Transaktionen
0011 - Hottinger Züri Valore AG
Empfehlung Hottinger Züri Valore AG vom 27. Mai 1998
Vorübergehende Überschreitung des Grenzwertes von 33 1/3% der Stimmrechte der Hottinger Züri Valore AG, Zürich, durch die Albert Koechlin Stiftung AKS, Luzern -- Ausnahme von der Angebotspflicht
Die Hottinger Züri Valore AG (HZV), Zürich, ist eine auf Zürcher-Werte spezialisierte Investmentgesellschaft. Sie wurde am 17. Januar 1996 durch die Privatbank Hottinger & Cie (Hottinger) gegründet. Ihr Kapital beträgt Fr. 10'000'000.--, eingeteilt in 100'000 Inhaberaktien von je Fr. 100.-- Nennwert. Diese Inhaberaktien wurden ab 9. April 1996 an der Schweizer Börse kotiert.
Die Albert Koechlin Stiftung AKS (AKS), Luzern, ist eine gemeinnützige Stiftung mit dem Zweck der Förderung und Unterstützung von Menschen in bedrängten Situationen. Sie wurde am 11. März 1997 mit einem Stiftungsvermögen von Fr. 500'000'000.-- gegründet. Konti und Depots der AKS werden bei der Luzerner Regiobank AG (Regiobank) geführt. Diese verfügt jedoch über keine Verwaltungsvollmacht. Der Finanzchef der Regiobank ist auch der "Quästor" der Verwaltung der AKS-Vermögen.
Bei der Emission der HZV-Aktien im März 1996 wurden zirka 40% der Aktien bei zwei Aktionären plaziert. In der Folge, aber noch vor den 1. Januar 1998, erhöhte diese Aktionärsgruppe über Börsenakquisitionen ihren Aktienbestand bis auf 50.3% der Stimmrechte.
Im Dezember 1997 kündigte diese Mehrheitsgruppe dem HZV-Verwaltungsrat an, sie wolle sich von ihrer Beteiligung trennen. In den folgenden Monaten versuchten HZV und Hottinger, dieses Aktienpaket zu plazieren. Schliesslich erklärte sich die Regiobank dazu bereit, 40'000 Aktien von den bisherigen Kontrollaktionären für ihre Kunden zu erwerben.
Ursprünglich hatte die Regiobank geplant, 32'750 HZV-Aktien bei der AKS zu plazieren. Nachdem ein weiterer Kunde der Regiobank seine Bereitschaft zur Übernahme von 5'000 HZV-Aktien zurückgezogen hatte, wurden diese 5'000 Titel der AKS zugeteilt. Die 2'250 restlichen Titel wurden bei mehr als 10 verschiedenen Kunden plaziert. Diese Transaktionen wurden am 23. April 1998 durchgeführt. Am 22. April 1998 meldete die AKS der HZV und der Offenlegungsstelle der Schweizer Börse ihre 37.75% Beteiligung an der HZV, gemäss Art. 20 BEHG.
Um den Verkauf des Kontrollpaketes zu erleichtern, beabsichtigte zuerst der Verwaltungsrat der HZV, an der im Juni 1998 stattfindenden Generalversammlung die Annahme einer "opting-out" Klausel, gemäss Art. 22 Abs. 2 und 53 BEHG, vorzuschlagen. Jedoch gab er diese Absicht auf, als die Regiobank sich bereit erklärte, 40'000 HZV-Aktien unter ihren Kunden zu plazieren. Zum Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung durch die AKS glaubten sie und die Regiobank irrtümlicherweise noch, eine "opting-out" Klausel würde im Juni 1998 angenommen werden. Zudem waren sie der Auffassung, dass eine Angebotspflicht erst nach Ablauf der zweimonatigen Frist von Art. 36 Abs. 1 BEHV-EBK bestand, bzw. dass die Annahme einer "opting-out" Klausel die AKS rückwirkend von der Angebotspflicht befreien würde.
Am 29. April 1998 teilte die Übernahmekommission der AKS schriftlich mit, dass die Überschreitung des Grenzwertes von 33 1/3% der Stimmrechte am 23. April 1998 die Angebotspflicht ausgelöst hatte.
Durch die Veräusserung von 5'000 HZV-Aktien (Valuta 8. Mai 1998) reduzierte die AKS am 5. Mai 1998 ihre Beteiligung an HZV auf 32.75%. Die Titel wurden zum Börsenkurs an zwei mit der AKS in keiner Weise verbundene Kunden der Regiobank, für die diese über keine Verwaltungsvollmacht verfügte, verkauft.
