Transactions
0536 - Sulzer AG und OC Oerlikon Corporation AG
Verfügung 536/01 vom 24. Juli 2013
Gesuch von Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale, ING Bank N.V. und Liwet Holding AG betreffend Feststellung des Nichtbestehens bzw. Ausnahmen von der Angebotspflicht bezüglich Sulzer AG und OC Oerlikon Corporation AG.
Sachverhalt:
A.
Sulzer AG (Sulzer) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Winterthur/ZH. Das Aktienkapital beträgt CHF 342'623.70 und ist eingeteilt in 342'623'70 Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 0.01 (Sulzer-Aktien). Die Sulzer-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) kotiert (SIX: SUN).
B.
OC Oerlikon Corporation AG (OC; zusammen mit Sulzer die Zielgesellschaften) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Pfäffikon/SZ. Das Aktienkapital beträgt CHF 325'964'498 und ist eingeteilt in 325'964'498 Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 1 (OC-Aktien). OC verfügt zudem über bedingtes Kapital im Betrag von CHF 40'000'000 für Options- und Wandelanleihen, von CHF 7'200'000 für Mitarbeiterbeteiligungen und von CHF 14'134'431 im Zusammenhang mit Optionsrechten. Die OC-Aktien sind an der SIX kotiert (SIX: OERL). Art. 8 der Statuten von OC enthalten ein Opting Out, wonach der Erwerber von Aktien der Gesellschaft nicht verpflichtet ist, ein öffentliches Kaufangebot nach Art. 32 und 52 BEHG zu machen.
C.
Liwet Holding AG (Liwet) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Zürich und eine 100 % Tochtergesellschaft der Berdwick Holdings Limited, Zypern, welche ihrerseits eine 100 % Tochtergesellschaft der Jollinson Limited ist, welche wiederum eine 100 % Tochtergesellschaft von Renova Innovation Technologies Ltd. ist, einer 90 % Tochtergesellschaft der Renova Holding Ltd., Bahamas, die zu 100 % durch die TZ Columbus Services Ltd, British Virgin Island, als Trustee des Columbus Trust (einem Trust gemäss dem Recht der Cayman Islands), beherrscht wird, dessen wirtschaftlich Berechtigter Viktor F. Vekselberg ist (alle zusammen Vekselberg). Vekselberg hält an Sulzer eine Beteiligung von 10'594'797 Sulzer-Aktien, entsprechend 30.92 % der Stimmrechte und an OC eine Beteiligung 149'635'408 OC-Aktien, entsprechend 46.31 % der Stimmrechte.
D.
Am 24. April 2013 nahm Liwet zwecks Refinanzierung von Gesellschaften, welche von Vekselberg kontrolliert werden, Kredite im Betrag von insgesamt CHF 1'000'000'000 auf, mit einer Laufzeit von drei Jahren. Kreditgeberinnen sind fünf Banken: Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale und ING Bank N.V. (die Banken; zusammen mit Liwet die Gesuchsteller).
E.
Diese Kredite sind als eine Kombination aus je einem cash-settled prepaid share basket forward (Forward) und einem cash-settled share basket swap (Swap) strukturiert: Liwet vereinbarte mit jeder der fünf Banken individuelle, im Wesentlichen identische, Termingeschäfte, welche sich auf die von Lewit gehaltenen Sulzer- und OC-Aktien beziehen. Jeder dieser Forwards besteht aus 677'565 Sulzer-Aktien (ca. 1.98 % der Stimmrechte von Sulzer) und 9'778'993 OC-Aktien (ca. 3.00 % der Stimmrechte von OC; zusammen die Share Baskets). Es ist vereinbart, dass Liwet die Kreditssummen innerhalb von drei Jahren zurückzahlen wird, mit sechs Fälligkeitsdaten (Payment Dates) für die Teilrückzahlungen: An jedem der ersten fünf Payment Dates wird eine Summe bezahlt, welche 10 % der ursprünglichen Anzahl Aktien in den Share Baskets entspricht. Am letzten Payment Date im April 2016 wird eine Summe bezahlt, welche den verbleibenden 50 % der ursprünglichen Anzahl Aktien in den Share Baskets entspricht. Parallel zu den Forwards beschloss Liwet mit jeder der fünf Banken individuelle, im Wesentlichen identische Swaps. Den Swaps liegen die gleichen Share Baskets zugrunde wie den Forwards. Gemäss den Swaps kompensieren die Banken an jedem Payment Date Liwet für jede positive Preisentwicklung der Aktien des Anteils der Share Baskets, der zur Zahlung gelangt (equity amount payments). Im umgekehrten Fall einer negativen Preisentwicklung, wird diese zugunsten der Banken durch Liwet kompensiert. Im Ergebnis führt dies dazu, dass das Kursrisiko bezüglich der Aktien in den Share Baskets bei Liwet bleibt (alle Verträge zusammen: ISDA Documents).
F.
Zur Sicherung der Kredite hat Liwet mit den fünf Banken im wesentlichen identische Pfandverträge abgeschlossen (Share pledge agreement). Dabei wurden den fünf Banken insgesamt 9'340'000 Sulzer-Aktien (entsprechend 27.26 % der Stimmrechte von Sulzer) und 134'800'000 OC-Aktien (entsprechend 41.72 % der Stimmrechte von OC) verpfändet. Die Verpfändung erfolgte gemäss Art. 25 und 26 des Bundesgesetzes über Bucheffekten (Bucheffektengesetz, BEG). Liwet bleibt Inhaberin der verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien und übt auch weiterhin die aus ihnen hervorgehenden Mitgliedschaftsrechte, insbesondere die Stimmrechte aus. Als zusätzliche Sicherheit haben überdies Gesellschaften, welche von Vekselberg kontrolliert werden, zugunsten der fünf Banken Garantien abgegeben.
G.
Zwischen Liwet (und weiteren Gesellschaften, welche zu Vekselberg gehören) und den fünf Banken besteht ein weiterer Vertrag (Intercreditor Deed), welcher die Koordination der fünf Banken untereinander regelt, für den Fall, dass die Verträge mit Liwet vorzeitig gekündigt werden (Deemed Mandatory Early Termination) oder dass ein Fall eintritt, der zur Pfandverwertung berechtigt (Enforcement Event). Bei Eintritt eines Enforcement Event kann jede Bank das Stimmrecht der ihr verpfändeten Sulzer und OC-Aktien an sich ziehen, indem sie dies Liwet schriftlich anzeigt.
H.
Im Fall einer Deemed Mandatory Early Termination oder eines Enforcement Event dürfen die verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien gemäss den einschlägigen Bestimmungen das Share pledge agreement und des Intercreditor Deed verkauft werden. Im Fall eines Enforcement Event dürfen die Banken die betreffenden Sulzer- und OC-Aktien entweder direkt an einen Dritten verkaufen oder wahlweise vorgängig selbst erwerben, um sie später zu verkaufen (Selbsteintritt). Im Fall einer Deemed Mandatory Early Termination muss der Verkauf gemäss Intercreditor Deed in einem koordinierten Verfahren abgewickelt werden: Demnach kann jede Bank verlangen, dass auch die ihr verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien während einer bestimmten Dauer (Joint Brokerage Period) von 30 Tagen (maximal verlängerbar bis 150 Tage) in einem gemeinsamen Vorgehen verkauft werden. Dabei soll versucht werden, die den Banken verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien in einem Book-Building oder einem anderen Verfahren zu verkaufen, wobei unter bestimmten Umständen auch Liwet ein Recht zum Verkauf eingeräumt wird. Scheitert der gemeinsame Verkauf, hat jede Bank – wiederum nachdem die anderen Banken konsultiert wurden – das Recht, die ihr verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien frei zu Verkaufen oder selbst zu erwerben.
I.
Mit Empfehlung vom 22. April 2013 entschied die Offenlegungsstelle der SIX (OLS) auf Gesuch um Vorabentscheid der Gesuchsteller, dass die ISDA Documents für die Gesuchsteller keine Offenlegungspflicht auslösen und dass sie bezüglich dieser Dokumente nicht in gemeinsamer Absprache im Sinn von Art. 20 Abs. 3 BEHG in Verbindung mit Art. 10 BEHV-FINMA handeln würden. Bezüglich der Bestimmungen des Intercreditor Deed zum gemeinsamen Vorgehen der fünf Banken im Fall eines gemeinsamen Verkaufs der verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien entschied die OLS, dass ein solches Vorgehen dazu führen würde, dass die fünf Banken als eine Veräusserungsgruppe im Sinn von Art. 20 Abs. 3 BEHG in Verbindung mit Art. 10 BEHV-FINMA zu qualifizieren wären und damit der Meldepflicht unterliegen würden.
J.
Die gesamte Transaktion steht unter der Bedingung, dass die Übernahmekommission innert 60 Tagen nach Unterzeichnung der betreffenden Dokumente ein Verfügung erlässt. Infolgedessen reichten die Gesuchsteller ein Gesuch (Gesuch) mit Datum vom 17. Mai 2013 ein, mit folgenden Anträgen:
„The Swiss Takeover Board ("STB")
-
shall confirm that neither (i) the Banks collectively nor (ii) the Banks and Liwet and its ultimate beneficial owner collectively act in concert or qualify as an organised group, respectively, and that, therefore, neither of them is subject to any obligations to make an offer according to art. 32 SEST A merely by entering into the agreements in order to execute the prepaid cash-settled forwards and the cash-settled equity swaps (in particular the ISDA 2002 Master Agreements, the Schedules to the ISDA 2002 Master Agreement, the Confirmations of a Share Basket Forward Transaction and the Confirmations of a Share Basket Swap Transaction; collectively the "ISDA Documents").
- shall confirm that neither (i) the Banks collectively nor (ii) the Banks and Liwet and its ultimate beneficial owner collectively act in concert or qualify as an organised group, respectively, and that, therefore, neither of them is subject to any obligations to make an offer according to mt. 32 SESTA merely by entering into the Share Pledge Agreements and the Intercreditor Deed in order to pledge shares to the Banks (the Share Pledge Agreements and the Intercreditor Deed together with the Subordination Deeds and the ISDA Documents the "Transaction Documents").
- shall confirm that neither (i) the Banks collectively nor (ii) the Banks and Liwet and its ultimate beneficial owner collectively act in concert or qualify as an organised group, respectively, according to att. 32 SESTA in case of (a) the Banks exercising the voting rights in Liwet's stead following an Enforcement Event (as defined in the Share Pledge Agreements), (b) the Banks selling Liwet's shares following a Mandatory Deemed Early Termination (as defined in the Intercreditor Deed) or an Enforcement Event and (c) the Banks selling shares following the appropriation of such shares due to the occurrence of an Enforcement Event.
- shall, alternatively, grant an exemption from the obligation to make an offer in the cases described in sub-paragraphs (a), (b) and (c) of Motion no. 3 based on art. 32 para. 2 letter c SESTA if and to the extent the STB does not follow Motion no. 3.
- shall, alternatively, grant the Banks as well as Liwet and its ultimate beneficial owner an exemption from the obligation to make an offer in relation to the transaction and the Transaction Documents entered into in order to execute such transaction based on a1i. 39 para. 1 SESTO-FINMA if and to the extent the STB does not follow Motions no. 1 to 4.
- shall issue its decision no later than June 14 ,2013.”
K.
Die Stellungnahmen der Verwaltungsräte von Sulzer und OC zum vorliegenden Gesuch wurde der Übernahmekommission im Entwurf eingereicht. Die Verwaltungsräte von Sulzer und OC haben keine Einwände gegen das Gesuch.
L.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Lionel Aeschlimann und Thomas Müller gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Pflichtangebot und Handeln in gemeinsamer Absprache
[1] Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss diejenige Person, welche direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die sie bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3 % der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten.
[2] Für die Beurteilung, ob eine gemeinsame Absprache mit Dritten vorliegt, gilt Art. 10 Abs. 1 und 2 BEHV-FINMA sinngemäss. Entscheidend ist, dass die Absprache „im Hinblick auf die Beherrschung" erfolgt (Art. 31 BEHV-FINMA). Hierfür sind jeweils die gesamten Umstände und Abreden zu würdigen. Gewichtige Elemente einer Beherrschung sind etwa Abreden über die Ausübung des Stimmrechts, Absprachen über die Zusammensetzung des Verwaltungsrats sowie die gemeinsame Festlegung einer Strategie für die Zielgesellschaft (Verfügung 434/01 vom 13. November 2009 in Sachen Thurella AG, Erw. 1.1).
1.1 ISDA Documents
[3] Im Rahmen der ISDA-basierten Forwards und Swaps sollen keine Sulzer- oder OC-Aktien oder Rechte daran, namentlich keine Stimmrechte, verpfändet oder übertragen werden. Die Aktien dienen lediglich als Basiswert (underlying) für die beiden Transaktionen. Da die Forwards cash-settled sind, ist eine Lieferung von Aktien nicht vorgesehen, sondern lediglich eine Ausgleichszahlung. Das gleiche gilt für die Swaps, welche die Parteien zu einer Ausgleichszahlungen verpflichten, welche auf dem Kurswert der betreffenden Aktien basieren. Zudem bewirken weder Forwards noch Swaps noch die übrigen ISDA Documents eine Abstimmung der Verhaltensweisen mit Blick auf die Beherrschung von Sulzer oder OC.
[4] Nach Gesagtem sind die ISDA Documents nicht als Verträge im Sinn von Art. 10 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b BEHV-FINMA in Verbindung mit Art. 31 BEHV-FINMA zu qualifizieren.
1.2 Verpfändung der Sulzer- und OC-Aktien
[5] Liwet verpfändete von ihr gehaltene Sulzer- und OC-Aktien, um damit die Kredite der fünf Banken sicherzustellen. Die Verpfändung erfolgte gemäss Art. 25 und 26 des Bundesgesetzes über Bucheffekten. Diese Verpfändung bewirkt lediglich eine Teilrechtsübertragung; Liwet bleibt Inhaberin der verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien und übt auch weiterhin die aus ihnen hervorgehenden Mitgliedschaftsrechte, insbesondere die Stimmrechte aus.
[6] Damit besteht seitens der Banken – jedenfalls bis zum Eintritt eines Enforcement Event, welches es den Banken erlaubt, die Stimmrechte der verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien an sich zu ziehen (vgl. Sachverhalt lit. E) – keine Möglichkeit einer Beherrschung. Das Share pledge agreement und das Intercreditor Deed haben zudem weder die Ausübung von Stimmrechten zum Gegenstand noch bewirken sie auf andere Weise eine Abstimmung der Verhaltensweisen mit Blick auf die Beherrschung von Sulzer oder OC. Sie sind daher nicht als Verträge im Sinn von Art. 10 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b BEHV-FINMA in Verbindung mit Art. 31 BEHV-FINMA zu qualifizieren.
1.3 Pfandverwertung
[7] Erst mit dem Eintritt eines Enforcement Event haben die Banken die Möglichkeit, die Stimm-rechte der verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien an sich zu ziehen und infolgedessen auzuüben. Im Fall eines möglichen späteren Selbsteintritts würden sie zudem auch noch Inhaberinnen der betreffenden Aktien.
[8] Das Intercreditor Deed hat zum Zweck, den Verkauf der verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien zu koordinieren. Es hat weder die Ausübung von Stimmrechten zum Gegenstand noch bewirkt es auf andere Weise eine Abstimmung der Verhaltensweisen mit Blick auf die Beherrschung von Sulzer und OC. Es ist daher nicht als Vertrag im Sinn von Art. 10 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b BEHV-FINMA zu qualifizieren. Auch die übrigen Verträge beinhalten keine Bestimmungen, welche eine solche Abstimmung im Hinblick auf die Beherrschung von Sulzer und OC vorsehen. Dieses Ergebnis wird dadurch plausibilisiert, dass sich das Interesse der fünf Banken an den Sulzer- und OC-Aktien auf deren (Veräusserungs-)Wert beschränkt. Dementsprechend gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass die Banken bezüglich der Zielgesellschaften eine (gemeinsame) Unternehmensstrategie haben.
[9] Nach Gesagtem bilden die Banken (und Liwet) im Fall eines gemeinsamen Verkaufs der verpfändeten Sulzer- und OC-Aktien nur (aber immerhin) eine offenlegungspflichtige Veräusserungsgruppe, aber keine Beherrschungsgruppe im Sinn des Übernahmerechts. Damit kann antragsgemäss festgestellt werden, dass auch eine allfällige Pfandverwertung gemäss Share pledge agreement und Intercreditor Deed nicht zur Bildung einer angebotspflichtige Gruppe führt. Bezüglich Sulzer kommt hinzu, dass lediglich Sulzer-Aktien verpfändet wurden, welche 27.26 % der Stimmrechte von Sulzer repräsentieren. Damit würden die Schwelle zur Angebotspflicht selbst bei Bildung einer beherrschenden Gruppe nicht überschritten.
[10] Die (theoretische) Möglichkeit, dass eine der fünf Banken für sich alleine die angebotspflichtige Schwelle von 33 1/3% der Stimmrechte überschreiten könnte, ist vorliegend auszuschliessen, da keine der Banken beabsichtigt, zusätzlich zu den Stimmrechten, welche sie anlässlich eines Enforcement Event (oder eines späteren Selbsteintritts) erwerben könnte, zusätzliche Sulzer- oder OC-Aktien zu erwerben, welche zu einer Überschreitung der angebotspflichtigen Schwelle führen könnte. Sollte dieser Fall wider Erwarten gleichwohl eintreffen, wäre die Frage der Gewährung einer Ausnahme zum gegebenen Zeitpunkt zu beantworten.
2. Keine Angebotspflicht der Gesuchsteller
[11] Als Ergebnis ist somit festzustellen, dass die Transaktionen und die ihnen zu Grunde liegenden Verträge, wie sie in lit. E- H des Sachverhalts geschildert werden, für die Gesuchsteller keine Angebotspflicht nach Art. 32 BEHG entstehen lassen. Dabei wird davon ausgegangen, dass zwischen den Gesuchstellern keine anderen schriftlichen oder stillschweigenden Übereinkünfte für die Zeit nach einem allfälligen Enforcement Event bestehen oder später beschlossen werden.
[12] Bezüglich der OC-Aktien kommt hinzu, dass die aktuellen Statuten von OC ein Opting out enthalten, welches – Gültigkeit im Sinn von Art. 22 Abs. 2 BEHG vorausgesetzt – eine Angebotspflicht ohnehin ausschliessen würde.
[13] Immerhin ist nicht zu übersehen, dass die fünf Banken, falls es zu einem Enforcement Event kommt, parallel laufende Interessen bezüglich der Sulzer- und OC-Aktien haben, indem sie – was für eine Verkaufsgruppe typisch ist –an einem möglichst raschen Verkauf zu einem möglichst guten Preis interessiert sind. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich die Auflage, dass die Banken die Übernahmekommission zu informieren haben, falls es zu einer Deemed Mandatory Early Termination oder einem Enforcement Event kommt. Im Weiteren ist die Übernahmekommission zu informieren, falls es im Fall eines Enforcement Event oder unter anderen Umständen zu einem Erwerb von Sulzer- oder OC-Aktien von Liwet kommt. Schliesslich ist die Übernahmekommission darüber zu informieren, ob und wie die Stimmrechte allenfalls erworbener Sulzer- und OC-Aktien bis zu einer Weiterveräusserung an einen Dritten ausgeübt werden.
