Transactions
0294 - SIG Holding AG
Empfehlung XVI in Sachen SIG Holding AG vom 28. März 2007
Öffentliches Kaufangebot der Romanshorn S.A., Luxemburg, und konkurrierendes öffentliches Kaufangebot der Rank Group Ltd., Auckland, Neuseeland, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall – Verwaltungsratsbericht / Wiedererwägungsgesuch
A.
Die SIG Holding AG („SIG Holding“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Neuhausen am Rheinfall. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 39'000'000, aufgeteilt in 6'500'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 6 („SIG-Aktie(n)“). Die Namenaktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert.
B.
Die Romanshorn S.A. („Romanshorn“ oder „Anbieterin I“) ist eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Sie wird gemeinsam beherrscht von Ferd AS, Lysaker, Norwegen [„Ferd“; Eigentümerin der Elopak AS, Spikkestad, Norwegen („Elopak“)] und von durch Tochtergesellschaften der CVC Capital Partners Group Sàrl, Luxemburg, beratenen Fonds („CVC“).
C.
Die Rank Group Holdings Limited, Auckland, Neuseeland („Rank Group“ oder „Anbieterin II“), ist eine Aktiengesellschaft nach neuseeländischem Recht mit Sitz in Auckland, Neuseeland. Sie wird zu 100% von Graeme Hart, Auckland, Neuseeland, gehalten.
D.
Am 25. September 2006 kündigte die Romanshorn in den elektronischen Medien an, dass sie ein öffentliches Übernahmeangebot für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding unterbreiten werde („Voranmeldung“), und am 26. September 2006 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung, indem diese in mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wurde.
E.
Am 6. November 2006 erfolgte die landesweite Verbreitung des öffentlichen Kaufangebots der Romanshorn für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding, indem dieses in mehreren Zeitungen auf Deutsch und Französisch veröffentlicht und den elektronischen Medien zugestellt wurde. Als Preis des Angebots waren CHF 325 netto je SIG-Aktie geboten.
F.
Am 19. Dezember 2006 kündigte die Rank Group in den elektronischen Medien an, dass sie ein öffentliches Übernahmeangebot für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding unterbreiten werde, und am 21. Dezember 2006 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung der Anbieterin II, indem diese in mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wurde.
G.
Am 22. Dezember 2006 erfolgte die landesweite Verbreitung des öffentlichen Kaufangebots der Rank Group für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding, indem dieses in mehreren Zeitungen auf Deutsch und Französisch veröffentlicht und den elektronischen Medien zugestellt wurde. Als Preis des Angebots waren CHF 370 netto je SIG-Aktie geboten.
H.
Die Anbieterin I gab am 22. Dezember 2006 mittels Medienmitteilung bekannt, dass sie den Angebotspreis von CHF 325 auf CHF 400 je SIG-Aktie erhöhe.
I.
Die Anbieterin I publizierte am 5. Januar 2007 die Erhöhung des Angebotspreises (vgl. lit. H), samt ergänztem Bericht der Prüfstelle, indem diese in mehreren Zeitungen auf Deutsch und Französisch veröffentlicht und den elektronischen Medien zugestellt wurde.
J.
Am 29. Januar 2007 veröffentlichte die Übernahmekommission die Empfehlungen X und XI zu den Angebotsprospekten der Anbieterinnen I und II (Empfehlungen X und XI vom 29. Januar 2007 in Sachen SIG Holding AG – Angebotsprospekt; nachfolgend „Empfehlungen X und XI“). Darin erwog sie unter anderem, dass die Berichte des Verwaltungsrates der SIG Holding bis spätestens 9. Februar 2007 zu veröffentlichen seien und verlangte verschiedene inhaltliche Präzisierungen der Angebotsprospekte. Ausserdem hielt die Übernahmekommission fest, dass die konkurrierenden Angebote gleichzeitig zu beginnen hätten und 20 Börsentage dauern würden (vgl. Empfehlung XI, Erw. 10.1.2).
K.
Am 16. Februar 2007 veröffentlichte die Übernahmekommission die Empfehlungen XII und XIII zu den Verwaltungsratsberichten der Zielgesellschaft zu den Angeboten I und II. Ausserdem erteilte sie der Verlängerung der Angebotsfrist des Angebots der Romanshorn bis zum 29. März 2007 ihre Zustimmung bzw. verlängerte die Angebotsfrist des Angebots der Rank Group bis zum 29. März 2007. Sie hielt zudem fest, dass sie zur Zulässigkeit der Incentivezahlungen eine separate Empfehlung erlassen werde (vgl. Empfehlungen XII und XIII vom 29. Januar 2007 in Sachen SIG Holding AG – Verwaltungsratsbericht/Angebotsfrist).
L.
Am 5. März 2007 veröffentlichte die Übernahmekommission die Empfehlung XIV betreffend die Incentivezahlungen (vgl. Empfehlung XIV vom 5. März 2007 in Sachen SIG Holding AG – Abwehrmassnahme; nachfolgend „Empfehlung XIV“). Darin wurde festgestellt, dass die in den Verwaltungsratsberichten der SIG Holding vom 9. Februar 2007 offengelegten Incentivezahlungen keine gesetzwidrige oder unzulässige Abwehrmassnahme im Sinne von Art. 29 Abs. 2 oder Abs. 3 BEHG darstellen (Dispositiv-Ziffer 1 der Empfehlung XIV), und die Zielgesellschaft wurde aufgefordert, bis spätestens am 9. März 2007 die am 9. Februar 2007 veröffentlichten Verwaltungsratsberichte entsprechend der Erwägung 3.5 der Empfehlung XIV zu ergänzen und in derselben Form wie die Verwaltungsratsberichte vom 9. Februar 2007 zu publizieren (Dispositiv-Ziffer 2 der Empfehlung XIV).
M.
Mit Eingabe vom 9. März 2007 reichte die Zielgesellschaft ein Wiedererwägungsgesuch betreffend die Dispositiv-Ziffer 2 der Empfehlung XIV sowie ein Gesuch um Fristabnahme betreffend die Publikation des Verwaltungsratsberichtes ein (vgl. lit. L).
N.
Die Anbieterin I erklärte sich mit Eingabe vom 9. März 2007 mit dem Wiedererwägungsgesuch und dem Gesuch um Fristabnahme der Zielgesellschaft (vgl. lit. M) einverstanden.
O.
Am 12. März 2007 kündigte die Anbieterin II in den elektronischen Medien an, dass sie eine Änderung ihres öffentlichen Übernahmeangebots vom 22. Dezember 2006 für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding unterbreiten werde, indem sie den Angebotspreis von CHF 370 auf CHF 435 erhöhen werde.
P.
Mit Eingabe vom 12. März 2007 lehnte die Zielgesellschaft die Empfehlung XIV (vgl. lit. L) teilweise ab (Ablehnung betreffend Dispositiv-Ziffer 2 der Empfehlung XIV).
Q.
Am 13. März 2007 erfolgte die landesweite Publikation der Angebotsänderung (vgl. lit. O), indem diese in mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wurde.
R.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 13. März 2007 wurden die Zielgesellschaft und die Anbieterin I aufgefordert, zur Angebotsänderung der Anbieterin II (vgl. lit. Q) bis am 14. März 2007 Stellung zu nehmen.
S.
Ferner wurde die Zielgesellschaft mit verfahrensleitender Anordnung vom 13. März 2007 betreffend ihr Wiedererwägungsgesuch (vgl. lit. M) aufgefordert, der Übernahmekommission bis am 15. März 2007 diverse Unterlagen einzureichen. Der Anbieterin II wurde Frist angesetzt, um zum Wiedererwägungsgesuch und zum Gesuch um Fristabnahme bis am 14. März 2007 Stellung zu nehmen.
T.
