Transazioni
0843 - Von Roll Holding AG
Verfügung 843/01 vom 3. Mai 2023
Gesuch von Altana AG mit Blick auf die Feststellung der Wirksamkeit der Opting out-Bestimmung in den Statuten von Von Roll Holding AG
A.
Von Roll Holding AG (die Gesellschaft oder Von Roll) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Breitenbach im Kanton Solothurn (HR-Firmennummer CHE-102.662.046). Zweck der Gesellschaft sind Erwerb, Veräusserung und Verwaltung von Beteiligungen an bestehenden oder zu gründenden Industrie-, Handels- und Finanz-Unternehmen aller Art im In- und Ausland. Das Aktienkapital der Gesellschaft beträgt insgesamt CHF 35'743'380.40 und ist in 357'433'804 voll liberierte Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.10 eingeteilt (die Von Roll-Aktien).
Die aktuellen Statuten der Gesellschaft enthalten in Art. 4a die folgende Bestimmung:
«Erwerber von Aktien der Gesellschaft sind von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Übernahmeangebots gemäss Artikel 135 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivathandel vom 19. Juni 2015 befreit.»
Die Von Roll-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange kotiert. Ihre ISIN ist CH0003245351 und ihr Valorensymbol ROL.
B.
Gemäss der Datenbank der SIX Exchange Regulation betreffend bedeutende Aktionäre halten per 3. Mai 2023 folgende Aktionäre bedeutende Beteiligungen an Von Roll:
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Seit dem 29. Juli 2022 halten Francine von Finck, August Francois von Finck und Maximilian von Finck (alle drei gemeinsam die Gruppe von Finck) als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 261'650'595 Von Roll-Aktien, was 73.2% der Stimmrechte von Von Roll entspricht. |
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Seit dem 29. Juli 2022 hält Maria-Theresia von Finck als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 14'618'523 Von Roll-Aktien, was 4.09% der Stimmrechte von Von Roll entspricht. |
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Seit dem 29. Juli 2022 hält Luitpold von Finck als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 12'868'523 Von Roll-Aktien, was 3.6% der Stimmrechte von Von Roll entspricht. |
C.
Altana AG (Altana) ist eine privat gehaltene Aktiengesellschaft nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Wesel, Deutschland. Altana und die von ihr gehaltenen Gesellschaften (die Altana Gruppe) entwickeln innovative Spitzentechnologien und sind in der reinen Spezialchemie tätig. Weltweit beschäftigt die Altana Gruppe etwa 7'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
D.
Mit Eingabe vom 31. März 2023 gelangte Altana an die Übernahmekommission (UEK) und stellte folgende Anträge in deren Gesuch (das Gesuch; act. 1/1):
«1. Es sei festzustellen, dass das in Artikel 4a der Statuten der Von Roll Holding AG verankerte Opting out im Falle eines öffentlichen Kaufangebots der Altana AG zum Erwerb aller sich im Publikum befindenden Aktien der von Roll Holding AG rechtswirksam ist und folglich namentlich die übernahmerechtlichen Mindestpreisregelungen nicht zur Anwendung kommen.
2. Die Verfügung der Übernahmekommission sei frühestens zeitgleich mit der Voranmeldung eines öffentlichen Kaufangebots der Altana AG für alle sich im Publikum befindenden Aktien der Von Roll Holding AG zu veröffentlichen.»
Auf die Begründung dieser Anträge wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
E.
Altana beabsichtigt nach eigenen Angaben, «unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen 100% der ausstehenden Aktien der Von Roll zu erwerben.» Deshalb verhandle Altana zurzeit mit der Gruppe von Finck über den Abschluss eines Aktienkaufvertrages zum Kauf der von der Gruppe von Finck gehaltenen Von Roll-Aktien (act. 1/1, Rn 7). Gleichzeitig führe Altana eine Due Diligence bei Von Roll durch und werde «in Kürze mit der Von Roll die Verhandlungen über eine (übliche) Transaktionsvereinbarung beginnen» (act. 1/1, Rn 8).
F.
Weil Altana beabsichtige, «Von Roll ganz zu übernehmen resp. über ein öffentliches Kaufangebot so viele zusätzliche Von Roll Aktien zu erwerben, dass ein Squeeze out möglich ist,» wolle Altana nicht im Aktienkaufvertrag mit der Gruppe von Finck einen höheren Kaufpreis je Von Roll-Aktie vereinbaren «als im öffentlichen Kaufangebot den Publikumsaktionären angeboten und bezahlt werden soll» (act. 1/1, Rn 9).
G.
