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0090 - De Beers Centenary AG
Empfehlung De Beers Centenary AG vom 20. März 2001
Gesuch von De Beers Centenary AG und De Beers Consolidated Mines Ltd. um Feststellung des Nichtunterstehens der De Beers Centenary Linked Units unter die Regeln über die öffentlichen Kaufangebote nach schweizerischem Börsengesetz
A.
Die De Beers Centenary AG (DBC-AG) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Luzern. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 901‘495‘200.-- und ist eingeteilt in 4‘507‘476 Namenaktien von je CHF 200.-- Nennwert.
B.
Die De Beers Consolidated Mines Ltd. (DBCM) mit Sitz in Südafrika wurde 1888 gegründet. Sie ist vornehmlich in der Gewinnung von Rohdiamanten, deren Verarbeitung und Vermarktung sowie Herstellung und Vertrieb von synthetischen Diamanten tätig. Im Jahre 1990 gab sich die De Beers-Gruppe eine neue Struktur. So wurden die Beteiligungen und Geschäftsbereiche ausserhalb von Südafrika in die neu gegründete DBC-AG eingebracht. Die in Luxemburg domizilierte Centenary Holdings, die zu diesem Zeitpunkt bereits Beteiligungen der De Beers Gruppe ausserhalb der Republik Südafrika verwaltete, wurde in der Folge zu einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der DBC-AG. Alle Beteiligungen und Aktivitäten innerhalb Südafrikas verblieben wie bis anhin bei der DBCM.
C.
Im Rahmen der Umstrukturierung entschied die De Beers Gruppe, eine neue Form handelbarer Titel zu bilden. Sämtliche Aktien der DBC-AG und sämtliche Partizipationsscheine der Centenary Holdings wurden von der Centenary Depository AG (CD-AG), einer ebenfalls 100-prozentigen Tochtergesellschaft der DBC-AG, übernommen. Je eine Aktie der DBC-AG und ein Partizipationsschein der Centenary Holding wurden in einer "Centenary Unit" zusammengefasst. Die CD-AG gab ihrerseits "Centenary Depositary Receipts" (CDR) aus, welche je einen Hundertstel der Rechte aus einer Centenary Unit darstellen. Diese CDR wurden in der Folge mit den Stammaktien von DBCM zu "De Beers Centenary Linked Units" (Linked Units) zusammengefasst und können nur in Verbindung mit diesen übertragen werden. Die Linked Units wurden an den Börsen von Johannesburg, London, Frankfurt, Paris und Brüssel sowie den damaligen Börsen in der Schweiz (Zürich, Basel, Genf und Lausanne) kotiert. Die vor der Umstrukturierung an den Schweizer Börsen gehandelten Namenaktien in Form von sog. Schweizerzertifikaten und die Inhaberaktien der DBCM wurden im Verhältnis 1:1 in Linked Units umgetauscht.
D.
DBC-AG und DBCM beantragten der Übernahmekommission mit Schreiben vom 9. Februar 2001, es sei im Hinblick auf eine bevorstehende Übernahme von De Beers durch ein südafrikanische Unternehmenskonsortium festzustellen, dass die an der Schweizer Börse gehandelten De Beers Centenary Linked Units den im Abschnitt 5 des Börsengesetzes enthaltenen Bestimmungen für öffentliche Kaufangebote nicht unterstellt seien.
E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Herrn Alfred Spörri gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Geltungsbereich des Schweizerischen Übernahmerechts
Gemäss Art. 22 Abs. 1 BEHG gelten die Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote für Beteiligungen an schweizerischen Gesellschaften, die mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert sind.
a) Die Gesuchsteller machen geltend, dass bei der Bestimmung der Nationalität der Gesellschaft eine kollisionsrechtliche Auslegung notwendig sei. Die in der Schweiz domizilierte DBC-AG bilde eine reine Holdinggesellschaft, welche zwar die Auslandbeteiligungen der De Beers-Gruppe halte, in oder von der Schweiz aus jedoch keine operative Aktivität entfalte. Zudem sei bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise der "schweizerische" Anteil an der De Beers-Gruppe nicht sehr ausgeprägt.