Mit Eingaben vom 14. März 2007 erklärten die Zielgesellschaft und die Anbieterin I, dass sie zur Angebotsänderung der Anbieterin II keine Bemerkungen hätten und verzichteten auf eine diesbezügliche Stellungnahme (vgl. lit. Q und R).
U.
Die Anbieterin II erklärte mit Eingabe vom 14. März 2007, dass sie das Wiedererwägungs- und Fristabnahmegesuch der Zielgesellschaft (vgl. lit. M) unterstütze, und sie verzichtete auf eine weitergehende Stellungnahme.
V.
Mit Empfehlung XV vom 15. März 2007 befand die Übernahmekommission, dass die Angebotsänderung der Rank Group (vgl. lit. O und Q) dem Börsengesetz entspricht. Die Zielgesellschaft wurde verpflichtet, den Verwaltungsratsbericht zum geänderten Angebot bis spätestens am 23. März 2007 zu veröffentlichen.
W.
Die Zielgesellschaft reichte am 15. März 2007 entsprechend der verfahrensleitenden Anordnung vom 13. März 2007 (vgl. lit. S) die geforderten Unterlagen ein.
X.
Der Verwaltungsrat der SIG Holding veröffentlichte seinen Verwaltungsratsbericht zur Angebotsänderung der Rank Group am 22. März 2007 in den elektronischen Medien und in den Tageszeitungen.
Y.
Zur Prüfung der vorliegenden Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Rudolf Widmer (Präsident), Herrn Thierry de Marignac und Frau Susan Emmenegger gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft
1.1 Zeitpunkt und Ort der Veröffentlichung
1.1.1 Gemäss Art. 33 Abs. 1 UEV-UEK ist nach jeder Änderung des Angebots ein neuer Bericht des Verwaltungsrates zu veröffentlichen, wobei dieser kurz gefasst sein kann. Wird der Bericht nicht mit dem geänderten Angebot veröffentlicht, verkürzt sich die Frist für die Veröffentlichung nach Art. 32 Abs. 2 UEV-UEK auf acht Börsentage (Art. 33 Abs. 3 UEV-UEK).
1.1.2 Der Bericht ist landesweit bekannt zu machen, indem er in mindestens zwei Zeitungen, in denen das Angebot publiziert wurde, auf Deutsch und Französisch veröffentlicht wird (Art. 32 Abs. 2 UEV-UEK). Zudem muss der Bericht gemäss Abs. 3 derselben Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zugestellt werden.
1.1.3 Der Verwaltungsratsbericht zur Angebotsänderung der Rank Group wurde am 22. März 2007 in den elektronischen Medien und in den Tageszeitungen, in denen das Angebot publiziert worden war, in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht (vgl. Sachverhalt lit. W). Es ist daher festzuhalten, dass der Verwaltungsratsbericht hinsichtlich des Zeitpunkts und Orts der Veröffentlichung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
1.2 Inhalt des Verwaltungsratsberichts
1.2.1 Gemäss Art. 29 Abs. 3 UEV-UEK kann der Bericht empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen; er kann aber auch die Vor- und Nachteile des Angebots darlegen, ohne eine Empfehlung abzugeben. Selbst in diesem Fall muss der Verwaltungsratsbericht der Zielgesellschaft alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebotes ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK). Der Bericht muss eine klare Begründung enthalten und alle wesentlichen Elemente darlegen, welche die Stellungnahme beeinflusst haben (Art. 29 Abs. 4 UEV-UEK).
