Transazioni
0196 - Aletsch AG
Empfehlung Aletsch AG vom 26. Mai 2004
Öffentliches Kaufangebot der EnAlpin AG (vormals EnAlpin Wallis AG), Visp, an die Aktionäre der Aletsch AG, Mörel
A.
Die Aletsch AG, Mörel („Aletsch“ oder „Zielgesellschaft), ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Mörel. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 20'000'000 und ist eingeteilt in 20'000 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 1'000. Die Aktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert.
B.
Die EnAlpin AG, Visp („EnAlpin“ oder „Anbieterin“), ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Visp. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 52'000'000 und ist eingeteilt in 52'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 1'000. Per 12. Mai 2004 hielt die EnAlpin 19'509 Aktien von Aletsch, entsprechend einem Stimmrechts- und Kapitalanteil von 97.5% an der Zielgesellschaft.
Die Anbieterin selbst wird zu 100% durch die Energie Baden-Württemberg AG mit Sitz in Karlsruhe (Deutschland) gehalten. Deren Hauptaktionäre sind die Electricité de France und der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke, welche gemäss Angaben im Angebotsprospekt der Anbieterin je 34.5% der Stimmrechte an der Gesellschaft halten. Die Aktien der Energie Baden-Württemberg sind an den Börsen in Frankfurt a.M. und in Stuttgart kotiert.
C.
Am 12. Mai 2004 veröffentlichte EnAlpin (bzw. damals noch die EnAlpin Wallis AG) in den elektronischen Medien die Voranmeldung eines öffentlichen Kaufangebots für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien von Aletsch. Am 13. Mai 2004 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung, indem diese in mehreren Zeitungen in deutsch und französisch veröffentlicht wurde (Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK).
D.
Am 4. Juni 2004 wird EnAlpin in der Tagespresse und den elektronischen Medien das öffentliche Kaufangebot an die Aktionäre von Aletsch veröffentlichen. Den Aktionären wird pro Inhaberaktie CHF 5'150 geboten. Das Angebot ist an keine Bedingungen geknüpft.
E.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor der Publikation unterbreitet.
F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Frau Anne Héritier Lachat (Präsidentin) sowie den Herren Walter Knabenhans und Alfred Spörri gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Voranmeldung
1.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann ein Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, die Börseninformationen verbreiten, zuzustellen. Damit die Rechtswirkungen gemäss Art. 9 UEV-UEK an diesen Zeitpunkt geknüpft werden können, genügt gemäss Praxis der Übernahmekommission die blosse Zustellung an ein elektronisches Medium jedoch nicht. Vielmehr hat eine Veröffentlichung der vollständigen Voranmeldung zu erfolgen.
1.2 Im vorliegenden Fall enthielt die am 12. Mai 2004 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung sämtliche von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK geforderten Angaben. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte rechtzeitig innert drei Börsentagen am 13. Mai 2004. Somit entfaltete die Voranmeldung ihre Wirkungen am 12. Mai 2004.
2. Nichtanwendung der Bestimmungen über Pflichtangebote
Die Statuen der Aletsch enthalten eine Opting Out Klausel. Aus diesem Grund kommen im vorliegenden Fall die Regeln über den Mindestpreis nicht zur Anwendung (, Erw. 2).
Zu erwähnen ist, dass die Bestimmungen über den Mindestpreis selbst beim Fehlen einer Opting Out Klausel nicht zur Anwendungen kämen, da EnAlpin bereits 97.5% an Aletsch hält und folglich durch ihr Angebot den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft nicht überschreiten wird (Art. 10 Abs. 5 UEV-UEK e contrario).
3. Handeln in gemeinsamer Absprache
Nach Art. 11 Abs. 1 UEV-UEK i.V.m. Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt der Anbieter grundsätzlich in gemeinsamer Absprache mit allen Mitgliedern seines Konzerns. Dies gilt auch für die Zielgesellschaft, wenn sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospekts oder der Voranmeldung durch den Anbieter beherrscht wird.
Wie in lit. B des Sachverhalts erwähnt, hält EnAlpin im vorliegenden Fall 97.5% der Stimmrechte von Aletsch. Die Anbieterin selbst wird zu 100% durch die Energie Baden-Württemberg AG gehalten. Diese Gesellschaften und allfällige weitere mit ihnen in gemeinsamer Absprache handelnde Personen haben somit den Pflichten von Art. 12 UEV-UEK nachzukommen.
