Transactions
0367 - Nobel Biocare Holding AG
Empfehlung in Sachen Nobel Biocare Holding AG vom 9. Mai 2008
Öffentliches Rückkaufsprogramm der Nobel Biocare Holding AG, Kloten - Gesuch um Freistellung von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote
A.
Die Nobel Biocare Holding AG („Nobel Biocare“ oder „Gesuchstellerin“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Kloten. Ihr im Handelsregister eingetragenes Aktienkapital beträgt CHF 53'131'588.00, eingeteilt in 132'828'970 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.40. Die Nobel Biocare verfügt zudem über ein bedingtes Aktienkapital von maximal CHF 100'808 zur Ausgabe von maximal 252'020 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.40. Die Namenaktien der Nobel Biocare sind an der SWX Swiss Exchange („SWX“) im EU-kompatiblen Segment kotiert und werden an der SWX Europe gehandelt (NOBE).
B.
Die ordentliche Generalversammlung der Nobel Biocare hat das ihr vom Verwaltungsrat beantragte Aktienrückkaufsprogramm am 27. März 2008 genehmigt.
C.
Mit Schreiben vom 28. April 2008 beantragt die Gesuchstellerin einen Aktienrückkauf über maximal CHF 750 Mio. über eine zweite Handelslinie zwecks nachfolgender definitiver Vernichtung der Aktien durch Kapitalherabsetzung. Basierend auf dem Kursniveau vom 25. April 2008 von CHF 38.50 (letzter Börsentag vor Gesuchseingabe) entspricht dies maximal 19.5 Mio Namenaktien, bzw. 14.67% des Aktienkapitals und der Stimmrechte von Nobel Biocare. Da das Rückkaufsvolumen 10% des Aktienkapitals überschreitet, ist eine Freistellung des Aktienrückkaufs durch Meldeverfahren gemäss der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 („Mitteilung Nr. 1“) nicht möglich. Die Gesuchstellerin ersucht deshalb um Freistellung durch Erlass einer Empfehlung.
Dem Gesuch beigelegt waren der Entwurf des Rückkaufsinserats in deutscher Sprache sowie das Formular „Gesuch um Freistellung durch Meldeverfahren“ gemäss Mitteilung Nr. 1 („Formular“).
D.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Henry Peter und Thomas Rufer gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Anwendbarkeit der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote auf Aktienrückkäufe
1. Öffentliche Angebote einer Gesellschaft für ihre eigenen Aktien, einschliesslich der Bekanntgabe der Absicht, eigene Beteiligungspapiere an der Börse zurückzukaufen, stellen öffentliche Kaufangebote im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG dar (vgl. Verfügung der EBK vom 4. März 1998 in Sachen Pharma Vision 2000 AG, BK Vision AG und Stillhalter Vision AG, Erw. 2). Damit unterstehen diese Transaktionen grundsätzlich den Bestimmungen des 5. Abschnitts des BEHG über öffentliche Kaufangebote.
2. Die Übernahmekommission kann die Anbieterin von der Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote befreien. Voraussetzungen und Verfahren dieser Freistellung sind in Mitteilung Nr. 1 festgelegt. Danach ist die Bekanntgabe von Rückkäufen eigener Beteiligungspapiere im Umfang von maximal 2% des Kapitals generell freigestellt (Mitteilung Nr. 1 Ziff. II). Bezieht sich der Rückkauf auf mehr als 2%, so wird die Freistellung im so genannten Meldeverfahren bewilligt, wenn die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, so ist eine Freistellung (im ordentlichen Verfahren mittels Empfehlung) dennoch möglich, soweit dies mit den Zielsetzungen des BEHG zu vereinbaren ist (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. IV).
2. Voraussetzungen der Freistellung im vorliegenden Fall
3. Die Gesuchstellerin beabsichtigt den Rückkauf von Beteiligungspapieren einer einheitlichen Kategorie (Namenaktien mit Nennwert von CHF 0.40) im Umfang von mehr als 2% des Kapitals zu Marktpreisen über eine spezielle Handelslinie. Zur Anwendung gelangen damit die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.1 bis 1.4, 3.1, 3.5 und 3.8. Deren Einhaltung ist im Folgenden zu prüfen.
4. Der im eingereichten Inseratentwurf vorgesehene Rückkauf:
· führt nicht zur Dekotierung des betroffenen Titels (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.2) und
· bezieht sich auf alle Kategorien von kotierten Beteiligungspapieren (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.3).
5. Die Nobel Biocare hat sich in ihrem Gesuch verpflichtet,
· die Übernahmekommission und mindestens eines der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, über die Anzahl der angedienten Titel zu informieren (Formular Ziff. 14 Abs. 1, vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.4) und
· den Rückkauf in den Fällen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III. 3.1 Punkt 2 und Punkt 3 zu unterbrechen (Formular Ziff. 11).
6. Die Rückkaufspreise bilden sich gemäss dem eingereichten Entwurf des Angebotsinserats „in Anlehnung an die Kurse der auf der ersten Linie gehandelten Namenaktien von Nobel Biocare“. Die Gesuchstellerin beachtet damit die Bestimmung von Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 3.5, gemäss welcher der auf der zweiten Handelslinie angebotene Preis den auf der ersten Linie angebotenen Preis grundsätzlich nicht um mehr als 5% übersteigen darf.
7. Damit werden die genannten Bestimmungen grösstenteils eingehalten. Die Einhaltung dieser Bestimmungen wird die Credit Suisse als mit dem Rückkauf beauftragte Bank mit dem Formular „Bestätigung Nr. 2“ bestätigen.
8. Nicht eingehalten wird damit die Voraussetzung gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III. 1.1, wonach sich der Rückkauf auf höchstens 10% des Kapitals oder der Stimmrechte des Anbieters beziehen darf.
9. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob der beabsichtigte Rückkauf dennoch mit den Zielsetzungen des BEHG vereinbar ist (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. IV).
3. Rückkauf von über 10% des Aktienkapitals und der Stimmrechte
10. Die Nobel Biocare berechnet in ihrem Gesuch das Volumen des Rückkaufsprogramms gemessen in Anzahl Aktien und in Prozent des Aktienkapitals bzw. der Stimmrechte anhand eines Kurses von CHF 38.50 (Stand per 25. April 2008). Unter dieser Annahme können mit den beabsichtigten CHF 750 Mio., welche für das Rückkaufsprogramm zur Verfügung stehen (vgl. oben lit. C), 19'500'000 Aktien, entsprechend 14.67% des Aktienkapitals und der Stimmrechte, zurückgekauft werden.
11. Die Freistellung eines öffentlichen Rückkaufsangebots von den Bestimmungen des 5. Abschnittes des BEHG ist bei Überschreitung des Rückkaufsvolumens von 10% des Kapitals insbesondere dann heikel, wenn der Rückkauf zu einer massgeblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse führt. Auch darf der Rückkauf nicht zu einer übermässigen Reduktion des handelbaren Teils der Aktien („Free Float“) führen (vgl. Empfehlung vom 25. Februar 2008 in Sachen Swiss Re, Erw. 2.2.1).
12. Das Aktionariat der Nobel Biocare setzt sich gemäss Angaben der Gesuchstellerin wie folgt zusammen:
· Der Eigenbestand der Gesuchstellerin beträgt per 25. April 2008 8.34% der ausgegebenen Aktien. An der Generalversammlung vom 27. März 2008 wurde beschlossen, 6.41% des Aktienkapitals zu vernichten.
· Capital Group Companies hält 10.09%.
· The Bank of New York Mellon Corporation hält 5.26%.
· AXA S.A., AXA Investment Managers S.A. und Alliance Bernstein L.P. halten zusammen 3.49%.
· Der Rest der Aktien im Umfang von ca. 72% ist im Publikum gestreut.
13. Bei dieser Aktionariatsstruktur haben der Rückkauf von 14.67% der Aktien und deren anschliessende Vernichtung zwecks Kapitalherabsetzung keine massgebliche Veränderung der Kontrollverhältnisse und keine übermässige Reduktion des Free Float zur Folge. Sowohl vor als auch nach Durchführung des Programms existiert kein dominanter Aktionär und die Aktien der Nobel Biocare bleiben breit im Publikum gestreut. Das vorliegende Rückkaufsprogramm kann daher trotz der Überschreitung der Schwelle von 10% gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III. 1.1 von der Einhaltung der Bestimmungen des 5. Abschnitts des BEHG über öffentliche Kaufangebote bis zu einem Umfang von maximal 19.5 Mio. Aktien, entsprechend 14.67% des Aktienkapitals und der Stimmrechte, freigestellt werden. Sollte sich im Rahmen des Rückkaufsprogramms eine Überschreitung dieser Limite abzeichnen, hätte die Gesuchstellerin im Hinblick auf dessen Weiterführung erneut ein Gesuch um Freistellung an die Übernahmekommission zu richten.