Mit Gesuch vom 7. Mai 1998 beantragte die AKS, von der Angebotspflicht befreit zu werden.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss mit den Herren Alain Hirsch (Präsident), Jean-Paul Chapuis und Ulrich Oppikofer gebildet.
Erwägungen:
1. Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss der Erwerber von Beteiligungspapieren einer schweizerischen in der Schweiz kotierten Gesellschaft für alle kotierten Beteiligungspapiere dieser Gesellschaft ein Angebot unterbreiten, falls er durch diesen Erwerb den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte überschreitet.
2. Die AKS erwarb ihre Beteiligung an der HZV in der Meinung, eine Angebotspflicht bestände erst nach Ablauf der zweimonatigen Frist von Art. 36 Abs. 1 BEHV-EBK, bzw. die Annahme einer "opting-out" Klausel befreie sie rückwirkend von der Angebotspflicht.
Dies trifft nicht zu, was die AKS heute anerkennt. Aus dem Wortlaut von Art. 32 BEHG geht klar hervor, dass die Angebotspflicht schon im Zeitpunkt der Überschreitung des Grenzwertes von 33 1/3% der Stimmrechte ausgelöst wird; die zweimonatige Frist von Art. 36 Abs. 1 BEHV-EBK ist in diesem Zusammenhang von keiner Bedeutung. Zudem wird gemäss Aktienrecht eine Statutenbestimmung Dritten gegenüber erst nach der Eintragung im Handelsregister wirksam (Art. 647 Abs. 3 OR. Vgl. BGE 84 II 34, 38-42 E. 3; BGE 121 III 13, 16 E. 2b). Damit muss eine "opting-out" Klausel zum Zeitpunkt der Überschreitung des Grenzwertes im Handelsregister eingetragen sein, um den Erwerber von der Angebotspflicht zu befreien. Eine Rückwirkung ist ausgeschlossen. Im übrigen wäre es stossend, wenn der Erwerber einer beherrschenden Beteiligung seine neu erworbene Stimmenmehrheit an der Generalversammlung ausüben könnte, um ein "Opting-out" im eigenen Interesse durchzusetzen und sich damit von der Angebotspflicht rückwirkend zu befreien (siehe F. Stirnimann, Börsengesetz: Stand des Gesetzgebungsverfahrens- Übergangsrecht, in P. Nobel (Hrsg.), Aktuelle Rechtsprobleme des Finanz- und Börsenplatzes Schweiz, Bern 1996, 109, 116).
Im vorliegenden Fall erwarb die AKS das Eigentum ihrer 37.75% Beteiligung an der HZV am 23. April 1998. Der Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte wurde zu diesem Zeitpunkt überschritten, und damit die Angebotspflicht ausgelöst.
3. Art. 32 Abs. 2 BEHG erlaubt die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht "in berechtigten Fällen". Eine solche Ausnahme kann namentlich "bei nur vorübergehender Überschreitung des Grenzwertes" gewährt werden (Art. 32 Abs. 2 lit. c BEHG).
Im vorliegenden Fall überschritt die AKS den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte der HZV zwischen dem 23. April 1998 und dem 8. Mai 1998, d.h. während 11 Börsentagen. Eine solche Grenzwertüberschreitung ist als "vorübergehend" im Sinne von Art. 32 Abs. 2 lit. c BEHG zu bezeichnen. Die Ausnahmemöglichkeit von dieser Bestimmung ist damit gegeben. Zudem bestehen keine besonderen Umstände, die die Ausnahmegewährung ausschliessen würden: der Grenzwert von 33 1/3% wurde nicht mit einer Kontrollabsicht, sondern aufgrund eines Rechtsirrtums überschritten. Die Beteiligung wurde unverzüglich nach Entdecken des Versehens durch Veräusserung der Titel an unabhängige Dritte reduziert.
Damit ist eine Ausnahmegewährung gerechtfertigt.
In Übereinstimmung mit Art. 35 Abs. 2 BEHV-EBK wird diese Empfehlung der Bankenkommission mitgeteilt. Zudem wird die Befreiung von der Angebotspflicht gemäss Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert.
Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:
- Der Albert Koechlin Stiftung AKS ist eine Ausnahme von der Angebotspflicht gewährt.
- Die Gebühr beträgt Fr. 15'000.--.
Der Präsident des Ausschusses
Alain Hirsch
Mitteilung an:
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den Vertreter der Antragstellerin,
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die EBK.