Mit Einladung vom 23. März 2012 zur ordentlichen Generalversammlung vom 20. April 2012 von Von Roll wurde die Einführung einer Opting out-Bestimmung wie folgt begründet (act. 1/5):
«Die Aktionärsgruppe von Finck hat am 14. Dezember 2007 ein Pflichtangebot zum Erwerb sämtlicher sich im Publikum befindenden Inhaberaktien der Von Roll Holding AG unterbreitet. Nach der Praxis der Übernahmekommission können Aktienübertragungen innerhalb der Aktionärsgruppe von Finck eine erneute Angebotspflicht auslösen, wobei solche gruppeninternen Übertragungen den Ausnahmetatbestand von Artikel 32 Abs. 2 lit. a BEHG erfüllen und folglich regelmässig auf entsprechendes Gesuch hin durch Verfügung der Übernahmekommission von der Angebotspflicht freigestellt werden. Die Aufnahme eines Opting out in die Statuten bewirkt, dass allfällige Umstrukturierungen innerhalb der Aktionärsgruppe von Finck von vornherein keine Angebotspflicht auslösen.»
H.
Mit Faxschreiben vom 5. April 2012 gelangte der Präsident der UEK an den Präsidenten des Verwaltungsrates von Von Roll und teilte ihm Folgendes mit (act. 4):
«Die Traktandenliste der nächsten Generalversammlung von Von Roll Holding AG informiert klar über die Motive und einen Teil der Wirkungen der vorgeschlagenen Einführung der Opting out-Klausel. Unerwähnt bleibt hingegen, dass diese Klausel der Aktionsgruppe von Finck auch erlaubt, eine Kontrollbeteiligung zu veräussern, ohne dass der Erwerber verpflichtet wäre, ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten.
Sollte es zu einem späteren Zeitpunkt zu kontrollrelevanten Transaktionen kommen, die nicht unter die in der Einladung erwähnten internen Umstrukturierungen innerhalb der Aktionärsgruppe von Finck fallen, ist daher nicht auszuschliessen, dass die Übernahmekommission die Gültigkeit des Opting out überprüft.»
I.
An der ordentlichen Generalversammlung von Von Roll vom 20. April 2012 beschlossen die Aktionäre von Von Roll gestützt auf ein Traktandierungsbegehren der Gruppe von Finck, eine allgemeine Opting out-Bestimmung einzuführen. Der Verwaltungsrat von Von Roll hatte den Aktionären beantragt, den Antrag der Gruppe von Finck anzunehmen. Die Aktionäre entschieden sodann an dieser Generalversammlung, die Ergänzung der Statuten «mit einem neuen Artikel 4a mit folgendem Wortlaut» anzunehmen (act. 1/1, Rn 10):
«Artikel 4a Opting out
Erwerber von Aktien der Gesellschaft sind von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Übernahmeangebots gemäss Artikel 32 und Artikel 52 des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 befreit.»
Der Vorsitzende dieser Generalversammlung gab gemäss der öffentlichen Urkunde über die Statutenänderung betreffend die Opting out-Bestimmung folgendes Abstimmungsergebnis bekannt (act. 1/1, Rn 11):
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Ja-Stimmen: | 121'382'295 |
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Nein-Stimmen: | 290'654 |
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Enthaltungen: | 30'448 |
J.
Die öffentliche Urkunde zur Generalversammlung vom 20. April 2012 von Von Roll beschreibt die Auswirkung der Einführung der Opting out-Bestimmung sodann folgendermassen (act. 1/4, S. 3):
«Das vorgeschlagene generelle Opting out stellt gruppeninterne Umstrukturierungen von vornherein von der Angebotspflicht frei. Es befreit aber auch jeden anderen Aktienerwerber und jede andere Aktionärsgruppe von der Angebotspflicht und der Einhaltung der entsprechenden Regeln des Übernahmerechts.»
K.
Das Protokoll der ordentlichen Generalversammlung von Von Roll vom 20. April 2012 hält sodann Folgendes zu den Erläuterungen des Vorsitzenden mit Blick auf die Aufnahme der Opting out-Bestimmung fest (act. 1/6, S. 2 f.):
«Erklärt, dass die Gesellschaft mit der Annahme dieses Vorschlags neu über ein generelles statutarisches Opting out verfügen werde.
Gibt weiter bekannt, dass die Aktionärsgruppe von Finck ihr Begehren im Wesentlichen mit der Erleichterung von Aktienübertragungen unter den Gruppenmitgliedern begründe. Denn gruppeninterne Umstrukturierungen könnten die Angebotspflicht auslösen, sofern dadurch entweder die Kontrollverhältnisse innerhalb der Aktionärsgruppe ändern oder wenn ein Gruppenmitglied alleine den angebotspflichtigen Grenzwert überschreiten würde. Solche Vorgänge würden zwar zu einer Ausnahme von der Angebotspflicht berechtigen, aber ein Ausnahmeverfahren vor den Behörden erforderlich machen.
