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0051 - Keramik Holding AG Laufen

Empfehlung Keramik Holding AG Laufen vom 1. November 1999

Öffentliches Kaufangebot der Compañia Roca Radiadores, S.A., Barcelona, Spanien, an alle sich im Publikum befindenden Inhaber- und Namenaktien der Keramik Holding AG Laufen, Laufen

A. Die Keramik Holding AG Laufen, mit Sitz in Laufen („Keramik Laufen"), weist ein Aktienkapital von CHF 37‘400‘000.-- auf, das eingeteilt ist in 308‘000 Inhaberaktien von je CHF 50.-- Nennwert und 2‘200‘000 Namenaktien von je CHF 10.-- Nennwert. Die Inhaberaktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert. Zweck der Gesellschaft ist das Halten von Beteiligungen, insbesondere im Bereich der keramischen Industrie.

B. Am 30. August 1999 kündigte Compañia Roca Radiadores, S.A., Barcelona, Spanien („Roca") im Rahmen einer Voranmeldung in den elektronischen Medien an, dass sie für alle sich im Publikum befindenden Inhaber- und Namenaktien der Keramik Laufen ein öffentliches Kaufangebot unterbreiten werde. Diese Ankündigung wurde am 31. August 1999 in den Zeitungen veröffentlicht. Im Weiteren gab Roca bekannt, dass sie am 28. August 1999 eine Vereinbarung unterschrieben habe, wonach sie 1‘570‘826 Namenaktien und 1‘252 Inhaberaktien der Keramik Laufen übernimmt. Dies entspricht 42,2% des gesamten Aktienkapitals und 62,7% der Stimmrechte der Gesellschaft.

C. Am 1. Oktober 1999 unterbreitete die Roca der Übernahmekommission ein Gesuch, wonach die sechswöchige Frist gemäss Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK für die Unterbreitung des Übernahmeangebotes um zwei Wochen zu verlängern sei. Mit Empfehlung vom 7. Oktober 1999 entsprach die Übernahmekommission diesem Gesuch. Mit Empfehlung vom 21. Oktober 1999 gab die Übernahmekommission einem weiteren Fristerstreckungsgesuch von Roca statt und verlängerte die Frist für die Unterbreitung des Übernahmeangebotes letztmalig bis am 15. November 1999.

D. Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss, bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone, Frau Claire Huguenin und Herrn Jean-Paul Chapuis, gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Voranmeldung

Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann der Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospektes voranmelden. Die Wirkungen einer solchen Voranmeldung ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Gemäss Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK muss die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen auf deutsch und französisch veröffentlicht wird. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung muss sie mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien zugestellt werden, die Börseninformationen verbreiten.

Art. 8 UEV-UEK schreibt ncht vor, wie die Veröffentlichungen in der Presse und in den elektronischen Medien koordiniert werden müssen. Die Übernahmekommission wendet in diesem Fall Art. 19 Abs. 2 BEHV-EBK sinngemäss an. Die Voranmeldung entfaltet somit die in Art. 9 UEV-UEK vorgesehenen Wirkungen vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung in den elektronischen Medien an. Voraussetzung ist allerdings, dass die Veröffentlichung in der Presse innerhalb einer angemessenen Frist nachfolgt. Nach der Praxis der Übernahmekommission gilt eine Frist von zwei bis drei Börsentagen als angemessen. Vorliegend erfolgte die Veröffentlichung in den Tageszeitungen einen Börsentag nach der Veröffentlichung in den elektronischen Medien. Damit ist den gesetzlichen Anforderungen entsprochen.

2. Anwendbarkeit der Bestimmungen über Pflichtangebote

Nach Abschluss der Vereinbarung vom 28. August 1999 verfügt die Anbieterin unter Einbezug der durch Keramik Laufen selbst gehaltenen Aktien (2,7% des Kapitals) über 44,9% des Kapitals und 62,7% der Stimmrechte der Zielgesellschaft. Dadurch wurde die Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes ausgelöst (Art. 32 BEHG). Die Anbieterin ist somit insbesondere den Einschränkungen bezüglich der Festlegung des Angebotspreises unterworfen (Art. 32 BEHG).

Vorliegend liegt der Angebotspreis für die kotierten Inhaberaktien über dem Durchschnittskurs der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung der Voranmeldung ermittelten Eröffnungskurse. Art. 32 Abs. 4 BEHG und Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK i.V.m. Art. 9 Abs. 3 lit. a UEV-UEK sind demzufolge eingehalten. Ferner hat die Anbieterin innerhalb der letzten 12 Monate keinen höheren als den angebotenen Preis für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt. Art. 32 Abs. 4 BEHG und Art. 38 BEHV-EBK sind erfüllt.

