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0889 - Orascom Development Holding AG

Verfügung 889/01 vom 17. Dezember 2024

Öffentliches Kaufangebot von LPSO Holding Ltd. an die Aktionäre von Orascom Development Holding AG – Angebotsprospekt und Bericht des Verwaltungsrats

Sachverhalt:

 A.
Orascom Development Holding AG (Orascom oder die Zielgesellschaft) ist eine im Handelsregister des Kantons Uri eingetragene Aktiengesellschaft mit Sitz in Altdorf, Schweiz (UID: CHE-114.029.051). Der Zweck von Orascom ist der direkte oder indirekte Erwerb, die kontinuierliche Betriebsführung und die Veräusserung von Beteiligungen an in- und ausländischen Unternehmen, insbesondere aus dem Immobiliengewerbe und der Tourismusindustrie, der Hotellerie, dem Baugewerbe, dem Resort Management, der Immobilienfinanzierung und ähnlicher Geschäftsbereiche sowie die Erbringung ähnlicher Dienstleistungen.

Das Aktienkapital von Orascom beträgt CHF 299'111'830.00 und ist eingeteilt in 59'822’366 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 5.00 (die Orascom-Aktien). Die Orascom-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) kotiert und zum Handel zugelassen (Valorennummer 3828567; ISIN: CH0038285679; Tickersymbol: ODHN).

Gemäss ihren Statuten hat Orascom (i) ein Kapitalband mit einer oberen Bandbreite von CHF 448'667'745.00 und einer unteren Bandbreite von CHF 149'555'915.00 (Laufzeit bis 9. Mai 2028), das eine oder mehrere Erhöhungen und/oder Herabsetzungen des Aktienkapitals ermöglicht. Zudem sehen die Statuten von Orascom (ii) ein bedingtes Aktienkapital von CHF 29'080'885.00 vor, welches die Ausgabe von bis zu 5'816'177 Orascom-Aktien ermöglicht.

B.
Gemäss der Datenbank der SIX Exchange Regulation betreffend bedeutende Aktionäre halten per 17. Dezember 2024 folgende Aktionäre mehr als 3% der Stimmrechte von Orascom:

    • Samih O. Sawiris, Naguib S. Sawiris, Taya Sawiris, Tary Sawiris, Talia Sawiris und Ines Sawiris (alle gemeinsam die Hauptaktionärsgruppe) halten als wirtschaftlich berechtigte Personen i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA direkt oder indirekt über die Rechtseinheiten (i) der LPSO Holding Ltd., George Town, Cayman Islands (LPSO oder die Anbieterin), (ii) der SOS Holding, George Town, Cayman Islands, und (iii) der Thursday Holding, George Town, Cayman Islands, 27'361'061 Orascom Aktien, was 67.40% des ausstehenden Aktienkapitals von Orascom entspricht (vgl. zur aktuellen Beteiligung der Hauptaktionärsgruppe Sachverhalt lit. E nachfolgend).

C.
Am 29. November reichte LPSO ein Gesuch bei der Übernahmekommission (UEK) ein und stellte darin folgende Anträge (das Gesuch):

«1. Es sei der Entwurf des Angebotsprospekts zu prüfen und festzustellen, dass das darin beschriebene öffentliche Kaufangebot der Anbieterin zum Erwerb aller sich im Publikum befindenden Namenaktien der Orascom Development Holding AG gemäss allfällig überarbeitetem Entwurf (Beilage 1) (der "Angebotsprospekt") den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG) und den ausführenden Verordnungen entspricht.

2. Die Verfügung der Übernahmekommission sei frühestens zeitgleich mit der Veröffentlichung des Angebotsprospekts zu veröffentlichen.»

Auf die Begründung der Anträge des Gesuchs wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

D.
Zudem reichte LPSO den Entwurf des Angebotsprospekts für ein Kaufangebot für alle im Publikum gehaltenen Orascom-Aktien ein (das Angebot). Das Angebot bezieht sich auf 13'236'994 an der SIX kotierte Orascom-Aktien. Der Angebotspreis beträgt CHF 5.60 netto in bar pro Orascom-Aktie.

