Transaktionen
0435 - Transocean Ltd.
Verfügung 435/02 vom 24. Februar 2010
Öffentliches Rückkaufprogramm von Transocean Ltd., Zug - Ergänzendes Gesuch um Freistellung von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote
Sachverhalt:
A.
Am 6. November 2009 reichte Transocean Ltd. (Transocean oder Gesuchstellerin) ein Gesuch ein. Darin ersuchte Transocean im Hinblick afuf die Kotierung ihrer Aktien an der SIX Swiss Exchange AG (SIX), für ein geplantes Rückkaufprogramm von den Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote gemäss Art. 22 ff. BEHG in Übereinstimmung mit Ziff. IV der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission betreffend Rückkäufe von Beteiligungspapieren vom 28. März 2000 (Mitteilung Nr. 1) befreit zu werden. Zudem verlangte Transocean für die Rückkäufe an der New York Stock Exchange (NYSE) die Gewährung einer Ausnahme von den Marktmissbrauchs- und Transparenzbestimmungen der Mitteilung Nr. 1 sowie gewisser Vorschriften betr. die Unterbrechung von Rückkaufprogrammen.
B.
Mit Verfügung 435/01 vom 17. November 2009 hat die Übernahmekommission festgestellt, dass den Anträgen von Transocean im Hinblick auf ein zukünftiges Gesuch um Freistellung des geplanten Rückkaufprogramms im Meldeverfahren bei Erfüllung gewisser Auflagen entsprochen werden kann.
C.
Am 12. Februar 2010 reichte Transocean ein weiteres Gesuch mit folgenden Anträgen ein:
- Im Hinblick auf die Kotierung der Aktien von Transocean sei das Aktienrückkaufprogramm von Transocean von den Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote gemäss Art. 22 ff. des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG) in Übereinstimmung mit Ziff. IV der Mitteilung Nr. 1 der Schweizerischen Übernahmekommission (UEK) betreffend Rückkäufe von Beteiligungspapieren vom 28. März 2000 (Mitteilung Nr. 1) zu befreien.
- Transocean sei während der Dauer des Rückkaufprogramms für die Rückkäufe in der Schweiz und/oder in den Vereinigten Staaten von Amerika eine Ausnahme von der Bestimmung von Ziff. III, 1.1 der Mitteilung Nr. 1 zu gewähren.
- Transocean sei zu erlauben, die definitive Fassung des Angebotstexts mit dem Formular für das Gesuch um Freistellung durch Meldeverfahren bis spätestens drei Börsentage vor der Kotierung an der SIX zu übermitteln.
D.
In einer Medienmitteilung vom 16. Februar 2010 gab Transocean bekannt, dass der Verwaltungsrat die Geschäftsleitung mit der Implementierung des anlässlich der Generalversammlung im Mai 2009 genehmigten Aktienrückkaufprogramms beauftragt hat. Zudem wurde die Absicht bekräftigt, die Aktien an der SIX zu kotieren. Die Kotierung an der NYSE würde daneben weiterbestehen.
E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Luc Thévenoz (Präsident), Henry Peter und Thomas Rufer gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
[1] Aus den bereits in der Verfügung 435/01 vom 17. November 2009, Erw. 1 und 2 festgehaltenen Gründen wird auf das vorliegende Gesuch eingetreten. Es finden die Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote Anwendung.
1. Ausnahme betreffend die Überschreitung der 10% Schwelle des Kapitals oder der Stimmrechte
[2] Die von Transocean beantragte Ausnahme von den Freistellungsvoraussetzungen für Rückkäufe zum Festpreis und Rückkäufen zum Marktpreis der Mitteilung Nr. 1 (vgl. Sachverhalt lit. C.2) betrifft die folgende Bestimmung:
Ziff. III, 1.1: „Der Rückkauf bezieht sich höchstens auf 10% des Kapitals oder der Stimmrechte des Anbieters. Für die Berechnung dieser Schwelle ist das im Handelsregister eingetragene Kapital massgebend."
[3] Das geplante Aktienrückkaufprogramm wurde von der Generalversammlung der Gesuchstellerin auf ein Volumen von CHF 3.5 Mia. begrenzt (vgl. Sachverhalt Verfügung 435/01 vom 17. November 2009, lit. C). Gemäss Praxis der Übernahmekommission setzt die Freistellung eines Rückkaufprogramms eine Begrenzung des maximalen Volumens gemessen in Anzahl Aktien bzw. Prozent des Aktienkapitals und der Stimmrechte voraus (Empfehlung 366/01 vom 27. März 2008 in Sachen Swiss Life Holding, Erw. 11). Transocean berechnet das maximale Volumen des geplanten Rückkaufprogramms anhand eines Preises von USD 49.20 je Aktie. Das entspricht dem tiefsten Börsenkurs innert den letzten 52 Wochen seit dem 12. Februar 2010 (Schlusskurs 12. Februar 2010: USD 83.38). Das führt zu einem maximalen Rückkaufvolumen von 70'400'000 Namenaktien. Bei einem im Handelsregister eingetragenen Aktienkapital von 335'235'298 Namenaktien entspricht dies rund 21% des Kapitals und der Stimmrechte.
[4] Die Freistellung eines öffentlichen Rückkaufangebots ist bei Überschreitung des Rückkaufvolumens von 10% des Kapitals insbesondere dann problematisch, wenn der Rückkauf zu einer massgeblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse führt. Auch darf der Rückkauf nicht zu einer übermässigen Reduktion des handelbaren Teils der Aktien (Free Float) führen (vgl. Empfehlung 390/01 vom 28. Oktober 2008 in Sachen BB Medtech AG, Erw. 3).
[5] Das Aktionariat von Transocean setzt sich gemäss Angaben der Gesuchstellerin wie folgt zusammen:
Aktionär |
Kapital- bzw. Stimmrechtsanteil |
- Marsico Capital Management LLC |
8.12% |
- Transocean (eigene Aktien) |
4.20% |
- Fidelity Management & Research |
4.04% |
- Franklin Mutual Advisers LLC |
2.17% |
- Davis Selected Advisers LP |
2.10% |
Die restlichen Aktionäre halten alle Beteiligungen von unter 2%. |
[6] Gemäss Angaben der Gesuchstellerin sollen die zurückgekauften Aktien vernichtet werden. Unter Berücksichtigung des Eigenbestands der Gesuchstellerin sowie der bestehenden Aktionariatsstruktur haben der Rückkauf und die anschliessende Vernichtung der Aktien keine massgebliche Veränderung der Kontrollverhältnisse zur Folge. Sowohl vor als auch nach Durchführung des Programms mit anschliessender Vernichtung existiert kein kontrollierender Aktionär und der Aktienbesitz bleibt breit gestreut.
[7] Es kann festgestellt werden, dass das geplante Rückkaufprogramm keine massgebliche Veränderung der Kontrollverhältnisse bewirkt. Ebenso hat das Programm keine übermässige Reduktion des Free Float zur Folge. In Ergänzung zur Verfügung 435/01 vom 17. November 2009 wird daher festgestellt, dass das beabsichtigte Aktienrückkaufprogramm von Transocean über maximal 70'400'000 Namenaktien, entsprechend 21% des im Handelsregister eingetragenen Kapitals und der Stimmrechte von der Beachtung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt werden kann.
1. Anmerkungen zu Art. 659 OR: Änderung der Praxis
[8] Die Übernahmekommission hielt in ihren Empfehlungen 355/01 vom 25. Februar 2008 in Sachen Swiss Re, Erw. 2.3, 390/01 vom 28. Oktober 2008 in Sachen BB Medtech AG, Erw. 4 und 404/01 vom 26. September 2008 in Sachen Athris Holding AG, Erw. 2.3, fest, dass Art. 659 Abs. 1 OR den Erwerb eigener Aktien auf maximal 10% des Aktienkapitals beschränkt und dass die Schwelle von Art. 659 Abs. 1 OR von dem in der Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1. 1 festgelegten, übernahmerechtlich relevanten Volumen von 10% des Kapitals oder der Stimmrechte zu unterscheiden sei. Die Freistellung durch die Übernahmekommission beziehe sich auf das Volumen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1. 1, nicht auf die Schwelle von Art. 659 Abs. 1 OR. Das Volumen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1. 1 beschlaget die Periode des Rückkaufprogramms. Art. 659 Abs. 1 OR stelle dagegen eine dauernd einzuhaltende Bestandeslimite dar.
