abschliessend folgen Erwägungen betreffend die Publikation der vorliegenden Verfügung (Ziff. 6) und betreffend die in diesem Fall erhobene Gebühr (Ziff. 7).
2. Schutzwürdiges Interesse für den Erlass einer Feststellungsverfügung i.S.v. Art. 25 Abs. 2 VwVG
[2] Für Verfahren vor der UEK gelten unter Vorbehalt der Bestimmungen gemäss Art. 139 Abs. 2 – 5 FinfraG die Normen des VwVG (Art. 139 Abs. 1 FinfraG). Nach Art. 25 Abs. 1 VwVG kann über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlichrechtlicher Rechte oder Pflichten auf Begehren eine Feststellungsverfügung erlassen werden. Einem Begehren um Erlass einer solchen Verfügung ist gemäss Art. 25 Abs. 2 VwVG zu entsprechen, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse daran nachweist. Dieses Interesse muss des Weiteren aktuell sein (Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 3 m.w.H.). Gemäss Praxis ist ein übernahmerechtliches Feststellungsinteresse gegeben, wenn für den Gesuchsteller eine direkte und aktuelle Unklarheit über die Rechtslage besteht, die mittels einer Feststellungsverfügung zu klären ist (Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 in Sachen Sika AG, Rn 1; Verfügung 543/01 vom 7. August 2013 in Sachen Schmolz+Bickenbach AG, Rn 8).
[3] Vorliegend haben die Gesuchsteller ein aktuelles und konkretes Interesse, mögliche Unsicherheiten über das Auslösen einer Angebotspflicht im Rahmen der vorgesehenen Transaktion zu klären. Die Gesuchsteller haben ausserdem ein übernahmerechtliches Feststellungsinteresse, wenn es darum geht zu prüfen, ob die vorgeschlagenen Opting up-Klauseln übernahmerechtlich wirksam sind. Gleiches gilt für den Kanton Basel-Stadt, welcher namentlich gewissen Bestimmungen des Relationship Agreement unterliegt.
[4] Nach dem Gesagten ist ein aktuelles und konkretes Feststellungsinteresse gegeben. Ebenso besteht vorliegend die nach Praxis der UEK geforderte direkte und aktuelle Unklarheit über die Rechtslage. Diese ist mittels einer Feststellungsverfügung zu klären. Auf das Gesuch und die wiederholt angepassten Anträge wird somit eingetreten.
3. Gültigkeit eines nachträglichen Opting up (Antrag Ziff. 1)
3.1 Grundsatz
[5] Gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG muss wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet, ob ausübbar oder nicht, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft unterbreiten. Diesen Grenzwert können die Zielgesellschaften gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 2 FinfraG in ihren Statuten bis auf 49% der Stimmrechte anheben (Opting up).
[6] Nach Art. 125 Abs. 3 FinfraG können Gesellschaften vor der Kotierung ihrer Beteiligungspapiere in ihren Statuten festlegen, dass ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach den Art. 135 und 163 FinfraG verpflichtet ist (ursprüngliches Opting out). Eine Gesellschaft kann Art. 125 Abs. 4 FinfraG zufolge „jederzeit“, also auch nach der Kotierung ihrer Aktien, eine Bestimmung in ihre Statuten aufnehmen, wonach ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach Art. 135 und 163 FinfraG verpflichtet ist, sofern dies nicht eine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Art. 706 OR bewirkt (nachträgliches Opting out).
[7] Nach Praxis der UEK ist ein nachträgliches Opting out übernahmerechtlich gültig, wenn (i) die Aktionäre transparent über die Einführung des Opting out und dessen Folgen informiert werden und (ii) die Mehrheit der vertretenen Stimmen und die Mehrheit der Minderheitsaktionäre an der Generalversammlung dem Opting out zustimmen (Verfügung 745/02 vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 33; Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 20; Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 2; Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG, Rn 3).
[8] Sind die Voraussetzungen (i) und (ii) erfüllt, so wird vermutet, dass das Opting out keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre i.S.v. Art. 125 Abs. 4 FinfraG und Art. 706 OR bewirkt. Diese Vermutung kann umgestossen werden, sofern besondere und aussergewöhnliche Umstände vorliegen (Verfügung 745/02 vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 33 und 56; Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 20; Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 3; Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG, Rn 3).