3. Verhältnis zwischen den Angebotspreisen für die verschiedenen Kategorien von Beteiligungspapieren

Gemäss Art. 24 Abs. 2 BEHG muss der Anbieter alle Inhaber von Beteiligungspapieren derselben Art gleich behandeln. Dieses Prinzip verpflichtet den Anbieter darauf zu achten, dass ein vernünftiges Verhältnis zwischen den Angebotspreisen für die verschiedenen Kategorien von Beteiligungspapieren besteht. Dies gilt sowohl im Falle eines Pflichtangebotes (Art. 32 Abs. 5 BEHG und Art. 38 Abs. 2 BEHV-EBK) als auch im Falle eines freiwilligen Angebotes (Art. 10 Abs. 4 UEV-UEK).

Die Übernahmekommission überlässt es grundsätzlich dem Anbieter, die Kriterien für die Festlegung des Verhältnisses zwischen den Angebotspreisen für die verschiedenen Kategorien von Beteiligungspapieren festzusetzen. Die vom Anbieter gewählte Methode muss nach Art. 22 Abs. 1 UEV-UEK im Angebotsprospekt beschrieben werden und die Prüfstelle hat die Angemessenheit der Verhältnisse zu bestätigen (Art. 22 Abs. 2 UEV-UEK). Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, beschränkt sich die Übernahmekommission auf eine Plausibilitätsprüfung und greift nur ein, wenn sich die Berechnungsmethode offenkundig als unhaltbar erweist.

Vorliegend basiert der für die verschiedenen Kategorien von Beteiligungspapieren angebotene Preis auf dem Nennwert der beiden Aktienkategorien. In Fällen, in denen alle Titelkategorien an der Börse kotiert sind, ist das Abstellen auf das Verhältnis der Börsenkurse einem Abstellen auf den Nennwert vorzuziehen. In Fällen wie dem Voliegenden dagegen, in denen nur eine Titelkategorie kotiert ist, stellt das Abstellen auf den Nennwert eine angemessene Methode zur Ermittlung der Verhältnisse zwischen den Preisen für die beiden Titelkategorien dar. Die Prüfstelle bestätigt die Angemessenheit der Verhältnisse ausdrücklich. Damit sind die gesetzlichen Erfordernisse erfüllt.

4. Handeln in gemeinsamer Absprache

Nach Art. 11 UEV-UEK und Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt der Anbieter grundsätzlich in gemeinsamer Absprache mit allen Mitgliedern seines Konzerns und den ihn beherrschenden Aktionären. Auch die Zielgesellschaft gilt als eine Person, die in gemeinsamer Absprache handelt, wenn sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospektes oder der Voranmeldung durch den Anbieter beherrscht wird.

Im vorliegenden Fall halten der Anbieter und die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen bei Veröffentlichung des Angebotsprospektes 44,9% des Kapitals und 62,7% der Stimmrechte der Zielgesellschaft. Die Anbieterin, der sie beherrschende Aktionärspool, alle durch die Anbieterin beherrschten Gesellschaften sowie die Keramik Laufen haben folglich allen in Art. 12 UEV-UEK aufgezählten Verpflichtungen nachzukommen.

5. Angaben über die Anbieterin

Gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. e UEV-UEK hat der Angebotsprospekt unter anderem den Ort zu bezeichnen, an dem die letzte veröffentlichte Jahresrechnung der Anbieterin bezogen werden kann.

Roca ist eine Gesellschaft, die direkt oder indirekt zu 100% von Familienmitgliedern gehalten wird. Sie ist gemäss einer Bestätigung des Rechtsvertreters von Roca nach spanischem Recht nicht verpflichtet, ihre Jahresrechnungen zu veröffentlichen.

Art. 19 Abs. 1 lit. e UEV-UEK auferlegt dem Anbieter nur dann die Pflicht, seine Jahresrechnungen zur Verfügung zu stellen, wenn er gemäss dem jeweiligen Landesrecht zur Publikation der Abschlüsse verpflichtet ist. Vorliegend braucht der Angebotsprospekt deshalb keinen Hinweis auf den Ort zu enthalten, an dem die Jahresrechnung bezogen werden kann. Anders wäre im Fall eines Umtauschangebotes zu entscheiden.

6. Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft

6.1 Interessenkonflikte

Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrates auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrates oder der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen nennen. Der Bericht hat demnach offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrates und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen oder neuen Konditionen weitergeführt werden. Ferner sind Auszahlungen von allfälligen Sonderentschädigungen darzulegen. Verlassen wie vorliegend die Mitglieder des Verwaltungsrates die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten.

