Transactions
0114 - Christ AG
Empfehlung in Sachen Christ AG vom 10. Oktober 2001
Öffentliches Kaufangebot der BWT Aktiengesellschaft, Mondsee (Österreich), für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Christ AG, Aesch
A.
Die Christ AG (Christ) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Aesch. Ihr Kapital beträgt CHF 10'000'000.-- und ist in 200'000 Namenaktien von je CHF 50.-- Nennwert eingeteilt. Die Namenaktien der Christ sind an der Schweizer Börse kotiert.
Die Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes nach Art. 32 und Art. 52 BEGH ist gemäss Art. 10 der Statuten der Christ wegbedungen (Opting-out).
B.
Die BWT Aktiengesellschaft (BWT) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Mondsee, Österreich. Das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital der BWT beträgt € 16'500'000.--, eingeteilt in 16'500'000 Inhaberaktien von je € 1.-- Nennwert. Das Aktienkapital wurde durch Wandlung von Wandelobligationen um € 1'333'500.--, entsprechend 1'333'500 Inhaberaktien von je € 1.-- Nennwert, auf € 17'833'500.-- erhöht. Die entsprechende Handelsregistereintragung ist pendent.
Die BWT hält im heutigen Zeitpunkt 117'765 Namenaktien der Christ, was 58.88% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Gesellschaft entspricht.
C.
Am 25. September 2001 kündigte BWT in den elektronischen Medien an, dass sie den Aktionären der Christ ein öffentliches Kaufangebot von CHF 480.-- je Namenaktie unterbreite. Diese Ankündigung wurde am 27. September 2001 in den Tageszeitungen landesweit veröffentlicht.
D.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor der Publikation vorgelegt.
E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Herrn Thierry de Marignac gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Voranmeldung
Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann ein Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospektes voranmelden. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen veröffentlichen, zuzustellen. Im vorliegenden Fall wurde die Voranmeldung am 25. September 2001 in den elektronischen Medien veröffentlicht. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte rechtzeitig innerhalb von zwei Börsentagen. Somit entfaltete die Voranmeldung ihre Wirkungen am 25. September 2001.
2. Anwendung der Bestimmungen über Pflichtangebote
2.1 Christ hat in Art. 10 ihrer Statuten die Angebotspflicht nach Art. 32 und 52 BEHG wegbedungen. Folglich ist die Anbieterin nicht an die Mindestpreisbestimmungen von Art. 32 Abs. 4 BEHG gebunden.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2001 ersuchte BWT die Übernahmekommission, ihr betreffend Art. 19 Abs. 1 lit. g UEV-UEK eine Ausnahme zu gewähren. Gemäss dieser Bestimmung hat der Angebotsprospekt die Zahl der Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft, die der Anbieter in den zwölf Monaten vor dem Angebot gekauft und verkauft hat, unter Angabe des höchsten Preises der Käufe zu enthalten. BWT beantragt nun, dieser Verpflichtung nur für die letzten sechs Monate vor Veröffentlichung des Angebotes nachkommen zu müssen. Sie begründet ihren Antrag mit der fehlenden Bedeutung dieser Angabe für die Empfänger des Angebotes, dies insbesondere deshalb, weil keine Mindestpreisvorschriften eingehalten werden müssten.
2.2 Art. 19 UEV-UEK stützt sich nicht, wie die Anbieterin anzunehmen scheint, auf Art. 32 BEHG, sondern auf Art. 24 Abs. 1 und Art. 28 lit. b BEHG, und gilt folglich für alle Formen von öffentlichen Übernahmeangeboten, also auch für freiwillige Angebote. Damit ist die Anbieterin unter anderem zur Offenlegung der Transaktionen in Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft in den letzten zwölf Monaten verpflichtet (Art. 19 Abs. 1 lit. g UEV-UEK). Gemäss Art. 4 UEV-UEK kann die Übernahmekommission in besonderen Fällen Ausnahmen erteilen. Entgegen der von der Anbieterin vertretenen Ansicht begründet die blosse Tatsache, dass die Statuten der Zielgesellschaft ein Opting out enthalten, nun allerdings mit Blick auf den Prospektinhalt noch keinen "besonderen Fall" im Sinne von Art. 4 UEV-UEK. Andere Gründe bringt die Anbieterin nicht vor. Damit ist das Gesuch abzuweisen.