Weist ferner darauf hin, dass das vorgeschlagene generelle Opting out gruppeninterne Umstrukturierungen von vornherein von der Angebotspflicht freistelle, aber auch jeden anderen Aktienerwerber und jede andere Aktionärsgruppe von der Angebotspflicht und der Einhaltung der entsprechenden Regeln des Übernahmerechts befreie.
Gibt weiter bekannt, dass der Verwaltungsrat den Vorschlag der Aktionärsgruppe von Finck auch unterstütze, weil er dazu beitrage, eine Zersplitterung des Aktionariats zu vermeiden. Ein stabiles Aktionariat mit einer langfristig orientierten Anker-Aktionärsgruppe sei im Interesse der Gesellschaft; denn dies würde es der Gesellschaft ermöglichen, ihre strategischen und operativen Ziele langfristig und nachhaltig zu verfolgen, dies auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Dabei sei unbeachtlich, wie die internen Verhältnisse der langfristig interessierten Anker-Aktionärsgruppe geordnet seien. Wesentlich sei zudem, dass der Verwaltungsrat keine Anzeichen erkennen könne, wonach das Opting out im Hinblick auf einen Ausstieg der Anker-Aktionärsgruppe vorgeschlagen werde.
Erklärt abschliessend, dass der Verwaltungsrat aus all diesen Gründen beantrage, der vorgeschlagenen Statutenänderung zuzustimmen.»
L.
Am 3. April 2023 stellte die UEK Von Roll das Gesuch zu und setzte Von Roll eine Frist bis am 13. April 2022, 08:00 Uhr, um zum Gesuch Stellung zu nehmen. Zudem forderte die UEK Von Roll auf, bis zum erwähnten Zeitpunkt folgende weiteren Informationen samt Belegen einzureichen (act. 2):
1. | «Alle Von Roll vorliegenden Informationen betreffend Traktandum 6 (Statutenänderung) der Generalversammlung von Von Roll vom 20. April 2012 (die Generalversammlung); |
2. | Eine substantiierte Aufstellung, (i) wer (ii) mit wie vielen Stimmrechten und (iii) wie bei Traktandum 6 (Statutenänderung) der Generalversammlung abgestimmt hat; |
3. | Eine Berechnung, aus welcher hervorgeht, inwiefern die Voraussetzung der Mehrheit der Minderheit im Sinne der einschlägigen Praxis (vgl. Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 16. Oktober 2020 in Sachen MCH Group AG et al., Rn 39 ff. und insbesondere Rn 58 ff.) erfüllt ist.» |
M.
Am 4. April 2023 gelangte die UEK nochmals an Von Roll und verlangte zusätzlich bis am 13. April 2023, 08:00 Uhr, auch Informationen darüber, an welcher Generalversammlung von Von Roll Art. 4a der aktuellen Statuten (vgl. die Bestimmung in Sachverhalt lit. A) eingeführt wurde. Zudem sollten «alle im Zusammenhang mit der Einführung dieses Artikels 4a der aktuellen Statuten von Von Roll verfügbaren Dokumente» der UEK zugestellt werden, so «insbesondere Einladung, Protokoll und öffentliche Urkunde der entsprechenden Generalversammlung» (act. 3).
N.
Am 7. April 2023 ging die Stellungnahme von Von Roll bei der UEK ein (Stellungnahme 1; act. 5/1). Zudem reichte Von Roll verschiedene weitere Unterlagen ein, welche von der UEK verlangt worden waren (act. 5/2 – 5/10).
O.
Am 11. April 2023 stellte die UEK die Stellungnahme 1, die weiteren von Von Roll eingereichten Unterlagen (act. 5/2 – 5/10) sowie das Faxschreiben des ehemaligen Präsidenten der UEK vom 5. April 2012 betreffend die Einführung der Opting out-Bestimmung (act. 4; vgl. Sachverhalt lit. H) Von Roll und Altana (gemeinsam die Parteien) zu. Den Parteien wurde eine Frist bis am 18. April 2023, 08:00 Uhr, gesetzt, um sich hierzu zu äussern. Ausserdem wurde den Parteien die Möglichkeit gegeben, «sich innerhalb derselben Frist ausführlicher zur Gültigkeit der Opting out-Bestimmung von Von Roll unter der seit dem 26. April 2013 geltenden Rechtsprechung der UEK zu äussern (vgl. Verfügung 531/01 vom 26. April 2013 in Sachen Perfect Holding SA, Rn 15; Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 16 – 19, sowie Verfügung vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 31)» (act. 6).
P.
Am 17. April 2023 gingen die folgenden weiteren Stellungnahmen der Parteien bei der UEK ein:
-
- Schreiben von Altana vom 17. April 2023 samt Beilagen (Stellungnahme 2; act. 7/1 – act. 7/11);
- Schreiben von Von Roll vom 17. April 2023 (Stellungnahme 3; act. 8/1).
