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0672 - SHL Telemedicine Ltd.
Verfügung 672/03 vom 27. Juni 2018
Gesuche von Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd., Xiang Xu, Kun Shen und Mengke Cai im Hinblick auf das Pflichtangebot an die Aktionäre von SHL Telemedicine Ltd. um Fristverlängerung gemäss Art. 39 Abs. 2 FinfraV-FINMA
Sachverhalt:
A.
SHL Telemedicine Ltd. (SHL) ist eine Aktiengesellschaft israelischen Rechts mit Sitz in Tel Aviv, Israel. SHL entwickelt und vermarktet innovative Telemedizinsysteme. Das Aktienkapital von SHL beträgt 108'785 Israeli Shequel (NIS) und ist eingeteilt in 10'878'491 Namenaktien mit einem Nennwert von NIS 0.01 (SHL-Aktien). Ausserdem hat SHL ein bedingtes Kapital von NIS 5'829, das in 582'935 Namenaktien mit einem Nennwert von je NIS 0.01 eingeteilt ist. Alle ausstehenden SHL-Aktien berechtigen zu einer Stimme. Die SHL-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) mit dem Symbol SHL TN kotiert.
B.
Mit Verfügung 672/01 vom 27. Januar 2018 (Verfügung 672/01) entschied die Übernahmekommission (UEK), dass Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd., Xiang Xu und Kun Shen (gemeinsam die Himalaya Untergruppe) und Mengke Cai verpflichtet sind, ein öffentliches Kaufangebot für alle kotierten SHL-Aktien zu einem Preis von CHF 8.70 pro SHL-Aktie zu unterbreiten (Verfügung 672/01, Dispositiv Ziff. 1). Der Himalaya Untergruppe und Mengke Cai (beide gemeinsam die angebotspflichtige Gruppe) wurde eine Frist von zwei Monaten angesetzt, um das öffentliche Kaufangebot zu publizieren (Verfügung 672/01, Dispositiv Ziff. 2).
C.
Mit Verfügung 672/02 vom 21. März 2018 (Verfügung 672/02) verlängerte die UEK die Frist zur Unterbreitung des öffentlichen Pflichtangebots durch die angebotspflichtige Gruppe an die Aktionäre von SHL bis zum 30. Juni 2018 (Verfügung 672/02, Dispositiv Ziff. 1). Zudem wurde der angebotspflichtigen Gruppe die Auflage erteilt, die UEK alle zwei Wochen über die Fortschritte betreffend die Durchführung und Finanzierung des Pflichtangebots zu informieren (Verfügung 672/02, Dispositiv Ziff. 2).
D.
Am 31. Mai 2018 beantragten Nehama & Yoram Alroy Investment Ltd. und Elon Shalev (zusammen die Alroy & Shalev Gruppe), dass ihnen Kopien aller von der angebotspflichtigen Gruppe eingereichten Berichte samt Beilagen betreffend die Fortschritte bezüglich Durchführung und Finanzierung des Pflichtangebots zur Verfügung gestellt werden (Gesuch 1, act. 115/01, S. 2).
E.
Am 5. Juni 2018 nahmen sowohl die Himalaya Untergruppe (act. 117/01) als auch Mengke Cai (act. 118/01) Stellung zum Gesuch 1.
F.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 7. Juni 2018 wurde die angebotspflichtige Gruppe verpflichtet, die bisherigen zweiwöchentlichen Berichterstattungen gemäss Verfügung 672/02 zusätzlich auch in anonymisierter Form, d.h. unter Schwärzung der Identität von Drittpersonen, bis zum 15. Juni 2018 der UEK zukommen zu lassen und künftige Berichterstattungen ebenfalls zusätzlich in anonymisierter Form einzureichen (act. 119/01, Dispositiv Ziff. 1). Der Alroy & Shalev Gruppe wurde ab dem 18. Juni 2018 bei der UEK Akteneinsicht in diese anonymisierten Berichterstattungen gewährt (act. 119/01, Dispositiv Ziff. 2).
G.
Mit Gesuch vom 13. Juni 2018 (Gesuch 2, act. 122/01) gelangte Mengke Cai mit folgenden Anträgen an die UEK:
„1. Die Frist zur Unterbreitung eines öffentlichen Angebots von Mengke Cai an die Aktionäre von SHL Telemedicine Ltd. sei bis zum 30. September 2018 zu verlängern;
2. Eine Stimmrechtssuspendierung sei nicht anzuordnen.“
H.