3. Best Price Rule
Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebotes keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anzubieten (sogenannte „Best Price Rule"). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel während der ganzen Dauer des Angebotes und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. , E. 8). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflage eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).
4. Handeln in gemeinsamer Absprache
Nach Art. 11 UEV-UEK und Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt der Anbieter grundsätzlich mit allen Mitgliedern seines Konzerns in gemeinsamer Absprache. Das gilt auch für die Zielgesellschaft, wenn sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospektes oder der Voranmeldung durch den Anbieter beherrscht wird. Im vorliegenden Fall hielt die Anbieterin bei Publikation der Voranmeldung bereits mehr als 50 % des Kapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft. Folglich hat auch Christ allen in Art. 12 UEV-UEK aufgezählten Verpflichtungen nachzukommen.
5. Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft
5.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrates und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebotes für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrates und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden; ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrates oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie hoch diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe , E. 5.3).
Der Bericht des Verwaltungsrates der Christ führt aus, dass weder Veränderungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Verwaltungsrates noch Änderungen der entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen vorgesehen sind. In diesem Punkt entspricht der Bericht des Verwaltungsrates den genannten Anforderungen.
5.2 Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK über die Massnahmen Rechenschaft ablegen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebotes auswirken.
Im vorliegenden Fall ist ein Verwaltungsratsmitglied der Christ als Chief Executive Officer der BWT tätig. Aus dem Bericht des Verwaltungsrates der Christ geht hervor, dass dieses Mitglied bei der Abstimmung über den Antrag des Verwaltungsrates zum Kaufangebot der BWT in den Ausstand trat. Der Verwaltungsrat beauftragte zudem eine Treuhandgesellschaft mit der Erstellung einer Fairness Opinion. Diese gelangt in ihrem Bericht zum Schluss, dass der Angebotspreis von CHF 480.-- für eine Christ-Namenaktie aus finanzieller Sicht fair und angemessen sei. Damit ist Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK Genüge getan.
5.3 Gemäss Art. 30 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft die Absichten derjenigen Aktionäre darzulegen, die mehr als 5% der Stimmrechte besitzen, sofern deren Absichten dem Verwaltungsrat bekannt sind. Es sind dem Verwaltungsrat mit Ausnahme der BWT keine Aktionäre oder Aktionärsgruppen bekannt, welche mehr als 5% der Stimmrechte halten. Folglich entspricht der Bericht auch in diesem Punkt den gesetzlichen Anforderungen.
6. Dauer des Angebotes
Gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK muss ein Angebot grundsätzlich mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Diese Frist wird auf zehn Börsentage verkürzt, wenn (a) der Anbieter vor der Veröffentlichung des Angebotes die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft besitzt und (b) der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft im Angebotsprospekt veröffentlicht wird. Beide Bedingungen für eine Verkürzung der Angebotsdauer sind im vorliegenden Fall erfüllt. Obwohl Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK eine Verkürzung auf 10 Tage vorsieht, ist die von der Anbieterin gewählte Frist von 15 Börsentagen nach dem Grundsatz a maiore minus für zulässig zu erachten (siehe , E. 6).
7. Karenzfrist
Legt ein Anbieter den Angebotsprospekt vor dessen Veröffentlichung zusammen mit dem Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit die Übernahmekommission den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK). Da die BWT diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist entbunden.
8. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospektes, d.h. am 15. Oktober 2001, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
9. Gebühr
Das Angebot bezieht sich auf 82'235 Christ-Namenaktien. Der Gesamtbetrag des Angebotes liegt bei CHF 39'472'800.--. Gemäss Art. 62 Abs. 2 UEV-UEK wird somit eine Gebühr von CHF 20'000.-- erhoben.
Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:
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Das öffentliche Kaufangebot der BWT Aktiengesellschaft entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.
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Die Übernahmekommission gewährt die folgenden Ausnahmen von der Übernahmeverordnung (Art. 4 UEV-UEK): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK); Reduktion der Angebotsfrist (Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK).
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Diese Empfehlung wird am 15. Oktober 2001 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
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Die Gebühr beträgt CHF 20'000.--.
Der Präsident:
Hans Caspar von der Crone
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
- BWT Aktiengesellschaft und Christ AG, durch ihren Vertreter,
- die EBK