4. Best Price Rule
Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK dürfen die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten (sogenannte „Best Price Rule“). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung in Sachen ABSOLUTE INVEST AG vom 17. Oktober 2003, Erw. 5). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflage eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).
5. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft
5.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftslei-tung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Im Bericht ist offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden. Ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe , Erw. 5.3). Im vorliegenden Fall wird im Prospekt ausgeführt, dass keine Änderungen in der Zusammensetzung des Verwaltungsrats oder bezüglich der Entschädigung von dessen Mitglieder vorgesehen seien.
5.2 Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK Rechenschaft ablegen über die Massnahmen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken (, Erw. 6.2).
Der Verwaltungsrat von Aletsch setzt sich aus fünf Verwaltungsräten zusammen, wobei vier dieser Mitglieder mit der Anbieterin resp. mit ihren konzernmässig verbundenen Gesellschaften Mandats- und ähnliche Verträge abgeschlossen haben, welche diese Verwaltungsratsmitglieder direkt oder indirekt dazu verpflichten, nach den Weisungen der EnAlpin zu stimmen. Da Aletsch kein eigenes Personal beschäftigt, wird die Geschäftsführung der Gesellschaft durch die Anbieterin vorgenommen. Zu beachten ist weiter, dass EnAlpin über 97.5% der Stimmrechte von Aletsch verfügt und alle Verwaltungsratsmitglieder der Zielgesellschaft mit diesen Stimmen gewählt wurden.
In der vorliegenden Konstellation ist es offensichtlich, dass sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft in einem potentiellen Interessenkonflikt befindet. Diesem Umstand Rechnung tragend, hat der Verwaltungsrat die Bank Vontobel AG mit dem Erstellen einer Fairness Opinion beauftragt, mit der die Angemessenheit des Angebotspreises aus Sicht der Publikumsaktionäre von Aletsch geprüft werden soll.
Um den Anforderungen von Art. 29 UEV-UEK zu genügen, müssen seit der Empfehlung der Übernahmekommission in Sachen EIC Electricity SA vom 21. August 2003 die Bewertungsgrundlagen und Bewertungsmethoden in einer Fairness Opinion nicht mehr nur in allgemeiner Form genannt werden, sondern der Experte hat die konkret für seine Meinungsbildung herangezogenen Grundlagen und angewandten Parameter (bspw. Diskontierungssätze, Nennung von Transaktionen, die zu Vergleichszwecken herangezogen wurden, historische Kursbetrachtungen etc.) offenzulegen. Nur dadurch ist letztlich gewährleistet, dass die Angebotsempfänger die Einschätzung des Experten nachvollziehen und somit ihren Entscheid betreffend Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK). Die Fairness Opinion der Bank Vontobel AG vom 11. Mai 2004, worin diese zum Ergebnis kommt, dass das konkrete Kaufangebot der EnAlpin vom finanziellen Gesichtspunkt her fair sei, entspricht den genannten Anforderungen.
6. Befreiung von der Karenzfrist
Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit diese den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK). Da EnAlpin diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit
7. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospekts, d.h. am 4. Juni 2004, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
8. Gebühr
Das Angebot bezieht sich auf 491 Aletsch Inhaberaktien. Bei einem Angebotspreis von CHF 5'150 pro Titel liegt der Wert des gesamten Angebots bei CHF 2'528'650. Gemäss Art. 62 Abs. 2 UEV-UEK i.V.m. Art. 62 Abs. 3 UEV-UEK wird folglich die Mindestgebühr von CHF 20'000 erhoben.
Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:
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Das öffentliche Kaufangebot der EnAlpin AG, Visp, an die Aktionäre der Aletsch AG, Mörel, entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.
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Die Übernahmekommission gewährt die folgende Ausnahme von der Übernahmeverordnung (Art. 4 UEV-UEK): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).
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Diese Empfehlung wird am 4. Juni 2004 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
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Die Gebühr zu Lasten der EnAlpin AG beträgt CHF 20’000.
Die Präsidentin:
Anne Héritier Lachat
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
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EnAlpin AG und Aletsch AG (durch ihren Vertreter);
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die EBK;
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die Prüfstelle (zur Kenntnisnahme).