- Schreiben von Altana vom 17. April 2023 samt Beilagen (Stellungnahme 2; act. 7/1 – act. 7/11);
Auf die Begründung der Stellungnahmen 2 und 3 und die darin enthaltenen Ausführungen wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Q.
Am 19. April 2023 stellte die UEK die Stellungnahmen 2 und 3 den Parteien zu (act. 9).
R.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus der Präsidentin Mirjam Eggen, Franca Contratto und Isabelle Chabloz gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Feststellungsinteresse
[1] Für Verfahren vor der UEK gelten unter Vorbehalt der Bestimmungen gemäss Art. 139 Abs. 2 – 5 FinfraG die Normen des VwVG (Art. 139 Abs. 1 FinfraG). Nach Art. 25 Abs. 1 VwVG kann über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlich-rechtlicher Rechte oder Pflichten auf Begehren eine Feststellungsverfügung erlassen werden. Einem Begehren um Erlass einer solchen Verfügung ist gemäss Art. 25 Abs. 2 VwVG zu entsprechen, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse daran nachweist. Gemäss Praxis ist ein übernahmerechtliches Feststellungsinteresse gegeben, wenn für den Gesuchsteller eine direkte und aktuelle Unklarheit über die Rechtslage besteht, die mittels einer Feststellungsverfügung geklärt werden kann (Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group SA, Rn 1; Verfügung 822/01 vom 14. Juli 2022 in Sachen Bobst Group SA, Rn 1).
[2] Im vorliegenden Fall hat Altana ein schutzwürdiges, direktes und aktuelles Interesse, eine mögliche Unsicherheit mit Blick auf die Anwendbarkeit der Mindestpreisregeln gemäss Art. 135 Abs. 2 FinfraG auf ein mögliches Angebot von ihr an die Aktionäre von Von Roll vorgängig zu klären. Diese Unsicherheit kann Altana mit einer Feststellung, dass die aktuelle Opting out-Bestimmung in Art. 4a der Statuten von Von Roll rechtlich wirksam ist, beseitigen. Auf das Gesuch wird somit eingetreten.
2. Prüfung der Gültigkeit der Opting out-Bestimmung nach Art. 4a der Statuten von Von Roll
[3] Im Folgenden werden zunächst die gesetzlichen Grundlagen sowie die relevante Praxis mit Blick auf Opting out-Bestimmungen vorgestellt (Ziff. 2.1). Sodann wird der zeitliche Geltungsbereich der Praxis zur Einführung einer Opting out-Bestimmung nach Kotierung der Beteiligungspapiere präsentiert (Ziff. 2.2). Anschliessend wird untersucht, ob die Opting out-Bestimmung nach Art. 4a der Statuten von Von Roll gültig ist (Ziff. 2.3), bevor ein Fazit gezogen wird (Ziff. 2.4).
2.1 Gesetzliche Grundlagen und relevante Praxis
[4] Angebotspflichtig i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG wird, wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33 ⅓% der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, an der Zielgesellschaft überschreitet.
[5] Die Gesellschaften können vor der Kotierung ihrer Beteiligungspapiere in ihren Statuten festlegen, dass ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach den Art. 135 und Art. 163 FinfraG verpflichtet ist (Art. 125 Abs. 3 FinfraG). Gemäss Art. 125 Abs. 4 FinfraG kann sodann eine Gesellschaft jederzeit eine Opting out-Bestimmung in ihre Statuten aufnehmen, sofern dies nicht eine Benachteiligung der Aktionärinnen und Aktionäre i.S.v. Art. 706 OR bewirkt.