[9] Ob ein Opting up, das nach der Kotierung der Gesellschaft eingeführt wird, übernahmerechtlich gültig ist, prüft die UEK nach denselben Kriterien, an Hand derer sie untersucht, ob ein Opting out gültig ist (Verfügung 590/01 vom 20. Februar 2015 in Sachen LECLANCHE SA, Rn 3 mit Blick auf ein materiell selektives Opting up; Dieter Gericke/Karin Wiedmer, Kommentar Übernahmeverordnung (UEV), Zürich/Basel/Genf 2020, Rn 65b zu Art. 9 UEV). Somit untersucht die UEK an Hand der Kriterien, die sie anwendet, wenn sie ein nachträgliches Opting out überprüft, ob ein nach der Kotierung der Gesellschaft eingeführtes Opting up übernahmerechtlich gültig ist.
3.2 Transparenz
[10] Ein Opting up genügt dem Erfordernis der Transparenz, wenn die Absichten des Antragstellers, welcher das Opting up einführen möchte, sowie die Absichten eines allenfalls kontrollierenden Aktionärs offen gelegt werden. Zudem sind die Konsequenzen eines Opting up anzugeben, dies sowohl im Allgemeinen als auch mit Bezug auf die betreffende Gesellschaft. Der Antragsteller hat ausserdem Auskunft über die Gründe seines Vorschlags, über die vorgesehene Transaktion sowie über den daraus allenfalls resultierenden Kontrollwechsel zu informieren. Diese Informationen sind den Aktionären bereits mit der Einladung zur Generalversammlung mitzuteilen und müssen an der Generalversammlung wiederholt werden (Verfügung 745/02 vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 34 und Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 22 mit Blick auf ein generelles Opting out; Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 4 mit Blick auf ein selektives Opting out).
[11] Der Verwaltungsrat der MCH Group hat in der am 10. Juli 2020 verschickten Einladung zur Generalversammlung der MCH Group vom 3. August 2020 die Gründe und Absichten, weshalb er ein Opting up einführen möchte, erläutert. Er beabsichtigt weiter, diese Gründe und Absichten an der Generalversammlung der MCH Group vom 3. August 2020 darzulegen und zu wiederholen. Für die Folgen resp. Auswirkungen der Einführung eines Opting up wird dabei auf die einschlägigen Gesetzesartikel verwiesen. Dies umfasst insbesondere, dass mit der Einführung eines Opting up für die Begünstigten die börsengesetzliche Angebotspflicht und somit das Ausstiegsrecht bei einem Kontrollwechsel über eine Beteiligung von maximal 49% der Stimmrechte der MCH Group ausgeschlossen wird. Ferner sollen die Aktionäre über die Absichten von Lupa und des Kantons Basel-Stadt informiert werden.
[12] Diese teils bereits getätigten und teils noch geplanten Informationen genügen den übernahmerechtlichen Anforderungen an die Transparenz. Jeder Aktionär kann vor der entsprechenden Abstimmung eine bewusste Entscheidung über die Einführung des Opting up mit Blick auf die MCH Group treffen.
3.3 Zustimmung der Mehrheit der Minderheit
[13] Wie erwähnt, ist gemäss Praxis der UEK ein nachträglich eingeführtes Opting out im Grundsatz nur gültig, wenn (i) die Mehrheit der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen und (ii) die Mehrheit der Minderheitsaktionäre an der Generalversammlung dem entsprechenden Antrag zustimmen. Daneben gelten zusätzlich allfällige statutarische Quoren, welche bei der betreffenden Gesellschaft im Fall einer Statutenänderung zu beachten sind.
[14] Als Minderheitsaktionär gilt nach ständiger Praxis der UEK, wer weder direkt noch indirekt, noch in gemeinsamer Absprache mit anderen einen Anteil von 33⅓% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält noch den Antrag auf Einführung des Opting up beim Verwaltungsrat gestellt hat (Verfügung 745/02 vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 43 f. und Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 26 f. mit Blick auf ein generelles Opting out; Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 8 mit Blick auf ein selektives Opting out).
[15] Die in Rn [13] f. genannten Voraussetzungen sind auch im vorliegenden Fall vollumfänglich einzuhalten, damit ein generelles Opting up gemäss Antrag Ziff. 1 oder ein formell selektives Opting up gemäss Eventualantrag Ziff. 1 übernahmerechtlich wirksam eingeführt werden kann.
3.4 Rechtfertigung des selektiven Opting up durch das Gesellschaftsinteresse (Eventualantrag zu Antrag Ziff. 1)
3.4.1 Grundsatz
[16] Gemäss Praxis der UEK ist ein Opting out zulässig, welches sich nur auf einen bestimmten Kreis von Begünstigten oder auf eine bestimmte Transaktion bezieht (Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 13 m.w.H.; grundlegend Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG, Rn 11 – 14). Mit einem selektiven Opting out verzichten die Aktionäre nur partiell, nämlich mit Bezug auf einen bestimmten Kreis von Begünstigten oder auf eine gewisse Transaktion, auf ihr gesetzliches, von der Angebotspflicht nach Art. 135 Abs. 1 FinfraG statuiertes Ausstiegsrecht.
[17] Ein selektives Opting out bewirkt einen weniger starken Eingriff in die Aktionärsrechte als ein allgemeines Opting out. Es wird unter dem Aspekt des Anlegerschutzes als zulässig erachtet (Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 13 m.w.H.). Hierzu ist allerdings erforderlich, dass die durch die Selektivität des Opting out bewirkte Ungleichbehandlung der Aktionäre durch das Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt ist (Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 13). Dies gilt ebenso für ein selektive Opting up (Verfügung 590/01 vom 20. Februar 2015 in Sachen LECLANCHE SA, Rn 3).
3.4.2 Rechtfertigung des selektiven Opting up in Bezug auf die Begünstigung von Lupa
[18] Die Gesuchsteller führen hierzu aus, dass das selektive Opting up zulässig sein müsse, weil es aus materieller Sicht für die Minderheitsaktionäre der kleinere Eingriff in ihre Rechte sei als ein (selektives) Opting out. Lupa stelle der MCH Group in der schwierigen finanziellen Situation Eigenmittel in der Form von Bargeld zur Verfügung und sei bereit, Eigenmittel in dem Umfang einzuschiessen, in welchem bestehende Aktionäre dazu nicht bereit seien. Damit sei es offensichtlich, dass die Aktionäre von der Eigenkapitalbereitstellung durch Lupa profitieren würden.
[19] Vor diesem Hintergrund erscheint die Ungleichbehandlung, die durch die Begünstigung von Lupa durch das selektive Opting up bewirkt wird, als durch das Gesellschaftsinteresse der MCH Group gerechtfertigt (vgl. dazu auch Art. 706 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 OR).
[20] In Bezug auf die Begünstigung von Personen, die in gemeinsamer Absprache mit Lupa handeln, enthalten die Erläuterungen zu Traktandum 1 der Einladung zur Generalversammlung der MCH Group folgende Erklärung: „Das formelle Opting up gemäss dieser Bestimmung gilt im Falle eines Handeln in gemeinsamer Absprache mit einer Person nur, wenn durch Begründung einer solchen gemeinsamen Absprache in Bezug auf die von der Angebotspflicht freigestellte Beteiligung (an der Gesellschaft) kein Kontrollwechsel bewirkt wird." Damit wird klargestellt, dass diese Klausel Lupa nicht ermöglichen soll, künftig jeden Erwerber eines Kontrollpaketes von der Angebotspflicht auszunehmen, indem Lupa mit diesem vorgängig eine gemeinsame Absprache trifft. Eine solche Auslegung wäre überdies auch durch das Gesellschaftsinteresse nicht zu rechtfertigen.
3.5 Keine besonderen und aussergewöhnlichen Umstände
[21] Die Vermutung, dass ein Opting up keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre i.S.v. Art. 125 Abs. 4 FinfraG und Art. 706 OR bewirkt, kann umgestossen werden, sofern besondere und aussergewöhnliche Umstände vorliegen (Verfügung 745/02 vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 33 und Rn 56 sowie Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 20 mit Blick auf ein generelles Opting out; Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 3 mit Blick auf ein selektives Opting out).
[22] Vorliegend sind keine besonderen und aussergewöhnlichen Umstände erkennbar, welche es rechtfertigen würden, in den Entscheid der Aktionäre betreffend die Einführung des generellen oder des selektiven Opting up einzugreifen.
3.6 Fazit
[23] Demnach kann in Gutheissung von Antrag Ziff. 1 und von Eventualantrag zu Antrag Ziff. 1 festgestellt werden, dass die geplante generelle Opting up-Klausel sowie die eventualiter geplante selektive Opting up-Klausel übernahmerechtlich gültig sind.
4. Keine Angebotspflicht auf Grundlage der Übergangsbestimmung von Art. 163 FinfraG
[24] Wer am 1. Februar 1997 direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten über Beteiligungspapiere verfügte, die ihm die Kontrolle über mehr als 33⅓%, aber weniger als 50% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft verliehen, muss nach Art. 163 Abs. 1 FinfraG ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten, wenn er Beteiligungspapiere erwirbt und damit den Grenzwert von 50% der Stimmrechte überschreitet.
[25] Es ist mithin zu prüfen, ob der Kanton Basel-Stadt als Aktionär mit einer Beteiligung von derzeit 33.5% infolge seiner möglichen Überschreitung der Schwelle von 50% der Stimmrechte der MCH Group nach der Umwandlung von Forderungen von CHF 30 Millionen in neue Aktien der MCH Group (vgl. dazu Sachverhalt lit. J, erster Bullet Point, Tranche 1) gestützt auf Art. 163 Abs. 1 FinfraG angebotspflichtig werden könnte.
[26] Weder die Gesuchsteller noch der Kanton Basel-Stadt haben sich zu dieser Rechtsfrage geäussert.
[27] In der Lehre wird die Ansicht vertreten, dass Art. 163 FinfraG nicht auf Gesellschaften anwendbar ist, deren Aktien namentlich am 1. Februar 1997 nicht börsenkotiert waren (Karl Hofstetter/Evelyn Schliter-Heuberger/Thomas Brönnimann, Rn 4 zu Art. 163 FinfraG, in: Basler Kommentar Finanzmarktaufsichtsgesetz Finanzmarktinfrastrukturgesetz, Rolf Watter/Rashid Bahar (Hrsg.), 3. Aufl., Basel 2019).
[28] Im vorliegenden Fall wurden die Aktien der MCH Messe Schweiz AG am 29. Juni 2001 an der SIX kotiert (vgl. Sachverhalt lit. A, Abs. 2). Da die MCH Messe Schweiz AG heute als MCH Group firmiert und deren Titel am 1. Februar 1997 noch nicht kotiert waren, ist Art. 163 Abs. 1 FinfraG im vorliegenden Fall somit nicht anwendbar. Der Kanton Basel-Stadt wird damit infolge einer möglichen Überschreitung der Schwelle von 50% der Stimmrechte der MCH Group nach der Umwandlung von Forderungen von CHF 30 Millionen in neue Aktien der MCH Group nicht gestützt auf Art. 163 Abs. 1 FinfraG angebotspflichtig.
5. Handeln in gemeinsamer Absprache im Sinne der Angebotspflicht nach Art. 33 FinfraV-FINMA (Antrag 3)
5.1 Aufbau
[29] Nachfolgend werden zunächst die rechtlichen Grundlagen und die einschlägige Praxis für ein Handeln in gemeinsamer Absprache im Sinne der Angebotspflicht nach Art. 33 FinfraV-FINMA vorgestellt (Ziff. 5.2). Anschliessend folgt ein Überblick über die Ausführungen der MCH Group und von Lupa im vorliegenden Fall (Ziff. 5.3), bevor der Sachverhalt subsumiert wird (Ziff. 5.4). Dabei wird zunächst untersucht, ob Lupa mit der Öffentlichen Hand in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA handelt (Ziff. 5.4.1), bevor diese Frage mit Blick auf die MCH Group und Lupa behandelt wird (Ziff. 5.4.2). Zum Abschluss wird ein Fazit gezogen (Ziff. 5.5).
5.2 Die rechtlichen Grundlagen und die einschlägige Praxis
[30] Nach Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG muss diejenige Person, welche direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Beteiligungspapieren, die sie bereits besitzt, den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet, ob ausübbar oder nicht, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft unterbreiten.
[31] Art. 33 FinfraV-FINMA hält fest, dass für Personen, die der Angebotspflicht unterliegende Beteiligungen der Zielgesellschaft im Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe erwerben, Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA gilt. Nach Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA handelt in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren oder von Gesetzes wegen abstimmt.
[32] Ein Handeln in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung angenommen, wenn der gemeinsame Erwerb von Aktien eine Beherrschung objektiv ermöglicht und auf Grund der Umstände darauf zu schliessen ist, dass eine Beherrschung auch angestrebt wird (BGE 130 II 530 ff., Erw. 6.5.7; vgl. ebenfalls die Verfügung 672/01 in Sachen SHL Telemedicine Ltd. vom 26. Januar 2018, Rn 28 bezüglich dem zitierten BGE und die Rn 29 – 31 zur weitergehenden Praxis zu Art. 33 FinfraV-FINMA sowie die Verfügung 672/09 in Sachen SHL Telemedicine Ltd. vom 11. Juli 2019, Rn 10).