Der in Art. 22 Abs. 1 BEHG definierte Geltungsbereich erfasst alle "schweizerischen" Zielgesellschaften. Die Übernahmekommission sieht keine Veranlassung, bei der Auslegung dieses Begriffs von der Inkorporationstheorie abzuweichen. Diese Auslegung steht nicht in Widerspruch zur Verfügung der EBK vom 30. September 1999 in Sachen TAG Heuer International SA /LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton. Darin erklärte die EBK das schweizerische Übernahmerecht für anwendbar, obwohl nur der faktische, nicht aber der statutarische Sitz der Zielgesellschaft in der Schweiz lag. Begründet wurde dies damit, dass dem Schutzgedanken von Art. 1 BEHG weitest möglich Nachachtung zu verschaffen ist. Die EBK stellte ausnahmsweise auf den faktischen statt auf den statutarischen Sitz ab, weil eine strikte Anwendung der Inkorporationstheorie zu einem negativen Kompetenzkonflikt geführt hätte. Im vorliegenden Fall hat die DBC-AG ihren statutarischen Sitz in Luzern. Nach der für das schweizerische Recht massgebenden Inkorporationstheorie ist die DBC-AG somit eine „schweizerische Gesellschaft" im Sinn von Art. 22 BEHG und daher den Regeln über die öffentlichen Kaufangebote unterstellt.
b) Die Gesuchsteller führen weiter aus, dass es sich bei der rechtlichen Struktur der Linked Units streng genommen nicht um ein Beteiligungspapier einer schweizerischen Gesellschaft im Sinne von Art. 2 UEV-UEK handle. Sie räumen jedoch ein, dass die vorgesehenen Mitverwaltungs- und Vermögensrechte den Inhabern von Linked Units in weiten Teilen eine aktionärrechtliche Stellung ermöglichen.
Eine Analyse der Linked Units ergibt, dass mit Besitz des jeweiligen Titels dem Inhaber ein Anspruch auf Teilnahme und Meinungsäusserung an den Generalversammlungen der DBC-AG sowie ein Recht auf die Abgabe schriftlicher Instruktionen an die CD-AG hinsichtlich der Stimmabgabe zusteht. Der Inhaber einer Linked Units hat zudem Anspruch auf Dividende und partizipiert im Liquidationsfall an Gewinn und Überschuss der DBC-AG im Verhältnis zum Aktienbesitz. Die Linked Units erfüllen damit die wichtigsten Kriterien, um als Beteiligungspapier im Sinne von Art. 22 Abs. 1 BEHG und Art. 2 UEV-UEK qualifiziert zu werden.
c) Die Gesuchsteller machen geltend, die Verknüpfung zur Schweizer Börse sei – insbesondere im Vergleich zu den Börsenplätzen in London und Johannesburg – als schwach zu betrachten. Die Umsätze an der Schweizer Börse seien gering, und die Linked Units seien auch nicht in einem der schweizerischen Referenz-Indices enthalten. Johannesburg habe deshalb als eigentliche Heimatbörse und Primärkotierung der Linked Units zu gelten. Die Gesuchsteller bestreiten aber nicht, dass die Linked Units - wie bereits vorher die Aktien der DBCM – an der Schweizer Börse kotiert sind. Somit ist auch die Voraussetzung der teilweisen Kotierung für die Anwendung des schweizerischen Übernahmerechts erfüllt.
2. Kollisionsrechtliches Zusammenspiel der südafrikanischen und schweizerischen Übernahmeregelung
Die Linked Units sind derart ausgestaltet, dass sie Beteiligungspapiere an Unternehmen unterschiedlicher Nationalitäten beinhalten und somit mehrere Sachnormordnungen zusammenwirken.
Bei einem gleichzeitigen und vorbehaltlosen räumlichen Geltungsanspruch des schweizerischen und südafrikanischen Übernahmerechts wären in materiellen wie auch verfahrensrechtlichen Fragen sicherlich Kompetenzkonflikte zu erwarten, welche den dem Übernahmerecht zu Grunde liegenden Grundsätzen von Transparenz und Gleichbehandlung entgegenwirken könnten. Um dies zu vermeiden, ist auf das vertragskollisionsrechtliche Prinzip des Sachzusammenhanges abzustellen, wie es das IPRG z.B. in Art. 117 Abs. 1 vorsieht. Dieser Sachzusammenhang definiert sich nach der Stärke der jeweiligen nationalen Bezugspunkte der zu übernehmenden Zielgesellschaft.