3. Stellungnahme des Verwaltungsrats
[14] Wird der Übernahmekommission ein Gesuch um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht oder um Feststellung des Nichtbestehens der Angebotspflicht eingereicht, so ist der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft verpflichtet, eine Stellungnahme abzugeben und samt Dispositiv der Verfügung der Übernahmekommission und Hinweis auf das Einspracherecht gemäss Art. 61 UEV zu veröffentlichen. Die Stellungnahme hat die Überlegungen und die Argumentation des Verwaltungsrats zu enthalten, die ihn bewogen haben, das Gesuch zu unterstützen oder abzulehnen. Zudem sind allfällige Interessenskonflikte im Verwaltungsrat und eventuell in diesem Zusammenhang getroffene Massnahmen offenzulegen.
[15] Die Zielgesellschaften haben am 25. Juli 2013 die Stellungnahme des Verwaltungsrats samt Dispositiv der vorliegenden Verfügung und Hinweis auf das Einspracherecht zu publizieren. Massgebend für die Einhaltung dieser Frist ist die elektronische Veröffentlichung.
4. Publikation
[16] In Verfahren betreffend die Angebotspflicht sind die Zielgesellschaften verpflichtet, die Veröffentlichung gemäss Art. 61 UEV vorzunehmen. Sulzer und OC haben diese Veröffentlichungen am 25. Juli 2013 elektronisch vorzunehmen (vgl. Erw. 3). Die vorliegende Verfügung wird gleichentags auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 33a Abs. 1 BEHG).
5. Gebühr
[17] Gemäss Art. 69 Abs. 6 UEV wird für die Prüfung von Gesuchen betreffend die Angebotspflicht eine Gebühr erhoben. Vorliegend erscheint eine Gebühr von CHF 50'000 zulasten der Gesuchsteller als angemessen. Die Gesuchsteller haften hierfür solidarisch.
Die Übernahmekommission verfügt:
- Es wird festgestellt, dass die Refinanzierung inklusive einer möglichen Verwertung der verpfändeten Aktien von Sulzer AG und OC Oerlikon Corporation AG für Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale, ING Bank N.V. und Liwet Holding AG bzw. deren wirtschaftlich Berechtigte bezüglich Sulzer AG und OC Oerlikon Corporation AG keine Angebotspflicht auslöst.
- Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale und ING Bank N.V. haben die Übernahmekommission zu informieren, (i) falls es zu einer Deemed Mandatory Early Termination oder einem Enforcement Event kommt, (ii) im Fall eines Enforcement Event durch Selbsteintritt oder unter anderen Umständen Sulzer- oder OC Oerlikon-Aktien von Liwet erworben werden und (iii) ob und wie die Stimmrechte allenfalls erworbener Sulzer- und OC Oerlikon-Aktien bis zu einer Weiterveräusserung an einen Dritten ausgeübt werden.
- Sulzer AG und OC Oerlikon Corporation AG haben die Stellungnahmen ihrer jeweiligen Verwaltungsräte samt Dispositiv der vorliegenden Verfügung und Hinweis auf das Einspracherecht elektronisch am 25. Juni 2013 zu veröffentlichen.
- Diese Verfügung wird am Tag der elektronischen Publikation der Stellungnahmen der Verwaltungsräte auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr zu Lasten von Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale, ING Bank N.V. und Liwet Holding AG beträgt CHF 50'000, unter solidarischer Haftung.
Der Präsident:
Prof. Luc Thévenoz
Diese Verfügung geht an die Parteien:
- Natixis S.A., Credit Suisse AG, J.P. Morgan Securities Plc, Société Générale, ING Bank N.V. und Liwet Holding AG, vertreten durch Theodor Härtsch und Jan Nussbaumer, Baker & McKenzie;
- Sulzer AG;
- OC Oerlikon Corporation AG.
Rechtsmittelbelehrung:
Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):
Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, Einsteinstrasse 2, CH-3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.
Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 3 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV), kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.
Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich, counsel@takeover.ch, Telefax: +41 58 499 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung des Dispositivs der vorliegenden Verfügung in den Zeitungen einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.
Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.