[6] Nach ständiger Rechtsprechung der Behörden ist eine Opting out-Bestimmung, die nach der Kotierung der Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft eingeführt wird, vermutungsweise unter folgenden kumulativ geltenden Voraussetzungen gültig:
1. | Nach dem Erfordernis der Transparenz müssen die Aktionäre der Zielgesellschaft transparent über die Einführung der Opting out-Bestimmung und deren Folgen informiert werden (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 16. Oktober 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 34). |
Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn (i) die Absichten des Antragstellers, der diese Bestimmung einführen möchte, sowie dessen Gründe für die Einführung dieser Bestimmung offen gelegt werden. Gleiches gilt mit Blick auf die Absichten eines kontrollierenden Aktionärs. Dabei muss insbesondere über eine bereits geplante Transaktion sowie über einen allenfalls daraus resultierenden Kontrollwechsel umfassend Auskunft gegeben werden. Des Weiteren müssen (ii) die Auswirkungen und Konsequenzen der Opting out-Bestimmung angegeben werden, und zwar sowohl im Allgemeinen als auch im Besonderen mit Blick auf die betroffene Gesellschaft. Diese Informationen sind den Aktionären grundsätzlich bereits mit der Einladung zur Generalversammlung mitzuteilen und müssen an der Generalversammlung wiederholt werden (unveröffentlichte Verfügung 817/01 vom 10. Juni 2022, Rn 41, (i); Verfügung 745/02 vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 34; Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 22; Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 4). |
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2. | Das Erfordernis der doppelten Mehrheit muss bei der Abstimmung über die Einführung der Opting out-Bestimmung eingehalten werden. Zunächst (i) muss eine Mehrheit der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen oder eine für die entsprechende Statutenänderung gegebenenfalls erforderliche höhere statutarische Mehrheit die Einführung der Opting out-Bestimmung gutheissen. Sodann (ii) muss auch die Mehrheit der an dieser Generalversammlung vertretenen Minderheitsaktionäre der Opting out-Bestimmung zustimmen (die Mehrheit der Minderheit). Um das Abstimmungsergebnis der zweiten Abstimmung zu ermitteln, genügt grundsätzlich eine gesonderte Auszählung (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 16. Oktober 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 58 f. und 62). |
Bei der Ermittlung der Mehrheit der Minderheit gilt dabei als stimmberechtigter Minderheitsaktionär, wer weder direkt noch indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten einen Anteil von 33 ⅓% der Stimmrechte der Zielgesellschaft hält. Wer den Antrag auf Einführung der Opting out-Bestimmung beim Verwaltungsrat gestellt hat, ist bei dieser Abstimmung nicht als stimmberechtigter Minderheitsaktionär zu betrachten (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 16. Oktober 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 46). |
[7] Sind die zwei obigen Voraussetzungen erfüllt, so wird vermutet, dass die Opting out-Bestimmung keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre i.S.v. Art. 125 Abs. 4 FinfraG i.V.m. Art. 706 OR bewirkt. Diese Vermutung kann widerlegt werden, sofern besondere und aussergewöhnliche Umstände vorliegen (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 16. Oktober 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 35). Dabei wird allerdings nicht ohne Not in den Entscheid der Aktionäre an der Generalversammlung eingegriffen (Verfügung 745/02 vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 33 und 56; Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 20; Verfügung 686/01 vom 20. März 2018 in Sachen Addex Therapeutics Ltd., Rn 3).
2.2 Zeitlicher Geltungsbereich der Praxis zur Einführung einer Opting out-Bestimmung nach Kotierung der Beteiligungspapiere
[8] Die in Ziff. [6] f. präsentierte Praxis gilt im Wesentlichen und mit geringen Präzisierungen seit dem 11. Oktober 2012. Sie wurde mit Verfügung 518/01 vom 11. Oktober 2012 in Sachen Advanced Digital Broadcast Holdings AG eingeführt und erstmals angewendet (ausführlich dazu Verfügung 518/01 vom 11. Oktober 2012 in Sachen Advanced Digital Broadcast Holdings AG, Rn 10 – 28).
[9] Mit Verfügung 531/01 vom 26. April 2013 in Sachen Perfect Holding SA entschied die UEK sodann, die in Ziff. [6] f. präsentierte Praxis auch dann anzuwenden, wenn die im Einzelfall überprüfte statutarische Opting out-Bestimmung bereits vor dem 11. Oktober 2012 eingeführt worden war, sofern der im Einzelfall zu überprüfende Kontrollwechsel nach dem 11. Oktober 2012 stattgefunden hat (Verfügung 531/01 vom 26. April 2013 in Sachen Perfect Holding SA, Rn 13 – 15). Namentlich hielt die UEK fest, dass « une clause d’opting out introduite avant le changement de pratique d’octobre 2012 [doit être] examinée à la lueur de cette nouvelle pratique lorsque le changement de contrôle considéré se situe après la publication de la décision 518/01 du 11 octobre 2012 dans l’affaire Advanced Digital Broadcast Holdings SA » (Verfügung 531/01 vom 26. April 2013 in Sachen Perfect Holding SA, Rn 15).
[10] Allerdings reicht es nach dieser Praxis mit Blick auf die Voraussetzung der Transparenz aus, wenn die erforderlichen Informationen erst an der Generalversammlung selber abgegeben werden. Nicht erforderlich ist, dass diese Informationen bereits in der Einladung zur Generalversammlung zu finden sind (Verfügung 531/01 vom 26. April 2013 in Sachen Perfect Holding SA, Rn 26 f.). In jenem Fall hatte die Einladung zur Generalversammlung keine Informationen betreffend die traktandierte Opting out-Bestimmung enthalten, sondern nur die diese Bestimmung genannt. An der Generalversammlung selbst wurde anschliessend über die konkret in Frage stehende Transaktion informiert. Die allgemeine Wirkung der Opting out-Bestimmung wurde dabei jedoch nicht thematisiert. Die UEK entschied, dass die Opting out-Bestimmung ungültig war, da nicht ausreichend über ihre generelle Wirkung informiert worden war (Verfügung 531/01 vom 26. April 2013 in Sachen Perfect Holding SA, Rn 27).