Die Geschäftstätigkeit der De Beers-Gruppe findet überwiegend ausserhalb der Schweiz und in grösserem Umfang in Südafrika statt. In der Schweiz befindet sich lediglich die Holding-Gesellschaft, währenddem in Südafrika ein grosser Teil der operativen Aktivitäten erfolgt. Dies zeigt sich auch an den Mitarbeiterzahlen. Die DBC-AG beschäftigt in der Schweiz bloss 21 der weltweit insgesamt 9‘949 Mitarbeiter. Die DBCM, die sich auf die Beteiligungen und Aktivitäten innerhalb der Republik Südafrika konzentriert, verfügt ihrerseits über rund 14‘472 Mitarbeiter. Auch ein Vergleich der Handelsvolumen der Linked Units im Tages- und Jahresdurchschnitt zeigt eine stärkere Verwurzelung in Südafrika. So weist die Börse Johannesburg in den Jahren 1998/1999 den rund 50mal höheren Umsatz als die Schweizer Börse auf. Schliesslich ist auch die Gewichtung der Linked Units in sich so, dass diese eine ganz Aktie der DBCM, jedoch lediglich einen Hundertstel Anteil an der DBC-AG beinhaltet.
Eine Gesamtwürdigung der Bezugspunkte spricht dafür, dem Geltungsanspruch des südafrikanischen Rechts stattzugeben, sofern dieser von der südafrikanischen Aufsichtsbehörde auch geltend gemacht und die ausländische Regelung den im schweizerischen BEHG definierten Mindeststandards gerecht wird.
Mit der Einreichung einer Legal Opinion haben die Gesuchsteller nachgewiesen, dass das südafrikanische Übernahmerecht im vorliegenden Fall anwendbar ist und die Bestimmungen mit den englischen Regeln vergleichbar sind. Die Durchsetzung von Transparenz und Lauterkeit wie auch des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Aktionäre im Rahmen von öffentlichen Übernahmeangeboten ist demnach gewährleistet. Dem Schutzgedanken, wie er in Art. 1 BEHG niedergelegt ist, wird auch unter südafrikanischem Recht in genügendem Mass Rechnung getragen. Das Angebot ist dementsprechend von der Anwendung der Regelung des schweizerischen Börsengesetzes über die öffentlichen Kaufangebote zu befreien. Dem Anbieter ist jedoch die Auflage zu machen, seiner Informationspflicht gegenüber den Aktionären in der Schweiz in genügendem Masse nachzukommen, indem er sowohl das südafrikanische Kaufangebot wie auch das Ergebnis in den Schweizer Medien publiziert. Die Gesuchsteller haben der Übernahmekommission die zur Publikation bestimmten Texte vorgängig vorzulegen und sie über den Zeitpunkt der Veröffentlichung zu informieren. Im Weiteren ist der Übernahmekommission bis zum Beginn der Angebotsfrist eine Bestätigung einzureichen, worin sich die südafrikanischen Aufsichtsbehörden für das Übernahmeverfahren für zuständig erklären.
Bei der Freistellung des Angebotes von der Anwendung des schweizerischen Übernahmerechts geht die Übernahmekommission von der im Gesuch beschriebenen Konzernstruktur sowie Zusammensetzung eines Linked Units-Titels aus. Sollten sich diesbezüglich vor Abschluss des Angebotes wesentliche Änderungen ergeben, hätte dies eine erneute Prüfung zur Folge.
3. Veröffentlichung
Diese Empfehlung wird am ersten Börsentag nach Eröffnung an die Gesuchsteller auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
4. Gebühr
In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Prüfung der Anfrage durch die Übernahmekommission eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 20‘000.-- fest. DCB-AG und DCM haften hierfür solidarisch.
Die Übernahmekommission behält sich vor, einen allfälligen zusätzlichen Aufwand im Zusammenhang mit der vorliegenden Transaktion in Rechnung zu stellen.
Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:
1. Die De Beers Centenary Linked Units werden von der Anwendung der Regeln des Schweizerischen Börsengesetzes über die öffentliche Kaufangebote unter folgenden Auflagen befreit:
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Der Übernahmekommission ist bis zum Beginn der Angebotsfrist eine Bestätigung einzureichen, worin sich die südafrikanischen Aufsichtsbehörden für das Übernahmeverfahren für zuständig erklären.
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Das südafrikanische Übernahmeangebot muss in der Schweiz landesweit Verbreitung finden, indem die Informationen in zwei oder mehreren Zeitungen auf deutsch und französisch veröffentlicht sowie einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zugestellt werden.
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Das Ergebnis des Übernahmeangebots ist in denselben Medien zu veröffentlichen, in denen das Angebot publiziert worden ist.
2. Diese Empfehlung wird am ersten Börsentag nach Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
3. Die Gebühr zu Lasten von De Beers Centenary AG und De Beers Consolidated Mines Ltd. beträgt CHF 20'000.--.
Der Präsident
Hans Caspar von der Crone
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
- De Beers Centenary AG und De Beers Consolidated Mines Ltd, durch ihren Vertreter,
- die EBK.