Transactions
0292 - SCHMOLZ + BICKENBACH AG
Empfehlung V in Sachen SCHMOLZ + BICKENBACH AG vom 27. April 2007
Gesuch der SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG (Wil/SG), der SCHMOLZ + BICKENBACH KG (Düsseldorf/DE), und der Gebuka AG (Neuheim/ZG), um Gewährung einer Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebots gemäss Art. 32 BEHG an die Inhaber von Beteiligungspapieren der SCHMOLZ + BICKENBACH AG (Emmen) - Fristerstreckungsgesuch
A.
Die SCHMOLZ + BICKENBACH AG (vormals Swiss Steel AG; „S+B AG“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Emmen. Sie verfügt über ein Aktienkapital von CHF 300'000'000, eingeteilt in 30'000'000 Namenaktien zu je CHF 10 Nennwert, welche an der SWX Swiss Exchange („SWX“) im Segment SWX Local Caps kotiert sind.
B.
Die SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG („S+B Finanz AG“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Wil/SG. Sie verfügt über ein Aktienkapital von CHF 110'000'000, eingeteilt in 1'100'000 Namenaktien zu je CHF 100 Nennwert. Die S+B Finanz AG wird zu 100% indirekt über die SCHMOLZ + BICKENBACH Stahlcenter AG, Wil/SG („S+B Stahlcenter AG“, vormals Schmolz + Bickenbach AG), von der SCHMOLZ + BICKENBACH KG, Düsseldorf/DE („S+B KG“), gehalten. Die S+B KG ist eine Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht.
C.
Hauptaktionäre der S+B AG sind die SBGE Stahl Holding AG, Bronschhofen/SG („SBGE“), mit 42.07%, die S+B Finanz AG mit 27.40% und die Schmolz + Bickenbach Beteiligungs GmbH, Deutschland („S+B Beteiligungs GmbH“), mit 5.7%. Die S+B Beteiligungs GmbH wird indirekt über die SCHMOLZ + BICKENBACH Beteiligungs GmbH & Co. KG zu 100% von der S+B KG gehalten. Die gesamte Beteiligung der drei Hauptaktionäre an der S+B AG beträgt 75.17% (Stimm- und Wertrechte).
D.
Die SBGE wird zu 80% indirekt über die S+B Stahlcenter AG von der S+B KG gehalten. Die anderen 20% werden indirekt über die Gebuka AG, Neuheim/ZG („Gebuka“), durch Dr. Gerold Büttiker, Feldbach/ZH, gehalten.
Die S+B Stahlcenter AG und die Gebuka sind gegenwärtig durch einen Aktionärbindungsvertrag („ABV“) datierend vom 6. Januar 2004 verbunden, welcher durch einen Zusatz vom 13. Mai 2005 abgeändert wurde. Neben gegenseitigen Kaufs- und Vorkaufsrechten regelt der ABV, dass die S+B Stahlcenter AG und die Gebuka eine ihrem Anteil an der SBGE entsprechende Anzahl Verwaltungsräte für die SBGE und die S+B AG ernennen können, wobei der Gebuka mindestens ein Sitz zukommt und die S+B Stahlcenter AG berechtigt ist, den Präsidenten vorzuschlagen. Der ABV statuiert, das Organisationsreglement der SBGE müsse vorsehen, dass Beschlüsse des Verwaltungsrats der SBGE über die Besetzung des Verwaltungsrates der S+B AG, die Instruktion dieser Verwaltungsratsmitglieder und die Beschlüsse über die Vertretung der Aktienstimmen in der Generalversammlung der S+B AG einstimmig zu treffen sind. Dies wurde im Organisationsreglement der SBGE denn auch gemäss den Vorgaben des ABV festgehalten.
E.