[33] Ferner entschied die UEK, dass eine Stimmbindung unter Aktionären in Bezug auf eine Vertretung im Verwaltungsrat nicht in jedem Fall zu einer Angebotspflicht der betreffenden Aktionäre führt. Die Stimmpflicht des beherrschenden Aktionärs, die zur Wahl von Vertretern eines anderen Aktionärs in den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft führt, lässt keine angebotspflichtige Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA entstehen, wenn dadurch in der Folge die Zielgesellschaft nicht gemeinsam vom beherrschenden und vom anderen Aktionär beherrscht wird (vgl. die Verfügung 627/01 vom 22. Februar 2016 in Sachen EFG International AG, Rn 17 – 20).
5.3 Die Ausführungen der Gesuchsteller
[34] Die Gesuchsteller führen aus, dass sich „die „Einigung“ unter den Aktionären“ darauf beschränke, „dass die Verwaltungsratssitze proportional zur Beteiligung sein sollen, wobei Basis für die Proportionalität die Beteiligung der entsendungsberechtigten Aktionäre Kanton Basel Stadt und Kanton / Stadt Zürich ist.“ Ferner sehe die „"Absprache" (…) nur eine positive Stimmabgabe vor.“ Diese Stimmpflicht habe einzig zum Ziel, „dass der neue Aktionär Lupa, der im Rahmen der Kapitalerhöhung Bargeld bringt, in Bezug auf die Vertretung im Verwaltungsrat annäherungsweise gleichberechtigt ist wie der Kanton Basel-Stadt und Kanton / Stadt Zürich“ (act. 3/1, Rn 103).
[35] Nach der Praxis der UEK führe „nicht einmal eine Stimmbindung unter Aktionären in Bezug auf eine angemessene Vertretung im Verwaltungsrat zu einer Angebotspflicht der betreffenden Aktionäre“ (act. 3/1, Rn 105 m.H. auf Ziff. 2.2.3 der Verfügung 627/01 vom 22. Februar 2016 in Sachen EFG International AG).
[36] Ferner bewirke „das Recht von Lupa, proportional zur Vertretung der Öffentlichen Hand im Verwaltungsrat mit "eigenen" Mitgliedern vertreten zu sein, keine gemeinsame Beherrschung der MCH Group, auch nicht auf Stufe Verwaltungsrat.“ Damit würde lediglich „die Gewährleistung der analogen Vertretungsregelung für Lupa im Vergleich zur Öffentlichen Hand“ bezweckt. Es gäbe „in Bezug auf die Strategie der MCH Gruppe weder auf Stufe Verwaltungsrat noch auf Stufe Aktionäre irgendwelche Absprachen oder Vereinbarungen“ (act. 3/1, Rn 106). Die im Relationship Agreement vorgesehene Regelung über die Zusammensetzung des Verwaltungsrats und die zu vereinbarende Stimmpflicht bewirken somit – eben so wenig wie die Erklärung der Öffentlichen Hand, den statutarischen Zweck der MCH Group zu unterstützen und einzuhalten – „in keiner Weise eine gemeinsame Beherrschung resp. "angebotspflichtige" Gruppe““ (act. 3/1, Rn 106).
[37] Mit Blick auf die Frage, ob eine angebotspflichtige Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA zwischen Lupa und der MCH Group vorliegt, führen die Gesuchsteller aus, dass die „Bestimmungen betreffend die Anerkennung des statutarischen Zwecks durch Lupa gemäss Ziff. 2 (a) des Relationship Agreement (…) keine "Absprachen im Hinblick auf die Beherrschung"“ seien. Das Lock-up Undertaking gemäss Relationship Agreement Ziff. 4.1 sei im Interesse der MCH Group und im Sinne einer Good Corporate Governance vereinbart worden. Dasselbe gelte für die Bestimmungen betreffend Interessenkonflikte (Relationship Agreement Ziff. 3.2) und bezüglich dem Zugang zu Informationen (Relationship Agreement Ziff. 5) (act. 3/1, Rn 107).
[38] Der Kanton Basel-Stadt hat keine Ausführungen zur Frage des Handelns in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA gemacht.