E.
Die Hauptaktionärsgruppe hält als wirtschaftlich Berechtigte derzeit direkt oder indirekt 77.50% des ausstehenden Aktienkapitals von Orascom (vgl. Angebotsprospekt lit. A). Orascom und ihre direkten und indirekten Tochtergesellschaften halten 221'271 Orascom-Aktien, entsprechend rund 0.37% des Aktienkapitals von Orascom. Die mit Blick auf das Angebot in gemeinsamer Absprache handelnden Personen halten gemeinsam insgesamt 77.87% des Aktienkapitals von Orascom.

F.
Orascom und LPSO wurde die Gelegenheit gegeben, zu jeweils eingereichten Dokumenten Stellung zu nehmen. Orascom und LPSO verzichteten darauf, eine separate Stellungnahme dazu abzugeben.

G.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft sowie eine Fairness Opinion von IFBC AG, Zürich (IFBC), wurden der UEK vor deren Publikation zur Prüfung unterbreitet.

H.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus der Präsidentin Mirjam Eggen, Jean-Luc Chenaux und Mario Rossi gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Gegenstand des Angebots

[1] Das Angebot bezieht sich auf alle ausgegebenen und sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospekts im Publikum befindenden Orascom-Aktien. Das Angebot erstreckt sich weder auf Orascom-Aktien, die von der Zielgesellschaft oder einer ihrer direkten oder indirekten Tochtergesellschaften als eigene Aktien gehalten werden, noch auf Orascom-Aktien, die von der Hauptaktionärsgruppe und Personen die in gemeinsamer Absprache mit der Hauptaktionärsgruppe handeln, gehalten werden (vgl. Angebotsprospekt lit. B Ziff. 1).

[2] LPSO erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 UEV.

 

2.  Handeln in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV

2.1 Grundsatz

[3] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit dem Anbieter handeln, gilt Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Nach Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA handelt in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt. In gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnde Personen haben zudem die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist (vgl. Art. 28 Abs. 1 UEV).

[4] Gemäss Praxis der UEK handeln Gesellschaften oder Personen, welche die Anbieterin direkt oder indirekt beherrschen, und Gesellschaften, welche wiederum von diesen Gesellschaften oder Personen direkt oder indirekt beherrscht werden, mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV. Ausserdem handeln die Zielgesellschaft und Gesellschaften, welche von dieser direkt oder indirekt beherrscht werden, in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV, wenn die Zielgesellschaft ihrerseits von der Anbieterin beherrscht wird (Verfügung 884/01 vom 7. Oktober 2024 in Sachen ENR Russia Invest SA, Rn 10).

[5] Für die Zwecke dieses Angebots handeln somit (i) Samih O. Sawiris und alle von Samih O. Sawiris direkt oder indirekt beherrschten Gesellschaften sowie (ii) die weiteren Mitglieder der Hauptaktionärsgruppe und alle von diesen direkt oder indirekt beherrschten Gesellschaften und Trusts, unter welchen gewisse der weiteren Mitglieder der Hauptaktionärsgruppe begünstigt sind, in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV. Ausserdem handeln (iii) Orascom aufgrund der Mehrheitsbeteiligung von LPSO an dieser und (iv) alle direkt oder indirekt von Orascom beherrschten Gesellschaften in gemeinsamer Absprache mit LPSO i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV.

2.2 Offenlegung im Angebotsprospekt

[6] LPSO hat nach Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen im Angebotsprospekt offen zu legen.

[7] Der Angebotsprospekt enthält die erforderlichen Angaben in Form einer generellen Umschreibung, ohne die direkt oder indirekt kontrollierten Gesellschaften und/oder Personen namentlich einzeln aufzuzählen. Dies ist gemäss Praxis der UEK zulässig, sofern die Prüfstelle eine vollständige Liste dieser Gesellschaften und/oder Personen erhalten hat (vgl. Verfügung 856/02 vom 29. November 2024 in Sachen Crealogix Holding AG, Rn 12).

[8] Die Prüfstelle BDO AG, Zürich (BDO oder Prüfstelle), hat bestätigt, eine solche Liste erhalten zu haben.

[9] Der Angebotsprospekt enthält unter lit. C Ziff. 3 die gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV erforderlichen Angaben.