Ebenfalls am 13. Juni 2018 ersuchte die Himalaya Untergruppe die UEK, ihr die Frist zur Unterbreitung eines Pflichtangebots in Sachen SHL bis zum 30. September 2018 zu verlängern. Ausserdem ersuchte die Himalaya Untergruppe die UEK, „von einer Suspendierung der Stimmrechte und der damit zusammenhängenden Rechte von Kun Shen abzusehen“ (Gesuch 3, act. 123/01, S. 2).
I.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 14. Juni 2018 gewährte die UEK der Alroy & Shalev Gruppe, der Himalaya Untergruppe, Mengke Cai sowie SHL eine Frist bis am 20. Juni 2018, 16:00 Uhr, um zu den Gesuchen 2 und 3 Stellung zu nehmen (act. 125/01).
J.
Am 18. Juni 2018 nahm ein Vertreter der Alroy & Shalev Gruppe in den Räumlichkeiten der UEK Einsicht in die bis dahin eingegangenen, anonymisierten Berichterstattungen seitens der angebotspflichtigen Gruppe.
K.
Am 20. Juni 2018 gingen Stellungnahmen der Himalaya Untergruppe (act. 127/01) sowie der Alroy & Shalev Gruppe (act. 128/01) zu den Gesuchen 2 und 3 bei der UEK ein. Die Himalaya Untergruppe stimmte den Ausführungen von Mengke Cai gemäss deren Eingabe vom 13. Juni 2018 vollumfänglich zu (act. 127/01). Die Alroy & Shalev Gruppe ihrerseits stellte folgende Anträge:
,,1. Die Gesuche von Mengke Cai, Xiang Xu, Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd. und Kun Shen seien abzuweisen.
Eventualiter sei Mengke Cai, Xiang Xu, Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd. und Kun Shen eine - nach Ermessen der Übernahmekommission zu bestimmende - kurze (nicht bis zum 30. September 2018 dauernde) und letzte Fristerstreckung zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes zu gewähren, unter der Auflage, dass die Anbieter die Übernahmekommission unter Vorlage entsprechender Rapporte und Belege wöchentlich über deren Bemühungen und Fortschritte hinsichtlich der Vorbereitung des öffentlichen Kaufangebots zu orientieren haben.
2. Es seien die Stimmrechte und damit zusammenhängenden Rechte betreffend die von Mengke Cai, Xiang Xu, Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd. und Kun Shen gehaltenen Aktien an der SHL Telemedicine Ltd. bis zur Erfüllung der durch die Übernahmekommission ihnen auferlegten Angebotspflicht zu suspendieren.
3. Der SHL Telemedicine Ltd. und ihren Organen sei unter Androhung der Bestrafung wegen Ungehorsams nach Art. 48 FINMAG zu verbieten, Mengke Cai, Xiang Xu, Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd. und Kun Shen zur Ausübung von Stimmrechten und damit zusammenhangenden Rechten zuzulassen und deren Stimmrechte in künftigen Generalversammlungen zu berücksichtigen.
4. Mengke Cai, Xiang Xu, Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd. und Kun Shen seien zu verpflichten, ab dem 12. Juli 2017 Verzugszinsen von 5% p.a. auf dem Angebotspreis zu bezahlen." (act. 128/01, S. 3 f.)
Auf die Begründung der Gesuche 2 und 3 sowie der Stellungnahmen wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
L.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Thomas A. Müller (Präsident), Jean-Luc Chenaux, Lionel Aeschlimann und Franca Contratto gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Fristverlängerung i.S.v. Art. 39 Abs. 2 FinfraV-FINMA
[1] Im vorliegenden Fall muss die angebotspflichtige Gruppe bis am 30. Juni 2018 ein öffentliches Angebot für alle SHL-Aktien zum Preis von CHF 8.70 pro SHL-Aktie unterbreiten (vgl. Sachverhalt lit. C; Verfügung 672/01, Dispositiv Ziff. 1, Verfügung 672/02, Dispositiv Ziff. 1).
[2] Gemäss Art. 39 Abs. 2 FinfraV-FINMA kann die UEK diese bereits einmal um drei Monate verlängerte Frist aus wichtigen Gründen (nochmals) verlängern. Nachfolgend ist zu prüfen, ob solche wichtigen Gründe in diesem Fall vorliegen.