5.4 Kein Handeln in gemeinsamer Absprache im Sinne der Angebotspflicht nach Art. 33 FinfraV-FINMA gemäss den derzeit vorliegenden Akten
5.4.1 Zwischen Lupa und der Öffentlichen Hand
[39] Ziff. 3.1.(g) des Relationship Agreement lautet wie folgt:
„The Canton Basel-Stadt, the Canton Basel-Landschaft, the Canton Zurich and the City of Zurich each undertake to vote their Shares at all future general meetings of shareholders of the Company with regard to agenda items concerning the (re-)election of persons nominated by the Investor [gemeint: Lupa] as board members in accordance with this Agreement in favor of such persons.”
[40] Wenn sich die Öffentliche Hand verpflichtet, ihre Stimmrechte bei Traktanden zur Wahl oder Wiederwahl der Vertreter von Lupa an den zukünftigen Generalversammlungen der MCH Group in den Verwaltungsrat der MCH Group – wie soeben in Rn [39] beschrieben – auszuüben, kann dies als ein Hinweis für eine Gruppenbildung i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA zwischen Lupa und der Öffentlichen Hand gedeutet werden. Allerdings führen sowohl die MCH Group als auch Lupa explizit aus, dass es „in Bezug auf die Strategie der MCH Gruppe weder auf Stufe Verwaltungsrat noch auf Stufe Aktionäre irgendwelche Absprachen oder Vereinbarungen“ gibt (act. 3/1, Rn 106).
[41] Mithin kann festgestellt werden, dass die Regelung betreffend die Zusammensetzung des Verwaltungsrats der MCH Group, die im Relationship Agreement vorgesehen ist, als solche nicht zur Bildung einer organisierten Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA zwischen Lupa und der Öffentlichen Hand führt. Mit dieser Regelung wird im vorliegenden Fall und gemäss den derzeit verfügbaren Informationen lediglich bezweckt, eine analoge Vertretung von Lupa im Vergleich zur Vertretung der Öffentlichen Hand im Verwaltungsrat der MCH Group zu gewährleisten. Wenn Lupa somit gemäss dem Relationship Agreement das Recht erhält, im Verhältnis zur Vertretung der Öffentlichen Hand Mitglieder im Verwaltungsrat der MCH Group zu stellen, so handelt Lupa gestützt darauf nicht in gemeinsamer Absprache mit der Öffentlichen Hand i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA. Dadurch entsteht keine Angebotspflicht von Lupa und der Öffentlichen Hand gestützt auf Art. 135 Abs. 1 FinfraG.
[42] Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Lupa noch eine Option erhalten soll, insgesamt 0.9% der Beteiligung an der MCH Group von der Öffentlichen Hand zu erwerben, sofern Lupa nach den MCH-Kapitalerhöhungen weniger als 30% der Stimmrechte an der MCH Group halten sollte (Sachverhalt lit. L in fine). Auch die Einräumung einer solchen Option bewirkt im vorliegenden Fall nicht, dass Lupa in gemeinsamer Absprache mit der Öffentlichen Hand i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA handelt.
5.4.2 Zwischen den Gesuchstellern
[43] Mit Blick auf die MCH Group kann man sich generell fragen, ob diese als Zielgesellschaft überhaupt Teil einer angebotspflichtigen Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA sein kann. Diese Frage wurde in der bisherigen Praxis wiederholt offen gelassen (vgl. die Verfügung der Übernahmekammer der EBK vom 29. Mai 2008 in Sachen Sulzer AG, Rn 69; ebenso zuletzt die Verfügung 672/09 in Sachen SHL Telemedicine Ltd. vom 11. Juli 2019, Rn 17). Auch vorliegend muss diese Frage nicht entschieden werden. Vielmehr kann festgestellt werden, dass weder das Purchase and Subscription Agreement noch das Relationship Agreement eine angebotspflichtige Gruppe bestehend aus der MCH Group und Lupa i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA entstehen lassen, wie sogleich festzustellen ist.
[44] § 2 Satz 2 der Statuten der MCH Group bestimmt, dass durch Unternehmen, an denen MCH Group beteiligt ist, „u.a. Messen, Kongresse und weitere Veranstaltungen namentlich in den vorhandenen Infrastrukturen an den Standorten in Basel, Zürich und Lausanne sowie an anderen Orten im In und Ausland durchgeführt werden.”
[45] In der Medienmitteilung vom 3. Juni 2020 der MCH Group (vgl. dazu Sachverhalt lit. E) hielt diese fest, dass der Kanton Basel-Stadt der vorgesehenen Transaktion nur zustimmen werde, „wenn der neue Investor eine formelle Vereinbarung mit der MCH Group AG unterzeichnet, die regeln soll, dass die rentablen Messen und Kongresse über eine angemessene, längere Zeitperiode weiterhin in Basel und Zürich durchgeführt werden.”
