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0096 - Messe Zürich AG für internationale Fachmessen und Spezial-Ausstellungen
Empfehlung in Sachen Messe Zürich AG für internationale Fachmessen und Spezial-Ausstellungen vom 16. Mai 2001
Öffentliches Umtauschangebot der Schweizer Mustermesse AG, Basel an die Aktionäre der Messe Zürich AG für internationale Fachmessen und Spezial-Ausstellungen, Zürich
A.
Die Messe Zürich AG für internationale Fachmessen und Spezial-Ausstellungen (Messe Zürich) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Ihr Kapital beträgt CHF 13'720'000.--. Dieses ist eingeteilt in 13'720 Namenaktien zu je CHF 1'000.-- Nennwert. Die Namenaktien sind an der Schweizer Börse kotiert.
B.
Die Schweizer Mustermesse AG (Mustermesse) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Basel. Ihr Kapital beträgt CHF 40'000'000.-- und ist eingeteilt in 360'000 Namenaktien zu je CHF 100.-- Nennwert sowie 40'000 Vorzugsnamenaktien zu CHF 100.-- Nennwert.
C.
Am 31. Januar 2001 unterzeichneten Vertreter der Mustermesse und der Messe Zürich einen Zusammenschlussvertrag. Der Zusammenschluss soll mittels eines öffentlichen Umtauschangebots der Mustermesse an die Aktionäre der Messe Zürich erfolgen. Nach Zustandekommen des Angebotes soll die Mustermesse in MCH Messe Schweiz AG (Messe Schweiz) umfirmiert werden.
D.
Der Verwaltungsrat der Mustermesse beantragte der ordentlichen Generalversammlung vom 14. Mai 2001, den Zusammenschlussvertrag und die dazu notwendigen Statutenänderungen gutzuheissen sowie der Schaffung eines genehmigten Kapitals in der Höhe von CHF 8'232'000.-- zur Finanzierung des öffentlichen Umtauschangebotes zuzustimmen. Die Generalversammlung ist diesen Anträgen gefolgt.
E.
Am 21. Mai 2001 wird die Mustermesse in der Tagespresse und den elektronischen Medien das öffentliche Umtauschangebot an die Aktionäre der Messe Zürich veröffentlichen. Den Aktionären werden demnach pro Namenaktie der Messe Zürich jeweils sechs Aktien der Messe Schweiz im Nennwert von CHF 100.-- angeboten. Das Angebot erfolgt unter der Bedingung, dass die Mustermesse nach Ablauf der Angebotsfrist und unter Einbezug der in ihrem und im Besitze der Messe Zürich stehenden Titel mindestens 66,7% der Stimmrechte und des Aktienkapitals halten wird. Weiter dürfen keine gerichtlichen oder behördliche Anordnungen vorliegen, welche die Kapitalerhöhung zur Finanzierung des öffentlichen Kaufangebotes für ungültig erklären.
F.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor der Publikation unterbreitet.
G.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Hans Caspar von der Crone (Präsident), Peter Hügle und Thierry de Marignac gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Anwendung der Bestimmungen über Pflichtangebote
1.1 Gemäss Art. 10 Abs. 5, 1. Satz UEV-UEK hat sich das Angebot auf alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu erstrecken, wenn es so viele Beteiligungspapiere umfasst, dass bei deren Erwerb eine Angebotspflicht ausgelöst würde. Dabei hat der Angebotspreis den Bestimmungen über Pflichtangebote zu entsprechen (Art. 10 Abs. 5, letzter Satz UEV-UEK). Durch ihr Angebot beabsichtigt die Mustermesse, alle sich im Publikum befindenden Messe Zürich-Namenaktien zu erwerben. Es erstreckt sich somit auf alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft und trägt Art. 10 Abs. 5, 1. Satz UEV-UEK gebührend Rechnung.
1.2 Nach Art. 32 Abs. 4 BEHG muss der Preis des Pflichtangebotes mindestens dem Börsenkurs der anvisierten Titel entsprechen. Dieser Kurs ergibt sich gemäss Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK aus dem Durchschnitt der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebots an einer Schweizer Börse ermittelten Eröffnungskurse für diese Beteiligungspapiere. Der Wert der für eine Messe Zürich-Namenaktie zum Tausch angebotenen sechs Messe Schweiz-Namenaktien liegt gemäss Bericht der Prüfstelle bei CHF 2'412.-- (sechs Namenaktien der Messe Schweiz à CHF 402.--). Der Unternehmenswert wurde unter Anwendung der Discounted Cashflow-Methode ermittelt, wobei der sich aus dem ausserbörslichen Handel ergebende Marktwert aufgrund der Illiquidität dieses Titels nicht berücksichtigt wurde. Der Angebotspreis erfüllt somit die Anforderungen von Art. 32 Abs. 4 BEHG.