[3] Mengke Cai bringt diesbezüglich vor, dass es sich als extrem schwierig erwiesen hat, für einen Finanzierungspartner vom chinesischen Festland die erforderlichen Genehmigungen der chinesischen Behörden erhältlich zu machen (act. 122/01, Rn 3). Entsprechend sei Mengke Cai gezwungen gewesen, „sich Finanzierungspartner in Hong Kong zu suchen“ (act. 122/01, Rn 4). Einen solchen habe sie mittlerweile in der Form einer vom chinesischen Staat kontrollierten Investmentgesellschaft gefunden (act. 122/01, Rn 4). Zurzeit seien mit dieser Investmentgesellschaft Verhandlungen über den ersten Entwurf eines Term Sheets am Laufen. Entsprechend sei es „absehbar, dass eine Fristverlängerung von einem Monat nicht ausreichen wird, sondern dass eine Fristverlängerung von drei Monaten, d.h. bis zum 30. September 2018 erforderlich ist, um die Finanzierung so zu erstellen, dass das Angebot unterbreitet werden kann“ (act. 122/01, Rn 5). Gemäss Mengke Cai sei ferner für „die Angebotsempfänger in ihrer Gesamtheit (…) ein später unterbreitetes Angebot immer besser als ein nicht unterbreitetes Angebot“ (act. 122/01, Rn 8). Insofern hätten diese ein Interesse daran, „dass Frau Cai, solange diese die Vorbereitungen weiter vorantreibt, was sie nachgewiesen hat, eine Fristerstreckung gewährt wird“ (act. 122/01, Rn 8). Es sei „zwar gefühlsmässig nachvollziehbar, wenn die Übernahmekommission nach dem Motto "genug ist genug" eine Fristverlängerung ablehnt.“ Damit würde „es der Pflichtanbieterin erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht, Geld zu beschaffen, das Angebot vorzubereiten und es zu unterbreiten“ (act. 122/01, Rn 8).
[4] Die Himalaya Untergruppe führt ihrerseits aus, dass „trotz aller Bemühungen der Anbieter keine vollständige Finanzierung bis zum Ende der verlängerten Frist bereitgestellt werden kann.“ Die Verhandlungen der Himalaya Untergruppe bezüglich der Finanzierung hätten sich nämlich als komplexer und zeitintensiver erwiesen als ursprünglich gedacht. Hinzu komme, „dass der mögliche Eigenkapitalgeber eine vertiefte Due Diligence Prüfung des Geschäfts der SHL durchführen muss“ (act. 123/01, S. 1 f.). Eine zweite Fristverlängerung würde den Interessen der Minderheitsaktionäre oder Anleger sowie der Zielgesellschaft nicht entgegenstehen, da der Angebotspreis bereits rechtkräftig feststünde (act. 123/01, S. 2).
[5] Die Alroy & Shalev Gruppe ihrerseits ist der Ansicht, dass „bei der Gewährung einer weiteren Fristerstreckung von vornherein äusserste Zurückhaltung geboten“ sei (act. 128/01, Rn 4 in fine). Aus ihrer Sicht ist es klar, „dass es bei der Gewährung einer weiteren Fristerstreckung bis zum 30. September 2018 zu einer weiteren dreimonatigen Verzögerung kommen wird“ (act. 128/01, Rn 5). Es sei ferner „nicht ersichtlich, dass die Abweisung des Fristerstreckungsgesuchs für die Interessen der Minderheitsaktionäre kontraproduktive Auswirkungen haben könnte“ (act. 128/01, Rn 11). Somit sei keine weitere Fristerstreckung zu gewähren (act. 128/01, Rn 12). Die Alroy & Shalev Gruppe führt zudem aus, dass es die Himalaya Untergruppe abermals verpasst habe, „ihre Behauptung, es werde mit Nachdruck an der Finanzierung des Angebots gearbeitet, glaubhaft darzutun, geschweige denn nachzuweisen“ (act. 128/01, Rn 15). Mengke Cai müsse sich ferner die Frage gefallen lassen, weshalb sie bei ihrer Suche nach einer Finanzierung vorerst auf das chinesische Festland fokussiert habe. Sie hätte sich bereits von Beginn weg auch in Hong Kong – oder noch breiter – umsehen müssen (act. 128/01, Rn 16). Es seien „keinerlei Gründe ersichtlich, welche dafür sprechen würden, die Angebotspflichtigen noch länger „mit Samthandschuhen anzufassen““. Die angebotspflichtige Gruppe hätte es genügend lange in der Hand gehabt, den ordnungsgemässen Zustand wiederherzustellen (act. 128/01, Rn 19).