[46] Aus dem soeben in den Rn [44] f. Zitierten und Erwähnten sowie aus der gewählten Struktur der vorgesehenen Transaktion (vgl. dazu Sachverhalt lit. J) folgt, dass festgestellt werden kann, dass weder das Purchase and Subscription Agreement noch das Relationship Agreement in ihrer der UEK vorgelegten Form eine angebotspflichtige Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA bestehend aus der MCH Group und Lupa mangels einer gemeinsamen Beherrschungsabsicht dieser beiden entstehen lassen. Im Relationship Agreement sollen namentlich gewisse Garantien für die MCH Group wie zum Beispiel (i) eine Sitzgarantie in Basel oder (ii) die Aufrechterhaltung gewisser Verträge und Events festgehalten werden. Diese beiden Punkte (i) und (ii) erweisen für sich allein betrachtet im beschriebenen Kontext nicht als kontrollrelevant i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA, da sie in erster Linie die Weiterführung der bisherigen Tätigkeit der MCH Group betreffen.
[47] Lupa ihrerseits soll ausserdem weitere Verpflichtungen eingehen, wie beispielsweise (iii) einen Lock-up oder (iv) die Verpflichtung, das Insiderrecht und entsprechende gesellschaftsinterne Reglemente einzuhalten. Auch (v) der Zugang zu Finanzinformationen der MCH Group wird im Relationship Agreement geregelt (vgl. Sachverhalt lit. L). Diese drei Themenbereiche (iii) – (v) sind für sich betrachtet im beschriebenen Kontext ebenfalls nicht kontrollrelevant i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA, zumal sie sich nicht auf die Ausübung der Kontrolle über die MCH Group beziehen.
[48] Wenn man abschliessend die in den Rn [46] f. erwähnten Punkte gemeinsam betrachtet und würdigt, fehlt es ebenso an einem Handeln in gemeinsamer Absprache im Hinblick auf die Beherrschung der MCH Group zwischen der MCH Group und Lupa, wie es Art. 33 FinfraV-FINMA sowie die einschlägige Praxis des Bundesgerichts und der UEK fordern (vgl. dazu Rn [32] f.). Das beschriebene Vorgehen der MCH Group und von Lupa ist nämlich mangels Kontrollrelevanz nicht darauf ausgerichtet, objektiv eine Beherrschung der MCH Group durch diese beiden gemeinsam zu ermöglichen. Ebenso wenig ist auf Grund der Umstände, die der UEK derzeit vorliegen, darauf zu schliessen, dass die MCH Group inskünftig von der MCH Group und von Lupa gemeinsam beherrscht werden soll.
5.5 Fazit
[49] Weder Lupa noch die Öffentliche Hand noch MCH Group handeln auf Grund der derzeit vorliegenden Akten sowie der derzeit bekannten Umstände in gemeinsamer Absprache im Sinne der Angebotspflicht nach Art. 33 FinfraV-FINMA. Im vorliegenden Fall entsteht somit keine Angebotspflicht i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG i.V.m. Art. 33 FinfraV-FINMA an die Aktionäre der MCH Group für Lupa, für die Öffentliche Hand und/oder für die MCH Group.
6. Publikation
[50] Nach Art. 61 Abs. 3 UEV veröffentlicht die Zielgesellschaft die allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrats (lit. a) und das Dispositiv der Verfügung der UEK (lit. b). Zudem veröffentlicht die Zielgesellschaft den Hinweis, innert welcher Frist und unter welchen Voraussetzungen ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung der UEK erheben kann (Art. 61 Abs. 3 lit. c UEV). Art. 6 und 7 UEV sind auf diese Veröffentlichung anwendbar (Art. 61 Abs. 4 UEV).
[51] Die MCH Group und Lupa beantragen, dass die Publikation der vorliegenden Verfügung „bis zur Ankündigung der Transaktion“ aufzuschieben sei (Antrag 4 des Gesuchs). Das Gesuch sowie die eingereichten Beilagen enthielten vertrauliche Informationen und insbesondere auch Geschäftsgeheimnisse. Es sei somit im Interesse der MCH Group, dass solche Informationen und Geschäftsgeheimnisse nicht veröffentlicht würden.