Der Bericht des Verwaltungsrates der Keramik Laufen legt einerseits offen, dass die ausscheidenden Mitglieder des Verwaltungsrates keine Abgangsentschädigungen erhalten werden. Zum anderen legt der Bericht offen, dass die Mitglieder des Managements im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Erwerb der Stimmenmehrheit eine Sonderentschädigung in der Höhe von CHF 3.9 Mio erhalten. Der Bericht legt ebenfalls dar, dass sich die Mitglieder der Geschäftsleitung in ungekündigten Arbeitsverhältnissen befinden.
Damit erfüllt der Bericht des Verwaltungsrates die obengenannten Erfordernisse.

6.2 Rechenschaft über die getroffenen Massnahmen bei potentiellen Interessenkonflikten

Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK über die Massnahmen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, Rechenschaft ablegen, um zu vermeiden, dass sich diese Interessenkonflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebotes auswirken.

Im vorliegenden Fall gehören mehrere Verwaltungsräte der Zielgesellschaft zu den Familienaktionären, die am 28. August 1999 in einer privaten Transaktion die Stimmenmehrheit der Zielgesellschaft an Roca verkauft haben. Diese betreffenden Mitglieder des Verwaltungsrates befinden sich deshalb bezüglich des Angebotes in einem potentiellen Interessenkonflikt. Hinzu kommt, dass die Neutralität des Managements durch die Sonderentschädigung von CHF 3,9 Mio in Frage gestellt sein kann. Deshalb hat der Verwaltungsrat die Revisions- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) beauftragt, das Kaufangebot auf seine finanzielle Angemessenheit hin zu prüfen. Dies wurde im Bericht offengelegt, was den Anforderungen von Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK entspricht.

6.3 Fairness Opinion

Stützt sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft auf eine unabhängige Bewertung (sog. "Fairness Opinion"), um seine Stellungnahme zum Angebot zu rechtfertigen, wird die Fairness Opinion Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrates und muss damit in der gleichen Form veröffentlicht werden wie der Bericht selbst. Ist sie zu umfangreich, um vollständig veröffentlicht werden zu können, so genügt nach der Praxis der Übernahmekommission die Veröffentlichung einer Zusammenfassung des Gutachtens mit dem Hinweis auf den vollständigen Text, der den Interessenten vom Tag der Veröffentlichung an kostenlos zur Verfügung gestellt werden muss (Art. 32 Abs. 4 UEV-UEK).

Der Hinweis im Prospekt, die Revisionsgesellschaft sei in einer Fairness Opinion zum Schluss gekommen, das Angebot sei finanziell angemessen, genügt den gesetzlichen Anforderungen nur in formeller Hinsicht. Dem Angebotsempfänger sind jedoch in materieller Hinsicht sämtliche Informationen im Angebotsprospekt zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, um einen Entscheid in Kenntnis der Sachlage treffen zu können (vgl. Art. 17 Abs. 1 UEV-UEK). Die Übernahmekommission wird daher ihre Praxis präzisieren und in Zukunft verlangen, dass die Zusammenfassung der Fairness Opinion im Angebotsprospekt aussagekräftiger ausgestaltet wird, so dass die Angebotsempfänger nachvollziehen können, worauf sich die Revisionsgesellschaft bei ihrer Aussage, das Angebot sei finanziell angemessen, stützt.

7. Best Price Rule

Nach Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebotes bzw. der Voranmeldung keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anzubieten (sogenannte "Best Price Rule"). Diese Bestimmung äussert sich nicht darüber, bis zu welchem Zeitpunkt die Best Price Rule eingehalten werden muss. Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt, dass es dem Anbieter und den mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen während der ganzen Dauer des Angebotes und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist verwehrt ist, Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis zu erwerben. Die Prüfstelle hat die Einhaltung dieser Regel zu bestätigen (Art. 27 UEV-UEK).

8. Karenzfrist

Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt dem Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit die Übernahmekommission den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zu einer Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

Da der Anbieter gemäss dieser Bestimmung gehandelt hat, kann er von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit werden.

9. Gebühr

Der Gesamtbetrag des Angebots beläuft sich auf CHF 236‘285‘588.--. Gemäss Art. 62 Abs. 2 lit. a UEV-UEK wird eine Gebühr von CHF 107‘250.-- erhoben.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Das Angebot der Compañia Roca Radiadores, S.A., Barcelona, Spanien, entspricht dem BG über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.

  2. Es wird folgende Ausnahme gewährt: Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

  3. Die Gebühr beträgt CHF 107‘250.--.


Der Präsident


Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • den Vertreter der Compañia Roca Radiadores, S.A., Barcelona, für die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen,
  • den Vertreter der Keramik Holding AG Laufen, Laufen,
  • die EBK.