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0816 - Spice Private Equity AG
Verfügung 816/01 vom 30. Mai 2022
Öffentliches Kaufangebot von GP Swiss Ltd. an die Aktionäre von Spice Private Equity AG – Voranmeldung: Bedingungen und Angebotspreis in US-Dollar
Sachverhalt:
A.
Spice Private Equity AG (Spice oder die Zielgesellschaft) ist eine am 20. September 1999 ins Handelsregister des Kantons Zug eingetragene Aktiengesellschaft mit Sitz in Zug (UID: CHE-101.127.796). Bei der Gesellschaft handelt es sich um eine Investmentgesellschaft, die sich auf globale Private Equity-Investitionen konzentriert. Gemäss Art. 2 ihrer Statuten bezweckt die Gesellschaft im Wesentlichen den direkten oder indirekten Erwerb, die dauernde Verwaltung und die Veräusserung von Beteiligungen an in- und ausländischen Gesellschaften im Private Equity-Bereich, oder an solchen Gesellschaften, welche sich auf Investitionen in diesem Bereich sowie die damit verbundene Verwaltung liquider Mittel spezialisiert haben. Das Aktienkapital von Spice beträgt CHF 53'606'170 und ist eingeteilt in 5'360'617 voll liberierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 10.00 (Spice-Aktien; vgl. Art. 4 der Statuten der Gesellschaft). Die Gesellschaft selbst hält 536'061 eigene Spice-Aktien, entsprechend 10.00% des Kapitals und verfügt des Weiteren auch über ein genehmigtes Aktienkapital in der Höhe von CHF 26'803'080, eingeteilt in 2'680'308 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 10.00, sowie über ein bedingtes Aktienkapital in der Höhe von CHF 26'803'080, eingeteilt in 2'680'308 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 10.00 (vgl. Art. 4b und 4c der Statuten der Gesellschaft). Die Spice-Aktien sind seit dem 20. Mai 2015 an der SIX Swiss Exchange AG (SIX) im regulatorischen Standard für Investmentgesellschaften (d.h. Gesellschaften, deren ausschliesslicher Zweck die kollektive Kapitalanlage mit der Erzielung von Erträgen und/oder Kapitalgewinnen ist, ohne dass sie eine unternehmerische Tätigkeit im eigentlichen Sinn verfolgen; vgl. Art. 65 des Kotierungsreglements der SIX vom 30. Juni 2021, welches am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten ist [SIX-Kotierungsreglement]) kotiert, wo sie in der Handelswährung US-Dollar (USD) gehandelt werden können (Valorensymbol: SPCE; ISIN: CH0009153310; Valorennummer: 915.331). Art. 23 der Statuten von Spice beinhaltet ein vor Kotierung der Spice-Aktien eingeführtes Opting out, wonach „[e]in Übernehmer der Gesellschaft […] gemäss Art. 125 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel […] nicht verpflichtet [ist], ein öffentliches Kaufangebot nach den Artikeln 135 und 163 FinfraG zu unterbreiten.“
Gemäss Angaben der SIX handelt es sich bei den Spice-Aktien nicht um liquide Beteiligungspapiere im Sinne des UEK-Rundschreibens Nr. 2: Liquidität im Sinne des Übernahmerechts vom 26. Februar 2010 (UEK-Rundschreiben Nr. 2).
Die Spice-Aktien werden laut der Gesellschaft zu erheblichen Abschlägen gegenüber dem sog. Net Asset Value pro Aktie (d.h. das Eigenkapital bzw. der innere Wert pro Aktie basierend auf den Marktwerten des genannten Beteiligungs-Portfolios abzüglich der Schulden) gehandelt.
Grösster Aktionär bzw. die grösste Aktionärsgruppe von Spice ist die sogenannte GP-Gruppe (siehe dazu auch die anschliessenden Ausführungen in Sachverhalt lit. B) mit einer Beteiligung von aktuell 3'521'569 Spice-Aktien, entsprechend 65.69% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft.
B.
GP Swiss Ltd. (Anbieterin oder Gesuchstellerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zug, Schweiz (UID: CHE-234.798.414). Gemäss Statuten bezweckt die Anbieterin die Beteiligung an anderen Unternehmungen im In- und Ausland. Das Aktienkapital der Anbieterin beträgt CHF 3'200'000 und ist eingeteilt in 320'000'000 vinkulierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.01. Die Aktien der Anbieterin sind nicht kotiert. Die Anbieterin wird indirekt über eine Reihe von Gesellschaften zu 100% kontrolliert durch die Konzernmuttergesellschaft GP Investments Ltd, mit Sitz in Hamilton, Bermuda, deren Aktien an der Luxembourg Stock Exchange kotiert sind (ISIN BMG4035L1155).
Die Anbieterin hält zusammen mit der GP Cash Management Ltd, Nassau, Bahamas, einer Schwestergesellschaft der Anbieterin (welche ebenfalls indirekt zu 100% kontrolliert wird durch die Konzernmuttergesellschaft GP Investments Ltd), die mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handelt (gemeinsam mit den weiteren Gruppengesellschaften: die GP Gruppe), 3'521'569 Spice-Aktien, entsprechend 65.69% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft. Wirtschaftlich berechtigte Personen der Zielgesellschaft und somit der GP Investments Ltd sind Fersen Lambranho, London, Grossbritannien, sowie Antonio Carlos Augusto Ribeiro Bonchristiano, Capri, Italien
C.
Im Rahmen zweier Aktienrückkäufe, die zwischen dem 30. November 2021 und dem 13. Dezember 2021 sowie zwischen dem 10. und dem 23. Februar 2022 durchgeführt wurden (die Aktienrückkäufe 2021/2022), hat die Zielgesellschaft insgesamt 511'654 Spice-Aktien erworben (vgl. dazu die Verfügung 799/01 vom 10. November 2021 in Sachen Spice Private Equity AG sowie die Verfügung 804/01 vom 24. Januar 2022 in Sachen Spice Private Equity AG).
D.
Gemäss der am 4. Mai 2022 versandten Einladung der Zielgesellschaft zur Generalversammlung vom 25. Mai 2022 wird der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft der Generalversammlung beantragen, eine Kapitalherabsetzung zu beschliessen und anschliessend durchzuführen: Mit dieser Kapitalherabsetzung soll das Aktienkapital der Zielgesellschaft um CHF 5'360'610 von CHF 53'606'170.00 auf CHF 48'245'560.00 herabgesetzt werden (die Kapitalherabsetzung).
Hierzu sollen die insgesamt 536'061 im Eigentum der Zielgesellschaft stehenden eigenen Spice-Aktien vernichtet werden, was 10% der ausgegebenen Spice-Aktien entspricht (vgl. Sachverhalt lit. A). Das herabgesetzte Aktienkapital der Zielgesellschaft wird in der Folge aus 4'824'556 Spice-Aktien bestehen. Die Eintragung der Kapitalherabsetzung im Handelsregister soll voraussichtlich bis Ende August 2022 erfolgen (vgl. Sachverhalt lit. H unten).
E.
Die Anbieterin beabsichtigt, die Voranmeldung eines freiwilligen öffentlichen Kaufangebots an die Aktionäre der Spice für alle sich im Publikum befindenden Spice-Aktien (mit Ausnahme jener Spice-Aktien, welche die Anbieterin oder eine ihrer direkten oder indirekten Tochtergesellschaften [inklusive jener Spice-Aktien, welche die Zielgesellschaft oder deren direkte und indirekte Tochtergesellschaften] halten) zu veröffentlichen (das öffentliche Kaufangebot oder Angebot), wobei der Angebotspreis entsprechend der Handelswährung der Spice-Aktien an der SIX (vgl. Sachverhalt lit. A) bar in USD geleistet werden und (ii) das Angebot von den beiden nachfolgend aufgeführten Angebotsbedingungen abhängig gemacht werden soll:
i. |
Mindestandienungsquote: Bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist liegen der Anbieterin gültige und unwiderrufliche Annahmeerklärungen für so viele Spice-Aktien vor, dass diese zusammen mit den von der Anbieterin und den mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen am Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist gehaltenen Spice-Aktien mindestens 90% aller bei Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist ausgegebenen Spice-Aktien entsprechen. [Minimum Acceptance Rate: By the end of the (possibly extended) Offer Period, the Offeror shall have received valid and irrevocable declarations of acceptance for such a number of Spice Shares which, when combined with the Spice Shares held by the Offeror and the persons acting in concert with the Offeror at the end of the (possibly extended) Offer Period, account for at least 90% of all Spice Shares issued at the end of the (possibly extended) Offer Period.] |
ii. |
Keine Untersagung und kein Verbot: Es wurde kein Urteil, kein Schiedsspruch, kein Entscheid, keine Verfügung und keine hoheitliche Massnahme von einem zuständigen Gericht oder einer staatlichen Behörde erlassen, die das Angebot, dessen Annahme, den Vollzug oder den Erwerb von Spice-Aktien durch die Anbieterin vorübergehend oder dauerhaft, ganz oder teilweise verhindert, verbietet oder für rechtswidrig erklärt. [No Injunction or Prohibition: No judgment, arbitration award, decision, order or authoritative measure shall have been issued by any competent court or governmen1tal authority which temporarily or permanently, wholly or partially, prevents, prohibits or declares illegal the Offer, its acceptance, its Settlement or the acquisition of Spice Shares by the Offeror.] |
F.
Mit Gesuch vom 18. Mai 2022 (Gesuch) reichte die Anbieterin einen Entwurf der Voranmeldung ein (Entwurf der Voranmeldung) und stellte folgende Anträge:
1. Es sei die Voranmeldung des Angebotes gemäss allenfalls angepasstem Entwurf […] zu prüfen und festzustellen, dass die Voranmeldung und die darin enthaltenen Angaben und beschriebenen Bedingungen des Angebots den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG), und den ausführenden Verordnungen entsprechen. |
|
2. Die Verfügung der Übernahmekommission sei frühestens zeitgleich mit oder nach der Veröffentlichung der Voranmeldung zu veröffentlichen. |
Auf die Begründung dieser Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen. Die Anbieterin weist zudem darauf hin, dass der Entwurf der Voranmeldung bis zu seiner Veröffentlichung noch Änderungen erfahren kann.
G.
Mit Eingabe vom 24. Mai 2022 teilte die Zielgesellschaft der Übernahmekommission mit, dass sie zum Gesuch zur gegebenen Zeit keine Stellungnahme abzugeben gedenke.
H.
Voraussichtlich bis Ende August 2022 und somit noch während der Angebotsfrist des öffentlichen Kaufangebotes soll die Eintragung der Kapitalherabsetzung im Handelsregister erfolgen (vgl. Sachverhalt lit. D).
Die Beteiligung der Anbieterin und der mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen am Aktienkapital und den Stimmrechten der Zielgesellschaft wird sich während der Angebotsfrist des öffentlichen Kaufangebotes infolge und kraft Durchführung der Kapitalherabsetzung der Zielgesellschaft von aktuell 65.69% auf 72.99% erhöhen.
I.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Thomas A. Müller (Präsident), Mirjam Eggen und Thomas Vettiger gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Feststellungsinteresse
[1] Gemäss Art. 59 Abs. 1 UEV kann ein Anbieter der Übernahmekommission den Entwurf einer Voranmeldung vor deren Veröffentlichung zur Prüfung unterbreiten.
[2] Im vorliegenden Fall ergibt sich somit das Feststellungsinteresse der Anbieterin aus Art. 59 Abs. 1 UEV, da es in deren Gesuch darum geht, die in der Voranmeldung enthaltenen Angaben (insbesondere die darin enthaltenen Bedingungen) gemäss Voranmeldung zu prüfen.
2. Voranmeldung
[3] Gemäss Art. 5 Abs. 1 UEV kann der Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospektes voranmelden, wobei die Voranmeldung zumindest die Inhalte gemäss Art. 5 Abs. 2 UEV aufweisen muss: (a) Firma und Sitz des Anbieters; (b) Firma und Sitz der Zielgesellschaft; (c) die Beteiligungspapiere und Beteiligungsderivate, die Gegenstand des Angebots sind; (d) den Preis des Angebotes; (e) die Fristen für die Veröffentlichung des Angebotes und die Angebotsdauer; (f) allfällige Bedingungen des Angebotes.
[4] Die Voranmeldung muss auf Deutsch und Französisch verfasst werden (Art. 6 Abs. 1 UEV). Mit Blick auf weitere Sprachen ist des Weiteren auch der Art. 6 Abs. 2 UEV zu beachten.
[5] Der von der Gesuchstellerin eingereichte Entwurf der Voranmeldung enthält die erwähnten Minimalinhalte gemäss Art. 5 Abs. 2 UEV (vgl. mit Blick auf die Bedingungen und den Angebotspreis auch die Ausführungen in den nachfolgenden Erw. 3 und 4) und liegt in deutscher, französischer sowie zusätzlich auch in englischer Sprache vor.
3. Bedingungen der Voranmeldung (Antrag Ziff. 1)
[6] Eine Anbieterin kann gemäss Art. 5 Abs. 1 UEV ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. An eine solche Voranmeldung knüpfen die Rechtswirkungen i.S.v. Art. 8 UEV an.
[7] Die Anbieterin beantragt, dass die im Entwurf der Voranmeldung enthaltenen Bedingungen des öffentlichen Kaufangebots zum Erwerb der Spice-Aktien zu prüfen sind. Gestützt auf Art. 59 Abs. 1 UEV ist diese Vorprüfung vorzunehmen.
[8] Nach Art. 5 lit. f UEV muss die Voranmeldung allfällige Bedingungen des Angebotes enthalten. Der Entwurf der Voranmeldung enthält die folgenden beiden Bedingungen (vgl. auch Sachverhalt lit. E oben):
3.1 Erste Bedingung: Mindestandienungsquote
i. |
Mindestandienungsquote: Bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist liegen der Anbieterin gültige und unwiderrufliche Annahmeerklärungen für so viele Spice-Aktien vor, dass diese zusammen mit den von der Anbieterin und den mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen am Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist gehaltenen Spice-Aktien mindestens 90% aller bei Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist ausgegebenen Spice-Aktien entsprechen. |
[9] Knüpft der Anbieter sein Angebot an das Erreichen einer Mindestbeteiligung an der Zielgesellschaft, darf die festgesetzte Schwelle nicht unrealistisch hoch sein. Andernfalls würde es im Belieben des Anbieters stehen, ein Angebot, das auf Grund einer nicht realistischen Bedingung von Anfang an zum Scheitern verurteilt wäre, mittels Verzicht auf die entsprechende Bedingung als zustande kommen zu erklären. Eine solche Bedingung käme so einer unzulässigen Potestativbedingung i.S.v. Art. 13 Abs. 2 UEV gleich (Verfügung 802/01 vom 13. Dezember 2021 in Sachen Vifor Pharma AG, Erw. 2.1).
[10] Für die Beurteilung, ob die Schwelle im Einzelfall unrealistisch hoch angesetzt wurde, ist auf die Umstände im Zeitpunkt der Verfügung der Übernahmekommission betreffend die Voranmeldung und nicht auf den Zeitpunkt der Einreichung der Voranmeldung abzustellen (Empfehlung 0225/02 vom 10. März 2005 in Sachen Forbo Holding AG, Erw. 2.2.3).
[11] Eine Andienungsschwelle von 90% wird gemäss der Praxis der Übernahmekommission regelmässig nur dann zugelassen, wenn die Anbieterin allein oder zusammen mit den in gemeinsamer Absprache handelnden Personen bereits Aktien der Zielgesellschaft hält oder sie über unbedingte Kaufrechte bzw. Andienungen von Hauptaktionären verfügt (siehe bspw. Verfügung 699/01 vom 31. Juli 2018 in Sachen Bank Cler AG, Erw. 6.1).
[12] Vorliegend liegt die Mindestannahmeschwelle bei 90% der Spice-Aktien, die bei Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist effektiv ausgegeben sind. Angesichts der Tatsache, dass die Anbieterin im relevanten Zeitpunkt der Eröffnung der vorliegenden Verfügung bereits Spice-Aktien im Umfang von 65.69% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft hält, ist es realistisch, dass diese Schwelle erreicht wird. Zur Erreichung der Mindestandienungsschwelle von 90% wären demzufolge noch rund 24.31% der ausgegebenen Spice Aktien erforderlich, was vorliegend 58.86% der vom Angebot erfassten, sich im Publikum befindlichen Spice Aktien entspricht (vgl. z.B. Empfehlung 387/01 vom 17. Oktober 2008 in Sachen Golay-Buchel Holding S.A., Erw. 7.1).
[13] Zusätzlich werden sich vor Ablauf der Angebotsfrist des öffentlichen Kaufangebotes das Aktienkapital bzw. die Anzahl eigener Spice-Aktien der Zielgesellschaft voraussichtlich reduzieren, nämlich auf CHF 48'245'560 bzw. 4'824'556 Spice-Aktien. Diesem Antrag des Verwaltungsrates zur entsprechenden Kapitalherabsetzung hat die Generalversammlung der Zielgesellschaft am 25. Mai 2022 zugestimmt (vgl. Sachverhalt lit. D und lit. H) und deren Umsetzung, insbes. die Eintragung der Kapitalherabsetzung im Handelsregister soll im August 2022 erfolgen. Somit wird sich der Gesamtanteil der von der GP Gruppe gehaltenen Spice-Aktien bis zum Ende der Angebotsfrist des öffentlichen Kaufangebotes auf 72.99% erhöhen, wodurch zur Erreichung der Mindestandienungsschwelle von 90% noch 17.01% der ausgegebenen Spice Aktien erforderlich sein werden. Dies entspricht 63% der vom öffentlichen Kaufangebot erfassten, sich im Publikum befindlichen Spice-Aktien (Empfehlung 274/01 vom 6. April 2006 in Sachen Generali (Schweiz) Holding AG, Erw. 5.3).
[14] Die vorliegende Bedingung mit einer Mindestandienungsquote von 90% ist bis zum Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist zulässig.
3.2 Zweite Bedingung: Keine Untersagung
i. |
Keine Untersagung und kein Verbot: Es wurde kein Urteil, kein Schiedsspruch, kein Entscheid, keine Verfügung und keine hoheitliche Massnahme von einem zuständigen Gericht oder einer staatlichen Behörde erlassen, die das Angebot, dessen Annahme, den Vollzug oder den Erwerb von Spice-Aktien durch die Anbieterin vorübergehend oder dauerhaft, ganz oder teilweise verhindert, verbietet oder für rechtswidrig erklärt. |
[15] Die vorliegende Bedingung, wonach das öffentliche Kaufangebot vereinfacht ausgedrückt nicht untersagt oder verboten werden darf, ist bis zum Vollzug des öffentlichen Kaufangebotes zulässig (vgl. zuletzt Verfügung 802/01 vom 13. Dezember 2021 in Sachen Vifor Pharma AG, Erw. 2.3).
3.3 Fazit
[16] Nach Gesagtem kann antragsgemäss festgestellt werden, dass die beiden Bedingungen des eingereichten Entwurfs der Voranmeldung den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
4. Angebotspreis
4.1 Zulässigkeit des USD-Angebotspreises
[17] Die Gesuchstellerin beabsichtigt, das Angebot in USD zu unterbreiten.
[18] Gemäss Praxis der Übernahmekommission ist es einem Anbieter bei einem (Kontrollwechsel-)Angebot gestattet, den Angebotspreis ausnahmsweise in USD anzubieten, falls die konkreten Umstände der Transaktion dies rechtfertigen (Verfügung 802/01 vom 13. Dezember 2021 in Sachen Vifor Pharma AG, Erw. 4.1.1).
[19] Insbesondere hatte die Übernahmekommission in der Vergangenheit unter anderem bereits mehrfach freiwillige Kontrollwechsel-Angebote gutgeheissen, bei denen der Angebotspreis aus USD bestand, wenn die entsprechenden Beteiligungspapiere in USD gehandelt wurden (vgl. Verfügung 624/01 vom 2. Februar 2016 in Sachen Syngenta AG, Erw. 2.1 mit Verweis auf die Empfehlung 0257/01 vom 24. November 2005 in Sachen Absolute Managers AG, Empfehlung 0298/01 vom 15. November 2006 in Sachen Absolute Europe AG, Verfügung 477/01 vom 3. Juni 2011 in Sachen Absolute Private Equity AG sowie Verfügung 549/01 vom 10. Oktober 2013 in Sachen Absolute Invest AG).
[20] Das vorliegende rein freiwillige öffentliche Kaufangebot richtet sich auf die an der SIX in der Handelswährung USD gehandelten Spice-Aktien. Nach Gesagtem ist es der Anbieterin zu gestatten, das öffentliche Angebot in USD zu unterbreiten.
4.2 Keine Anwendung der Mindestpreisvorschriften
[21] 135 Abs. 2 FinfraG i.V.m. Art. 42 –- 47 FinfraV-FINMA sehen einerseits für Pflichtangebote, d.h. Angebote, die gemacht werden müssen, wenn der Aktienbesitz einer Person die Limite von 33 1/3% übersteigt (vgl. dazu Art. 135 Abs. 1 FinfraG), einen Mindestpreis vor (Mindestpreisvorschriften). Gemäss Art. 9 Abs. 6 UEV finden die Mindestpreisvorschriften andererseits sodann auch auf alle Angebote Anwendung, bei denen der Erwerber – im Fall eines erfolgreichen Angebots – so viele Aktien erwirbt, dass er zusammen mit einer allfälligen bereits vorher existierenden Beteiligung den Grenzwert von 33 1/3% überschreitet (sog. Kontrollwechsel-Angebot).
[22] Bei der Spice handelt es sich um eine mehrheitlich kontrollierte Tochtergesellschaft der GP-Gruppe (vgl. Sachverhalt Bst. A). Bei dem öffentlichen Kaufangebot handelt es sich demzufolge weder um ein Pflicht- noch um ein Kontrollwechsel-Angebot. Zudem beinhalten die Statuten der Spice eine vor Kotierung der Spice-Aktien eingeführte, sogenannte ursprüngliche Opting out-Klausel (vgl. Sachverhalt Bst. A), welche ein Pflicht- oder Kontrollwechsel-Angebot ebenfalls ausschliessen würde.
[23] Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei dem vorliegenden öffentlichen Kaufangebot weder um ein Pflichtangebot, noch um ein Kontrollwechsel-Angebot, sondern vielmehr um ein rein freiwilliges Übernahmeangebot handelt, finden die Mindestpreisvorschriften auf das öffentliche Kaufangebot keine Anwendung, womit die Anbieterin grundsätzlich auch die konkrete Höhe des Angebotspreises frei bestimmen kann (Art. 9 Abs. 5 UEV).
5. Keine unerlaubte Abwehrmassnahme
5.1 Rechtliches
[24] Das Schweizerische Übernahmerecht verbietet zum einen (i) die sogenannten gesetzeswidrigen Abwehrmassnahmen nach Art. 132 Abs. 2 FinfraG i.V.m. Art. 36 UEV und zum anderen auch (ii) die sogenannten unzulässigen Abwehrmassnahmen nach Art. 132 Abs. 3 lit. b FinfraG i.V.m. Art. 37 UEV, welche offensichtlich das Gesellschaftsrecht verletzen.
[25] Was die gesetzwidrigen Abwehrmassnahmen anbelangt, so darf der Verwaltungsrat gemäss Art. 132 Abs. 2 FinfraG von der Veröffentlichung des Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses keine Rechtsgeschäfte beschliessen, mit denen der Aktiv- oder Passivbestand der Gesellschaft in bedeutender Weise verändert würde. Beschlüsse der Generalversammlung unterliegen dieser Beschränkung nicht und dürfen ausgeführt werden, unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Veröffentlichung des Angebots gefasst wurden.
[26] Zu den gesetzeswidrigen Abwehrmassnahmen gehören alle Handlungen der zuständigen Organe, die bei objektiver Betrachtungsweise geeignet sind, eine unerwünschte Übernahme zu erschweren oder zu verhindern (vgl. Verfügung 730/01 vom 28. Mai 2019 in Sachen Alpiq Holding AG, Erw. 5.1; Verfügung 638/03 vom 18. Oktober 2016 in Sachen Charles Vögele Holding AG, Erw. 8.3.2; Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG, Erw. 2.1).
[27] Die Zielgesellschaft handelt insbesondere dann gesetzeswidrig, wenn sie ausserhalb eines Beschlusses der Generalversammlung eigene Beteiligungspapiere oder Effekten der Gesellschaft, deren Effekten zum Tausch angeboten werden, sowie sich auf sie beziehende Derivate kauft oder verkauft (Art. 36 Abs. 2 lit. e UEV).
[28] In zeitlicher Hinsicht beginnt die Kompetenzbeschränkung des Art. 132 Abs. 2 FinfraG –vorbehältlich von Umgehungsfällen – mit der Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung (so genanntes Stichtagsprinzip; vgl. dazu Empfehlung 249/05 vom 23. August 2005 in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG, Erw. 1.2.2).
[29] Dem Wortlaut nach geht es bei Art. 132 Abs. 2 FinfraG um den Beschluss von Rechtsgeschäften des Verwaltungsrats. Gemäss Praxis der Übernahmekommission erfasst der Begriff nicht nur die Beschlussfassung im engeren Sinn, sondern jegliches exekutives Verhalten, gleichgültig welche Form es im Einzelfall annimmt, und somit grundsätzlich auch die Durchführung bzw. den Vollzug von Beschlüssen (zum Beispiel der Abschluss von Verträgen und andere Rechtshandlungen, vgl. Empfehlung 254/01 vom 26. September 2005 in Sachen Sarna Kunststoff Holding AG, Erw. 6.3, damals noch mit Blick auf den Art. 29 Abs. 2 aBEHG). Vom Grundsatz, dass dem Verwaltungsrat auch die Umsetzung von Beschlüssen untersagt ist, die vor Unterbreitung des Angebots gefasst worden sind, kann unter Umständen aber abgewichen werden, wenn der Verwaltungsratsbeschluss zum Zeitpunkt der Publikation der Voranmeldung bereits konkrete verbindliche Aussenwirkung entfaltet hat, so dass ein Abbruch zu Schadenersatz beispielsweise aus Vertragsverletzung oder culpa in contrahendo führen würde (vgl. Empfehlung 254/01 vom 26. September 2005 in Sachen Sarna Kunststoff Holding AG, Erw. 6.3).
5.2 Erwägungen der Übernahmekommission
[30] Vorliegend beabsichtigt die Zielgesellschaft nicht, im Sinne von Art. 36 Abs. 2 lit. E UEV eigene Beteiligungspapiere oder Effekten der Gesellschaft, deren Effekten zum Tausch angeboten werden, sowie sich auf sie beziehende Derivate, zu kaufen oder zu verkaufen.
[31] Die Zielgesellschaft möchte lediglich eine Kapitalherabsetzung im Umfang der u.a. im Rahmen der Aktienrückkäufe 2021/2022 bereits zurückgekauften Spice-Aktien (d.h. die Vernichtung von insgesamt 536’061 im Eigentum der Zielgesellschaft stehenden eigenen Spice-Aktien) durchführen, worüber die Aktionäre anlässlich der Generalversammlung vom Mai 2022 abgestimmt und dem Vorschlag des Verwaltungsrates zugestimmt haben (vgl. Sachverhalt lit. C, D und H).
[32] Bei der erwähnten Kapitalherabsetzung handelt es sich auch nicht um eine unzulässige Abwehrmassnahme, welche eine offensichtliche Verletzung des Gesellschaftsrechts bewirkt (Art. 132 Abs. 3 lit. b FinfraG i.V.m. Art. 37 UEV).
5.3 Fazit
[33] Die Kapitalherabsetzung qualifiziert weder als gesetzeswidrige Abwehrmassnahme nach Art. 132 Abs. 2 FinfraG i.V.m. Art. 36 Abs.1 und 2 lit. e UEV noch als unzulässige Abwehrmassnahme nach Art. 132 Abs. 3 lit. b FinfraG i.V.m. Art. 37 UEV.
6. Publikation ( Antrag Ziff. 2)
[34] Die vorliegende Verfügung wird in Gutheissung von Antrag Ziff. 2 des Gesuchs frühestens am Tag der Publikation der Voranmeldung des öffentlichen Kaufangebots auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 65 Abs. 1 UEV).
[35] Das Dispositiv dieser Verfügung ist von der Anbieterin mit einer allfälligen Voranmeldung zu veröffentlichen. Dabei ist das Dispositiv gemäss Praxis der Übernahmekommission in die jeweilige Sprache der Voranmeldung zu übersetzen, da es einen Bestandteil der Voranmeldung bildet.
7. Gebühr
[36] In Anwendung von Art. 126 Abs. 5 FinfraG und Art. 118 FinfraV wird für die Behandlung des vorliegenden Gesuchs eine Gebühr zu Lasten der Anbieterin erhoben. Unter Berücksichtigung des Aufwands und der Schwierigkeit des vorliegenden Falles setzt der Ausschuss die Gebühr auf CHF 30'000 fest.
[37] Falls die Anbieterin, wie beabsichtigt, das öffentliche Kaufangebot unterbreitet, kann die Übernahmekommission diese Gebühr von der Gebühr für die Prüfung des Angebots in Abzug bringen (Art. 118 Abs. 3 FinfraV).
Die Übernahmekommission verfügt:
1. |
Die Bedingungen des eingereichten Entwurfs der Voranmeldung des öffentlichen Kaufangebots der GP Swiss Ltd. zum Erwerb der Aktien der Spice Private Equity AG entsprechen den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (FinfraG) und den ausführenden Verordnungen. |
2. |
Diese Verfügung wird frühestens am Tag der Publikation der Voranmeldung veröffentlicht. GP Swiss Ltd. hat das Dispositiv dieser Verfügung mit der Voranmeldung zu veröffentlichen. |
3. |
Die Gebühr zu Lasten von GP Swiss Ltd. beträgt CHF 30'000. |
Der Präsident:
Thomas A. Müller
Diese Verfügung geht an die Parteien:
- |
GP Swiss Ltd., vertreten durch Pascal Hubli und Dr. Lorenzo Olgiati, Schellenberg Wittmer AG, Zürich |
- |
Spice Private Equity AG, vertreten durch Dr. Christian Leuenberger und Severin Roelli, Pestalozzi Rechtsanwälte AG |
Rechtsmittelbelehrung:
Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):
Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.
Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung des Dispositivs der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 4 UEV).