[6] Die UEK ist der Ansicht, dass die Himalaya Untergruppe und Mengke Cai mit ihren zweiwöchigen Berichterstattungen dargelegt haben, dass sie sich nun darum bemühen, einen Finanzierungspartner zu finden. So sind derzeit Verhandlungen über den ersten Entwurf eines Term Sheets zur Finanzierung des Pflichtangebots am Laufen. Dass sich die Himalaya Untergruppe und Mengke Cai bei ihrer Suche nach Finanzierungspartnern zunächst auf das chinesische Festland konzentriert haben, tut dabei wenig zur Sache.
[7] Entgegen der Ansicht der Alroy & Shalev Gruppe ist es sodann ausreichend wahrscheinlich, dass ein Pflichtangebot an die Aktionäre von SHL wenn nicht ausgeschlossen, so doch zumindest erheblich erschwert würde, wenn eine zweite Fristerstreckung verweigert wird. Dass dies nicht im Interesse der Minderheitsaktionäre von SHL sein kann, versteht sich von selbst. Im Übrigen kann zumindest bezweifelt werden, ob es im Interesse der Alroy & Shalev Gruppe wäre, wenn letztlich gar keine Mittel von der Himalaya Untergruppe und von Mengke Cai gefunden werden könnten, um das Pflichtangebot zu finanzieren und entsprechend zu unterbreiten.
[8] Auf der anderen Seite ist der Alroy & Shalev Gruppe insofern Recht zu geben, als es nun doch angezeigt ist, dass das Pflichtangebot an die Aktionäre von SHL in naher Zukunft unterbreitet wird. Denn es kann nicht angehen, die Unterbreitung des Pflichtangebots durch Fristerstreckungen aufzuschieben und somit den Rechtsfolgen von Art. 135 Abs. 1 FinfraG zu entgehen. Die bisher unternommenen und gegenüber der UEK dokumentierten Schritte zur Planung der Transaktion lassen aber eine geordnete Unterbreitung des Pflichtangebots per Ende August 2018 als durchaus realistisch erscheinen. Vor diesem Hintergrund scheint eine Fristerstreckung um zwei weitere Monate als angemessen.
[9] Die UEK weist entsprechend den Hauptantrag der Himalaya Untergruppe und den Antrag 1 von Mengke Cai ab, gibt dem Eventualantrag 1 der Alroy & Shalev Gruppe statt und verlängert die Frist zur Unterbreitung eines Pflichtangebots bis zum 31. August 2018.
[10] Diese zweite Fristverlängerung i.S.v. Art. 39 Abs. 2 FinfraV-FINMA erfolgt unter der Auflage, dass die Himalaya Untergruppe und Mengke Cai die UEK in analoger Anwendung von Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA wöchentlich über die Fortschritte betreffend die Durchführung und Finanzierung des Pflichtangebots informieren.
2. Stimmrechtsuspendierung
[11] Nach Art. 135 Abs. 5 lit. a FinfraG kann die UEK das Stimmrecht und die damit zusammenhängenden Rechte einer Person, die ihrer Angebotspflicht nicht nachkommt, bis zur Klärung und gegebenenfalls Erfüllung der Angebotspflicht suspendieren, wenn es hinreichende Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese Person ihrer Angebotspflicht nicht nachkommt. Es ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall eine Suspendierung der Stimmrechte der angebotspflichtigen Gruppe angezeigt ist, wie dies die Alroy & Shalev Gruppe in ihrem Antrag 2 verlangt.
[12] Mit Blick auf eine allfällige Suspendierung ihrer Stimmrechte i.S.v. Art. 135 Abs. 5 lit. a FinfraG hält Mengke Cai fest, dass diese dazu führen würde, „dass die Alroy-Gruppe die absolute Mehrheit der Aktien an der SHL erreicht“ und frei wird, „die SHL zu entreichern und ihr Risikoprofil völlig zu verändern“ (act. 122/01, Rn 11). Für Mengke Cai würde eine Stimmrechtsuspendierung somit bedeuten, „dass ein Angebot nicht unterbreitet werden könnte“ (act. 122/01, Rn 16).
