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Transactions

0883 - Athris AG

Verfügung 883/01 vom 25. September 2024

Öffentliches Kaufangebot von Pelham Investments AG an die Aktionäre von Athris AG –Voranmeldung, Angebotsprospekt und Bericht des Verwaltungsrats

Sachverhalt:

A.
Athris AG (Athris oder die Zielgesellschaft) ist eine im Handelsregister des Kantons Graubünden eingetragene Aktiengesellschaft mit Sitz in St. Moritz, Schweiz (UID: CHE-113.313.383). Der Zweck von Athris ist u.a., Finanz- und andere Anlagen jedwelcher Art zu tätigen. Insbesondere bezweckt Athris den Erwerb, die dauernde Verwaltung und die Veräusserung von Beteiligungen an in- und ausländischen kotierten und nichtkotierten Unternehmungen und Gesellschaften aller Art sowie von in- und ausländischen kollektiven Kapitalanlagen aller Art.

Das Aktienkapital von Athris beträgt CHF 2'184'379.00 und ist eingeteilt in 203'436 vinkulierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 5.00 (die Athris-Stammaktien) und in 1'167'199 vinkulierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 1.00 (die Athris-Stimmrechtsaktien, gemeinsam mit den Athris-Stammaktien die Athris-Aktien). Die Athris-Stammaktien sind an der BX Swiss kotiert und zum Handel zugelassen (Valorennummer: 36550197, ISIN: CH0365501979; Ticker-Symbol: ATH).

Die Athris-Stammaktien sind keine liquiden Beteiligungspapiere im Sinne des Rundschreibens Nr. 2 der Übernahmekommission: Liquidität im Sinne des Übernahmerechts vom 26. Februar 2010 (UEK-Rundschreiben Nr. 2).

B.
Gemäss der Datenbank der BX Swiss betreffend bedeutende Aktionäre hält per 25. September 2024 folgender Aktionär mehr als 3% der Stimmrechte von Athris:

    •  
Georg von Opel, London, Vereinigtes Königreich, hält seit dem 15. Juni 2018 als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA über Pelham Investments AG 180'326 Athris-Stammaktien und 1'139'199 Athris-Stimmrechtsaktien, was 96.271% der Stimmrechte von Athris entspricht.

C.
Am 21. August 2024 veröffentlichte Pelham Investment AG, St. Moritz (Pelham oder die Anbieterin), die Voranmeldung eines öffentlichen Kaufangebots für sämtliche im Publikum gehaltenen Athris-Aktien, d.h. für alle Aktien ausser den von der Anbieterin oder Athris selbst gehaltenen Athris-Aktien (das Angebot). Das Angebot bezieht sich auf 11'140 an der BX Swiss kotierte Athris-Stammaktien und auf nicht kotierte 11'750 Athris-Stimmrechtsaktien. Der Angebotspreis beträgt CHF 1'355.70 netto in bar pro Athris-Stammaktie und CHF 267.13 netto in bar pro Athris-Stimmrechtsaktie.

D.
Am 4. September 2024 reichte Pelham ein Gesuch bei der Übernahmekommission (UEK) ein und stellte darin folgende Anträge (das Gesuch; act. 2/1):

«1. Es sei der Entwurf des Angebotsprospekts zu prüfen und festzustellen, dass das darin beschriebene öffentliche Kaufangebot der Pelham Investments AG zum Erwerb aller sich im Publikum befindenden Namenaktien der Athris AG gemäss allfällig überarbeitetem Entwurf (Beilage 1) ("Angebotsprospekt") den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG) und den ausführenden Verordnungen entspricht.

2. Es sei die Angebotsfrist gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV auf zehn (10) Börsentage zu verkürzen.

3. Die Verfügung der Übernahmekommission sei frühestens zeitgleich mit der Veröffentlichung des Angebotsprospekts zu veröffentlichen.»