14. Zu beachten ist, dass Art. 659 Abs. 1 OR den Erwerb eigener Aktien auf maximal 10% des Aktienkapitals beschränkt. Die Schwelle von Art. 659 Abs. 1 OR ist jedoch vom in der Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.1 festgelegten übernahmerechtlich relevanten Volumen von 10% des Kapitals oder der Stimmrechte zu unterscheiden. Die Freistellung durch die Übernahmekommission bezieht sich auf das Volumen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.1, nicht auf die Schwelle von Art. 659 Abs. 1 OR. Art. 659 Abs. 1 OR stellt eine dauernd einzuhaltende Bestandeslimite dar, während sich das Volumen gemäss Mitteilung Nr. 1 auf die Periode des Rückkaufsprogramms (im vorliegenden Fall vom 16. Mai 2008 bis längstens zur ordentlichen Generalversammlung 2010) bezieht. Die Gesuchstellerin hat ihre Rückkäufe demnach unabhängig von der vorliegenden Freistellung so auszugestalten, dass die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen eingehalten sind (vgl. Empfehlung vom 25. Februar 2008 in Sachen Swiss Re, Erw. 2.3). Dabei sind sowohl die nach dem Herabsetzungsbeschluss der Generalversammlung (vgl. N 12) noch vorhandenen 1.93% als auch die im Rahmen des Rückkaufsprogramms erworbenen Aktien zu berücksichtigen.
15. Das Protokoll der ordentlichen Generalversammlung der Gesuchstellerin vom 27. März 2008 hält zur Genehmigung des Aktienrückkaufsprogramms fest, die im Rahmen dieses Rückkaufsprogramms erworbenen Aktien würden definitiv anulliert und seien somit der 10%-Grenze für eigene Aktien gemäss Art. 659 OR nicht unterworfen. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Rechtsauffassung des Verwaltungsrats der Gesuchstellerin handelt, die vom Ausschuss nicht notwendigerweise geteilt wird (vgl. Empfehlung vom 17. April 2008 in Sachen Julius Bär Holding AG, Erw. 3).
4. Publikation
16. Die Gesuchstellerin beantragt, die Veröffentlichung der Empfehlung erst am Tag der Publikation des Rückkaufsinserats, welche spätestens am 16. Mai 2008 vorgesehen ist, vorzunehmen. Diesem Gesuch kann stattgegeben werden. Die Empfehlung ist am Tag der Publikation des Rückkaufsinserats auf der Website der Übernahmekommission zu veröffentlichen.
5. Gebühr
17. In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK ist für die Prüfung des Gesuchs eine Gebühr von CHF 20'000 zu erheben.
Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:
- Der für den Zeitraum vom 16. Mai 2008 bis zur ordentlichen Generalversammlung 2010 geplante Rückkauf eigener Aktien der Nobel Biocare Holding AG wird von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt. Sie ist damit den in Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 Ziffern III. 1 und 3 definierten Regeln unterstellt.
- Der Nobel Biocare Holding AG wird in Abweichung von Ziff. III. 1.1 der Mitteilung Nr. 1 gestattet, maximal 19'500'000 Namenaktien zurückzukaufen.
- Die Nobel Biocare Holding AG wird aufgefordert, der Übernahmekommission das definitive Angebotsinserat in deutscher und französischer Sprache vor dessen Veröffentlichung einzureichen.
- Die vorliegende Empfehlung wird am Tag der Veröffentlichung des Rückkaufsinserats der Nobel Biocare Holding AG auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr zulasten der Nobel Biocare Holding AG beträgt CHF 20'000.
Der Präsident
Luc Thévenoz
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
- die Gesuchstellerin durch ihren Vertreter;
- die Eidgenössische Bankenkommission.