2.3 Fazit

[10] Mit Blick auf die in gemeinsamer Absprache mit LPSO i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt somit den gesetzlichen Anforderungen.

 

3.  Nicht-Anwendbarkeit der Mindestpreisvorschriften

[11] 135 Abs. 2 FinfraG i.V.m. Art. 42 – 47 FinfraV-FINMA sehen für Pflichtangebote einen Mindestpreis vor (Mindestpreisvorschriften). Gemäss Art. 9 Abs. 6 Satz 1 UEV finden die Mindestpreisvorschriften auch auf alle Angebote Anwendung, bei denen der Erwerber so viele Aktien erwirbt, dass er zusammen mit einer allfälligen bereits vorher existierenden Beteiligung den Grenzwert von 33 ⅓% der Stimmrechte überschreitet (Kontrollwechsel-Angebot).

[12] Die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen halten insgesamt 77.87% der Stimmrechte an Orascom (vgl. Sachverhalt lit. E). Das Angebot ist damit kein Pflichtangebot i.S.v. Art. 135 Abs. 1 FinfraG und auch kein Kontrollwechsel-Angebot i.S.v. Art. 9 Abs. 6 Satz 1 UEV. Die Mindestpreisvorschriften sind folglich nicht auf das Angebot anwendbar. Eine Unternehmensbewertung durch die Prüfstelle i.S.v. Art. 42 Abs. 4 FinfraV-FINMA ist somit nicht notwendig, auch wenn die Orascom-Aktien illiquid im Sinne des Rundschreibens Nr. 2 der Übernahmekommission: Liquidität im Sinne des Übernahmerechts vom 26. Februar 2010 (UEK-Rundschreiben Nr. 2) sind.

4.  Best Price Rule und Bestätigung der Prüfstelle

[13] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV müssen der Anbieter und die mit ihm in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnden Personen, die von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, diesen Preis allen Empfängern des Angebots anbieten (Best Price Rule).

[14] Die Prüfstelle hat die Einhaltung der Best Price Rule zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV). Es wird der Prüfstelle BDO AG, hierfür eine Frist von einem Monat angesetzt, beginnend mit dem Ende des für die Best Price Rule relevanten Zeitraums von sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist.

5.  Bedingung

[15] Gemäss den allgemeinen Grundsätzen ist eine Bedingung bei freiwilligen Angeboten wie dem vorliegenden zulässig, wenn die Anbieterin an ihr ein begründetes Interesse hat (Art. 13 Abs. 1 erster Satz UEV), die Bedingung nicht potestativ (Art. 13 Abs. 2 UEV), genügend klar bestimmt und nicht unlauter i.S.v. Art. 1 UEV ist (Verfügung 884/01 vom 7. Oktober 2024 in Sachen ENR Russia Invest AG, Rn 19 m.H.).

[16] Der Angebotsprospekt enthält die folgende Bedingung:

«Das Angebot untersteht der Bedingung, dass kein Urteil, kein Schiedsspruch, kein Entscheid, keine Verfügung oder keine andere hoheitliche Massnahme erlassen wurde, welche das Angebot, dessen Annahme, den Vollzug oder den Erwerb der Aktien der Gesellschaft durch die Anbieterin vorübergehend oder dauerhaft, ganz oder teilweise, verhindert, verbietet oder für unzulässig erklärt (die "Angebotsbedingung"). Die Anbieterin behält sich das Recht vor, ganz oder teilweise auf die Angebotsbedingung zu verzichten.»

[17] Diese Bedingung ist gemäss Praxis der UEK bis zum Vollzug des Angebot zulässig (vgl. Verfügung 884/01 vom 7. Oktober 2024 in Sachen ENR Russia Invest AG, Rn 19 m.H.).

 

6.  Bedeutende Aktionäre des Anbieters

[18] Gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. b UEV hat der Angebotsprospekt Informationen zur Identität der Aktionärinnen und Aktionäre oder der Aktionärsgruppen, die über mehr als drei Prozent der Stimmrechte am Anbieter verfügen, sowie zum Prozentsatz ihrer Beteiligung zu enthalten. Anzugeben sind die direkt haltenden Aktionäre und die allenfalls wirtschaftlich Berechtigten (vgl. Verfügung 884/01 vom 7. Oktober 2024 in Sachen ENR Russia Invest AG, Rn 21 m.H.).

[19] Der Angebotsprospekt enthält die diesbezüglichen Angaben unter lit. C Ziff.2.

7.  Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

[20] Gemäss Art. 132 Abs. 1 FinfraG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Die darin abgegebenen Informationen müssen wahr und vollständig sein. Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft hat nach Art. 30 Abs. 1 UEV sämtliche Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Angebotsempfänger ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 30 ff. UEV).

7.1 Interessenkonflikte und Empfehlung

7.1.1 Anforderungen gemäss UEV

[21] Gemäss Art. 32 Abs. 1 UEV hat der Bericht des Verwaltungsrats auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Im Bericht des Verwaltungsrats ist gemäss Art. 32 Abs. 2 UEV speziell darauf hinzuweisen, ob die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats vertragliche Vereinbarungen oder andere Verbindungen mit dem Anbieter eingegangen sind (lit. a), auf Antrag des Anbieters gewählt wurden (lit. b), wiedergewählt werden sollen (lit. c), Organ oder Arbeitnehmer des Anbieters oder einer Gesellschaft sind, die mit dem Anbieter in wesentlichen Geschäftsbeziehungen steht (lit. d), sowie ihr Mandat nach Instruktionen des Anbieters ausüben (lit. e). Der Bericht des Verwaltungsrats muss insbesondere auch auf die (finanziellen) Folgen hinweisen, die das Angebot für die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hat (Art. 32 Abs. 3 UEV). Der Bericht hat zudem offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden oder allenfalls die neuen Konditionen aufführen. Die entsprechenden Angaben müssen des Weiteren individuell erfolgen (Verfügung 883/01 vom 25. September 2024 vom 25. September 2024 in Sachen Athris AG, Rn 18; Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 25).

[22] Nach Praxis der UEK begründet der Umstand, dass ein Mitglied des Verwaltungsrats mit den Stimmen eines beherrschenden Aktionärs gewählt wurde, die Vermutung eines Interessenkonflikts mit Blick auf dieses Mitglied des Verwaltungsrats (Verfügung 884/01 vom 7. Oktober 2024 in Sachen ENR Russia Invest AG, Rn 27; Verfügung 883/01 vom 25. September 2024 in Sachen Athris AG, Rn 18). Hat die Zielgesellschaft einen Mehrheitsaktionär, so befinden sich selbst faktisch unabhängige Mitglieder des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft zumindest in einem potenziellen Interessenkonflikt (Verfügung 883/01 vom 25. September 2024 in Sachen Athris AG, Rn 19; Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 26). Ein Interessenkonflikt wird sodann nach Art. 32 Abs. 2 lit. b UEV vermutet, wenn ein Mitglied des Verwaltungsrats auf Antrag des Anbieters gewählt wurde.

[23] Die Vermutung, dass ein Interessenkonflikt vorliegt, kann widerlegt werden, indem entweder der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft oder das betroffene Mitglied des Verwaltungsrats den Nachweis seiner Unabhängigkeit erbringt. In der Praxis geschieht das regelmässig durch die Abgabe einer Negativbestätigung im Bericht des Verwaltungsrats selbst (Verfügung 883/01 vom 25. September 2024 in Sachen Athris AG, Rn 20; Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 27). Auch kann ein Mitglied des Verwaltungsrats laut Praxis der UEK unabhängig sein, obwohl es vom Anbieter gewählt worden ist, wenn dieses ein nicht exekutives Mitglied ist und nebst der Wahl keine anderen Hinweise i.S.v. Art. 32 Abs. 2 UEV vorliegen, welche darauf hindeuten, dass ein Interessenkonflikt vorliegt (Verfügung 883/01 vom 25. September 2024 in Sachen Athris AG, Rn 20; Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 27).

[24] Wenn Interessenkonflikte vorliegen, hat der Bericht des Verwaltungsrats nach Art. 32 Abs. 4 UEV Rechenschaft über die Massnahmen abzugeben, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Interessenkonflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken. Massnahmen i.S.v. Art. 32 Abs. 4 UEV können insbesondere (i) der Ausstand der vom Interessenkonflikt betroffenen Mitglieder des Verwaltungsrats, (ii) die Bildung eines Ausschusses bestehend aus den unabhängigen Mitgliedern des Verwaltungsrats, um das Angebot zu beurteilen und den Bericht des Verwaltungsrats auszuarbeiten, oder (iii) die Prüfung der finanziellen Angemessenheit des öffentlichen Kaufangebots im Rahmen einer von einem unabhängigen Dritten erstellten Fairness Opinion sein (Verfügung 883/01 vom 25. September 2024 in Sachen Athris AG, Rn 21; Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 28; vgl. auch Verfügung 884/01 vom 7. Oktober 2024 in Sachen ENR Russia Invest AG, Rn 28).

[25] Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft kann unter Angabe des Abstimmungsverhältnisses empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen. Er kann aber auch die Vor- und Nachteile des Angebots darlegen, ohne eine Empfehlung abzugeben (Art. 30 Abs. 3 und 4 UEV).

7.1.2 Ausführungen im Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

[26] Der Verwaltungsrat von Orascom setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen: Naguib S. Sawiris (Präsident), Franz Egle, Eskandar Tooma, Jürgen Fischer, Amine Omar Tazi-Riffi und Maria Davidson.

[27] Mit Blick auf potenzielle Interessenkonflikte im Zusammenhang mit dem öffentlichen Kaufangebot führt der Bericht des Verwaltungsrats von Orascom aus, dass alle Mitglieder des Verwaltungsrats mit Ausnahme von Maria Davidson einem Interessenkonflikt unterliegen. Naguib S. Sawiris ist Teil der Hauptaktionärsgruppe und handelt damit in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV. Franz Egle erbringt zeitweise Beratungsdienstleistungen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation für die Mitglieder der Hauptaktionärsgruppe und ist Mitglied des Verwaltungsrats der Andermatt Swiss Alps AG, von der 51% des Aktienkapitals und der Stimmrechte von Samih O. Sawiris über eine hundertprozentig gehaltene Tochtergesellschaft und die restlichen 49% von Orascom gehalten werden. Eskandar Tooma ist als Finanzberater für verschiedene Mitglieder der Hauptaktionärsgruppe tätig. Jürgen Fischer erbringt zeitweise Beratungsdienstleistungen im Bereich der Hotellerie und des Gastgewerbes für Mitglieder der Hauptaktionärsgruppe und ist ebenfalls Mitglied des Verwaltungsrats der Andermatt Swiss Alps AG. Amine Omar Tazi-Riffi erbringt strategische Beratungsdienstleistungen für Mitglieder der Hauptaktionärsgruppe. Ferner wurden alle Mitglieder des Verwaltungsrats von Orascom mit den Stimmen der Anbieterin in den Verwaltungsrat von Orascom gewählt.

[28] Nach Prüfung des Angebots und unter Berücksichtigung der Fairness Opinion von IFBC, die einen integrierenden Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats bildet (vgl. dazu Ziff. 7.2), hat der Verwaltungsrat von Orascom lediglich die Vor- und Nachteile des Angebots dargelegt, um den Aktionären die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Angebots zu erleichtern.

7.1.3 Würdigung der Ausführungen im Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

[29] Angesichts des Umstands, dass sämtliche Mitglieder des Verwaltungsrats von Orascom mit Ausnahme von Maria Davidson im vorliegenden Fall einem Interessenkonflikt unterliegen, hat deren Verwaltungsrat IFBC beauftragt, eine Fairness Opinion zu erstellen (vgl. dazu Ziff. 7.2). Damit ist sichergestellt, dass sich die Interessenkonflikte der Mitglieder des Verwaltungsrats von Orascom nicht zum Nachteil der Angebotsadressaten auswirken.

[30] Vor diesem Hintergrund entsprechen die Ausführungen betreffend Interessenkonflikte im Bericht des Verwaltungsrats von Orascom den Anforderungen nach Art. 32 UEV und der entsprechenden Praxis der UEK.

[31] Der Bericht des Verwaltungsrats von Orascom enthält ausserdem die gemäss Art. 30 ff. UEV erforderlichen Informationen, darunter insbesondere die mit Blick auf Art. 32 UEV relevanten Angaben bezüglich der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung von Orascom.