Auf die Begründung der Anträge im Gesuch wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

E.
Die Anbieterin ist Hauptaktionärin der Zielgesellschaft. Per 26. September 2024 hält die Anbieterin nach eigenen Angaben 188'326 Athris-Stammaktien und 1'155'449 Athris-Stimmrechtsaktien. Das entspricht einer Beteiligung von 96.00% des Aktienkapitals und 98.04% der Stimmrechte an Athris. Athris hält 3'970 Athris-Stammaktien, entsprechend 0.91% des Aktienkapitals und 0.29% der Stimmrechte von Athris. Die mit Blick auf das Angebot in gemeinsamer Absprache handelnden Personen halten zusammen insgesamt 96.91% des Aktienkapitals und 98.33% der Stimmrechte von Athris (vgl. Angebotsprospekt, Ziff. 1).

F.
Athris wurde die Gelegenheit gegeben, zum Gesuch Stellung zu nehmen (act. 6 und 14). Athris verzichtete darauf, eine Stellungnahme zum Gesuch abzugeben (act. 15).

G.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft sowie eine Fairness Opinion von Ernst & Young AG, Zürich (Ernst & Young), wurden der UEK vor deren Publikation zur Prüfung unterbreitet.

H.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus der Präsidentin Mirjam Eggen, Beat Fellmann und Isabelle Chabloz gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Gegenstand des Angebots

[1] Das Angebot bezieht sich auf alle ausgegebenen und sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospektes im Publikum befindenden Athris-Aktien. Das Angebot erstreckt sich weder auf Athris-Aktien, die von der Zielgesellschaft oder einer ihrer direkten oder indirekten Tochtergesellschaften als eigene Aktien gehalten werden, noch auf Athris-Aktien, die von der Anbieterin gehalten werden (vgl. Angebotsprospekt, Ziff. 2.2).

[2] Pelham erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 UEV.

2.  Handeln in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV

2.1 Grundsatz

[3] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit dem Anbieter handeln, gilt Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Nach Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA handelt in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt. In gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnde Personen haben zudem die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist.

[4] Vorliegend handeln auf Grund der Beteiligung von Pelham von über 98% der Stimmrechte an Athris und alle von Pelham direkt oder indirekt beherrschten Gesellschaften und Personen sowie auch alle anderen von Georg von Opel direkt oder indirekt beherrschten Gesellschaften und Personen in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV. Zudem gelten aufgrund der Mehrheitsbeteiligung der Anbieterin an Athris diese und alle von Athris direkt oder indirekt beherrschten Gesellschaften als mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handelnd i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV.

2.2 Offenlegung im Angebotsprospekt

[5] Pelham hat nach Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen im Angebotsprospekt offen zu legen.

[6] Der Angebotsprospekt enthält in Ziff. 3.4 die gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV erforderlichen Angaben.

2.3 Fazit

[7] Mit Blick auf die in gemeinsamer Absprache mit Pelham i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt somit den gesetzlichen Anforderungen.

 

3.  Nicht-Anwendbarkeit der Mindestpreisvorschriften

[8] 135 Abs. 2 FinfraG i.V.m. Art. 42 – 47 FinfraV-FINMA sehen für Pflichtangebote einen Mindestpreis vor (Mindestpreisvorschriften). Gemäss Art. 9 Abs. 6 Satz 1 UEV finden die Mindestpreisvorschriften auch auf alle Angebote Anwendung, bei denen der Erwerber so viele Aktien erwirbt, dass er zusammen mit einer allfälligen bereits vorher existierenden Beteiligung den Grenzwert von 33 ⅓% der Stimmrechte überschreitet (Kontrollwechsel-Angebot).