[11] Die Verfügung 531/01 vom 26. April 2013 in Sachen Perfect Holding SA wiederum wurde von der UEK mit Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 16 – 19, sowie mit Verfügung vom 28. Januar 2020 in Sachen LEM Holding SA, Rn 31, wiederholt mit Blick auf die Frage bestätigt, dass eine statutarische Opting out-Bestimmung, die bereits vor dem 11. Oktober 2012 eingeführt worden war, nach der neueren Praxis der UEK gemäss Verfügung 531/01 vom 26. April 2013 in Sachen Perfect Holding SA geprüft werden muss, sofern der im Einzelfall zu überprüfende Kontrollwechsel nach dem 11. Oktober 2012 stattgefunden hat.
[12] Somit verfügt die UEK über eine feste Praxis mit Blick auf die Frage, nach welchen Kriterien eine vor dem 11. Oktober 2012 eingeführte Opting out-Bestimmung zu überprüfen ist.
2.3 Prüfung der Gültigkeit der Opting out-Bestimmung von Von Roll
2.3.1 Erfordernis der Transparenz
[13] Als erste Voraussetzung müssen die Aktionäre der Zielgesellschaft transparent über die Einführung der Opting out-Bestimmung und deren Folgen informiert worden sein (vgl. Rn [6] Ziff. 1). Wie sodann in Rn [10] ausgeführt, kann das Erfordernis der Transparenz im Fall einer vor dem 11. Oktober 2012 durchgeführten Generalversammlung, an welcher eine Opting out-Bestimmung eingeführt wurde, weniger streng gehandhabt werden. Das ist namentlich der Fall, wenn die erforderlichen Informationen erst an der Generalversammlung selber abgegeben wurden. Nicht erforderlich ist hingegen, dass diese Informationen bereits in der Einladung zur Generalversammlung enthalten waren.
[14] Im vorliegenden Fall präsentiert sich der relevante Sachverhalt wie folgt: Die Einladung vom 23. März 2012 (act. 1/5 und act. 5/3) zur Generalversammlung vom 20. April 2012 erklärt nicht, dass eine Opting out-Bestimmung eingeführt werden soll, die allgemein und für jeden künftigen Erwerber einer Kontrollbeteiligung an Von Roll gelten soll. Vielmehr würden demnach lediglich «allfällige Umstrukturierungen innerhalb der Aktionärsgruppe von Finck von vornherein keine Angebotspflicht auslösen» (act. 1/5 und act. 5/3; ebenso Sachverhalt lit. G). An der Generalversammlung vom 20. April 2012 selbst hingegen wurde explizit darauf hingewiesen, «dass das vorgeschlagene generelle Opting out gruppeninterne Umstrukturierungen von vornherein von der Angebotspflicht freistelle, aber auch jeden anderen Aktienerwerber und jede andere Aktionärsgruppe von der Angebotspflicht und der Einhaltung der entsprechenden Regeln des Übernahmerechts befreie» (act. 1/6, S. 9 und act. 5/4, S. 9; ebenso Sachverhalt lit. J f.).
[15] Da an der Generalversammlung vom 20. April 2012 keine spezifische Transaktion in Aussicht stand, über die zusätzlich und weiter hätte informiert werden sollen, und da die aktuell in Frage stehende Transaktion mit Altana am 20. April 2012 ebenso wenig in Aussicht stand, kann mithin davon ausgegangen werden, dass dem Erfordernis der Transparenz Genüge damit getan wurde, dass lediglich an der Generalversammlung vom 20. April 2012 selber über die allgemeine Wirkung der Opting out-Bestimmung informiert worden ist. Eine weitergehende Information an der Generalversammlung vom 20. April 2012 war weder nötig noch mangels einer konkreten Transaktion möglich.
[16] Es kann somit im Lichte der zurückhaltenderen Praxis der UEK zu vor dem 11. Oktober 2012 eingeführten Opting out-Bestimmungen gefolgert werden, dass bereits an der Generalversammlung vom 20. April 2012 transparent über die Einführung der Opting out-Bestimmung seitens Von Roll informiert worden ist.
2.3.2 Erfordernis der doppelten Mehrheit
[17] Wie in Rn [6] Ziff. 2 ausgeführt, ist bei der Abstimmung über die Einführung einer Opting out-Bestimmung erforderlich, dass eine doppelte Mehrheit dieser Einführung zustimmt. Bei der Berechnung der Mehrheit der Minderheit ist dabei auf die Anzahl der vertretenen Minderheitsaktionäre abzustellen.
[18] An der ordentlichen Generalversammlung von Von Roll vom 20. April 2012 waren nach deren Angaben folgende Aktien vertreten (act. 5/1, S. 2):
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durch Organe oder abhängige Personen: | 262'828 Aktien |
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durch den unabhängigen Stimmrechtsvertreter: | 3'536'376 Aktien |
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durch Depotvertreter: | 0 Aktien |
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durch Aktionäre: | 117'904'193 Aktien |
[19] Die Gruppe von Finck war an der Generalversammlung mit 117'500'895 Aktien durch Uwe de Vries vertreten (act. 5/6). Das Weiteren bestätigt Von Roll, dass die Gruppe von Finck ihre Aktien damals ausschliesslich durch Uwe de Vries hat vertreten lassen (act. 5/1, S. 2).
[20] Die Abstimmung zur Einführung der Opting out-Bestimmung wurde elektronisch durchgeführt und ergab folgendes Ergebnis (act. 5/1, S. 2; ebenso Sachverhalt lit. I m.H.):
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Ja-Stimmen: | 121'382'295 |
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Nein-Stimmen: | 290'654 |
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Enthaltungen: | 30'448 |
[21] Werden die 117'500'895 Stimmen der Gruppe von Finck von den 121'382'295 Ja-Stimmen abgezogen, ergibt das folgendes Ergebnis (act. 5/1, S. 2):
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Ja-Stimmen: | 3'881'400 |
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Nein-Stimmen: | 290'654 |
|
Enthaltungen: | 30'448 |
[22] Der Antrag zur Einführung der Opting out-Bestimmung wurde damit sowohl von der Mehrheit der vertretenen Stimmen als auch von der Mehrheit der vertretenen Minderheitsaktionäre angenommen. Letzteres war sogar mit dem einem deutlichen Ja-Anteil von 92.36% der vertretenen Minderheitsaktionäre gegenüber einem Nein- und Enthaltungs-Anteil von total 7.64% dieser Minderheitsaktionäre der Fall.
[23] Damit kann festgestellt werden, dass auch das Erfordernis der doppelten Mehrheit bereits an der Generalversammlung von Von Roll vom 20. April 2012 deutlich erfüllt worden ist.
2.3.3 Keine besonderen Umstände
[24] Sind die Voraussetzungen der Transparenz und der doppelten Mehrheit erfüllt, wird – wie in Rn [7] erwähnt – vermutet, dass die Opting out-Bestimmung keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre i.S.v. Art. 125 Abs. 4 FinfraG i.V.m. Art. 706 OR bewirkt.
[25] Im vorliegenden Fall liegen, soweit für die UEK derzeit ersichtlich, keine besonderen und aussergewöhnlichen Umstände vor, welche eine materielle Prüfung der Einhaltung von Art. 706 OR an der Generalversammlung von Von Roll vom 20. April 2012 notwendig machen würden. Das ist umso mehr der Fall, als die betreffende Generalversammlung von Von Roll mittlerweile vor über elf Jahren stattgefunden hat und momentan kein Bedarf ersichtlich ist, in den damaligen Entscheid der Aktionäre von Von Roll einzugreifen.
2.4 Fazit
[26] Die Voraussetzungen der Transparenz (vgl. Rn [13] – [16]) und der doppelten Mehrheit (vgl. Rn [17] – [23]) sind im vorliegenden Fall erfüllt. Soweit es für die UEK derzeit ersichtlich ist, liegen keine besonderen und aussergewöhnlichen Umstände vor, welche eine materielle Prüfung der Einhaltung von Art. 706 OR an der Generalversammlung von Von Roll vom 20. April 2012 notwendig machen würden (vgl. Rn [24] f.).
[27] Damit kann antragsgemäss festgestellt werden, dass die in Art. 4a der Statuten von Von Roll verankerte Opting out-Bestimmung im Falle eines öffentlichen Kaufangebots von Altana zum Erwerb aller sich im Publikum befindenden Aktien von Von Roll rechtswirksam ist. Folglich kommen namentlich die übernahmerechtlichen Mindestpreisregelungen nach Art. 135 Abs. 2 FinfraG auf ein solches öffentliches Kaufangebot von Altana nicht zur Anwendung.
3. Publikation
[28] Wird bei der UEK ein Gesuch, beispielsweise für die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht, eingereicht, so eröffnet die UEK ein Verfahren und lädt die Parteien zur Abgabe einer Stellungnahme ein (Art. 61 Abs. 1 UEV). Vor der Eröffnung der Verfügung kann die Zielgesellschaft eine Stellungnahme ihres Verwaltungsrates vorlegen, die sie gleichzeitig mit der Verfügung der UEK veröffentlichen möchte (Art. 61 Abs. 1bis UEV). Die Zielgesellschaft veröffentlicht sodann (a) die allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrates, (b) das Dispositiv der Verfügung der UEK und (c) den Hinweis, innert welcher Frist und unter welchen Bedingungen ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung der UEK erheben kann (Art. 61 Abs. 3 UEV). Die Art. 6 f. UEV sind auf diese Veröffentlichung anwendbar (Art. 61 Abs. 4 UEV).
[29] Die UEK kann ihre Verfügungen nach Art. 138 Abs. 1 Satz 2 FinfraG veröffentlichen.
[30] Da im vorliegenden Fall noch nicht definitiv feststeht, ob eine Voranmeldung nach einem erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen veröffentlicht werden wird, bittet Altana die UEK, «mit Antrag 2 entsprechend der bewährten Praxis zu verfahren und eine Verfügung zu Antrag 1 erst im Zeitpunkt der Voranmeldung resp. in Absprache mit Altana zu veröffentlichen» (act. 1/1, S. 11).
[31] Antrag 2 von Altana wird insoweit stattgegeben, als die vorliegende Verfügung der UEK frühstens zeitgleich mit der Voranmeldung eines öffentlichen Kaufangebots von Altana für alle sich im Publikum befindenden Aktien von Von Roll zu veröffentlichen ist. Von Roll und/oder Altana werden dann verpflichtet, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung sowie den Hinweis auf das Einspracherecht der qualifizierten Aktionäre von Von Roll zu veröffentlichen.
[32] Die vorliegende Verfügung wird anschliessend gestützt auf Art. 138 Abs. 1 Satz 2 FinfraG nach der Veröffentlichung von Von Roll und/oder Altana auf der Webseite der UEK publiziert.
[33] Wird die vorliegende Verfügung nicht veröffentlicht, entfalten die Feststellungen betreffend die in Art. 4a der Statuten von Von Roll verankerte Opting out-Bestimmung gemäss Ziff. 2 hiervor ausschliesslich im Zusammenhang mit der in dieser Verfügung beschriebenen Transaktion Rechtswirkung.
4. Gebühr
[34] Gemäss Art. 118 Abs. 1 Satz 1 FinfraV erhebt die UEK für Entscheide in anderen Übernahmesachen, wie beispielsweise über Gesuche betreffend eine Ausnahme von der Angebotspflicht, eine Gebühr. Die Gebühr beträgt je nach Umfang und Schwierigkeit des Falles bis zu CHF 50'000 (Art. 118 Abs. 2 FinfraV).
[35] Angesichts des Umfangs und der Schwierigkeit des vorliegend behandelten Falles wird gestützt auf Art. 118 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FinfraV eine Gebühr von CHF 40'000 zu Lasten von Altana erhoben.
Die Übernahmekommission verfügt:
1. | Es wird festgestellt, dass die in Artikel 4a der Statuten von Von Roll Holding AG verankerte Opting out-Bestimmung im Falle eines öffentlichen Kaufangebots von Altana AG zum Erwerb aller sich im Publikum befindenden Aktien von Von Roll Holding AG rechtswirksam ist und damit namentlich die übernahmerechtlichen Mindestpreisregelungen nicht zur Anwendung kommen. |
2. | Die vorliegende Verfügung ist frühstens zeitgleich mit der Voranmeldung eines öffentlichen Kaufangebots von Altana AG für alle sich im Publikum befindenden Aktien von Von Roll Holding AG zu veröffentlichen. |
3. | Von Roll Holding AG und/oder Altana AG werden verpflichtet, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung sowie den Hinweis auf das Einspracherecht der qualifizierten Aktionäre gemäss Art. 6 und 7 UEV zu veröffentlichen. |
4. | Diese Verfügung wird nach der Veröffentlichung von Von Roll Holding AG und/oder Altana AG gemäss Dispositivziffer 3 auf der Webseite der Übernahmekommission publiziert. |
5. | Wird die vorliegende Verfügung nicht veröffentlicht, entfaltet die Dispositivziffer 1 hiervor ausschliesslich im Zusammenhang mit der in dieser Verfügung beschriebenen Transaktion Rechtswirkung. |
6. | Die Gebühr zu Lasten von Altana AG beträgt CHF 40'000. |
Die Präsidentin:
Mirjam Eggen
Diese Verfügung geht an die Parteien:
- | Altana AG, vertreten durch Dr. Dieter Dubs und Dr. Urs Kägi, Bär & Karrer AG; |
- |
Von Roll Holding AG, vertreten durch Dr. Beat Brechbühl und Dr. Marc Hanslin, Kellerhals Carrard. |
Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):
Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.
Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).