1.2.2 Im vorliegenden Fall führt der Verwaltungsrat der SIG Holding in seinem Bericht aus, er habe den von Rank Group erhöhten Angebotspreis von CHF 435.— pro SIG-Aktie analysiert und ihn ins Verhältnis zum inneren Wert der SIG gesetzt. Dabei sei er zum Schluss gekommen, dass der Angebotspreis im Verhältnis zum inneren Wert angemessen sei. Ferner habe er die Fähigkeit der Rank Group zum Vollzug des Angebots sorgfältig analysiert und sei der Ansicht, dass der Vollzug des erhöhten Angebots aller Voraussicht nach ungefährdet sei, da die Rank Group von der EU-Wettbewerbsbehörde die Genehmigung für ihr Angebot erhalten habe und bis zum heutigen Zeitpunkt kein konkurrierendes Angebot vorliege, das attraktiver sei. Der Verwaltungsrat empfehle daher den SIG Aktionären einstimmig, das erhöhte Angebot der Rank Group anzunehmen.
1.2.3 Mit der Darstellung der wesentlichen Elemente, welche seine Stellungnahme beeinflusst haben, ist der Verwaltungsrat seiner Begründungspflicht nachgekommen. Die Stellungnahme des Verwaltungsrats zur Angebotsänderung der Rank Group erfüllt somit die Anforderungen von Art. 29 UEV-UEK.
2. Gesuch um Wiedererwägung
2.1 Die Zielgesellschaft hat mit Eingabe vom 9. März 2007 ein Gesuch um Wiedererwägung der Ziffer 2 des Dispositivs der Empfehlung XIV vom 5. März 2007 gestellt. Sie beantragt, Ziffer 2 des Dispositivs sei dahingehend zu ändern, wonach der Markt darüber zu informieren sei, dass die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der geschuldeten Incentivezahlung nicht gegeben seien.
2.2 Beim Wiedererwägungsgesuch handelt es sich um einen blossen Rechtsbehelf. Ein Anspruch auf Prüfung und Beurteilung besteht gemäss Rechtsprechung grundsätzlich nur, wenn sich die Umstände seit dem Entscheid wesentlich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen oder Beweismittel namhaft macht, die im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn unmöglich war oder dazu keine Veranlassung bestand (BGE 127 I 137, 124 II 6, 110 Ib 46). Nämliches hält Art. 3 Abs. 3 UEV-UEK fest: „Kommen der Übernahmekommission neue Tatsachen zur Kenntnis, welche die Situation entscheidend verändern, so kann der Präsident der Übernahmekommission von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei über eine Wiedererwägung einer Empfehlung entscheiden. Damit wird ein neues Verfahren eröffnet.“
2.3 Die Zielgesellschaft begründet ihr Gesuch damit, dass die Übernahmekommission die massgebliche Passage in den Verwaltungsratsberichten vom 9. Februar 2007 zu den Angeboten der Romanshorn und der Rank Group zu den Incentivezahlungen („Soweit die Erhöhung des Übernahmepreises allerdings allein auf die Anwendung der sogenannten Best Price Regel zurückzuführen ist, reduziert sich die beim betreffenden Übernahmepreis geschuldete Incentivezahlung um 50% des gemäss den oben dargelegten Regeln berechneten Betrags.“) unzutreffend interpretiert habe. Die Parteien der Incentive-Reglung hätten diese übereinstimmend immer so verstanden, dass nur dann eine Reduktion erfolgen könne, wenn die Preiserhöhung ausschliesslich („allerdings allein“) auf die Best Price Rule zurückzuführen sei. Nachdem die Preiserhöhung der Anbieterin I schon aufgrund der Höhe des gebotenen Preises (CHF 400) offensichtlich nicht bzw. nicht ausschliesslich auf die Anwendung der Best Price Rule zurückzuführen sei, seien alle Beteiligten klar der Auffassung, dass eine Reduktion des Incentives ausgeschlossen sei. Dieses gemeinsame Verständnis habe die Übernahmekommission bislang nicht in Betracht ziehen können, da ihr wesentliche Elemente nicht vorgelegen hätten. Aus diesem Grund rechtfertige sich eine Wiedererwägung und Entscheidung im beantragten Sinne.
2.4 Die Anbieterinnen I und II erklärten sich mit dem Wiedererwägungsgesuch der Zielgesellschaft einverstanden (vgl. Sachverhalt lit. N und U).
2.5 Den von der Zielgesellschaft mit Eingabe vom 15. März 2007 eingereichten Unterlagen ist zunächst Folgendes zu entnehmen: In den Grundsatzentscheiden 2005 und 2006 des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft war über die Auszahlung eines Incentives entschieden worden, ohne dass eine Reduktion in Folge der Anwendung der Best Price Rule vorgesehen war. Nachdem die Oyster Rock Ltd. Anfang Oktober 2006 mit der Anbieterin I Aktienkaufverträge abgeschlossen hatte (vgl. Empfehlung I vom 26. Oktober 2006 in Sachen SIG Holding AG – Voranmeldung; Sachverhalt lit. M), diskutierte der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft über die Incentivierung im Falle einer Anwendung der Best Price Rule. In der Folge führte der Passus betreffend die Anwendung der Best Price Rule in Bezug auf dessen Auslegung zu Unklarheiten und Unsicherheiten bei der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft (Schreiben der Konzernleitungsmitglieder Herrn Rolf-Dieter Rademacher, Marco Haussener und André Rosenstock an Herrn Peter J. Hauser, Verwaltungsratsmitglied, vom 17. Oktober 2006). Die Geschäftsleitung war insbesondere der Ansicht, dass – sofern die Best Price Rule zur Anwendung gelangen sollte – diese nicht nur in Bezug auf das Angebot der Romanshorn geltend würde, sondern auch hinsichtlich aller späteren Angebote. Aufgrund dieser Unklarheit erarbeitete der Verwaltungsrat einen Lösungsvorschlag, der vorsah, dass eine Minderung der Incentivierung ausschliesslich nur dann erfolgen solle, wenn der Angebotspreis allein aufgrund der Anwendung der Best Price Rule angehoben werden würde. Gemäss Ausführungen der Zielgesellschaft war dabei das Verständnis der Parteien dahingehend, dass die Reduktion der Incentivierung nur dann zu erfolgen habe, wenn die Erhöhung des Angebotspreises ausschliesslich wegen der Anwendung der Best Price Rule im Angebot der Anbieterin I vorgenommen werde.
Unklar ist die in den Verwaltungsratsberichten zu den Angeboten der Anbieterinnen I und II am 9. Februar 2007 publizierte Passage: „Soweit die Erhöhung des Übernahmepreises allerdings allein auf die Anwendung der sogenannten Best Price Regel zurückzuführen ist, reduziert sich die beim betreffenden Übernahmepreis geschuldete Incentivezahlung um 50% des gemäss den oben dargelegten Regeln berechneten Betrags.“. Denn zu jenem Zeitpunkt war dem Verwaltungsrat klar, dass vorliegend gemäss gegenseitig übereinstimmendem Verständnis der Parteien der Incentiveregelung (Zielgesellschaft und betroffene Personen) eine Reduktion der Incentivierung ja gerade nicht zum Zug kommen solle. Dieses Auslegungsverständnis der Incentiveklausel und damit die Tatsache, dass keine Reduktion der Incentivierung stattfindet, hätte sowohl dem Markt wie auch gegenüber der Übernahmekommission unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden müssen.
Die Zielgesellschaft beseitigt diese irreführende Unklarheit in ihrem Verwaltungsratsbericht vom 22. März 2007 zur Angebotserhöhung der Rank Group (lit. O und X), indem sie klärend festhält, dass sich die vom Verwaltungsrat beschlossene Incentivezahlung beim gegenwärtigen Übernahmepreis auf den Maximalbetrag von CHF 10'400'000 belaufe und eine Kürzung der Incentivezahlung nicht erfolge, da die Erhöhung des Übernahmepreises keinerlei Zusammenhang mit der Best Price Rule habe. Letzteres ist allerdings fraglich; immerhin ging offenbar auch die Geschäftsleitung der Zielgesellschaft davon aus, dass die Anwendung der Best Price Rule nicht nur in Bezug auf das Angebot der Romanshorn gelten würde, sondern auch hinsichtlich aller späteren Angebote (vgl. oben; Schreiben vom 17. Oktober 2006). Die Übernahmekommission nimmt indes das dargelegte Verständnis der Incentive-Klausel im Hinblick auf die Anwendung der Best Price Rule zur Kenntnis. Damit erweist sich Dispositiv-Ziffer 2 der Empfehlung XIV als gegenstandslos und ist aufzuheben.