Am 3. Oktober 2006 erliess die Übernahmekommission eine Empfehlung, mit der sie feststellte, dass die S+B KG im Falle einer Durchführung der geplanten Einbringung (mittels Sacheinlage) der SCHMOLZ + BICKENBACH Distributions GmbH durch die S+B KG und der SCHMOLZ + BICKENBACH France S.A.S durch die S+B Finanz AG in die S+B AG gegen Ausgabe von S+B AG Aktien, verpflichtet ist, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der S+B AG zu unterbreiten. Der Antrag der S+B KG und der S+B Finanz AG um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht gemäss Art. 32 Abs. 2 BEHG bzw. Art. 34 Abs. 1 oder Art. 34 Abs. 2 lit. a BEHV-EBK wurde abgelehnt. Zudem wurde in der Empfehlung festgehalten, dass den Parteien des ABV im Falle der Uneinigkeit betreffend Stimmrechtsausübung ein „de facto Vetorecht“ zukommt (vgl. Empfehlung vom 3. Oktober 2006 in Sachen Schmolz + Bickenbach AG; nachfolgend „Empfehlung I“) .
F.
Am 10. Oktober 2006 erliess die Übernahmekommission eine Empfehlung, mit der sie das Gesuch der S+B KG und der S+B Finanz AG um Erstreckung der Frist für die Ablehnung der Empfehlung I ab gelehnt hat (vgl. Empfehlung II vom 10. Oktober 2006 in Sachen Schmolz + Bickenbach AG ; nachfolgend „Empfehlung II“). Ebenfalls am 10. Oktober 2006 haben die S+B KG und die S+B Finanz AG die Empfehlung I der Übernahmekommission abgelehnt.
G.
Am 19. Oktober 2006 haben die S+B KG und der S+B Finanz AG bei der EBK die Ablehnung der Empfehlung I zurückgezogen. Mit Schreiben vom 19. Oktober hat die EBK der S+B KG und der S+B Finanz AG mitgeteilt, dass sie infolge Rückzugs der am 10. Oktober 2006 eingereichten Ablehnung das Verfahren in dieser Angelegenheit als erledigt abschreibe.
H.
Mit Empfehlung III vom 14. November 2006 gewährte die Übernahmekommission der S+B KG und der S+B Finanz AG eine Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Übernahmeangebots aufgrund einer nur kurzfristigen Überschreitung des Grenzwerts von 33 1/3 % der Stimmrechte der S+B AG (vgl. Empfehlung III vom 14. November 2006 in Sachen Schmolz + Bickenbach AG; nachfolgend „Empfehlung III“).
I.
Per 27. März 2007 (Einreichung des vorliegenden Gesuchs; vgl. nachstehend lit. J) können die gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsverhältnisse zusammengefasst wie folgt dargestellt werden:
J.
Mit Eingabe vom 27. März 2007 reichten die S+B Finanz AG, die S+B KG sowie die Gebuka (nachfolgend zusammen die „Gesuchstellerinnen“) ein Gesuch bei der Übernahmekommission ein mit folgenden Anträgen:
„1. Es sei den Gesuchstellern im Hinblick auf die in diesem Gesuch bezeichnete Entflechtung eine Ausnahmebewilligung von der Angebotspflicht i.S.v. Art. 32 Abs. 2 BEHG zu erteilen.
2a. Es sei festzustellen, dass ein Verkauf von bis zu 90% der durch SBGE Stahl Holding AG nach Abschluss der Entflechtung gehaltenen Aktien der SCHMOLZ+BICKENBACH AG keine Angebotspflicht auslösen wird.
2b. Eventualiter sei den Gesuchstellern für den Verkauf von bis zu 90% der durch SBGE Stahl Holding AG nach Abschluss der Entflechtung gehaltenen Aktien der SCHMOLZ+BICKENBACH AG eine Ausnahmebewilligung von der Angebotspflicht i.S.v. Art. 32 Abs. 2 BEHG zu erteilen.“
K.