[52] „Für den Fall, dass die Transaktion nicht vereinbart und folglich nicht angekündigt wird“ (act. 3/1, Rn 112), beantragen die MCH Group und Lupa, dass die vorliegende Verfügung nicht publiziert werde. Dann bestünde gemäss der MCH Group und Lupa kein Interesse an einer Publikation der Verfügung.
[53] Im vorliegenden Fall wurde die Öffentlichkeit über die vorgesehene Transaktion am 10. Juli 2020 informiert (vgl. Sachverhalt lit. S). Entsprechend erweist sich Antrag 4 des Gesuchs als gegenstandslos.
[54] Die MCH Group wird dennoch verpflichtet, das Dispositiv dieser Verfügung und den Hinweis auf die Möglichkeit der qualifizierten Aktionäre, Einsprache dagegen zu erheben, innerhalb von spätestens zwei Börsentagen nach ihrer Eröffnung in Anwendung von Art. 61 Abs. 3 und 4 UEV zu veröffentlichen.
7. Gebühr
[55] Nach Art. 118 Abs. 1 Satz 1 FinfraV erhebt die UEK eine Gebühr, wenn sie in anderen Übernahmesachen entscheidet, insbesondere über das Bestehen einer Angebotspflicht. Diese Gebühr beträgt je nach Umfang und Schwierigkeit des Falles bis zu CHF 50'000 (Art. 118 Abs. 2 FinfraV).
[56] Im vorliegenden Fall ist mit Blick auf den Umfang und die Schwierigkeit des vorliegenden Falles die Maximalgebühr von CHF 50'000 angemessen. Daran vermag auch der Rückzug von Antrag Ziff. 2 und vom Eventualantrag zu Ziff. 2 vom 9. Juli 2020 nichts zu ändern (vgl. dazu Sachverhalt lit. R), welcher erst unmittelbar vor der Eröffnung dieser Verfügung erfolgte und den bereits angefallenen bedeutenden Arbeitsaufwand zusätzlich vergrösserte. Die Gesuchsteller haften solidarisch für die Gebühr.
Die Übernahmekommission verfügt:
1. | Es wird festgestellt, dass die generelle Opting up-Klausel sowie die eventualiter geplante selektive Opting up-Klausel resp. die entsprechenden den Aktionären der MCH Group AG zu unterbreitenden Statutenbestimmungen übernahmerechtlich gültig sind. |
2. | Es wird festgestellt, dass der Kanton Basel-Stadt infolge einer möglichen Überschreitung der Schwelle von 50% der Stimmrechte der MCH Group AG nach der Umwandlung von Forderungen von CHF 30 Millionen in neue Aktien der MCH Group AG nicht gestützt auf Art. 163 Abs. 1 FinfraG angebotspflichtig wird. |
3. | Es wird festgestellt, dass weder die Vereinbarung der Transaktion, insbesondere der Abschluss des Purchase and Subscription Agreement und des Relationship Agreement, noch die Durchführung der Transaktion, insbesondere die Beschlussfassungen an der vorgesehenen Generalversammlung der MCH Group AG und deren Umsetzung, für die an der MCH Group AG als Aktionäre beteiligten Körperschaften des öffentlichen Rechts, für Lupa Systems LLC und für die MCH Group AG, weder gemeinsam noch je einzeln, die Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Angebots nach Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG auslöst. |
4. | Antrag 4 des Gesuchs wird als gegenstandslos abgeschrieben. |
5. | MCH Group AG wird verpflichtet, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung und den Hinweis auf die Möglichkeit der qualifizierten Aktionäre, Einsprache gegen diese Verfügung zu erheben, innerhalb von spätestens zwei Börsentagen nach ihrer Eröffnung zu veröffentlichen. |
6. | Die vorliegende Verfügung wird im Anschluss an die Veröffentlichung durch die MCH Group AG gemäss Ziff. 5 des Dispositivs hiervor auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht. |
7. | Die Gebühr zu Lasten der MCH Group AG und von Lupa Systems LLC beträgt unter solidarischer Haftung CHF 50'000. |
Der Präsident:
Thomas A. Müller
Diese Verfügung geht an die Parteien:
- MCH Group AG, vertreten durch Dr. Hansjürg Appenzeller und Stefan Blunschi, Homburger AG;
- Lupa Systems LLC, vertreten durch Prof. Dr. Rolf Watter und Dr. Dieter Dubs, Bär & Karrer AG;
- Kanton Basel-Stadt, vertreten durch Prof. Dr. Peter Nobel und Dr. Christoph Peter, Nobel & Hug AG.
Rechtsmittelbelehrung:
Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):
Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.
Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).