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Transactions

0128 - Canon (Schweiz) AG

Empfehlung in Sachen Canon (Schweiz) AG vom 19. April 2002

Öffentliches Kaufangebot der Canon Europa N.V., Amstelveen, Niederlande, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Canon (Schweiz) AG, Dietlikon

A.
Die Canon (Schweiz) AG (Canon Schweiz) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Dietlikon. Ihr Kapital beträgt CHF 20'920'000.-- und ist in 2'092'000 Namenaktien zu je CHF 10.-- Nennwert eingeteilt. Die Namenaktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert. Canon Schweiz hat die Angebotspflicht gemäss Art. 6 Abs. 2 ihrer Statuten wegbedungen (Opting out).

B.
Die Canon Europa N.V. (Canon Europa) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Amstelveen, Niederlande. Ihr genehmigtes Kapital beträgt € 1'452'997'500.--, ihr ausgegebenes Kapital € 290'599'500.--. Sie ist eine 100%-ige Tochter von Canon Inc. (Canon Inc.). Canon Inc. hat ihren Hauptsitz in Tokio. Sie wird durch ihre kontinentalen Hauptgeschäftsstellen in Asien, Amerika und Europa geführt und ist an den Börsen in Tokio, Osaka, Nagoya, Fukuoka, Sapporo, New York und Frankfurt kotiert.

C.
Am 15. April 2002 kündigte Canon Europa in den elektronischen Medien an, dass sie den Aktionären der Canon Schweiz ein öffentliches Kaufangebot von CHF 93.-- je Canon Schweiz-Namenaktie unterbreite. Im Angebotspreis ist der voraussichtliche Dividendenbetrag von CHF 4.-- pro Namenaktie eingeschlossen. Das Angebot ist an keine Bedingungen geknüpft. Diese Ankündigung wurde am 17. April 2002 in den Tageszeitungen landesweit veröffentlicht.

D.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor ihrer Publikation unterbreitet.

E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Hans Caspar von der Crone (Präsident), Thierry de Marignac und Peter P. Hügle gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:


1. Voranmeldung

Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann ein Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen veröffentlichen, zuzustellen.
Im vorliegenden Fall enthielt die am 15. April 2002 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung alle von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK vorgeschriebenen Angaben. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte innerhalb von 3 Börsentagen. Somit entfaltete die Voranmeldung ihre Wirkungen am 15. April 2002.

2. Anwendung der Bestimmungen über Pflichtangebote

Canon Schweiz hat die Angebotspflicht gemäss Art. 6 Abs. 2 ihrer Statuten wegbedungen (Opting out). Folglich ist die Anbieterin nicht an die Mindestpreisbestimmungen von Art. 32 Abs. 4 BEHG gebunden.

3. Best Price Rule

Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten (sogenannte „Best Price Rule“). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung in Sachen Big Star Holding AG vom 7. April 2000, E. 8). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflage eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).

4. Handeln in gemeinsamer Absprache

Gemäss Art. 11 UEV-UEK i.V.m. Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt der Anbieter grundsätzlich in gemeinsamer Absprache mit allen Mitgliedern seines Konzerns und den ihn beherrschenden Aktionären. Auch die Zielgesellschaft gilt als eine Person, die in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter handelt, wenn sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospekts oder der Voranmeldung von ihm beherrscht wird.
Im vorliegenden Fall hält Canon Europa bei Veröffentlichung der Voranmeldung 51.04% des Kapitals und der Stimmrechte der Canon Schweiz. Somit gilt die Zielgesellschaft als eine in gemeinsamer Absprache mit Canon Europa handelnde Person und ist ebenfalls den in Art. 12 UEV-UEK formulierten Regeln unterstellt. Die Prüfstelle hat zu prüfen, ob die in gemeinsamer Absprache mit Canon Schweiz handelnden Personen ihren entsprechenden Pflichten nachkommen.

5. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

5.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden, ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe Empfehlung in Sachen Axantis Holding AG vom 15. Dezember 2000, E. 5.3).
Der Bericht des Verwaltungsrats der Canon Schweiz führt unter der Rubrik "Interessenkonflikte" aus, dass alle Mitglieder jeweils durch die Mehrheitsaktionärin Canon Europa in ihrem Amt bestätigt wurden und eine Person gleichzeitig auch als Mitglied des Verwaltungsrats der Canon Europa tätig ist. Weiter hält der Bericht fest, dass die Mandate aller Mitglieder des Verwaltungsrats zu den gleichen Bedingungen weitergeführt werden. Folglich entspricht der Bericht des Verwaltungsrats in diesem Punkt den genannten Anforderungen.

5.2 Weil sich die Mitglieder des Verwaltungsrats von Canon Schweiz in einem potentiellen Interessenkonflikt befinden, ist im Bericht auch über die Massnahmen Rechenschaft abzulegen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken (Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK). Deshalb hat der Verwaltungsrat von Canon Schweiz die Revisions- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) beauftragt, das Kaufangebot auf seine finanzielle Angemessenheit hin zu prüfen (sog. "Fairness Opinion"). Dies wurde im Bericht offengelegt, womit die Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK erfüllt sind.
Stützt sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft – wie hier – auf eine unabhängige Bewertung, um seine Stellungnahme zum Angebot zu rechtfertigen, wird die Fairness Opinion Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats. Die Fairness Opinion ist gleichzeitig mit dem Bericht zu veröffentlichen und im selben Umfang zu begründen. Diese Bedingungen sind vorliegend erfüllt. Die Fairness Opinion der PWC liegt dem Angebotsprospekt bei. Zudem sind alle Elemente sowie die Methoden der Berechnung, die die PWC zum Schluss führen, das Angebot von Canon Europa sei angemessen, in der Fairness Opinion offengelegt. Damit ist die Fairness Opinion im Sinne von Art. 29 Abs. 4 UEV-UEK hinreichend begründet. 

5.3 Nach Art. 30 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft die Absichten derjenigen Aktionäre darzulegen, die mehr als 5 % der Stimmrechte besitzen, sofern deren Absichten dem Verwaltungsrat bekannt sind. Auch in diesem Punkt entspricht der Bericht den gesetzlichen Anforderungen.

6. Karenzfrist

Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit diese den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEk).

Da Canon Europa diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit.

7. Dauer des Angebots

Gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK muss ein Angebot grundsätzlich mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Diese Frist wird auf zehn Börsentage verkürzt, wenn a) der Anbieter vor der Veröffentlichung des Angebots die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft besitzt und b) der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft im Angebotsprospekt veröffentlicht wird.
Beide Bedingungen für eine Verkürzung der Angebotsdauer sind im vorliegenden Fall erfüllt. Obwohl Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK eine Verkürzung auf zehn Tage vorsieht, ist die von der Anbieterin gewählte Frist von 15 Börsentagen nach dem Grundsatz a maiore minus für zulässig zu erachten (siehe Empfehlung in Sachen Berner Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft vom 23. Mai 2001, E. 6).

8. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospekts, d.h. am 24. April 2002, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

9. Gebühr

Das Angebot bezieht sich auf 1'004'180 Canon Schweiz-Namenaktien. Der Gesamtbetrag des Angebots liegt bei einem Angebotspreis von CHF 93.-- bei CHF 93'388'740.--. Gemäss Art. 62 Abs. 3 UEV-UEK beträgt die Gebühr zu Lasten der Canon Europa N.V. somit CHF 46'600.--.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Das öffentliche Kaufangebot der Canon Europa N.V. entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995. 

  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgenden Ausnahmen von der Übernahmeverordnung (Art. 4): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2); Verkürzung der Dauer des Angebots auf 15 Börsentage (Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK). 

  3. Diese Empfehlung wird am 24. April 2002 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht. 

  4. Die Gebühr zu Lasten der Canon Europa N.V. beträgt CHF 46'600.--.


Der Präsident:

Hans Caspar von der Crone

 
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Canon Europa N.V. und Canon (Schweiz) AG, durch ihren Vertreter,
  • die EBK.