[9] Georg von Opel und die Anbieterin halten insgesamt mehr als 98% der Stimmrechte an Athris (vgl. Sachverhalt lit. B und lit. E). Das Angebot ist damit kein Pflichtangebot i.S.v. Art. 135 FinfraG und auch kein Kontrollwechsel-Angebot i.S.v. Art. 9 Abs. 6 Satz 1 UEV. Die Mindestpreisvorschriften sind folglich nicht auf das Angebot anwendbar. Eine Unternehmensbewertung durch die Prüfstelle i.S.v. Art. 42 Abs. 4 FinfraV-FINMA ist somit nicht notwendig, auch wenn die Athris-Stammaktien illiquid i.S.v. UEK-Rundschreiben Nr. 2 sind.

4.  Best Price Rule und Bestätigung der Prüfstelle

[10] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV müssen der Anbieter und die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, die von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, diesen Preis allen Empfängern des Angebots anbieten (Best Price Rule).

[11] Die Prüfstelle hat die Einhaltung der Best Price Rule zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV). Es wird der Prüfstelle, Deloitte AG, hierfür eine Frist von einem Monat angesetzt, beginnend mit dem Ende des für die Best Price Rule relevanten Zeitraums von sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist.

5.  Bedingung

[12] Gemäss den allgemeinen Grundsätzen ist eine Bedingung bei freiwilligen Angeboten wie dem vorliegenden zulässig, wenn die Anbieterin an ihr ein begründetes Interesse hat (Art. 13 Abs. 1 erster Satz UEV), die Bedingung nicht potestativ (Art. 13 Abs. 2 UEV), genügend klar bestimmt und nicht unlauter i.S.v. Art. 1 UEV ist (Verfügung 864/01 vom 12. Februar 2024 in Sachen Aluflexpack AG, Rn 7; Verfügung 856/01 vom 15. November 2023 in Sachen Crealogix Holding AG, Rn 24).

[13] Der Angebotsprospekt enthält die folgende Bedingung:

«Kein Verbot:

Bis zum Vollzug des Angebots wurde kein Urteil, kein Schiedsspruch, kein Entscheid, keine Verfügung oder keine andere hoheitliche Massnahme erlassen, welche das Angebot, dessen Annahme, den Vollzug oder den Erwerb der Zielgesellschaft durch die Anbieterin vorübergehend oder dauerhaft, ganz oder teilweise, verhindert, verbietet oder für unzulässig erklärt.»

[14] Diese Bedingung ist gemäss Praxis der UEK bis zum Vollzug des Angebot zulässig (vgl. Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 21 m.w.H.).

6.  Bedeutende Aktionäre des Anbieters

[15] Gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. b UEV hat der Angebotsprospekt Informationen zur Identität der Aktionärinnen und Aktionäre oder der Aktionärsgruppen, die über mehr als drei Prozent der Stimmrechte am Anbieter verfügen, sowie zum Prozentsatz ihrer Beteiligung zu enthalten. Anzugeben sind die direkt haltenden Aktionäre und die allenfalls wirtschaftlich Berechtigten (vgl. Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 22; Verfügung 823/01 vom 25. Juli 2022 in Sachen Valora Holding AG, Rn 64 ff.).

[16] Der Angebotsprospekt enthält die diesbezüglichen Angaben in Ziff. 3.2.

7.  Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

[17] Gemäss Art. 132 Abs. 1 FinfraG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Die darin abgegebenen Informationen müssen wahr und vollständig sein. Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft hat nach Art. 30 Abs. 1 UEV sämtliche Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Angebotsempfänger ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 30 ff. UEV).