[13] Sodann ist die Himalaya Untergruppe der Ansicht, dass bei einer Suspendierung der Stimmrechte der angebotspflichtigen Gruppe eine ihr feindlich gesinnte Aktionärsgruppe – nämlich die Alroy & Shalev Gruppe – die Kontrolle über SHL übernehmen würde. Das würde alle Fortschritte in den Verhandlungen über die Finanzierung mit möglichen Investoren zunichtemachen und die Sicherstellung der Finanzierung des Angebots deutlich erschweren, wenn nicht sogar verunmöglichen. Zudem würde eine „neu geschaffene Kontrollsituation zugunsten der Alroy Gruppe (…) die Interessen der übrigen Stakeholder, insbesondere der Publikumsaktionäre, der Zielgesellschaft sowie der Anbieter und der möglichen Mitinvestoren, schwerwiegend gefährden“ (act. 123/01, S. 2).
[14] Nach Auffassung der Alroy & Shalev Gruppe hingegen eröffnet die Stimmrechtssuspendierung den Minderheitsaktionären die Möglichkeit, an der nächsten SHL-Generalversammlung wieder Vertreter in den Verwaltungsrat von SHL zu wählen (act. 128/01, Rn 24). Derzeit sei die „Gefahr einer Ausbeutung der Minderheitsaktionäre (…) besonders ausgeprägt und die Anordnung einer Stimmrechtssuspendierung als präventive bzw. restitutorische Massnahme dringend geboten“ (act. 128/01, Rn 26 in fine). Die angebotspflichtige Gruppe würde vorliegend vorgeben, die Angebotspflicht zu akzeptieren, allerdings hätte diese „ihren Worten bis anhin keine Taten folgen lassen“ (act. 128/01, Rn 30). Es sei mithin nicht davon auszugehen, „dass die Angebotspflichtigen bis anhin ernsthafte Bemühungen zur Angebotsvorbereitung an den Tag gelegt haben“ (act. 128/01, Rn 33). Laut ihnen sei es des Weiteren nicht ersichtlich, „dass die Finanzierung bei der Anordnung einer Stimmrechtssuspendierung erschwert oder gar verunmöglicht wird“ (act. 128/01, Rn 35). Sodann bestreitet die Alroy & Shalev Gruppe „die in keiner Weise belegte Behauptung“, „dass die Finanzierung im Falle einer Stimmrechtssuspendierung nicht mehr gewährt würde“ (act. 128/01, Rn 40). Gemäss der Alroy & Shalev Gruppe wird sodann bei Anordnung einer Stimmrechtssuspendierung ohnehin noch viel Zeit (mindestens 40 Tage) verstreichen, bis sie eigene Vertreter in den Verwaltungsrat der SHL wählen könnte. Sollte sich der Verwaltungsrat von SHL zudem weigern, einem allfälligen Antrag auf Einberufung einer Generalversammlung von SHL seitens der Alroy & Shalev Gruppe nachzukommen, hätte diese ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Dann wäre nicht damit zu rechnen, dass eine Generalversammlung vor dem 30. September 2018 stattfinden könnte (act. 128/01, Rn 40). Eine Suspendierung der Stimmrechte entfalte damit hinsichtlich der Kontrolle über SHL mit anderen Worten „keine unmittelbare Wirkung“ (act. 128/01, Rn 41).
[15] Die Stimmrechtsuspendierung nach Art. 135 Abs. 5 lit. a FinfraG kann auch angeordnet werden, wenn eine Angebotspflicht bereits rechtskräftig festgestellt worden ist (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der FINMA vom 27. März 2018 i.S. SHL Telemedicine Ltd., Rn 26 f.). Entsprechend kann auch nachdem eine Angebotspflicht – wie im vorliegenden Fall – festgestellt worden ist, Bedarf für eine Stimmrechtssuspendierung bestehen. Mithin kann die Suspendierung der Stimmrechte bis zum Zeitpunkt der Erfüllung der Angebotspflicht angeordnet werden (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der FINMA vom 27. März 2018 i.S. SHL Telemedicine Ltd., Rn 27). Eine Stimmrechtssuspendierung könnte somit im vorliegenden Fall von der UEK ausgesprochen werden, sofern hinreichende Anhaltspunkte für eine Missachtung der Angebotspflicht vorliegen und eine Suspendierung zur Wahrung des Schutzzwecks von Art. 135 Abs. 5 lit. a FinfraG effektiv erforderlich scheint. Dies wird nachfolgend geprüft.