1.3 Gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG darf der Preis des Angebotes höchstens 25 % unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter in den zwölf letzten Monaten vor Veröffentlichung des Kaufangebotes für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat. Laut Angebotsprospekt haben die Mustermesse und die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Tochtergesellschaften während der letzten zwölf Monate keine Messe Zürich-Titel gekauft oder verkauft. Die gesetzlichen Anforderungen sind somit auch in dieser Hinsicht erfüllt.
2. Zweiteilung der Funktion der Prüfstelle hinsichtlich der Bewertung des Umtauschangebots
Die Bewertung eines Tauschangebots mit Titeln, die nicht an der Hauptbörse kotiert sind, hat gemäss Art. 24 Abs. 5 UEV-UEK durch die Prüfstelle zu erfolgen. Diese Bewertung wurde in casu nicht von derselben Prüfstelle vorgenommen, welche die übrigen gesetzlichen Aufgaben im Rahmen des Kaufangebots wahrnimmt. Die Zweiteilung des Mandates der Prüfstelle wird von der Anbieterin damit begründet, dass eine Prüfstelle gleichzeitig auch Revisionsstelle der Mustermesse ist. Um das Vertrauen der Aktionäre in die Objektivität der Bewertung sicherzustellen, wurde diese Aufgabe einer zweiten Prüfstelle anvertraut. Diese Vorgehensweise ist nachvollziehbar und gemäss Praxis der Übernahmekommission zulässig (siehe Empfehlung in Sachen Stratec Holding Ltd. vom 26. März 1999, E.5).
3. Best Price Rule
Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebotes keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anzubieten (sogenannte „Best Price Rule"). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel während der ganzen Dauer des Angebotes und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung in Sachen Big Star Holding AG vom 7. April 2000, E. 8). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflage eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).
4. Bedingungen
4.1 Das Angebot darf grundsätzlich nur an aufschiebende Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt der Anbieter selbst nicht massgeblich beeinflussen kann (Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK). Diese Bestimmung untersagt dem Anbieter, das Angebot an praktisch unerfüllbare Bedingungen zu knüpfen, so dass das Angebot nur durch den Verzicht des Anbieters auf den Eintritt der Bedingung zustande kommen würde. Dies hätte die gleichen Wirkungen wie eine nicht zulässige Potestativbedingung gemäss Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK.
Die Mustermesse knüpft das Angebot an die Bedingung, dass sie nach Ablauf der Angebotsfrist und unter Einbezug der bereits in ihrem Besitz stehenden sowie den von der Zielgesellschaft gehaltenen Aktien über mindestens 66,7 % aller ausstehenden Messe Zürich-Aktien verfügen wird. Dieses Ziel ist realistisch. Die entsprechende Bedingung erlaubt dem Anbieter nicht, das Angebot nach Gutdünken zurückzuziehen. Die Bestimmung von Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK ist folglich eingehalten.
4.2 Ein öffentliches Kaufangebot kann ausnahmsweise an auflösende Bedingungen geknüpft werden. Solche Bedingungen, die nach Ablauf der Angebotsfrist eintreten, benötigen das Einverständnis der Übernahmekommission. Dieses wird unter der Voraussetzung gegeben, dass dem Anbieter aus der Resolutivbedingung deutliche Vorteile erwachsen, welche die daraus resultierenden Nachteile für die Angebotsempfänger aufzuwiegen vermögen (siehe Empfehlung in Sachen Zurich Allied AG vom 12. Juni 1998).
Die Mustermesse knüpft ihr Angebot an die auflösende Bedingung, dass keine gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen vorliegen, die den Beschluss der Generalversammlung der Mustermesse vom 14. Mai 2001 betreffend die Schaffung von genehmigtem Kapital in der Höhe von CHF 8'232'000.-- für ungültig erklären. Falls die auflösende Bedingung bis zum Vollzugsdatum weder erfüllt noch darauf verzichtet wurde, behält sich die Mustermesse vor, entweder das Umtauschangebot zu widerrufen oder das Vollzugsdatum auf bis zu drei Monate nach Ablauf der Nachfrist zu verschieben.
Im Rahmen eines Tauschangebots sieht Art. 20 Abs. 2 UEV-UEK ausdrücklich vor, dass und sofern die zum Tausch angebotenen Titel noch nicht geschaffenen sind, der Anbieter einzig zu bestätigen hat, dass alle für die Schaffung der Titel notwendigen Massnahmen getroffen wurden. Unter diesem Blickwinkel ist es als zulässig zu erachten, dass sich der Anbieter diesbezüglich gegen allfällige gerichtliche oder behördliche Anordnungen, die ausserhalb seines Einflussbereichs liegen, in einem zeitlich begrenzten Rahmen über das Ende des Kaufangebots hinaus absichert. Dem Gesuch um die Aufnahme einer entsprechenden auflösenden Bedingung und der damit verbundenen Erstreckung der Abwicklungsfrist wird daher gemäss Art. 13 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 6 UEV-UEK stattgegeben.
5. Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft
5.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrates und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebotes für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrates und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden; ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrates oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe Empfehlung in Sachen Axantis Holding AG vom 15. Dezember 2000, E. 5.3). Der vorliegende Bericht führt aus, dass die allenfalls aus dem Verwaltungsrat der Zielgesellschaft ausscheidenden Mitglieder keine Abgangsentschädigungen erhalten werden. In diesem Punkt entspricht der Bericht des Verwaltungsrates den genannten Anforderungen.
5.2 Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK über die Massnahmen Rechenschaft ablegen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebotes auswirken. Der Bericht des Verwaltungsrates führt aus, dass bei einem Zustandekommen des Umtauschangebotes die Mehrheit der Verwaltungsräte per 30. Juni 2001 von ihrem Amt zurücktreten wird. Die verbleibenden vier Verwaltungsräte der Messe Zürich werden spätestens auf den Zeitpunkt der nächsten ordentlichen Generalversammlung zurücktreten und neu im Verwaltungsrat der Messe Schweiz Einsitz nehmen. Die neuen Einkünfte dieser Verwaltungsräte werden im Angebotsprospekt offengelegt. Weitere Massnahmen wurden nicht getroffen. Dies ist jedoch in casu als genügend zu erachten, zumal ein Verwaltungsratsmitglied ein geringeres Verwaltungsratshonorar erhält und zwei weitere Verwaltungsräte ihre Verwaltungsratshonorare an den Kanton oder die Stadt Zürich abtreten (vgl. auch Empfehlung in Sachen Loeb AG vom 15. Mai 2000).
5.3 Gemäss Art. 30 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft die Absichten derjenigen Aktionäre darzulegen, die mehr als 5 % der Stimmrechte besitzen, sofern deren Absichten dem Verwaltungsrat bekannt sind. Auch in diesem Punkt entspricht der Bericht den genannten Anforderungen.
6. Karenzfrist
Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit diese den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).
Da die Mustermesse diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit.
7. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospektes, d.h. am 21. Mai 2001, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
8. Gebühr
Das Angebot bezieht sich auf 13'453 Messe Zürich-Namenaktien. Der Gesamtbetrag des Angebotes liegt bei einem Angebotspreis von CHF 2'412.-- bei CHF 32'448'636.--. Gemäss Art. 62 Abs. 2 UEV-UEK wird somit die Minimalgebühr von CHF 20'000.-- erhoben.
Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:
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Das öffentliche Umtauschangebot der Schweizer Mustermesse AG entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.
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Die Übernahmekommission gewährt die folgenden Ausnahmen von der Übernahmeverordnung (Art. 4 UEV-UEK): auflösende Bedingung (Art. 13 Abs. 4 UEV-UEK); Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK); Erstreckung der Abwicklungsfrist (Art. 14 Abs. 6 UEV-UEK)
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Diese Empfehlung wird am 21. Mai 2001 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
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Die Gebühr beträgt CHF 20'000.--.
Der Präsident:
Hans Caspar von der Crone
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
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Schweizer Mustermesse AG und Messe Zürich AG für internationale Fachmessen und Spezial-Ausstellungen, durch ihren Vertreter
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die EBK.