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0074 - Bucherer AG Luzern

Empfehlung Bucherer AG Luzern vom 12. Oktober 2000

Öffentliches Kaufangebot von Herrn Jörg G. Bucherer, Meggen, für alle sich im Publikum befindenden Partizipationsscheine der Bucherer AG Luzern, Luzern

A.
Die Bucherer AG Luzern (Bucherer AG) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Luzern. Ihr Kapital beträgt CHF 32'500'000.-- und ist eingeteilt in 20'000 Namenaktien zu je CHF 1'000.-- Nennwert und 250'000 Partizipationsscheine zu je CHF 50.-- Nennwert. Die Partizipationsscheine sind am Nebensegment der Schweizer Börse kotiert.

B.
Herr Jörg G. Bucherer, Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates der Bucherer AG, besitzt alle Namenaktien Bucherer AG und 92.30 % ihrer Partizipationsscheine. Seine Beteiligung beläuft sich somit auf 100 % der Stimmrechte und 97.04 % des Kapitals.

C.
Am 25. September kündigte Herr Jörg G. Bucherer in den elektronischen Medien an, dass er vom 16. bis 27. Oktober 2000 den Inhabern von Partizipationsscheinen der Bucherer AG ein öffentliches Kaufangebot in der Höhe von CHF 1'500.-- je Titel unterbreiten werde. Herr Jörg G. Bucherer begründete diesen Schritt damit, dass sich nur ein sehr geringer Teil des Kapitals im Publikum befinde und die Partizipationsscheine im Nebensegment kaum gehandelt würden. Diese Umstände würden in einem Missverhältnis zu den heutigen und künftigen Aufwendungen für die Aufrechterhaltung der Kotierung stehen. Die Voranmeldung wurde in der Folge am 28. September 2000 in den Tageszeitungen in deutscher und französischer Sprache landesweit publiziert.

D.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor der Publikation des Angebotsprospekts unterbreitet.

E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Herrn Luc Thévenoz und Herrn Alfred Spörri gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. In gemeinsamer Absprache handelnde Personen

Da die Bucherer AG von Herrn Jörg G. Bucherer beherrscht wird, ist sie als eine in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter handelnde Person im Sinne von Art. 11 UEV-UEK zu betrachten (siehe , E.5). Somit hat der Anbieter im Angebotsprospekt offenzulegen, wieviele Partizipationsscheine er und die Bucherer AG während den vergangenen zwölf Monaten vor dem Angebot erworben haben. Dieser Auflage kommt der Anbieter in lit. B.2 des Angebotsprospekts nach.

2. Dauer des Angebots

Gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK muss ein Angebot grundsätzlich mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Diese Frist wird auf zehn Börsentage verkürzt, wenn (a) der Anbieter vor der Veröffentlichung des Angebots die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft besitzt und (b) der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft im Angebot veröffentlicht wird. Beide Bedingungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Verkürzung der Angebotsdauer auf zehn Börsentage ist somit zulässig.

3. "Best price rule"

Nach Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten (sogenannte "Best Price Rule"). Nach ständiger Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. , E. 8). Die Prüfstelle hat die Einhaltung dieser Regel im Rahmen ihres Schlussberichtes zu bestätigen (Art. 27 UEV-UEK).

4. Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft

4.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in welchem er zum Kaufangebot Stellung nimmt. Die Übernahmeverordnung schreibt in den Art. 29 ff. UEV-UEK die Mindestanforderungen an diesen Bericht vor. Dieser hat alle Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK).

In der Empfehlung in Sachen Big Star Holding AG vom 7. April 2000 ging die Übernahmekommission von der Grundüberlegung aus, dass im Zeitraum zwischen dem Stichtag des Jahres- bzw. Zwischenabschlusses und Veröffentlichung der Ergebniseckzahlen ein unzulässiger Informationsvorsprung seitens der Zielgesellschaft und der ihr nahestehenden Personen zu vermuten ist (E. 4.1), welchen es zu beseitigen gilt.

Da die Bucherer AG am Nebensegment der Schweizer Börse kotiert ist, ist sie zwar nach dem geltenden Kotierungsreglement nicht verpflichtet, einen Zwischenabschluss zu veröffentlichen. Dennoch verfügt die Zielgesellschaft ab dem dritten Geschäftsquartal über die Ergebniseckzahlen der ersten beiden Quartale. Die oben formulierte Überlegung findet deshalb auch im vorliegenden Fall Anwendung; das Informationsungleichgewicht ist zu korrigieren. Diese Aufgabe obliegt grundsätzlich dem Verwaltungsrat der Zielgesellschaft (Art. 29 Abs. 1 BEHG). Falls das Angebot von einer der Zielgesellschaft nahestehenden Person unterbreitet wird, fällt auch ihr diese Pflicht zu. Nur so kann sie nämlich bestätigen, dass sie von der Zielgesellschaft keine Informationen erhalten hat, welche die Entscheidung der Aktionäre massgeblich beeinflussen könnten (Art. 23 Abs. 2 UEV-UEK). Sind diese Eckzahlen im Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft enthalten und wird dieser im Angebotsprospekt publiziert, was hier der Fall ist, ist dieser Anforderung Genüge getan.

4.2 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrates auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrates oder der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Nach ständiger Praxis der Übernahmekommission muss er insbesondere die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen nennen (siehe u.a. ). Der Bericht hat demnach offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrates und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden; ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrates oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Vorliegend erfüllt der Bericht diese Erfordernisse.

Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK über die Massnahmen Rechenschaft ablegen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Interessenkonflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken.

Im vorliegenden Fall ist Herr Jörg G. Bucherer Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates der Bucherer AG. Aus dem Bericht des Verwaltungsrates der Bucherer AG geht hervor, dass er für alle jene Geschäfte in den Ausstand getreten ist, welche das öffentliche Kaufangebot betrafen. Zudem entschied sich der Verwaltungsrat der Bucherer AG, die PricewaterhouseCoopers AG mit der Erstellung einer Fairness Opinion zu beauftragen. PricewaterhouseCoopers AG gelangte in ihrem Gutachten vom 22. September 2000 zum Schluss, dass der Angebotspreis finanziell angemessen ist. Damit ist Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK Genüge getan.

5. Karenzfrist

Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt dem Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit die Übernahmekommission den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

Da der Anbieter gemäss dieser Bestimmung gehandelt hat, wird er von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit.

6. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am ersten Tag des Angebots, d.h. am 16. Oktober 2000, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

7. Gebühr

Das Angebot bezieht sich auf 19'261 Bucherer AG-Partizipationsscheine. Bei einem Angebotspreis von CHF 1'500.-- entspricht der Gesamtbetrag des Angebots gemäss Art. 62 Abs. 4 UEV-UEK CHF 28'891'500.--. Gemäss Art. 62 Abs. 2 und Abs. 3 UEV-UEK beläuft sich die Gebühr auf CHF 20'000.--.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Das Kaufangebot von Herrn Jörg G. Bucherer entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.

  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgenden Ausnahmen von der Übernahmeverordnung (Art. 4): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 1); Reduktion der Angebotsdauer (Art. 14 Abs. 3).

  3. Die Empfehlung wird am 16. Oktober 2000 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  4. Die Gebühr beträgt CHF 20'000.--.

 

Der Präsident des Ausschusses:


Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

Mitteilung an:

  • Herrn Jörg G. Bucherer und Bucherer AG Luzern, durch ihren Vertreter,
  • die EBK.