[16] Der Fall GNI Global Net International AG (GNI) aus dem Jahr 2007 war der erste (und bisher einzige), in dem die UEK eine Suspendierung der Stimmrechte einer angebotspflichtigen Partei beantragt hatte. Am 19. Januar 2007 war die Angebotspflicht bezüglich GNI von der Schweizer Finance Holding (SFH) ausgelöst worden. Gemäss Art. 32 Abs. 7 aBEHG war zu jenem Zeitpunkt die EBK legitimiert, beim Richter die Suspendierung der Stimmrechte desjenigen, der die Angebotspflicht nicht beachtete, zu beantragen. Damals musste somit zunächst die UEK bei der EBK beantragen, dass die Stimmrechte suspendiert werden. Dies tat die UEK bereits im Nachgang zu ihrer zweiten Empfehlung vom 3. Mai 2007 am 8. Juni 2007. Sodann musste die EBK auf Suspendierung der Stimmrechte beim Zivilgericht klagen, was sie mit Klage vom 19. Juni und 22. Juni 2007 tat. Mit Verfügungen vom 20. Juni und vom 25. Juni 2007 hiess daraufhin das Zivilgericht des Seebezirks Murten die Klage der EBK auf vorsorgliche Suspendierung der Stimmrechte aus den Aktien an GNI gut und suspendierte die Stimmrechte der SFH (vgl. Empfehlung IV vom 12. Juli 2007 i.S. GNI, Sachverhalt lit. D, I, N und O m.w.H.). Die Suspendierung der Stimmrechte der SFH war somit von der UEK etwas mehr als vier Monate nach der Auslösung der Angebotspflicht beantragt und von der EBK genau fünf Monate nach diesem Zeitpunkt verlangt worden.
[17] Der Fall GNI unterscheidet sich mit Blick auf die konkreten faktischen Umstände wesentlich vom vorliegenden Fall. Seit der Feststellung der Angebotspflicht durch die UEK mit Verfügung 672/01 sind im Fall SHL fünf Monate vergangen. Die Frist zur Unterbreitung des Pflichtangebots wurde vorerst einmal mit der Verfügung 672/02 um drei Monate verlängert. Bei der angebotspflichtigen Gruppe handelt es sich ferner um eine heterogene Gruppe, bestehend einerseits aus der Himalaya Untergruppe aus Hong Kong und andererseits aus Mengke Cai vom chinesischen Festland. Der Wert des Angebotes im Fall GNI belief sich auf insgesamt CHF 652'124 (vgl. Empfehlung IV vom 12. Juli 2007 i.S. GNI, Ziff. 9). In jenem Fall war zudem mit SFH lediglich eine Partei alleine angebotspflichtig. Diese hatte ihren Sitz des Weiteren in der Schweiz. Vorliegend beläuft sich hingegen das Volumen des noch ausstehenden Pflichtangebots an die Aktionäre von SHL auf ungefähr CHF 40'000'000 (act. 122/01, Rn 4). So ist nicht nur dieses Volumen beträchtlich höher als im Fall GNI. Das Angebot soll auch zum grössten Teil fremdfinanziert werden (act. 122/01, Rn 4). Dies bedeutet nicht, dass bei fremd zu finanzierenden Pflichtangeboten auf grössere Gesellschaften die Frist zu deren Unterbreitung beliebig verlängert werden kann. Aus dem Gesagten folgt jedoch, dass im Moment noch kein Anlass besteht, die Stimmrechte der angebotspflichtigen Gruppe zu suspendieren.
[18] Es ist ferner zu beachten, dass die UEK nun die Stimmrechtsuspendierung gestützt auf Art. 135 Abs. 5 lit. a FinfraG jederzeit selbständig aussprechen kann. Im alten Recht hingegen musste dies nicht nur mit der EBK die damalige Aufsichtsbehörde der UEK beantragen, sondern auch noch ein Zivilgericht separat anordnen. Auch diese verfahrensmässige Vereinfachung spricht dafür, dass eine Suspendierung der Stimmrechte der angebotspflichtigen Gruppe derzeit noch nicht unmittelbar nötig ist.