3. Gesuch um Fristabnahme
3.1 Mit Empfehlung XIV wurde die Zielgesellschaft verpflichtet, die am 9. Februar 2007 veröffentlichten Verwaltungsratsberichte entsprechend den Erwägungen 3.5 der Empfehlung bis spätestens am 9. März 2007 zu ergänzen und zu publizieren.
3.2 Die entsprechende Ergänzung und Publikation der Verwaltungsratsberichte erfolgte am Morgen des 9. März 2007 indes nicht. Vielmehr reichte die Zielgesellschaft am Nachmittag des 9. März 2007 bei der Übernahmekommission ein Gesuch um Fristabnahme ein.
3.3 Dieses Gesuch um Fristabnahme ist – da nach Ablauf der Publikationsfrist gestellt – verspätet erfolgt, sodass die Zielgesellschaft Dispositiv-Ziffer 2 der Empfehlung XIV durch die nicht fristgerechte Publikation bzw. durch das nicht fristgerecht gestellte Gesuch um Fristabnahme verletzt hat.
3.4 Der Mangel der unvollständigen bzw. irreführenden Publikation der Verwaltungsratsberichte bzw. der nicht erfolgten Ergänzung derselben kann durch die nun mehr geschehene Veröffentlichung des Verwaltungsratsberichtes vom 22. März 2007 zur Angebotsänderung der Rank Group ausnahmsweise als geheilt betrachtet werden (vgl. oben Ziff. 2.5 in fine), da damit die Transparenz im Markt wiederhergestellt ist. Das Ergreifen weiterer Massnahmen durch die Übernahmekommission erübrigt sich somit.
4. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG nach der Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
5. Gebühren
Die Zielgesellschaft hat es versäumt, rechtzeitig der Übernahmekommission im Hinblick auf die zu erlassende Empfehlung XIV betreffend die Incentivezahlungen sämtliche wesentliche Informationen und Unterlagen zukommen zu lassen, obwohl diese Informationen zu jenem Zeitpunkt bereits vorlagen. Überdies hätte die Zielgesellschaft die Unklarheit betreffend der Auslegung der relevanten Klausel bereits in den Verwaltungsratsberichten vom 9. Februar 2007 beseitigen müssen. Damit hat die Zielgesellschaft letztlich das Verfahren betreffend Wiedererwägung und Fristabnahme und dadurch einen Zusatzaufwand weitgehend selber verursacht. In Anwendung von Art. 62 Abs. 5 UEV-UEK ist der Zielgesellschaft daher eine Gebühr von CHF 8'000 aufzuerlegen.
Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:
1. Der am 22. März 2007 veröffentlichte Bericht des Verwaltungsrates der SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, betreffend das öffentliche Kaufangebot vom 22. Dezember 2006, 2. Februar 2007 und 13. März 2007 der Rank Group Ltd., Auckland, Neuseeland, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.
2. Dispositiv-Ziffer 2 der Empfehlung XIV vom 5. März 2007 in Sachen SIG Holding AG wird aufgehoben.
3. Diese Empfehlung wird nach deren Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
4. Die Gebühr zu Lasten der SIG Holding AG, Neuhausen am Rheinfall, beträgt CHF 8'000.
Der Präsident:
Hans Rudolf Widmer
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
- die SIG Holding AG (durch ihren Vertreter);
- die Rank Group Holdings Limited (durch ihren Vertreter);
- die Romanshorn S.A. (durch ihren Vertreter);
- die Eidgenössische Bankenkommission.