7.1 Interessenkonflikte und Empfehlung

7.1.1 Anforderungen gemäss UEV

[18] Gemäss Art. 32 Abs. 1 UEV hat der Bericht des Verwaltungsrats auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Im Bericht des Verwaltungsrats ist gemäss Art. 32 Abs. 2 UEV speziell darauf hinzuweisen, ob die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats vertragliche Vereinbarungen oder andere Verbindungen mit dem Anbieter eingegangen sind (lit. a), auf Antrag des Anbieters gewählt wurden (lit. b), wiedergewählt werden sollen (lit. c), Organ oder Arbeitnehmer des Anbieters oder einer Gesellschaft sind, die mit dem Anbieter in wesentlichen Geschäftsbeziehungen steht (lit. d) sowie ihr Mandat nach Instruktionen des Anbieters ausüben (lit. e). Der Bericht des Verwaltungsrats muss insbesondere auch auf die (finanziellen) Folgen hinweisen, die das Angebot für die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hat (Art. 32 Abs. 3 UEV). Der Bericht hat zudem offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden oder allenfalls die neuen Konditionen aufführen. Die entsprechenden Angaben müssen des Weiteren individuell erfolgen (Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 25; Verfügung 864/02 vom 27. März 2024 in Sachen Aluflexpack AG, Rn 40).

[19] Nach Praxis der UEK begründet der Umstand, dass ein Mitglied des Verwaltungsrats mit den Stimmen eines beherrschenden Aktionärs gewählt wurde, die Vermutung eines Interessenkonflikts mit Blick auf dieses Mitglied des Verwaltungsrats (Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 26; Verfügung 864/02 vom 27. März 2024 in Sachen Aluflexpack AG, Rn 41). Hat die Zielgesellschaft einen Mehrheitsaktionär, so befinden sich selbst faktisch unabhängige Mitglieder des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft zumindest in einem potenziellen Interessenkonflikt (Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 26; Verfügung 864/02 vom 27. März 2024 in Sachen Aluflexpack AG, Rn 41). Ein Interessenkonflikt wird sodann nach Art. 32 Abs. 2 lit. b UEV vermutet, wenn ein Mitglied des Verwaltungsrats auf Antrag des Anbieters gewählt wurde.

[20] Die Vermutung, dass ein Interessenkonflikt vorliegt, kann widerlegt werden, indem entweder der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft oder das betroffene Mitglied des Verwaltungsrats den Nachweis seiner Unabhängigkeit erbringt. In der Praxis geschieht das regelmässig durch die Abgabe einer Negativbestätigung im Bericht des Verwaltungsrats selbst (Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 27; Verfügung 864/02 vom 27. März 2024 in Sachen Aluflexpack AG, Rn 42). Auch kann ein Mitglied des Verwaltungsrats laut Praxis der UEK unabhängig sein, obwohl es vom Anbieter gewählt worden ist, wenn dieses ein nicht exekutives Mitglied ist und nebst der Wahl keine anderen Hinweise i.S.v. Art. 32 Abs. 2 UEV vorliegen, welche darauf hindeuten, dass ein Interessenkonflikt vorliegt (Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 27; Verfügung 864/02 vom 27. März 2024 in Sachen Aluflexpack AG, Rn 42).

[21] Wenn Interessenkonflikte vorliegen, hat der Bericht des Verwaltungsrats nach Art. 32 Abs. 4 UEV Rechenschaft über die Massnahmen abzugeben, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Interessenkonflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken. Massnahmen i.S.v. Art. 32 Abs. 4 UEV können insbesondere (i) der Ausstand der vom Interessenkonflikt betroffenen Mitglieder des Verwaltungsrats, (ii) die Bildung eines Ausschusses bestehend aus den unabhängigen Mitgliedern des Verwaltungsrats, um das Angebot zu beurteilen und den Bericht des Verwaltungsrats auszuarbeiten, oder (iii) die Prüfung der finanziellen Angemessenheit des öffentlichen Kaufangebots im Rahmen einer von einem unabhängigen Dritten erstellten Fairness Opinion sein (Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 28; Verfügung 864/02 vom 27. März 2024 in Sachen Aluflexpack AG, Rn 43).

[22] Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft kann unter Angabe des Abstimmungsverhältnisses empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen. Er kann aber auch die Vor- und Nachteile des Angebots darlegen, ohne eine Empfehlung abzugeben (Art. 30 Abs. 3 und 4 UEV).

7.1.2 Ausführungen im Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

[23] Der Verwaltungsrat von Athris setzt sich aus drei Mitgliedern zusammen: Lucia Waldner (Präsidentin des Verwaltungsrats), Roland Müller und Susanne Reinhard.