[19] Ebenfalls im Gegensatz zum Fall GNI, wo keine weiteren bedeutenden Aktionäre mit Beteiligungen von mehr als 5% der Stimmrechte an GNI vorhanden waren (vgl. den Angebotsprospekt von Bellevue Exklusiv Immobilien AG und von SFH vom 13. Juli 2007, Ziff. 8.1 lit. f und Ziff. 8.2 lit. h), würde vorliegend die Kontrolle über SHL an die Alroy & Shalev Gruppe übergehen, wenn die Stimmrechte der angebotspflichtigen Gruppe suspendiert würden. Unter diesen Umständen ist Vorsicht geboten, die Stimmrechte der angebotspflichtigen Gruppe zu suspendieren.
[20] Aus allen soeben erwähnten Gründen wird somit der Antrag 2 der Alroy & Shalev Gruppe abgewiesen. Die Anträge der Himalaya Untergruppe sowie von Mengke Cai, dass ihre Stimmrechte nicht suspendiert werden, sind entsprechend gutzuheissen.
3. Einbezug von SHL in die Anordnung
[21] Die Alroy & Shalev Gruppe stellt den Antrag, SHL und ihren Organen „unter Androhung der Bestrafung wegen Ungehorsams nach Art. 48 FINMAG zu verbieten,“ die angebotspflichtige Gruppe „zur Ausübung von Stimmrechten und damit zusammenhängenden Rechten zuzulassen und deren Stimmrechte in künftigen Generalversammlungen zu berücksichtigen“ (vgl. Sachverhalt lit. K; act. 128/01, S. 3 f., Antrag 3).
[22] Da die Stimmrechte der angebotspflichtigen Gruppe im vorliegenden Fall nicht suspendiert werden, wird Antrag 3 der Alroy & Shalev Gruppe von vornherein gegenstandslos. Ganz abgesehen davon wäre der Antrag auch vor dem folgenden Hintergrund abzuweisen: Art. 48 FINMAG sieht vor, dass mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft wird, „wer einer von der FINMA unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels ergangenen rechtskräftigen Verfügung oder einem Entscheid der Rechtsmittelinstanzen vorsätzlich nicht Folge leistet.“ Diese Norm findet nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nur auf Verfügungen der FINMA oder ihrer Rechtsmittelinstanzen, nicht aber auf Verfügungen der UEK Anwendung.
4. Leistung von Verzugszinsen
[23] Die Alroy & Shalev Gruppe stellt den Antrag, dass die angebotspflichtige Gruppe zu verpflichten sei, „ab dem 12. Juli 2017 Verzugszinsen von 5% p.a. auf dem Angebotspreis zu bezahlen“ (vgl. Sachverhalt lit. K; act. 128/01, S. 4, Antrag 4). Als Begründung führt sie aus, dass ein Schuldner einem Gläubiger einerseits nach Art. 104 Abs. 1 OR und andererseits nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz einen Verzugszins von 5% p.a. bezahlen muss, wenn er mit der Zahlung einer Geldschuld im Verzug ist. Entsprechend sei die angebotspflichtige Gruppe „dazu verpflichtet, den Minderheitsaktionären Verzugszinsen zu bezahlen“ (act. 128/01, Rn 8 sowie auch Rn 43 f.).
[24] Im vorliegenden Fall ist die angebotspflichtige Gruppe dazu verpflichtet worden, ein öffentliches Angebot an die Aktionäre von SHL zu unterbreiten (vgl. Verfügung 672/01, Dispositiv Ziff. 1). Die Pflicht der angebotspflichtigen Gruppe besteht somit darin, den Aktionären von SHL ein Pflichtangebot zu unterbreiten. Mithin geht die Alroy & Shalev Gruppe mit ihrer Annahme fehl, dass die angebotspflichtige Gruppe mit der Zahlung einer Geldschuld i.S.v. Art. 104 Abs. 1 OR im Verzug ist. Auch kann der allgemeine Rechtsgrundsatz, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichten würde, nicht als Grundlage einer solchen Pflicht herangezogen werden, da bereits per se keine Geldschuld Gegenstand der Angebotspflicht ist. Antrag 4 der Alroy & Shalev Gruppe auf Bezahlung von Verzugszinsen wird somit abgewiesen.
5. Publikation
[25] Nach Art. 61 Abs. 3 UEV veröffentlicht die Zielgesellschaft die allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrates (lit. a) und das Dispositiv der Verfügung der UEK (lit. b). Art. 6 und 7 UEV sind auf diese Veröffentlichung anwendbar (Art. 61 Abs. 4 UEV).
[26] Gestützt auf Art. 61 Abs. 3 lit. b UEV wird SHL verpflichtet, die Öffentlichkeit über die mit der vorliegenden Verfügung gewährte Verlängerung der Frist i.S.v. Art. 39 Abs. 2 FinfraV-FINMA zu informieren und das Dispositiv der vorliegenden Verfügung zu veröffentlichen. Diese Publikation durch SHL hat gleichzeitig mit der Publikation der vorliegenden Verfügung durch die UEK zu erfolgen.
[27] Diese Verfügung wird sodann nach ihrer Eröffnung gegenüber den Parteien auf der Webseite der Übernahmekommission publiziert.
6. Gebühr
[28] Nach Art. 126 Abs. 5 FinfraG und Art. 118 FinfraV wird für die Behandlung der Gesuche 2 und 3 eine Gebühr zu Lasten der Himalaya Untergruppe und von Mengke Cai erhoben. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit des vorliegenden Falles setzt der Ausschuss diese Gebühr auf CHF 20'000 fest. Die Himalaya Untergruppe und Mengke Cai haften solidarisch für diese Gebühr.
Die Übernahmekommission verfügt:
1. | Die Frist zur Unterbreitung eines öffentlichen Angebots von Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd., Xiang Xu, Kun Shen und Mengke Cai an die Aktionäre von SHL Telemedicine Ltd. wird bis zum 31. August 2018 verlängert. |
2. | Diese Fristverlängerung erfolgt unter der Auflage, dass Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd., Xiang Xu, Kun Shen und Mengke Cai einmal jede Woche die Übernahmekommission über die Fortschritte betreffend die Durchführung und die Finanzierung des Pflichtangebots informieren. |
3. | Der Hauptantrag von Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd., Xiang Xu, Kun Shen und der Antrag Ziff. 1 von Mengke Cai werden abgewiesen. |
4. | Der Hauptantrag Ziff. 1 sowie die Anträge Ziff. 2 – 4 von Nehama & Yoram Alroy Investment Ltd. und Elon Shalev werden abgewiesen. |
5. | SHL Telemedicine Ltd. wird verpflichtet, die Öffentlichkeit über die mit der vorliegenden Verfügung gewährte Fristverlängerung zu informieren und das Dispositiv der vorliegenden Verfügung zu veröffentlichen. Diese Publikation hat gleichzeitig mit der Publikation der vorliegenden Verfügung durch die Übernahmekommission zu erfolgen. |
6. | Die vorliegende Verfügung wird nach deren Eröffnung auf der Webseite der Übernahmekommission publiziert. |
7. | Die Gebühr zu Lasten von Himalaya (Cayman Islands) TMT Fund, Himalaya Asset Management Ltd., Xiang Xu, Kun Shen und Mengke Cai beträgt unter solidarischer Haftung CHF 20'000. |
Der Präsident:
Thomas A. Müller
Diese Verfügung geht an die Parteien:
- | SHL Telemedicine Ltd., vertreten von Dr. iur. Thomas Müller und PD Dr. iur. Daniel Dedeyan, Walder Wyss AG, Seefeldstrasse 123, 8008 Zürich; |
- | Nehama & Yoram Alroy Investment Ltd. und Elon Shalev, vertreten von André A. Girguis und Matthias Hirschle, Blum & Grob Rechtsanwälte AG, Neumühlequai 6, 8021 Zürich; |
- | Mengke Cai, vertreten von Dr. iur. Matthias Courvoisier und Martina A. Kessler, Baker McKenzie Zürich, Holbeinstrasse 30, 8034 Zürich; |
- | Himalaya Asset Management Ltd., Himalaya (Cayman Island) TMT Fund, Xiang Xu und Kun Shen, vertreten von Dr. iur. Mariel Hoch, Bär & Karrer AG, Brandschenkestrasse 90, 8027 Zürich. |
Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):
Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.