Gemäss ihrem Gesuch (vgl. lit. J) beabsichtigen die Gesuchstellerinnen zur Bereinigung der Beteiligungsstruktur in einem ersten Schritt ein 37.05% Aktienpaket der S+B AG von der SBGE auf die S+B Finanz AG zu übertragen. Der Anteil der SBGE an der S+B AG würde sich dadurch auf 5.02% reduzieren. In einem zweiten Schritt soll die S+B Stahlcenter AG ihre 80%ige Beteiligung an der SBGE auf die SBGE übertragen. Die SBGE ihrerseits soll im Anschluss daran in diesem Umfang eine Kapitalherabsetzung durchführen. Damit würde die Gebuka zur Alleinaktionärin der SBGE werden. Zudem soll der bisherige ABV durch einen neuen ABV („neuer ABV“) ersetzt werden, welcher u.a. weiterhin die ursprüngliche 42.07%-ige Beteiligung an der S+B AG umfassen soll. Ausserhalb der Gruppe würden die S+B Finanz AG 27.4% und die S+B Beteiligungs GmbH 5.7% der S+B AG Aktien halten. Herr Büttiker bzw. Gebuka würden sich zudem vorbehalten, ihre Beteiligung an der SBGE durch Veräusserung auf maximal 10% zu reduzieren und Herr Büttiker behalte sich weiter vor, die Gebuka und die SBGE nach erfolgter Entflechtung zu fusionieren.
L.
Zusammenfassend lassen sich die Beteiligungsverhältnisse nach der beabsichtigten Transaktion wie folgt darstellen:
Vertragsparteien neuer ABV : - S+B Stahlcenter AG - S+B Finanz AG - SBGE - Gerold Büttiker - Gebuka
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M.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 4. April 2007 wurde der Verwaltungsrat der S+B AG aufgefordert, zum Gesuch der Gesuchstellerinnen vom 27. März 2007 Stellung zu nehmen.
N.
Am 13. April 2007 hat der Verwaltungsrat der S+B AG bei der Übernahmekommission seine Stellungnahme zu den Rechtsbegehren der Gesuchstellerinnen vom 27. März 2007 eingereicht. Darin unterstützt der Verwaltungsrat der S+B AG die Rechtsbegehren der Gesuchstellerinnen im Wesentlichen mit denselben Argumenten wie die Gesuchstellerinnen.
O.
Am 20. April 2007 hat die Übernahmekommission eine Empfehlung erlassen, mit der festgestellt wurde, dass die S+B KG im Falle einer Durchführung der geplanten Transaktion (Übertragung des 37.05% Aktienpakets der S+B AG von der SBGE Stahl Holding AG, Bronschhofen/SG, auf die SCHMOLZ+BICKENBACH Finanz AG, Wil/SG, darauffolgende Übertragung der 80%igen SBGE Stahl Holding AG-Beteiligung der SCHMOLZ+BICKENBACH Stahlcenter AG, Wil/SG, auf die SBGE Stahl Holding AG, Bronschhofen/SG, mit anschliessender Kapitalherabsetzung im gleichen Umfang durch die SBGE Stahl Holding AG, Bronschhofen/SG, sowie Auflösung des Aktionärbindungsvertrages vom 6. Januar 2004 und Abschluss eines neuen Aktionärbindungsvertrages gemäss eingereichtem Entwurf datierend vom 14. März 2007) verpflichtet ist, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der S+B AG zu unterbreiten (nachfolgend „Empfehlung IV“). Diese Empfehlung wurde den Gesuchstellerinnen und der Zielgesellschaft am gleichen Tag eröffnet.
P.