[24] Mit Blick auf potenzielle Interessenkonflikte im Zusammenhang mit dem öffentlichen Kaufangebot führt der Bericht des Verwaltungsrats von Athris aus, dass alle Mitglieder des Verwaltungsrats einem Interessenkonflikt unterliegen. Lucia Waldner ist namentlich sowohl Präsidentin des Verwaltungsrats von Athris als auch Präsidentin des Verwaltungsrats der Anbieterin. Susanne Reinhard ist u.a. sowohl Mitglied des Verwaltungsrats von Athris als auch kollektiv zu zweien zeichnungsberechtigt für die Anbieterin. Dr. Roland Müller ist sowohl Mitglied des Verwaltungsrats von Athris als auch Mitglied des Verwaltungsrats der Hansa Aktiengesellschaft, welche sämtliche Aktien der Anbieterin hält. Ferner wurden alle Mitglieder des Verwaltungsrats von Athris mit den Stimmen von Pelham in den Verwaltungsrat von Athris gewählt.

[25] Nach Prüfung des Angebots und unter Berücksichtigung der Fairness Opinion von Ernst & Young, die einen integrierenden Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats bildet (vgl. dazu Ziff. 7.2), hat der Verwaltungsrat von Athris einstimmig beschlossen, den Aktionären von Athris die Annahme des Angebots zu empfehlen.

7.1.3 Würdigung der Ausführungen im Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

[26] Angesichts des Umstands, dass sämtliche Mitglieder des Verwaltungsrats von Athris im vorliegenden Fall einem Interessenkonflikt unterliegen, hat deren Verwaltungsrat Ernst & Young beauftragt, eine Fairness Opinion zu erstellen (vgl. dazu Ziff. 7.2). Damit ist sichergestellt, dass sich die Interessenkonflikte der Mitglieder des Verwaltungsrats von Athris nicht zum Nachteil der Angebotsadressaten auswirken.

[27] Vor diesem Hintergrund entsprechen die Ausführungen betreffend Interessenkonflikte im Bericht des Verwaltungsrats von Athris den Anforderungen nach Art. 32 UEV und der entsprechenden Praxis der UEK.

[28] Der Bericht des Verwaltungsrats von Athris enthält ausserdem die gemäss Art. 30 ff. UEV erforderlichen Informationen, darunter insbesondere die mit Blick auf Art. 32 UEV relevanten Angaben bezüglich der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung von Athris.

7.2 Fairness Opinion

[29] Wie hiervor erwähnt, hat der Verwaltungsrat von Athris Ernst & Young als unabhängige Expertin mit der Erstellung einer Fairness Opinion betreffend die Angemessenheit des Angebotspreises beauftragt.

[30] Unter Anwendung der Marktmethode auf der Basis von gehandelten Vergleichsunternehmen sowie auf Vergleichstransaktionen resultiert gemäss der Fairness Opinion von Ernst & Young «eine Wertbandbreite der [Athris-]Stammaktie von CHF 1,230 bis CHF 1,697 (entsprechend einem Abschlag zum adjustierten Buchwert von -54% bis -37%).» Für die Athris-Stimmrechtsaktie resultiert dabei eine Wertbandbreite von CHF 246 bis CHF 339. Das wird durch «eine kürzlich stattgefundene Markttransaktion zwischen der Athris und der Pelham und zwei unabhängigen Drittparteien zu einem Preis einer [Athris-]Stammaktie von CHF 1,356 (implizierter Abschlag von CHF 50%), resp. einem Preis von CHF 267 pro [Athris-]Stimmrechtsaktie (implizierter Abschlag von CHF 51%) gestützt» ( 17/1, S. 4).