7.2 Fairness Opinion

[32] Wie hiervor erwähnt, hat der Verwaltungsrat von Orascom IFBC als unabhängige Expertin mit der Erstellung einer Fairness Opinion betreffend die Angemessenheit des Angebotspreises beauftragt.

[33] IFBC hat in ihrer Fairness Opinion einen Cashflow-basierten SOTP-Ansatz angewendet, um den Wert pro Orascom-Aktie zu bestimmen. Die SOTP-Bewertung ergibt laut IFBC per 16. Dezember 2024 einem Wert pro Orascom-Aktie von CHF 4.49 mit einer Wertbandbreite zwischen CHF 3.76 und CHF 5.26.

[34] Angesichts des geringen Handelsvolumens sind die Orascom-Aktien illiquide i.S.v. UEK-Rundschreiben Nr. 2. Daher kommt laut IFBC sowohl dem Aktienkurs als auch dem VWAP der letzten 60 Handelstage für die Beurteilung der finanziellen Angemessenheit des Angebots von LPSO eine untergeordnete Rolle zu.

[35] Im Vergleich zum Schlusskurs von CHF 4.05 am 16. Dezember 2024, dem letzten Handelstag vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts, entspricht der Angebotspreis von CHF 5.60 pro Orascom-Aktie einer Prämie von 38.3%. Aus dem Vergleich zwischen dem Angebotspreis und dem VWAP (60 Tage) von CHF 3.98 per 16. Dezember 2024 resultiert eine implizite Prämie von 40.7%.

[36] Basierend auf den Analysen, Bewertungsüberlegungen und den vorgelegten Ergebnissen beurteilt IFBC den Angebotspreis von CHF 5.60 je Orascom-Aktie aus finanzieller Sicht als fair. Diese Schlussfolgerung stützt sich laut IFBC auf folgende Überlegungen: Das Angebot wird durch die SOTP-Bewertung gestützt. Ferner liegt der Angebotspreis per 16. Dezember 2024 deutlich über dem Schlusskurs sowie dem VWAP der vorangegangenen 60 Handelstage.

[37] Die von IFBC verwendeten Informationen und Bewertungsmethoden, die Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung sind in der Fairness Opinion offengelegt. Die Empfänger des Angebots können die Einschätzung von IFBC nachvollziehen und ihren Entscheid über die Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen.

[38] Die Fairness Opinion von IFBC ist damit transparent, plausibel und nachvollziehbar sowie i.S.v. Art. 30 Abs. 5 UEV hinreichend begründet.

7.3 Keine Abwehrmassnahmen

[39] Gemäss Art. 132 Abs. 2 FinfraG darf der Verwaltungsrat von der Veröffentlichung des Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses keine Rechtsgeschäfte beschliessen, mit denen der Aktiv- oder Passivbestand der Gesellschaft in bedeutender Weise verändert würde. Gegebenenfalls ist im Bericht des Verwaltungsrats anzugeben, welche Abwehrmassnahmen die Zielgesellschaft zu ergreifen beabsichtigt oder bereits ergriffen hat (Art. 31 Abs. 2 UEV).

[40] Gemäss Bericht des Verwaltungsrats sind dem Verwaltungsrat von Orascom keine Abwehrmassnahmen bekannt, die gegen das öffentliche Kaufangebot ergriffen worden wären, und er beabsichtigt auch nicht, Abwehrmassnahmen zu ergreifen (vgl. Angebotsprospekt lit. H Ziff. 6).

7.4 Jahres- oder Zwischenabschluss

[41] Gemäss Praxis der UEK dürfen zwischen dem Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenabschlusses der Zielgesellschaft und dem Ende der Angebotsfrist nicht mehr als sechs Monate vergangen sein. Zudem hat der Verwaltungsrat Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenabschlusses eingetreten sind (Verfügung 884/01 vom 7. Oktober 2024 in Sachen ENR Russia Invest AG, Rn 42; Verfügung 883/01 vom 25. September 2024 in Sachen Athris AG, Rn 37).

[42] Der Jahresbericht von Orascom per 31. Dezember 2023 wurde am 22. April 2024 veröffentlicht. Darüber hinaus hat Orascom ihre Zwischenabschlüsse für die sechs Monate bis zum 30. Juni 2024 und für die neun Monate bis zum 30. September 2024 am 14. August 2024 bzw. am 14. November 2024 veröffentlicht (vgl. Angebotsprospekt lit. H Ziff. 7). Zwischen dem Stichtag des letzten von Orascom publizierten Zwischenabschlusses, also dem 30. September 2024, und dem Ende der Angebotsfrist, das voraussichtlich am 5. Februar 2025 erfolgen wird, liegen weniger als sechs Monate.

[43] Der Bericht des Verwaltungsrats bestätigt zudem, dass sich seit dem 30. September 2024 keine wesentlichen Veränderungen in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und der Geschäftsaussichten von Orascom ergeben haben (vgl. Angebotsprospekt lit. H Ziff. 7).

[44] Bei Einhaltung des indikativen Zeitplans gemäss Angebotsprospekt ist somit die erwähnte Praxis der UEK eingehalten. Es ist damit nicht notwendig, einen Zwischenabschluss zu erstellen.

[45] Der Bericht des Verwaltungsrats von Orascom entspricht insoweit den gesetzlichen Anforderungen.

7.5 Übrige Informationen

[46] Auch in Bezug auf die Offenlegung weiterer Informationen entspricht der Bericht des Verwaltungsrats von Orascom den gesetzlichen Anforderungen.

8.  Publikation

[47] Die vorliegende Verfügung wird nach der Publikation des Angebotsprospekts durch die Anbieterin auf der Website der UEK veröffentlicht (vgl. Art. 138 Abs. 1 Satz 2 FinfraG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).

9.  Gebühr

[48] Gemäss Art. 117 Abs. 2 FinfraV wird die Gebühr im Verhältnis zum Wert der Transaktion berechnet. Hierfür sind sämtliche vom Angebot erfassten Titel (Beteiligungspapiere und/oder Finanzinstrumente) sowie gegebenenfalls jene Titel zu berücksichtigen, welche in den zwölf Monaten vor der Veröffentlichung des Angebots vom Anbieter und mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV erworben wurden. Des Weiteren werden zur Bestimmung des Werts der Transaktion auch jene Titel herangezogen, welche die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnden Personen seit Veröffentlichung der Voranmeldung erworben haben (Verfügung 884/01 vom 7. Oktober 2024 in Sachen ENR Russia Invest AG, Rn 50; Verfügung 883/01 vom 25. September 2024 in Sachen Athris AG, Rn 46).

[49] Nach Art. 117 Abs. 3 Satz 1 FinfraV beträgt die Gebühr mindestens CHF 50'000 und höchstens CHF 250'000.

[50] Gemäss Angebotsprospekt bezieht sich das Angebot auf 13'236'994 Orascom-Aktien (vgl. Angebotsprospekt lit. B Ziff. 1). Der Angebotspreis je Orascom-Aktie beträgt CHF 5.60. Während der letzten zwölf Monate vor dem Datum des Angebotsprospekts erwarben oder veräusserten die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen 26'939 Orascom Aktien (vgl. Angebotsprospekt lit. B Ziff. 6).

[51] Der Wert des Angebots liegt damit bei CHF 74'278'025. Daraus ergibt sich gestützt auf Art. 117 Abs. 2 und 3 FinfraV die Minimalgebühr von CHF 50'000 zu Lasten LPSO.

 

Die Übernahmekommission verfügt:

1. Das öffentliche Kaufangebot von LPSO Holding Ltd. an die Aktionäre von Orascom Development Holding AG entspricht den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG) und den ausführenden Verordnungen.

2. Diese Verfügung wird nach der Publikation des Angebotsprospekts durch LPSO Holding Ltd. auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

3. Die Gebühr zu Lasten von LPSO Holding Ltd. beträgt CHF 50'000.

 

 

 

Die Präsidentin:

Mirjam Eggen

 

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

- LPSO Holding Ltd., vertreten durch Thomas U. Reutter und Daniel Raun, Advestra AG;

- Orascom Development Holding AG, vertreten durch Tino Gaberthüel und Simone Ehrsam, Lenz & Staehelin AG.

 

 

 

Mitteilung an:

- BDO AG (Prüfstelle).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).