Am 26. April 2007 reichten die Gesuchstellerinnen bei der Übernahmekommission ein Gesuch ein, mit dem Antrag, es sei ihnen die Frist zur Ablehnung der Empfehlung der Übernahmekommission vom 20. April 2007 (s. oben lit. O) um zusätzliche 10 Börsentage bis zum 11. Mai 2007 zu erstrecken. Begründet wird das Fristerstreckungsgesuch damit, dass die Gesuchstellerinnen innerhalb der Erstreckungsfrist eine Fassung des ABV entwerfen wollen, welche nach Auffassung der Übernahmekommission nicht zu einem Kontrollwechsel führt. Für die Ausarbeitung eines solchen ABV würde die Zeit bis am 27. April 2007 nicht ausreichen.
Q.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Rudolf Widmer (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Frau Susan Emmenegger gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Ablehnen einer Empfehlung der Übernahmekommission
Art. 5 Abs. 1 UEV-UEK sieht vor, dass Parteien, die eine Empfehlung ablehnen möchten, dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden müssen. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern (Art. 5 Abs. 1 letzter Satz UEV-UEK).
2. Gründe für eine Fristerstreckung
2.1 Ein Fristerstreckungsgesuch kann nur bei Vorliegen zureichender Gründe bewilligt werden. Damit die Übernahmekommission aufgrund der konkreten Umstände feststellen kann, ob zureichende Gründe gegeben sind, muss das Fristerstreckungsgesuch begründet sein, das heisst es muss eine genaue Darstellung der massgebenden Umstände enthalten. Ein Gesuchsteller muss die vorgebrachten Verlängerungsgründe überdies beweisen oder mindestens glaubhaft machen.
Die Gründe für die nachgesuchte Fristerstreckung müssen sachlicher Natur und stichhaltig, in anderen Worten so beschaffen sein, dass sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung als geeignet angesehen werden können, die rechtzeitige Vornahme der Ablehnungshandlung gemäss Art. 5 UEV-UEK zu hindern.
2.2 Die Gesuchstellerinnen bringen in ihrem Fristerstreckungsgesuch als Grund vor, dass sie innerhalb der Erstreckungsfrist eine Fassung des ABV entwerfen wollen, welche nach Auffassung der Übernahmekommission nicht zu einem Kontrollwechsel führt und dafür die Zeit bis am 27. April 2007 nicht ausreichen würde.
Die Ausarbeitung eines neuen ABV ist kein zureichender und stichhaltiger Grund, der eine Fristerstreckung rechtfertigen würde, denn sie hindert die Gesuchstellerinnen nicht daran, die Empfehlung IV gemäss Art. 5 UEV-UEK rechtzeitig abzulehnen. In Bezug auf das Argument, dass die Zeit bis zum 27. April 2007 für die Ausarbeitung eines neuen ABV nicht ausreichen würde, ist festzustellen, dass diese Arbeiten übernahmerechtlich keiner zeitlichen Restriktion unterliegen. Somit haben die Gesuchstellerinnen ausreichend Zeit, um einen allfälligen neuen ABV auszuarbeiten und ihn alsdann der Übernahmekommission erneut zur Prüfung einzureichen. Das Gesuch um Fristerstreckung wird somit mangels Vorliegen eines zureichenden Erstreckungsgrundes abgelehnt.
3. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird gemäss Art. 23 Abs. 3 BEHG im Anschluss an ihre Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
4. Gebühr
In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 3'000 fest. Die Gesuchstellerinnen haften hierfür solidarisch.
Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:
- Der Antrag der SCHMOLZ + BICKENBACH KG (Düsseldorf/DE), der SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG (Wil/SG) und der Gebuka AG (Neuheim/ZG), um Erstreckung der in Art. 5 UEV-UEK statuierten Frist zur Ablehnung einer Empfehlung wird abgelehnt.
- Die vorliegende Empfehlung wird im Anschluss an ihre Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr zu Lasten der SCHMOLZ + BICKENBACH KG (Düsseldorf/DE), der SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG (Wil/SG) sowie der Gebuka (Neuheim/ZG), beträgt CHF 3'000, unter solidarischer Haftung.
Der Präsident:
Hans Rudolf Widmer
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an: