Transazioni
0294 - SIG Holding AG
Empfehlung I in Sachen SIG Holding AG vom 26. Oktober 2006
Öffentliches Kaufangebot der Romanshorn S.A., Luxemburg, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall- Voranmeldung
A.
Die SIG Holding AG („SIG Holding“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Neuhausen am Rheinfall. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 39'000'000, aufgeteilt in 6'500'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 6 („SIG-Aktie(n)“). Die Namenaktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert.
B.
Die Romanshorn S.A. („Romanshorn“ oder „Anbieterin“) ist eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Sie wird gemeinsam beherrscht von Ferd AS, Lysaker, Norwegen [„Ferd“; Eigentümerin der Elopak AS, Spikkestad, Norwegen („Elopak“)] und von durch Tochtergesellschaften der CVC Capital Partners Group Sàrl, Luxemburg, beratenen Fonds („CVC“).
C.
Mit Medienmitteilung vom 24. September 2006 teilte der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft der Öffentlichkeit mit, dass die Anbieterin mit Schreiben vom 22. September 2006 gegenüber der Zielgesellschaft das Interesse bekundet habe, die Aktien der SIG Holding für einen Preis von CHF 325 bis CHF 350 zu übernehmen. Der Verwaltungsrat lehnte – gemäss Medienmitteilung – das geplante Angebot als zu tief ab. Der Verwaltungsrat wies zudem darauf hin, dass er bereits entschieden habe, neben CVC/Ferd auch weiteren Interessenten die Gelegenheit zu geben, eine Akquisition von SIG sorgfältig zu prüfen. Der Verwaltungsrat werde daher in den kommenden Tagen die Modalitäten der Zulassung von potentiellen Kaufinteressenten zu einer „Due Diligence“ festlegen.
D.
Am 25. September 2006 kündigte die Romanshorn in den elektronischen Medien an, dass sie ein öffentliches Übernahmeangebot für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding unterbreiten werde („Voranmeldung“).
E.
Am 26. September 2006 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung, indem diese in mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wurde. Als Preis des Angebots sind CHF 325 netto je SIG-Aktie vorgesehen. Die Anbieterin hat in der Voranmeldung in Aussicht gestellt, den Angebotspreis pro SIG-Aktie bis auf CHF 350 netto zu erhöhen, sofern die SIG Holding der Anbieterin umfangmässig eine Due Diligence-Prüfung gemäss dem Schreiben von Ferd an den Verwaltungsrat der SIG Holding vom 22. September 2006 gewähre und die Anbieterin gestützt auf die Ergebnisse dieser Due Diligence-Prüfung zur Überzeugung gelange, dass der Angebotspreis keinen fairen Gegenwert für die SIG-Aktien darstelle. Des Weitern wurde festgehalten, die mögliche Erhöhung liege im alleinigen Ermessen der Anbieterin.
Gemäss Voranmeldung soll das Angebot den folgenden Bedingungen unterliegen:
„a) Der Bieterin sind SIG-Aktien gültig angedient worden, die zusammen mit den dann von der Bieterin (und von in gemeinsamer Absprache mit der Bieterin handelnden Personen) gehaltenen SIG-Aktien mehr als 75% aller ausgegebenen SIG-Aktien betragen;
b) Keine Ereignisse sind eingetreten oder bekannt geworden, die, für sich allein oder zusammen, nach Ansicht eines unabhängigen, international angesehenen und von der Bieterin ernannten Sachverständigen geeignet sind, mindestens eine der folgenden Auswirkungen auf eine künftige Konzernrechung des SIG-Konzerns zu haben (wobei sich die Zahlen jeweils nur auf das vom SIG-Konzern fortgeführte ("continuing") Geschäft beziehen – die Beträge entsprechen rund 10% (EBIT und Eigenkapital) bzw. 5% (Umsatz) des jeweiligen in der Konzernrechnung 2005 des SIG-Konzerns ausgewiesenen Werts):
(i) eine Verringerung des Betriebsergebnisses (EBIT) um EUR 7 Millionen oder mehr;
(ii) einen Rückgang des Umsatzes um EUR 60 Millionen oder mehr; oder
(iii) eine Verringerung des Eigenkapitals um EUR 40 Millionen oder mehr;
c) Die zuständigen Wettbewerbsbehörden haben alle Genehmigungen und/oder Freistellungsbescheinigungen für die Übernahme der SIG Holding durch die Bieterin und die Kombination des Geschäfts des Elopak-Konzerns mit demjenigen des SIG-Konzerns erteilt, und kein Gericht und keine Behörde hat einen Entscheid, eine Verfügung oder eine ähnliche Anordnung erlassen, der bzw. die dieses Angebot oder dessen Vollzug, die Übernahme der SIG Holding durch die Bieterin oder die Kombination des Geschäfts des Elopak-Konzerns mit demjenigen des SIG-Konzerns verhindert, verbietet oder für unzulässig erklärt;
d) Kein Gericht und keine Behörde (einschliesslich Wettbewerbsbehörden) haben von einer der Beteiligten (einschliesslich des Elopak-Konzerns) die Erfüllung von Bedingungen, Voraussetzungen oder Verpflichtungen verlangt, die nach Ansicht eines unabhängigen, international angesehenen und von der Bieterin ernannten Sachverständigen geeignet sind, mindestens eine der Auswirkungen gemäss Bedingung b) Ziff. (i) bis (iii) auf eine künftige Konzernrechung der Bieterin (welche auch den SIG-Konzern und den Elopak-Konzern konsolidiert) zu haben;
e) Eine Generalversammlung der SIG Holding hat rechtswirksam beschlossen, die in den Statuten enthaltenen Vinkulierungsbestimmungen und Stimmrechtsbeschränkungen betreffend Aktionäre mit mehr als 5% der SIG-Aktien (d.h. Art. 6 Abs. 2 bis 7 sowie Art. 13 Abs. 3 und 4 der Statuten der SIG Holding) aufzuheben, diese Änderungen der Statuten der SIG Holding sind in das Handelsregister eingetragen worden und es sind keine neuen Vinkulierungsbestimmungen und/oder Stimmrechtsbeschränkungen be-schlossen worden;
f) Der Verwaltungsrat der SIG Holding hat unter der einzigen Bedingung, das Angebot für zustande gekommen erklärt wird, beschlossen, die Bieterin mit allen SIG-Aktien, die der Bieterin im Rahmen des Angebotes angedient werden oder die von der Bieterin auf andere Weise erworben worden sind, im Aktienregister der SIG Holding als Aktionärin mit Stimmrecht einzutragen;
g) Eine Generalversammlung der SIG Holding hat weder (i) eine Spaltung, eine Vermögensübertragung oder eine sonstige Akquisition oder Veräusserung zu einem Gegenwert von mehr als EUR 120 Millionen (entsprechend rund 10% der Total Aktiven ("continuing") gemäss Konzernrechnung 2005 des SIG-Konzerns), noch (ii) eine Fusion oder (iii) eine (ordentliche, genehmigte oder bedingte) Kapitalerhöhung beschlossen, und die SIG Holding und die SIG-Konzern-Gesellschaften haben eigene Aktien der SIG Holding weder veräussert noch mit Rechten Dritter belastet;
h) Unter der Bedingung, dass (i) insgesamt mehr als 50% aller ausgegebenen SIG-Aktien der Bieterin angedient wurden oder von Bieterin gehalten werden und (ii) das Angebot für zustande gekommen erklärt wird, hat die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrates der SIG Holding einen Mandatsvertrag mit der Bieterin für den Zeitraum vereinbart, bis eine Generalversammlung der SIG Holding die von der Bieterin vorgeschlagenen Personen in den Verwaltungsrat gewählt hat. In diesen Mandatverträgen ver-pflichten sich die Mitglieder des Verwaltungsrates, unter Vorbehalt des Gesellschaftsinteresses sowie unter Schadloshaltung durch die Bieterin, die Geschäfte der SIG Holding im ordentlichen Rahmen zu führen, so wie in den Mandatsverträgen näher spezifiziert.
Im Falle, dass eine der vorstehend genannten Bedingungen bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist nicht erfüllt sein sollte, behält sich Bieterin das Recht vor, das Angebot als nicht zustande gekommen zu erklären.
Die Bieterin behält sich das Recht vor, auf eine oder mehrere dieser Bedingungen ganz oder teilweise zu verzichten.“
F.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 26. September 2006 forderte die Übernahmekommission die Zielgesellschaft zur Stellungnahme zur Voranmeldung bis am 28. September 2006 auf. Der Anbieterin wurde Frist bis am 3. Oktober 2006 gesetzt, um sich zur Stellungnahme der Zielgesellschaft vernehmen zu lassen. Innert angesetzter Frist wurden die Stellungnahmen von beiden Parteien eingereicht. Auf die Stellungnahmen wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.
G.
Am 29. September 2006 lehnte der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft das Angebot in einem Aktionärsbrief erneut ab. Im Wesentlichen machte er darin geltend, dass selbst ein Angebotspreis von CHF 350 pro SIG-Aktie unangemessen wäre, weil er den wahren Wert der SIG Holding nicht widerspiegeln würde. Im Übrigen hielt er fest, der Verwaltungsrat der SIG Holding werde allen interessierten Dritten Gelegenheit geben, einen Erwerb der SIG Holding sorgfältig zu prüfen. Weder Ferd/CVC noch irgendein anderer Dritter habe bislang Zugang zu nicht-öffentlichen, vertraulichen Unternehmensinformationen erhalten. Der Verwaltungsrat werde angemessene Kriterien entwickeln, wie, wann und wem vertrauliche Unternehmensinformationen zugänglich gemacht würden.
H.
Mit Eingabe vom 3. Oktober 2006 stellte die Anbieterin ein Gesuch betreffend „Auktion und Due Diligence“, mit welcher sie im Wesentlichen einen Anspruch auf Zulassung zur Due Diligence-Prüfung geltend machte.
I.
Mit Eingabe vom 3. Oktober 2006 nahm die Zielgesellschaft gegenüber der Übernahmekommission eine Meldung vor, in der sie die nach der Medienmitteilung vom 24. September 2006 geplanten weiteren Massnahmen offen legte und dabei auch die weiteren Schritte bezüglich der Öffnung gegenüber anderen Anbietern darlegte.
J.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 4. Oktober 2006 setzte die Übernahmekommission der Zielgesellschaft Frist bis am 5. Oktober 2006 zur Stellungnahme zum Gesuch der Anbieterin (vgl. lit. H).
K.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 4. Oktober 2006 setzte die Übernahmekommission der Zielgesellschaft Frist bis am 6. Oktober 2006, um zu Handen der Übernahmekommission gewisse Fragen im Zusammenhang mit möglichen Abwehrmassnahmen zu beantworten (vgl. lit. I). Auf die innert Frist eingereichte Eingabe wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
L.
Mit Eingabe vom 5. Oktober 2006 reichte die Zielgesellschaft innert der ihr mit verfahrensleitender Anordnung vom 4. Oktober 2006 angesetzten Frist ihre Stellungnahme zum Gesuch der Anbieterin ein (vgl. lit. H und J). Darin führte sie insbesondere aus, dass die Anbieterin keinen Anspruch auf Durchführung einer Due Diligence-Prüfung habe.
M.
Mit Medienmitteilung vom 5. Oktober 2006 haben Ferd und CVC mitgeteilt, Oyster Rock Ltd, Jersey („Oyster Rock“), eine zu diesem Zweck verwendete Gesellschaft, die von Ferd und CVC kontrolliert werde, habe mit gegenwärtigen Aktionären, darunter durch Sterling Strategic Value Ltd kontrollierte juristische Personen, eine Vereinbarung über den Kauf von deren Aktien der SIG Holding getroffen. Zusammen mit den neu erworbenen Aktien halte die Ferd und CVC nun direkt oder indirekt rund 8.15% der SIG Holding. Der Kaufpreis betrage CHF 325 pro SIG-Aktie. Zudem habe sich der Käufer im Kaufvertrag verpflichtet, im Falle einer möglichen Erhöhung des Angebots durch die Romanshorn diesen Aufpreis ebenfalls zu entrichten. Im Weiteren habe sich der Käufer den Verkäufern gegenüber zu einem Vorteilsausgleich bereit erklärt, falls eine Gegenofferte zu einem höheren Preis als CHF 325 erfolgreich abgeschlossen werde.
N.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 6. Oktober 2006 wurde der Anbieterin Frist bis am 9. Oktober 2006 angesetzt, um die Verträge über den Erwerb des in lit. M des Sachverhalts genannten Aktienpakets einzureichen sowie den Nachweis zu erbringen, dass sie als Gesellschaft nach luxemburgischen Recht in Entstehung begriffen oder bereits entstanden ist. Innert angesetzter Frist gingen die angeforderten Verträge und Informationen ein.
O.
Mit unaufgeforderter Eingabe vom 6. Oktober 2006 machte die Zielgesellschaft geltend, dieser Vertragsschluss (vgl. lit. M und N) sei für die Best Price Rule relevant. Die Zielgesellschaft wies im Übrigen darauf hin, dass die Anbieterin im Begriff sei, noch weitere ähnliche Transaktionen vorzubereiten.
P.
Mit unaufgeforderter Eingabe vom 6. Oktober 2006 teilte die Anbieterin der Übernahmekommission mit, dass sie darüber informiert worden sei, dass die Zielgesellschaft eine Marktteilnehmerin kontaktiert habe und von dieser ein Confidentiality Agreement unterzeichnet worden sei. Die Anbieterin verlangte in ihrer Eingabe die Bekanntgabe des genannten Vertrages sowie den Namen der Vertragspartei.
Q.
Mit unaufgeforderter Eingabe vom 9. Oktober 2006 informierte die Zielgesellschaft die Übernahmekommission, dass sie der Anbieterin am 6. Oktober 2006 ebenfalls ein Confidentiality Agreement zugestellt, diese aber zum Ausdruck gebracht habe, dass sie die gewünschten Informationen ohne Unterzeichnen eines solchen Vertrages verlange. Gleichentags äusserte sich die Anbieterin zu dieser Eingabe, indem sie dementierte, dass sie die verlangten Informationen ohne Unterzeichnung des Vertrages zu erhalten wünsche. Sie machte jedoch geltend, dass das genannte Confidentiality Agreement unklar und ergänzungsbedürftig sei.
R.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 10. Oktober 2006 wurde der Anbieterin Frist bis am 11. Oktober 2006 angesetzt, um zur Eingabe der Zielgesellschaft vom 6. Oktober 2006 (vgl. lit. O) betreffend den Kauf der Aktien der Zielgesellschaft durch Oyster Rock Stellung zu nehmen. Die Anbieterin reichte innert Frist ihre Stellungnahme dazu ein.
S.
Am 12. Oktober 2006 wurde der Zielgesellschaft Frist bis am 13. Oktober 2006 angesetzt, um sich zur Stellungnahme der Anbieterin (vgl. lit. R) zu äussern. Gleichzeitig wurde die Anbieterin eingeladen, bis am 16. Oktober 2006 zur allfälligen Eingabe der Zielgesellschaft Stellung zu nehmen. Beide Eingaben wurden innert angesetzter Frist eingereicht.
T.
Am 13. Oktober 2006 reichte die Anbieterin das von ihr unterzeichnete Confidentiality Agreement (vgl. lit. Q) ein und verlangte unverzüglich Zugang zur Due Diligence-Prüfung.
U.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 17. Oktober 2006 wurde die Zielgesellschaft aufgefordert, zur Eingabe der Anbieterin vom 13. Oktober 2006 (vgl. lit. S) bis zum 18. Oktober 2006 Stellung zu nehmen. Die Zielgesellschaft reichte ihre Stellungnahme innert Frist ein. Darin machte sie im Wesentlichen geltend, dass das von der Anbieterin unterzeichnete Confidentiality Agreement erheblich durch die Anbieterin abgeändert worden sei und die Zielgesellschaft die vorgenommenen Änderungen abgelehnt habe. Weiter macht die Zielgesellschaft im Wesentlichen erneut geltend, dass die Anbieterin keinen materiell-rechtlichen Anspruch auf Zulassung zur Due Diligence-Prüfung habe. Im Übrigen hat die Zielgesellschaft in ihrer Eingabe das Verfahren beschrieben, in dem potentiellen Anbieterinnen Informationen vermittelt werden soll. Der Verwaltungsrat führt dazu Folgendes aus: „Er [der Verwaltungsrat] hat sich daher zu einem zweistufigen Verfahren entschlossen, in dem den potenziellen Anbietern zunächst im Wesentlichen öffentlich bekannte Informationen übergeben werden und diese zu „non-binding-offers“ aufgefordert werden. Wenn die „non-binding-offers“ vorliegen, wird der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft auf der Basis dieser unverbindlichen Angebote die Anbieter auswählen, welche im Rahmen der Due Diligence in nicht öffentlich bekannte Informationen und Dokumente Einsicht nehmen können.“
V.
Mit unaufgeforderter Eingabe vom 19. Oktober 2006 äusserte sich die Anbieterin zur Stellungnahme der Zielgesellschaft bezüglich Confidentiality Agreement vom 18. Oktober 2006 (vgl. lit. U) und informierte die Übernahmekommission darüber, dass sie aus verlässlichen Quellen erfahren habe, dass die Zielgesellschaft nicht-öffentliche Unternehmensinformationen Drittinteressenten zugänglich gemacht habe. Die Zielgesellschaft wurde mit verfahrensleitender Anordnung vom 19. Oktober 2006 aufgefordert, sich noch gleichentags zur Eingabe der Anbieterin zu äussern. Die Zielgesellschaft reichte ihre Stellungnahme gleichentags ein. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass sie allen „(seriös) interessierten Personen“, welche das Confidentiality Agreement unterzeichnet hätten, ein sog. „Information Package“ habe zukommen lassen, welches unter anderem auch nicht-öffentliche Unternehmensinformationen enthalte. Da die Anbieterin das ihr von der Zielgesellschaft zugesandte Confidentiality Agreement nicht unterzeichnet habe, habe sie auch kein „Information Package“ erhalten.
W.
Die Anbieterin leitete der Übernahmekommission am 23. Oktober 2006 eine Kopie des von ihr unterzeichneten Confidentiality Agreements sowie die diesbezügliche Korrespondenz mit der Zielgesellschaft weiter. Darin führte sie aus, sie habe nun das Confidentiality Agreement gemäss den Wünschen der SIG Holding angepasst und unterzeichnet, weshalb sie nun unverzüglich um Zusendung des „Information Package“ ersuche.
X.
Mit Eingabe vom 23. Oktober 2006 (bei der Übernahmekommission eingegangen am 24. Oktober 2006), liess die Zielgesellschaft der Übernahmekommission ein Exemplar der fertiggestellten und bereinigten Datenraumregeln zukommen.
Y.
Die Anbieterin liess der Übernahmekommission am 24. Oktober 2006 eine Kopie ihres Schreibens an die Zielgesellschaft zukommen, in welchem sie – aufgrund der Informationen auf der Website der Zielgesellschaft - die Vermutung äussert, die Zielgesellschaft habe interessierten Parteien bereits Zugang zu einem Datenraum (wenn auch keinem detaillierten) oder anderweitig Einblick in vertrauliche Daten gewährt. Sie, die Anbieterin, verlange daher unverzüglich Zugang zu diesen Informationen.
Z.
Am 24. Oktober 2006 teilte die Zielgesellschaft der Anbieterin – unter Weiterleitung einer Kopie des Schreibens an die Übernahmekommission – mit, dass sie die von der Anbieterin unterzeichnete Fassung des Confidentiality Agreements nicht akzeptiere. Am 25. Oktober 2006 liess die Zielgesellschaft der Anbieterin (und in Kopie der Übernahmekommission) ein von ihr mit Handkorrekturen versehenes Confidentiality Agreement zukommen, mit der Aufforderung an die Anbieterin, dieses dementsprechend zu ergänzen und ihr alsdann unterzeichnet zuzusenden.
AA.
Zur Prüfung der vorliegenden Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Rudolf Widmer (Präsident), Frau Claire Huguenin und Herrn Thierry de Marignac gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Voranmeldung
1.1 Wirkungen
1.1.1 Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann eine Anbieterin ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden, wobei diese Voranmeldung den in Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK genannten Mindestinhalt aufweisen muss. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, die Börseninformationen verbreiten, zuzustellen. Damit die Rechtswirkungen gemäss Art. 9 UEV-UEK an diesen Zeitpunkt geknüpft werden können, genügt gemäss Praxis der Übernahmekommission die blosse Zustellung an ein elektronisches Medium jedoch nicht. Vielmehr hat eine Veröffentlichung der vollständigen Voranmeldung in den Zeitungen zu erfolgen, und zwar innert drei Börsentagen nach Veröffentlichung in den elektronischen Medien (vgl. dazu statt vieler Empfehlung in Sachen Swiss International Air Lines AG von 28. April 2005, Erw. 1.1).
1.1.2 Im vorliegenden Fall enthielt die am 25. September 2006 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung sämtliche von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK geforderten Angaben. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte rechtzeitig innerhalb von drei Börsentagen am 26. September 2006. Die Voranmeldung entfaltet ihre Wirkungen somit am 25. September 2006.
1.2 Transparenz und Lauterkeitsgebot bei der Darstellung
1.2.1 Die Anbieterin
1.2.1.1 Die Zielgesellschaft hat in ihrer Stellungnahme zur Voranmeldung geltend gemacht, durch den Text der Voranmeldung entstehe beim durchschnittlichen Leser der Eindruck, dass entgegen den rechtlichen Tatsachen Ferd und CVC als Anbieter auftreten bzw. in irgendeiner Form eine Garantie für die Verpflichtung der Anbieterin übernommen hätten. Damit verstosse die Voranmeldung gegen das Prinzip der Lauterkeit.
1.2.1.2 Es ist richtig, dass Ferd und CVC im Text der Voranmeldung gleich nach der Anbieterin genannt und in eher unüblicher Art und Weise drucktechnisch gleich stark hervorgehoben werden wie die Anbieterin. Allerdings wird die Anbieterin, nämlich die Romanshorn, als diejenige bezeichnet, welche das öffentliche Kaufangebot unterbreitet und es wird an gleicher Stelle darauf hingewiesen, dass die Romanshorn von Ferd und CVC beherrscht wird bzw. Ferd und CVC die wirtschaftlich Berechtigten an der Anbieterin sind. Daraus gehen die Verhältnisse klar hervor und somit kann diese Darstellung nicht als irreführend oder gegen das Lauterkeitsgebot verstossend betrachtet werden. Im Übrigen ist festzuhalten, dass vom sachkundigen Anleger auszugehen ist, der den Informationsgehalt einer Voranmeldung wie derjenigen der Romanshorn sehr wohl versteht (vgl. Empfehlung II in Sachen InCentive Capital AG vom 11. Juni 2003, Erw. 1.2).
1.2.2 Der Angebotspreis
1.2.2.1 Die Voranmeldung der Romanshorn enthält folgende Ankündigung:
„Preis des Angebots: Der Basispreis des Angebots („Angebotspreis“) pro sich im Publikum befindende SIG-Aktie beträgt CHF 325 netto. […]
Mögliche Erhöhung des Angebotspreises : […] Die Bieterin stellt in Aussicht, den Angebotspreis pro SIG-Aktie bis auf CHF 350 netto zu erhöhen, sofern die SIG Holding der Bieterin umfangmässig eine „Due Diligence“-Prüfung gemäss dem Schreiben von Ferd AS an den Verwaltungsrat der SIG Holding vom 22. September 2006 (verfügbar auf www.sig.biz) gewährt und die Bieterin gestützt auf die Ergebnisse dieser „Due Diligence“-Prüfung zur Überzeugung gelangt, dass der Angebotspreis keinen fairen Gegenwert für die SIG-Aktien darstellt. Die mögliche Erhöhung des Angebotspreises liegt im alleinigen Ermessen der Bieterin.“
1.2.2.2 Die SIG Holding hält dafür, dass mit diesem Text die Erwartung entstehe, dass der Angebotspreis nach Durchführung der Due Diligence-Prüfung tatsächlich auf CHF 350 erhöht werde. Es müssten in Analogie zu Art. 9 Abs. 2 UEV-UEK mindestens die Kriterien für eine Erhöhung angegeben werden. Die Formulierung, „dass der Angebotspreis keinen fairen Gegenwert für die SIG-Aktien darstellt“ sei völlig ungenügend.
1.2.2.3 Die Romanshorn hält in ihrer Stellungnahme dagegen, dass die Kriterien für eine Erhöhung des Angebotspreises deshalb nicht angegeben werden könnten, weil die Zielgesellschaft keine vorgängige Due Diligence-Prüfung zugelassen habe. Daher habe sie keine detaillierte Kenntnis über den Geschäftsgang der Zielgesellschaft und könne demzufolge auch keine Bedingungen bzw. Voraussetzungen für eine allfällige Erhöhung festlegen. Eine Ankündigung bzw. ein Inaussichtstellen der Erhöhung des Angebotspreises sei zudem – im Vergleich zu einer Senkung desselben – voraussetzungslos möglich.
1.2.2.4 Gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. d UEV-UEK hat die Voranmeldung den Preis des angekündigten öffentlichen Kaufangebots zu bezeichnen. Die Anbieterin gibt in der Voranmeldung einen Angebotspreis von CHF 325 pro SIG-Aktie an und stellt zudem in Aussicht, dass eine Erhöhung des Angebotspreises dann gewährt werden könne, wenn die Due Diligence-Prüfung erfolgt sei und sie, die Anbieterin, zum Schluss käme, dass der Angebotspreis „keinen fairen Gegenwert“ für die SIG-Aktien darstelle. Der in der Voranmeldung aufgeführte Angebotspreis muss bestimmt bzw. zumindest bestimmbar sein. Vorliegend ist für den Angebotsempfänger jedoch nicht erkennbar, unter welchen Umständen oder Bedingungen er mit einer Erhöhung des Angebotspreises durch die Anbieterin rechnen kann. Es liegt im reinen Ermessen der Anbieterin, unter welchen Umständen sie zum Schluss kommt, dass der Angebotspreis „keinen fairen Gegenwert“ darstellt. Mit dieser Aussage werden beim Empfänger des Angebots lediglich Erwartungen erweckt bzw. der Anschein eines höheren Angebotspreises vermittelt, ohne dabei klare, objektiv feststellbare und für den Empfänger des Angebots nachvollziehbare Kriterien anzugeben, die tatsächlich zu einer Erhöhung des Angebotspreises führen würden. Die Angaben in Bezug auf eine „allfällige Erhöhung des Angebotspreises“ genügen daher den Anforderungen an die Transparenz und Lauterkeit eines Angebots nicht.
Nach Veröffentlichung der Voranmeldung darf ein Anbieter den Preis des Angebots zugunsten der Empfänger des Angebots bis zum Ablauf der Angebotsfrist abändern (Art. 15 UEV-UEK). Dazu bedarf es keines Vorbehalts bzw. kein Inaussichtstellen einer allfälligen Erhöhung in der Voranmeldung. Weist die Anbieterin jedoch ausdrücklich auf eine solche hin, so hat sie diese an klare, objektiv feststellbare Kriterien zu knüpfen, was vorliegend – wie bereits gesagt – nicht erfüllt ist. Dazu kommt, dass die Ankündigung, im Falle der Zulassung zu einer Due Diligence-Prüfung den Preis allenfalls zu erhöhen, zwar keine Bedingung des Angebots darstellt, den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft im Kontext eines unfreundlichen Angebots allerdings in eine Drucksituation bzw. ein ähnliches Dilemma versetzt wie eine unzulässige Due Diligence-Bedingung (vgl. Empfehlung I in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG – Voranmeldung (Bedingungen) vom 15. Juli 2005, Erw. 2.11.4). Öffnet er die Bücher, verletzt er allenfalls Art. 717 OR, öffnet er sie nicht, wird ihm dadurch die Verantwortung für die Nichterhöhung des Angebotspreises zugeschoben. Aus diesen Gründen hat die Anbieterin den Abschnitt über die „Mögliche Erhöhung des Angebotspreises“ im Angebotsprospekt nicht mehr aufzuführen.
2. Anwendung der Bestimmungen über den Mindestpreis
Umfasst das Angebot Beteiligungspapiere, deren Erwerb die Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots auslösen würde, so muss gemäss Art. 10 Abs. 5 zweiter Satz UEV-UEK der Angebotspreis den Bestimmungen über Pflichtangebote (Art. 32 Abs. 4 und 5 BEHG, Art. 37 – 43 BEHV-EBK) entsprechen. Das Angebot der Romanshorn erstreckt sich auf alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding und überschreitet damit den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte. Die Regeln über den Mindestpreis gelangen demnach im vorliegenden Fall zur Anwendung.
3. Verletzung des Prinzips der Gleichbehandlung
3.1 Das Prinzip der Gleichbehandlung ist ein wesentlicher Grundsatz des Börsenrechts (Art. 1 BEHG) und insbesondere auch des Übernahmerechts (Art. 1 UEV-UEK). Der im Übernahmerecht statuierte Gleichbehandlungsgrundsatz sieht unter anderem in Art. 24 Abs. 2 BEHG vor, dass die Anbieterin nach Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung (vgl. Empfehlung in Sachen Société Immobilière Genevoise vom 5. Mai 1999, Erw. 2.1) die Besitzer von Beteiligungspapieren derselben Art gleich zu behandeln hat.
Die Best Price Rule gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK ist eine der Konsequenzen bzw. Konkretisierungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Gemäss dieser Bestimmung dürfen die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten. Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel bereits ab Veröffentlichung der Voranmeldung während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist.
3.2 Aus den von der Übernahmekommission einverlangten Verträgen (vgl. lit. N) hat sich ergeben, dass die Anbieterin bzw. eine mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnde Person, nämlich die von Ferd und CVC beherrschte Oyster Rock, am 5. Oktober 2006 und somit nach Veröffentlichung der Voranmeldung, von Aktionären der Zielgesellschaft (vgl. lit. M) ein Aktienpaket über 5.77% des Aktienkapitals der Zielgesellschaft durch Abschluss von zwei Kaufverträgen (nachfolgend „Kaufverträge“) erworben hat. Diese Kaufverträge definieren den Kaufpreis in einer Preisanpassungs-Klausel wie folgt:
- Purchase Price in General: Bei Vollzug (gemäss Kaufverträge: 10. Oktober 2006) ist eine Barauszahlung von CHF 325 pro SIG-Aktie fällig.
- Purchase Price in case of increased Offer: Bei einer Erhöhung des Angebotspreises durch die Anbieterin muss die Anbieterin 100% des Erhöhungsbetrages bezahlen, soweit sie den Angebotspreis über den in der Voranmeldung angekündigten Angebotspreis von CHF 325 erhöht. Dieser ist innerhalb von drei Börsentagen ab Ankündigung der Erhöhung des Angebotspreises auszuzahlen.
- Purchase Price in case of Competing Offer: Im Falle eines Konkurrenzangebots durch einen Drittanbieter berechnet sich der Kaufpreis wie folgt:
-bei einem Drittangebotspreis von bis und mit CHF 350 pro SIG-Aktie:
[(Drittangebotspreis – der vom Anbieter bereits bezahlte Preis) x 95%]
-bei einem Drittangebotspreis über CHF 350 pro SIG-Aktie:
[(CHF 350 – der vom Anbieter bereits bezahlte Preis) + (Drittangebotspreis – CHF 350) x 70%]
3.3 Die Zielgesellschaft macht in ihren Eingaben im Wesentlichen geltend, für die Anwendung der Best Price Rule könne nicht allein auf die Barkomponente, sondern es müsse auf den ökonomischen Gesamtwert des vereinbarten Preises im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt werden. Demzufolge sei neben dem Barpreis auch der Wert der Preissteigerungskomponente im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, welche wie eine Option zu behandeln sei, zu bewerten. Der Wert dieser Wertsteigerungskomponente bestimme sich aus der Differenz des im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Marktpreises der SIG-Aktie abzüglich der Barkomponente von CHF 325, entsprechend CHF 35.25 (CHF 360.25 – CHF 325). Dementsprechend sei bei der Anwendung der Best Price Rule beim Kauf der Aktien durch Oyster Rock davon auszugehen, dass die Aktien zu dem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Marktpreis gekauft worden seien.
3.4 Die Anbieterin hält dem entgegen, dass die in den Verträgen vorgesehene Preisanpassung keine Option, sondern eine „schlichte Preisanpassung“ sei. Nach Ansicht der Anbieterin ist Sinn und Zweck der Preisanpassung die Gleichbehandlung der Aktionäre, da die Verträge sicherstellen, dass diejenigen Aktionäre, die ihre Aktien im Rahmen dieser Verträge verkauft haben, unter keinen Umständen einen höheren Betrag pro verkaufte SIG-Aktie erhalten, als diejenigen Aktionäre, die ihre Aktien im Rahmen des Übernahmeangebotes andienen. Abgesehen davon, dass das Schweizer Übernahmerecht den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft ausserhalb des Angebots sanktionslos zulasse, beurteile sich die Frage der Einhaltung der Best Price Rule auf der Grundlage von zwei Bezugsgrössen, nämlich dem Angebotspreis einerseits und dem Erwerbspreis ausserhalb des Angebots erworbener Aktien andererseits. Vorliegend sei der Angebotspreis CHF 325 und der Preis, den die verkaufenden Aktionäre erhalten haben, sei ebenfalls CHF 325. Die Preisanpassungsklausel habe daher keinen ökonomischen Wert.
3.5 Das Schweizerische Übernahmerecht gestattet es der Anbieterin, ausserhalb des Angebots gegen Barzahlung Titel der Zielgesellschaft zu erwerben. Keine Rolle spielt es dabei, ob es sich bei solchen Käufen um Börsengeschäfte oder um private Transaktionen handelt (vgl. Empfehlung in Sachen Leica Geosystems Holdings AG vom 24. August 2005, Erw. 7.3). Ein solcher Erwerb wird somit nicht als Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes betrachtet, solange die Anbieterin die Best Price Rule einhält. Die Best Price Rule ist allerdings nur ein Aspekt des Prinzips der Gleichbehandlung. Wie bereits ausgeführt (Erw. 3.1), hat die Anbieterin die Empfänger des Angebots grundsätzlich gleich zu behandeln. Gewährt sie einem Aktionär während des Angebots (bzw. nach der Voranmeldung) besondere Vorteile, sind diese grundsätzlich allen anderen Aktionären ebenfalls einzuräumen.
3.5.1 Vorliegend haben die im Rahmen der Kaufverträge verkaufenden Aktionäre („Ex-Aktionäre“) bei Vollzug sofort die Barkomponente von CHF 325 erhalten. Im Übrigen partizipieren sie – obwohl sie nicht mehr Aktionäre der Zielgesellschaft sind – weiterhin an einer allfälligen Erhöhung des Angebotspreises durch die Anbieterin und/oder durch einen Drittanbieter. Die Ex-Aktionäre kommen demzufolge in den Genuss einer Preisabsicherung gegen unten und eines vertraglichen Rechts auf Preisanpassung nach oben. Damit werden den Ex-Aktionären trotz Verkauf ihrer Aktien alle Vorteile des Angebots bzw. eines möglichen Konkurrenzangebots weiterhin gewährt, hingegen haben sie das wirtschaftliche Risiko des Scheiterns des Angebots bzw. allfälliger Drittofferten nicht mehr zu tragen. Demzufolge werden sie von der Anbieterin gegenüber denjenigen Aktionären, die ihre Aktien im Rahmen des Übernahmeangebots andienen, besser gestellt. Letztere erhalten von der Anbieterin keine Preisabsicherung nach unten. Im Falle des Scheiterns des Angebots bzw. allfälliger Drittofferten können sie ihre Aktien nicht mehr der Anbieterin andienen, sondern nur noch über den Markt verkaufen. Wollen sie von einer möglichen Preiserhöhung durch die Anbieterin bzw. aufgrund einer Drittofferte profitieren (Preisanpassungs-„Option“), müssen sie im Gegensatz zu den Ex-Aktionären ihre Aktionärsstellung behalten.
3.5.2 Aufgrund des Erörterten stellt sich die Frage, ob die von der Anbieterin den Ex-Aktionären gewährte Besserstellung bzw. Mehrwert ökonomisch bewertet werden kann. Neben einer „Preisgarantie“ nach unten, gewährt die Anbieterin den Ex-Aktionären eine Preisanpassungs-„Option“ nach oben. Diese Preisanpassung könnte als suspensiv bedingte Option betrachtet werden. Aus diesem Grund ist zu überlegen, ob zu deren Bewertung nicht die üblichen Optionsbewertungsmodelle herangezogen werden können. Sowohl das zur Bewertung von europäischen Optionen üblicherweise angewandte Black/Scholes-Modell als auch das zur Bewertung von amerikanischen Optionen üblicherweise angewandte Binomialmodell verwenden mindestens die folgenden Optionsparameter: Aktienkurs und Volatilität des Underlying, Dividendenrendite, Optionslaufzeit, risikoloser Zinssatz und Ausübungspreis (strike). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass vorliegend nicht von einer Option im klassischen Sinne auszugehen ist. Einerseits hängen die Anwendung der Preisanpassung und deren Höhe nicht vom Willen des „Optionsberechtigten“, sondern vom Willen und der Handlungen der Anbieter, also der „Optionsbelasteten“ ab. Andererseits ist im Zeitpunkt, in dem die Option zu bewerten wäre, weder die „Optionslaufzeit“ noch der „Ausübungspreis“ bekannt. Hinzu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Bedingung, welche die „Option“ (Erhöhung des Preises durch die Anbieterin oder Konkurrenzanbieter) auslösen würde, nicht bestimmt werden kann. Es ist zwar richtig, dass der Marktpreis, der zur Zeit über dem Angebotspreis liegt, auch die Erwartungen der Marktteilnehmer bezüglich einer allfälligen Erhöhung des Angebotspreises bzw. Lancierung einer Konkurrenzofferte beinhaltet. Der Marktpreis widerspiegelt allerdings nicht nur diese Erwartungen, sondern auch alle im Markt verfügbaren Informationen in Bezug auf die Zielgesellschaft. Damit kann aus dem Marktpreis nicht direkt – wie von der Zielgesellschaft behauptet – die Wahrscheinlichkeit des tatsächlichen Eintritts der Bedingung abgelesen werden. Demzufolge kann der ökonomische Wert dieser „Option“ – treffender müsste man eher von einer „Anwartschaft“ sprechen – eventuell (wie von der Zielgesellschaft geltend gemacht) der Differenz zwischen dem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Marktpreises der SIG-Aktien abzüglich der Barkomponente von CHF 325 pro SIG-Aktie entsprechen; er kann aber auch darüber oder darunter liegen. Aufgrund dieser Bewertungsproblematik ist in Analogie zu Art. 38 Abs. 3 und 4 BEHV-EBK der Wert der Preisanpassungs-„Option“ demzufolge durch die Prüfstelle gemäss Art. 25 BEHG beurteilen zu lassen. Diese hat vor der Publikation des Angebotsprospekts einen Bericht zu verfassen und ihn der Übernahmekommission zu unterbreiten, welche den Wert festsetzt. Unabhängig davon, ob dieser Preisanpassungs-Klausel ein Geldwert zugemessen werden kann, ist vorliegend von einer Verletzung der Gleichbehandlung auszugehen, da – wie oben erörtert (siehe Erw. 3.5.1) – den Ex-Aktionären Vorteile gewährt werden, welche die Angebotsempfänger von der Anbieterin nicht erhalten.
3.5.3 Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Kaufverträge mit den Ex-Aktionären in ihrer Gesamtbetrachtung zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes führen. Im Übernahmerecht kann eine erfolgte Verletzung der Gleichbehandlung nicht einfach durch Rückgängigmachung der verletzenden Handlung, vorliegend also durch einverständliche „Rückgängigmachung“ der Kaufverträge bzw. der Preisanpassungsklausel (contrarius actus), geheilt werden. Vielmehr sieht das Übernahmerecht als Prinzip vor (vgl. Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK), dass in einem solchen Fall eine Besserstellung der zuvor schlechter behandelten Angebotsempfänger stattfinden muss. Aus diesem Grund hat die Anbieterin die Gleichbehandlung wie folgt „wiederherzustellen“:
(i) Die Anbieterin erhöht den Angebotspreis im Umfang des von der Prüfstelle berechneten und der Übernahmekommission festgesetzten Wertes der Preisanpassungs-„Option“.
(ii) Sollte die Prüfstelle zum Schluss gelangen, dass sich die Preisanpassungs-„Option“ nicht bewerten lässt, kann die Ungleichbehandlung nicht durch Erhöhung des Angebotspreises „kompensiert“ werden. In diesem Fall hat die Anbieterin auf sämtliche Bedingungen zu verzichten. Dadurch kann sichergestellt werden, dass auch die Empfänger des Angebots wie die Ex-Aktionäre sowohl eine „Preisgarantie“ nach unten von CHF 325 als auch eine Preisanpassungs-„Option“ nach oben erhalten. Es kann der Anbieterin jedoch nicht zugemutet werden, ein Angebot zu Ende zu führen bzw. zu vollziehen, falls die zuständigen Behörden dieses Angebot oder dessen Vollzug verhindern, verbieten oder für unzulässig erklären. Daher ist es der Anbieterin, falls Variante (ii) zum Zuge kommt, gestattet, Bedingung c beizubehalten.
4. Bedingungen
Aufgrund der Ausführungen in Erwägung 3.5.3 muss die Anbieterin auf die Bedingungen verzichten, falls Variante (i) nicht zum Zug kommt. Kommt hingegen Variante (i) zur Anwendung, wird die Gesetzmässigkeit der Bedingungen mit der Empfehlung zum Angebotsprospekt beurteilt. Bedingung c ist in jedem Fall zulässig.
5. Auktion und Due Diligence-Prüfung
5.1 Anträge der Anbieterin
Die Anbieterin reichte am 3. Oktober 2006 ein Gesuch „Auktion und Due Diligence“ mit folgenden Anträgen ein:
„1. Die SIG Holding AG sei zu verpflichten, der Bieterin einzig unter der Bedingung der Vertraulichkeit spätestens ab dem 9. Oktober 2006 Zugang zu sämtlichen Dokumenten und Personen, die für eine Due Diligence Prüfung mit Umfang mindestens gemäss Brief von Ferd AS an den Verwaltungsratspräsidenten der SIG Holding AG vom 22. September notwendig sind, zu gewähren.
2. Es sei festzustellen, dass die SIG Holding AG (a) eigene Aktien, die sie unter einem Rückkaufsprogramm erworben hat, nicht veräussern darf, und (b) andere eigene Aktien nur veräussern darf, wenn sie dieselbe Anzahl eigener Aktien zu gleichen Konditionen gleichzeitig auch der Bieterin anbietet (solange die Generalversammlung nicht anders entscheidet).
3. Es sei festzustellen, dass die von SIG-Holding AG angekündigte Auktion eine Abwehrmassnahme i.S.v. Art. 34 UEV-UEK darstellt.
4. Es sei festzustellen, dass SIG Holding AG im Zusammenhang mit der Ankündigung der Auktion die Anzeigepflicht i.S.v. Art. 34 UEV-UEK verletzt hat.
5. Die SIG Holding AG sei zu verpflichten, sämtliche weiteren Schritte im Zusammenhang mit der Auktion der Bieterin unverzüglich anzuzeigen, insbesondere den detaillierten Zeitplan der Auktion und Umfang der Due Diligence Prüfung (samt Änderungen), die Interessenbekundung seitens Dritter, Unterzeichnung von Dokumenten jeglicher Art in Zusammenhang mit der Auktion seitens oder zuhanden Dritter, (vereinbarte und tatsächliche) Modalitäten einer Due Diligence Prüfung durch Dritte, je unter Namensnennung solcher Dritter.
6. Die SIG Holding AG sei zu verpflichten, sämtliche weiteren Schritte im Zusammenhang mit der Auktion der UEK unverzüglich anzuzeigen, insbesondere den detaillierten Zeitplan der Auktion und Umfang der Due Diligence Prüfung (samt Änderungen), die Interessenbekundung seitens Dritter, Unterzeichnung von Dokumenten jeglicher Art in Zusammenhang mit der Auktion seitens oder zuhanden Dritter, (vereinbarte und tatsächliche) Modalitäten einer Due Diligence Prüfung durch Dritte, je unter Namensnennung solcher Dritter.
Eventualantrag zu Antrag 5 : Die SIG Holding sei zu verpflichten, sämtliche Anzeigen gemäss Antrag 6 der Bieterin in Kopie zuzustellen; subeventualiter sei das Verfahren vor der UEK derart festzulegen, dass die UEK sämtliche Anzeigen gemäss Antrag 6 der Bieterin weiterleitet.“
5.2 Anspruch auf Zulassung zur Due Diligence-Prüfung
5.2.1 Die Anbieterin macht in ihren Anträgen und der Begründung im Wesentlichen geltend, die Zielgesellschaft habe aus Gründen der Lauterkeit, Transparenz und des Gleichbehandlungsgebots die Anbieterin unverzüglich zur Due Diligence-Prüfung zuzulassen. Die Zielgesellschaft bringt demgegenüber zusammengefasst vor, dass sie in der Vorbereitung einer Due Diligence-Prüfung sei, die Anbieterin aber weder aktien- noch börsenrechtlich einen Anspruch auf eine Due Diligence-Prüfung habe. Das Gleichbehandlungsgebot gemäss Art. 48 UEV-UEK gelte zudem nur, wenn mehrere Anbieter vorhanden seien. Es gebe im Übrigen keinen zeitlichen und umfangmässigen Anspruch der Anbieterin hinsichtlich der Due Diligence-Prüfung.
5.2.2 Mit Pressemitteilung vom 24. September 2006, am Vorabend der Veröffentlichung der Voranmeldung durch die Anbieterin, kündigte der Verwaltungsrat an, dass er entschieden habe, sowohl CVC/Ferd als auch Dritten die Gelegenheit zu geben, eine Akquisition von SIG Holding sorgfältig zu prüfen und er in den kommenden Tagen die Modalitäten der Zulassung von potentiellen Kaufinteressenten zu einer „Due Diligence“ festlegen werde. Mit Aktionärsbrief vom 29. September 2006, also nach erfolgter Voranmeldung, wiederholte die Zielgesellschaft ihren Willen zur Gewährung einer Due Diligence-Prüfung, indem sie den Aktionären mitteilte, dass sie allen interessierten Dritten die Gelegenheit geben werde, einen Erwerb der SIG Holding sorgfältig zu prüfen und Kriterien entwickelt würden, wie, wann und wem vertrauliche Unternehmensinformationen zugänglich gemacht würden.
5.2.2.1 Es ist richtig, dass grundsätzlich weder das Aktien- noch das Börsenrecht dem Anbieter einen direkten Anspruch gegenüber der Zielgesellschaft auf Zulassung zu einer Due Diligence-Prüfung gibt. Der Entscheid über die Gewährung einer Due Diligence-Prüfung liegt einzig in der Kompetenz bzw. im Ermessen des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft. Jedoch werden Verlautbarungen der Parteien, die sie im Rahmen eines Übernahmeverfahrens bzw. im Zusammenhang mit einem (geplanten) Angebot machen, zum Bestandteil des Übernahmeverfahrens. In einem Übernahmeverfahren ist der Verwaltungsrat nicht mehr frei, gegenüber den Aktionären und den Anbietern irgendwelche „Versprechen“ und/oder „Zusicherungen“ abzugeben, ohne sich daran halten zu müssen. Die dabei geltenden Grundsätze der Lauterkeit sowie von Treu und Glauben gebieten es, dass der Verwaltungsrat auf seine Äusserungen gegenüber den Aktionären und den Anbietern zu behaften ist (vgl. auch Empfehlung in Sachen EIC Electricity SA vom 25. Juli 2003, Erw. 3.2). Er kann nicht als Reaktion auf ein Übernahmeangebot Vertrauen in bestimmte Handlungen erwecken, um dieses Vertrauen danach durch Nichtvornahme der versprochenen Handlung zu enttäuschen. Hat er die Gewährung einer Due Diligence-Prüfung in Aussicht gestellt, ist er daran gebunden.
5.2.2.2 Wie oben bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsrat der SIG Holding die Durchführung einer Due Diligence-Prüfung mittels Pressemitteilung und Aktionärsbrief angekündigt, weshalb die Öffentlichkeit und die (potentiellen) Anbieter davon ausgehen konnten, dass dieser Entscheid auf einem formellen Beschluss des Verwaltungsrats basiert. Die Anbieterin (bzw. deren wirtschaftlich berechtigte Personen, d.h. Ferd und CVC) wurde in der Pressemitteilung vom 24. September 2006 (vgl. lit. C) sogar ausdrücklich erwähnt. Nach dem Vertrauensprinzip durfte die Anbieterin demzufolge davon ausgehen, dass sie zur Due Diligence-Prüfung zugelassen wird, sofern sie die für die Zulassung zur Due Diligence-Prüfung marktüblichen Verträge unterzeichnet (z.B. Unterzeichnung eines Confidentiality Agreements und der Dataraumregeln). Vorliegend kommt hinzu, dass die Zielgesellschaft ihren Willen konkludent kundgetan hat, die Anbieterin zu einer Due Diligence-Prüfung zuzulassen, indem sie der Anbieterin ein Confidentiality Agreement zur Unterzeichnung zugesandt hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass offenbar noch keine definitive Einigung betreffend des Confidentiality Agreements stattgefunden hat. Der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft hat demzufolge die Anbieterin grundsätzlich zur Durchführung einer Due Diligence-Prüfung zuzulassen, sobald die Anbieterin die für die Zulassung zur Due Diligence-Prüfung marktüblichen Verträge unterzeichnet hat (z.B. Unterzeichnung eines Confidentiality Agreements und der Dataraumregeln), wobei Inhalt und Modalitäten dieser Verträge durch den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft nach Massgabe von sachgerechten und die Gleichbehandlung respektierenden Regeln festgelegt werden (vgl. dazu nachstehend Erw. 5.2.2.3). Im Gegensatz zu den potentiellen Anbietern, welche gemäss dem vom Verwaltungsrat vorgesehenen „zweistufigen Verfahren“ (vgl. lit. U) vor Zulassung zur Due Diligence-Prüfung sogenannte „non-binding-offers“ unterbreiten müssen, kann die Unterbreitung einer „non-binding-offer“ von der Romanshorn nicht mehr verlangt werden, da sie bis anhin die einzige Anbieterin ist, die im Rahmen einer Voranmeldung verbindlich ihren Willen zu einem Angebot öffentlich kundgetan hat. Insofern besteht keine Notwendigkeit, nach Unterzeichnung aller notwendigen Verträge durch die Anbieterin mit der Zulassung zur Due Diligence-Prüfung weiter zuzuwarten.
5.2.2.3 Obwohl feststeht, dass die Anbieterin Anspruch auf Zulassung zur Due Diligence-Prüfung hat, entscheidet der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft im Rahmen seines Ermessens über Zeitpunkt, Umfang und Modalitäten derselben. Daher kann die Anbieterin keine Forderungen in Bezug auf ein ganz bestimmtes Datum der Zulassung zur Due Diligence-Prüfung stellen. Dasselbe gilt für Modalitäten und Umfang der zu gewährenden Due Diligence-Prüfung. Allerdings ist anzumerken, dass Art. 48 Abs. 1 UEV-UEK die Gleichbehandlungspflicht gegenüber allen Anbietern durch die Zielgesellschaft vorschreibt. Analog zu dieser Bestimmung muss die Zielgesellschaft der Anbieterin auch dann eine Due Diligence-Prüfung gewähren, wenn sie diese während der Dauer eines Angebots potentiellen Konkurrenten gewährt, selbst wenn die potentiellen Konkurrenten nach Durchführung der Due Diligence-Prüfung kein Angebot unterbreiten (vgl. Empfehlung in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG vom 15. Juli 2005, Erw. 2.11.3). Daraus leitet sich ein Anspruch auf Gewährung einer Due Diligence-Prüfung im selben Umfang und mit denselben Modalitäten ab. In zeitlicher Hinsicht darf die Zielgesellschaft bzw. der Verwaltungsrat die Vorbereitung und die Zulassung nicht ungebührlich hinauszögern. Entscheidet sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft für eine Due Diligence-Prüfung, so hat er nach Treu und Glauben sowie im Interesse der Zielgesellschaft und des Aktionärs an einem raschen Verfahren alle dahingehend erforderlichen Vorkehrungen beförderlich zu treffen.
Vorliegend hat sich der Verwaltungsrat am 24. September 2006 zur Zulassung einer Due Diligence-Prüfung geäussert. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist jedoch noch keine Zulassung zur selbigen erfolgt. Am 24. September 2006 – also bereits vor einem Monat – hat der Verwaltungsrat in Aussicht gestellt, dass er „in den kommenden Tagen“ die Modalitäten der Due Diligence-Prüfung festlegen werde. Unter Berücksichtigung der für eine solche Due Diligence-Prüfung benötigten Vorbereitungszeit ist der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft aufzufordern, gegenüber der Übernahmekommission den Nachweis zu erbringen, dass alle erforderlichen Vorkehrungen beförderlich getroffen wurden sowie die Übernahmekommission über den gegenwärtigen Stand und die konkret geplanten Schritte zu informieren. Auf jeden Fall hat die Zielgesellschaft der Anbieterin unverzüglich das „Information Package“ zuzustellen, sobald diese das Confidentiality Agreement unterzeichnet hat sowie unverzüglich Zugang zur Due Diligence-Prüfung zu gewähren, sobald alle Vorbereitungen für den Datenraum getroffen und die für den Zutritt notwendigen Verträge durch die Anbieterin unterzeichnet worden sind.
5.3 Auktion und Abwehrmassnahme
5.3.1 Im Zusammenhang mit der Auktion und Due Diligence-Prüfung macht die Anbieterin in Antrag 3 im Wesentlichen geltend, dass der Entscheid, eine Auktion durchzuführen sowie die Zulassung weiterer Interessenten als Abwehrmassnahme zu qualifizieren sei.
5.3.2 Als Abwehrmassnahmen gelten alle Handlungen der zuständigen Organe, die bei objektiver Betrachtungsweise geeignet sind, eine unerwünschte Übernahme zu erschweren oder zu verhindern (vgl. auch Empfehlung V in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG - Abwehrmassnahme vom 23. August 2005, Erw. 1.1.2; Empfehlung III in Sachen Sulzer AG vom 29. März 2001, Erw. 1.2). Nach seinem Sinn und Zweck erfasst Art. 29 Abs. 2 BEHG Beschlüsse und sonstige Massnahmen des Verwaltungsrats; demzufolge findet die Bestimmung nicht nur auf die eigentliche Beschlussfassung Anwendung, sondern auch auf die Durchführung und den Vollzug von bereits gefassten Beschlüssen, beispielsweise auf den Abschluss von Verträgen.
5.3.3 Öffentliche Übernahmen sind potentiell immer auch Auktionen, wobei der Auktionsprozess mit dem Erstangebot in Gang gesetzt wird. Während der Angebotsfrist kann grundsätzlich durch einen Konkurrenzanbieter eine Konkurrenzofferte unterbreitet werden. Aus der Sicht des Aktionärs ist es entscheidend, dass während der Angebotsfrist jederzeit ein potentieller Auktionszutritt möglich bleibt und in keiner Art und Weise verhindert oder erschwert wird, unabhängig davon, ob tatsächlich ein Konkurrenzangebot erfolgt. Bestrebungen des Verwaltungsrats einer Zielgesellschaft im Falle eines unfreundlichen Angebots einen Bieterwettbewerb im Rahmen der übernahmerechtlichen Regelungen in Gang zu setzen, sind demzufolge im Interesse der Anleger und grundsätzlich mit Sinn und Zweck des Übernahmerechts vereinbar bzw. sogar erwünscht. Es geht also nicht darum, ein paralleles „Auktionsverfahren“ zu organisieren, sondern lediglich den Auktionszutritt von potentiellen Konkurrenzanbietern zu motivieren. Insofern ist die Initiierung eines Bieterprozesses durch Gewährung einer Due Diligence-Prüfung an alle „(seriös) interessierten Personen“ zu begrüssen. Solange der Verwaltungsrat die Interessen der Gesellschaft wahrt und durch die Schaffung einer Auktionssituation versucht, eine Erhöhung des Angebotspreises herbeiführen, stellt der von der Zielgesellschaft vorgesehene Bieterprozess keine gesetzwidrige oder unzulässige, sondern eine zulässige Abwehrmassnahme dar. Die bindenden Angebote und somit die Auktion haben jedoch im Rahmen des Übernahmeverfahrens und des Übernahmerechts stattzufinden und somit die Grundsätze der Lauterkeit, Gleichbehandlung und Transparenz zu respektieren.
5.4 Anzeigepflicht gemäss Art. 34 UEV-UEK
5.4.1 Art. 34 UEV-UEK statuiert die Pflicht der Zielgesellschaft, ab Veröffentlichung eines Angebots der Übernahmekommission jede Abwehrmassnahme, welche sie einzusetzen gedenkt, im Voraus anzuzeigen. Diese Anzeigepflicht besteht selbst dann, wenn es sich um eine Massnahme handelt, die als offensichtlich gesetzmässig zu betrachten ist.
5.4.2 Mit Eingabe vom 3. Oktober 2006 zeigte die SIG Holding der Übernahmekommission die geplante Zulassung zur Due Diligence-Prüfung für alle interessierten Parteien an, in der sie auch die weiteren geplanten Massnahmen darlegte. Der Beschluss hinsichtlich der Zulassung zur Due Diligence-Prüfung war durch den Verwaltungsrat kurz vor Veröffentlichung der Voranmeldung getroffen bzw. publik gemacht worden. Von der Anzeigepflicht ist nicht nur die eigentliche Beschlussfassung erfasst, sondern auch die Durchführung und der Vollzug von bereits gefassten Beschlüssen . Die Anzeigepflicht gegenüber der Übernahmekommission entsteht ab dem Zeitpunkt der Voranmeldung durch die Anbieterin. Die Meldung hinsichtlich Due Diligence-Prüfung traf jedoch erst eine Woche (nämlich am 3. Oktober 2006) nach Publikation der Voranmeldung zusammen mit weiteren Meldungen bei der Übernahmekommission ein. Damit ist festzustellen, dass die Zielgesellschaft ihre in Bezug auf die Due Diligence-Prüfung erforderliche Anzeigepflicht durch die zeitliche Verzögerung der Meldung verletzt hat. Die Zielgesellschaft wird angewiesen, der Übernahmekommission zukünftig ihrer Anzeigepflicht unverzüglich nachzukommen. Was die mit Meldung vom 3. Oktober 2006 der Übernahmekommission angezeigten, aber in dieser Empfehlung nicht erwähnten Massnahmen anbelangt, wird die Übernahmekommission deren Gesetzmässigkeit bzw. Zulässigkeit zu einem späteren Zeitpunkt beurteilen.
5.4.3 Die vorgängige Ankündigung gegenüber der Übernahmekommission nach Art. 34 UEV-UEK hat zum Zweck, gesetzwidrige Abwehrmassnahmen rechtzeitig unterbinden zu können. Sie dient demnach der Übernahmekommission zur Beurteilung, ob die von einer Zielgesellschaft geplanten Abwehrmassnahmen gegen Art. 29 BEHG bzw. Art. 35 f. UEV-UEK verstossen. Die Anzeigen durch die Zielgesellschaft werden allerdings nicht den Anbietern mitgeteilt, da der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung nicht beabsichtigt hat, die Zielgesellschaft um das Überraschungsmoment zu bringen, dem einzelne Abwehrmassnahmen oftmals ihre Wirkung verdanken. Dies gilt umso mehr, als gemäss Art. 34 UEV-UEK auch Massnahmen anzuzeigen sind, die als offensichtlich gesetzmässig zu betrachten sind. Ein genereller Anspruch der Anbieterin auf eine direkte Weiterleitung der Anzeige von Abwehrmassnahmen besteht demnach nicht, vielmehr entscheidet die Übernahmekommission nach Abwägung der im Einzelfall betroffenen Interessen (vgl. Empfehlung III in Sachen Sulzer AG vom 29. März 2001, Erw. 1.3 f.). Da vorliegend der von der Zielgesellschaft vorgesehene „Bieterprozess“ bislang keine gesetzwidrige oder unzulässige Abwehrmassnahme darstellt, werden Antrag 5 und Eventualantrag zum Antrag 5 abgelehnt.
5.5 Eigene Aktien
5.5.1 Zu Antrag 2 führt die Anbieterin aus, dass die SIG Holding durch die Veräusserung ihrer eigenen Aktien einen Bieterwettbewerb stören könnte. Aus Gründen der Gleichbehandlung dürfe die Zielgesellschaft eigene Aktien nur veräussern, wenn sie der Anbieterin proportional und zu gleichen Konditionen auch Aktien anbietet. Ansonsten würde die Veräusserung der eigenen Aktien eine Abwehrmassnahme darstellen, für die die Generalversammlung zuständig sei. Die im Rahmen des Rückkaufsprogramms erworbenen eigenen Aktien dürften aufgrund der Zweckbestimmung (Kapitalherabsetzung) nicht veräussert werden.
5.5.2 Die Zielgesellschaft hat in ihrer Eingabe klargestellt, dass sie nicht gedenke, die Aktien, welche sie im Rahmen des Rückkaufprogramms zum Zwecke der Vernichtung zurückgekauft habe, zu veräussern und zu Recht festgestellt, dass ihr eine solche aufgrund der auf diesen Aktien bereits erfolgten Verrechnungssteuerabrechnung auch nicht gestattet sei. Die Zielgesellschaft ist bei dieser Aussage zu behaften. Im Übrigen ist zu bemerken, dass die Zielgesellschaft richtigerweise das laufende Rückkaufsprogramm ab 25. September 2006 eingestellt hat. Demzufolge besteht diesbezüglich keine Notwendigkeit an einer Feststellung eines Veräusserungsverbots.
Diejenigen eigenen Aktien, welche die Zielgesellschaft den Kadermitgliedern aufgrund der Incentive-Pläne zuteilen muss, belaufen sich nach Angaben der Zielgesellschaft auf 24'238 Namenaktien. Der Wert dieser Aktien beträgt weniger als 0.5% der Bilanzsumme der Zielgesellschaft per 30. Juni 2006. Damit fällt diese Zuteilung nicht unter den Anwendungsbereich von Art. 29 BEHG. Das von der Anbieterin verlangte Begehren, andere eigene Aktien dürfe die Zielgesellschaft nur veräussern, wenn sie dieselbe Anzahl eigener Aktien zu gleichen Konditionen gleichzeitig auch der Bieterin anbietet (vgl. Erw. 5.1, Antrag der Anbieterin 2 (b)), entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Antrag 2 der Anbieterin wird somit abgelehnt.
6. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird nach Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
7. Gebühr
Die Gebühr für diese Empfehlung wird mit der Empfehlung der Übernahmekommission betreffend die Prüfung des öffentlichen Übernahmeangebots der Romanshorn erhoben.
Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:
- Die Romanshorn S.A., Luxemburg, wird verpflichtet, d en in der Voranmeldung enthaltenen Abschnitt „Mögliche Erhöhung des Angebotspreises“ im Angebotsprospekt nicht mehr aufzuführen.
- Es wird festgestellt, dass durch den Abschluss der in Erwägung 3.2 genannten Kaufverträge der Gleichbehandlungsgrundsatz von Art. 24 Abs. 2 BEHG verletzt wurde.
- Die Romanshorn S.A., Luxemburg, hat die Gleichbehandlung wie folgt „wiederherzustellen“:
(i) Die Romanshorn S.A., Luxemburg, erhöht den Angebotspreis im Umfang des von der Prüfstelle berechneten und der Übernahmekommission festgesetzten Wertes der Preisanpassungs-„Option“.
(ii) Sollte die Prüfstelle zum Schluss gelangen, dass sich die Preisanpassungs-„Option“ nicht bewerten lässt, hat die Romanshorn S.A., Luxemburg, auf sämtliche Bedingungen zu verzichten. In diesem Fall ist es ihr gestattet, Bedingung c gemäss ihrer Voranmeldung beizubehalten. - Die SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, hat der Romanshorn S.A., Luxemburg, eine Due Diligence-Prüfung zu gewähren, sobald diese die für die Zulassung üblichen Verträge unterzeichnet bzw. akzeptiert hat, wobei Inhalt und Modalitäten dieser Verträge durch die SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, festgelegt werden.
- Der von der Romanshorn S.A, Luxemburg, gestellte Antrag 2 wird abgewiesen.
- Es wird festgestellt, dass der von der SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, vorgesehene „Bieterprozess“ im Sinne der Erwägungen 5.3.3 bislang keine gesetzwidrige oder unzulässige, sondern eine zulässige Abwehrmassnahme darstellt.
- Es wird festgestellt, dass die SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, ihre Anzeigepflicht gemäss Art. 34 UEV-UEK bezüglich Meldung einer Abwehrmassnahme verletzt hat. Die SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, wird angewiesen, zukünftig ihrer Anzeigepflicht unverzüglich nachzukommen.
- Der von der Romanshorn S.A, Luxemburg, gestellte Antrag 5 und Eventualantrag zu Antrag 5 werden abgewiesen.
- Es wird festgestellt, dass die Übernahmekommission mit der vorliegenden Empfehlung nicht abschliessend über sämtliche Rechtsfragen und Sachverhaltselemente entschieden hat, welche ihr im Rahmen der Eingaben der Parteien vorgelegt wurden.
- Diese Empfehlung wird nach Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr für diese Empfehlung wird mit der Empfehlung der Übernahmekommission betreffend die Prüfung des öffentlichen Kaufangebots der Romanshorn S.A., Luxemburg, für sämtliche sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, erhoben.
Der Präsident:
Hans Rudolf Widmer
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
- SIG Holding AG , durch ihren Vertreter;
- Romanshorn S.A., Luxemburg, durch ihren Vertreter;
- die Eidgenössische Bankenkommission.