[31] Der Börsenkurs der Athris-Stammaktie hat aufgrund der fehlenden Liquidität des Handels in Athris-Stammaktien und des geringen gehandelten Volumens laut Ernst & Young «nur eine äusserst eingeschränkte Aussagekraft und wird daher bei der Ermittlung des Wertes einer Stammaktie nicht berücksichtigt.» Ernst & Young wendet diese Überlegungen analog für die Bewertung der Athris-Stimmrechtsaktie an ( 17/1, S. 4).

[32] Aus finanzieller Sicht kommt Ernst & Young somit zum Schluss, dass das Angebot von Pelham an Aktionäre von Athris von «CHF 1,355.70 pro [Athris-]Stammaktie resp. von CHF 267.13 pro [Athris-]Stimmrechtsaktie als finanziell angemessen anzusehen» ist ( 17/1, S. 4).

[33] Die von Ernst & Young verwendeten Informationen und Bewertungsmethoden, die Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung sind in der Fairness Opinion offengelegt. Die Empfänger des Angebots können die Einschätzung von Ernst & Young nachvollziehen und ihren Entscheid über die Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen.

[34] Die Fairness Opinion von Ernst & Young ist damit transparent, plausibel und nachvollziehbar sowie i.S.v. Art. 30 Abs. 5 UEV hinreichend begründet.

7.3 Keine Abwehrmassnahmen

[35] Gemäss Art. 132 Abs. 2 FinfraG darf der Verwaltungsrat von der Veröffentlichung des Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses keine Rechtsgeschäfte beschliessen, mit denen der Aktiv- oder Passivbestand der Gesellschaft in bedeutender Weise verändert würde. Gegebenenfalls ist im Bericht des Verwaltungsrats anzugeben, welche Abwehrmassnahmen die Zielgesellschaft zu ergreifen beabsichtigt oder bereits ergriffen hat (Art. 31 Abs. 2 UEV).

[36] Gemäss Bericht des Verwaltungsrats sind dem Verwaltungsrat keine Abwehrmassnahmen bekannt, die gegen das öffentliche Kaufangebot ergriffen worden wären, und er beabsichtigt auch nicht, Abwehrmassnahmen zu ergreifen (vgl. Angebotsprospekt, Ziff. 7).

7.4 Jahres- oder Zwischenabschluss

[37] Gemäss Praxis der UEK dürfen zwischen dem Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenabschlusses der Zielgesellschaft und dem Ende der Angebotsfrist nicht mehr als sechs Monate vergangen sein. Zudem hat der Verwaltungsrat Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenabschlusses eingetreten sind (Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 47 m.w.H.).

[38] Der von Athris am 29. August 2024 veröffentlichte Halbjahresbericht hat seinen Stichtag per 30. Juni 2024. Zwischen dem Stichtag dieses Halbjahresberichts, also dem 30. Juni 2024, und dem Ende der Angebotsfrist, das voraussichtlich am 24. Oktober 2024 erfolgen wird, liegen weniger als sechs Monate.

[39] Der Bericht des Verwaltungsrats bestätigt zudem, dass sich seit dem 30. Juni 2024 keine wesentlichen Veränderungen in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage oder in den Geschäftsaussichten von Athris ergeben haben.

[40] Bei Einhaltung des indikativen Zeitplans gemäss Angebotsprospekt ist somit die erwähnte Praxis der UEK eingehalten. Es ist damit nicht notwendig, einen Zwischenabschluss zu erstellen.

[41] Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft entspricht insoweit den gesetzlichen Anforderungen.

7.5 Übrige Informationen

[42] Auch in Bezug auf die Offenlegung weiterer Informationen entspricht der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft den gesetzlichen Anforderungen.

8.  Verkürzung der Angebotsfrist

[43] Gemäss Art. 14 Abs. 3 Satz 1 UEV muss ein Angebot mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Diese Frist kann auf Gesuch des Anbieters bis auf zehn Börsentage verkürzt werden, wenn der Anbieter vor der Veröffentlichung des Angebots die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft hält und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft im Angebotsprospekt veröffentlicht wird (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 UEV; vgl. Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 53 m.w.H.).

[44] Pelham beantragt in ihrem Antrag Ziff. 2, dass die Angebotsfrist auf zehn Börsentage verkürzt wird. Da Pelham insgesamt mehr als 98% der Stimmrechte an Athris hält (vgl. Sachverhalt lit. B und lit. E) und der Bericht des Verwaltungsrats von Athris im Angebotsprospekt veröffentlicht wird, sind die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 UEV vorliegend erfüllt. Antrag Ziff. 2 auf Verkürzung der Angebotsfrist auf zehn Börsentage wird folglich statt gegeben.

9.  Publikation

[45] Die vorliegende Verfügung wird nach der Publikation des Angebotsprospekts durch die Anbieterin auf der Website der UEK veröffentlicht (vgl. Art. 138 Abs. 1 Satz 2 FinfraG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).

10.               Gebühr

[46] Gemäss Art. 117 Abs. 2 FinfraV wird die Gebühr im Verhältnis zum Wert der Transaktion berechnet. Hierfür sind sämtliche vom Angebot erfassten Titel (Beteiligungspapiere und/oder Finanzinstrumente) sowie gegebenenfalls jene Titel zu berücksichtigen, welche in den zwölf Monaten vor der Veröffentlichung des Angebots vom Anbieter und mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV erworben wurden. Des Weiteren werden zur Bestimmung des Werts der Transaktion auch jene Titel herangezogen, welche die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnden Personen seit Veröffentlichung der Voranmeldung erworben haben (Verfügung 872/01 vom 30. Mai 2024 in Sachen Lalique Group AG, Rn 57; Verfügung 864/02 vom 27. März 2024 in Sachen Aluflexpack AG, Rn 88).

[47] Nach Art. 117 Abs. 3 Satz 1 FinfraV beträgt die Gebühr mindestens CHF 50'000 und höchstens CHF 250'000.

[48] Gemäss Angebotsprospekt bezieht sich das Angebot auf 11'140 Athris Stammaktien und auf 11'750 Athris-Stimmrechtsaktien (vgl. Angebotsprospekt Ziff. 2.2). Der Angebotspreis je Athris-Stammaktie beträgt CHF 1'355.70 und je Athris-Stimmrechtsaktie CHF 267.13 (vgl. Angebotsprospekt Ziff. 2.2). Während der letzten zwölf Monate vor der Voranmeldung hat die Anbieterin 8'000 Athris-Stammaktien und 16'250 Athris-Stimmrechtsaktien erworben. Während der letzten zwölf Monate vor der Voranmeldung hat Athris 3'948 Athris-Stammaktien erworben. Seit dem Datum der Voranmeldung bis zum 25. September 2024 haben die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnden Personen keine Athris-Aktien erworben (vgl. Angebotsprospekt Ziff. 3.6).

[49] Der Wert des Angebots liegt, wenn man die Vorerwerbe dazurechnet, damit bei CHF 38'780'042. Daraus ergibt sich gestützt auf Art. 117 Abs. 2 und 3 FinfraV die Minimalgebühr von CHF 50'000 zu Lasten der Anbieterin.

 

Die Übernahmekommission verfügt:

1. Das öffentliche Kaufangebot von Pelham Investments AG an die Aktionäre von Athris AG entspricht den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG) und den ausführenden Verordnungen.

2. Die Angebotsfrist wird auf zehn Börsentage verkürzt.

3. Diese Verfügung wird nach der Publikation des Angebotsprospekts durch Pelham Investments AG auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

4.

Die Gebühr zu Lasten von Pelham Investments AG beträgt CHF 50'000.

 

 

Die Präsidentin:

Mirjam Eggen

 

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

- Pelham Investments AG, vertreten durch Dr. Matthias Courvoisier, Baker McKenzie Switzerland AG;

- Athris AG.

 

 

Mitteilung an:

- Deloitte AG (Prüfstelle).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).