[9] Mit den Verfügungen 408/01 vom 2. April 2009 in Sachen Partners Group Holding AG, Erw. 2 und 414/01 vom 29. Mai 2009 in Sachen shaPE Capital AG, Erw. 4, nahm die Übernahmekommission eine Änderung der Praxis vor, in dem sie die Nichteinhaltung der Vorschriften von Art. 659 Abs. 1 OR generell als offensichtliche Verletzung von Gesellschaftsrecht qualifizierte. Grundsätzlich berücksichtigt die Übernahmekommission Verletzungen von Gesellschaftsrecht, wenn sie ffensichtlich und aufgrund einer summarischen Prüfung leicht erkennbar sind (vgl. Verfügung 410/02 vom 16. Juni 2009 in Sachen Quadrant AG, Erw. 4).
[10] Nach Vornahme einer eingehenden Prüfung hält es die Übernahmekommission für angezeigt, zu ihrer früheren Praxis zurückzukehren. Die Tragweite von Art. 659 Abs. 1 OR ist nach wie vor umstritten. Dies zeigten unter anderem jüngst die Vernehmlassungsantworten im Zusammenhang mit der Revision der Mitteilung Nr. 1. Die Eidgenössischen Räte diskutieren zudem im Rahmen der laufenden Aktienrechtsrevision die Einführung eines sogenannten Kapitalbandes, wonach das Aktienkapital innerhalb einer von der Generalversammlung statutarisch festgelegten Bandbreite vom Verwaltungsrat jederzeit nach oben oder unten angepasst werden kann. Unter den gegebenen Umständen scheint es deshalb nicht angezeigt, jede Verletzung der Bestimmungen von Art. 659 Abs. 1 OR als eine offensichtliche Verletzung von Gesellschaftsrecht zu qualifizieren. Demensprechend wird die Übernahmekommission im Freistellungsverfahren im Prinzip nicht mehr prüfen, ob Art. 659 Abs. 1 OR eingehalten ist.
[11] Künftig wird die Übernahmekommission lediglich auf die Pflicht zur Einhaltung von Art. 659 Abs. 1 OR hinweisen. Stellt die Übernahmekommission ein öffentliches Rückkaufprogramm von den Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote frei, so ist die Gesellschaft nicht davon entbunden, ihr Rückkaufprogramm so auszugestalten, dass die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen und insbesondere die Vorgaben von Art. 659 Abs. 1 OR eingehalten werden. Eine diesbezügliche Überprüfung bleibt jedoch dem Zivilrichter vorbe¬halten. Es obliegt den verantwortlichen Organen der Gesellschaft, dies zu gewährleisten.
2. Freistellung des Rückkaufangebots im Meldeverfahren
[12] Transocean beantragt, im Hinblick auf die Kotierung ihrer Aktien sei das beabsichtigte Rückkaufprogramm von den Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote in Übereinstimmung mit der Mitteilung Nr. 1 zu befreien (vgl. Sachverhalt lit. C.1).
[13] Gemäss Mitteilung Nr. 1 muss für eine entsprechende Freistellung das "Formular für Gesuch um Freistellung durch Meldeverfahren" sowie ein Entwurf des Angebotstexts eingereicht werden. Zudem sind die Voraussetzungen gemäss Ziff. 1 bis 3 der Mitteilung Nr. 1 zu erfüllen.
[14] Das Rückkaufprogramm von Transocean erfüllt die Voraussetzungen für eine Freistellung zurzeit nicht und kann deshalb noch nicht freigestellt werden. Insbesondere fehlen das Angebotsinserat sowie das Formular. Zudem ist immer noch offen, welche Rückkaufalternative gewählt werden soll (vgl. Verfügung 435/01 vom 17. November 2009, Erw. 6).
3. Revision der Mitteilung Nr. 1
[15] Es kann festgehalten werden, dass eine spätere Praxisänderung, wie sie die anstehende Revision der Mitteilung Nr. 1 gegebenenfalls zur Folge haben könnte, die vorliegende Verfügung nicht tangiert. Bei wesentlichen Änderungen des Sachverhalts behält sich die Übernahmekommission jedoch vor, auf ihren Entscheid zurückzukommen.
4. Publikation
[16] Diese Verfügung wird am Tag der Publikation des Rückkaufinserats von Transocean auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
5. Gebühr
[17] In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 69 Abs. 6 UEV ist für die Prüfung des vorliegenden Gesuchs zulasten der Gesuchstellerin neben der Gebühr gem. Verfügung 435/01 vom 17. November 2009 eine zusätzliche Gebühr von CHF 20'000 zu erheben. Für das ggf. nachfolgende Meldeverfahren wird in Anbetracht der bereits erhobenen Gebühren keine weitere Gebühr verlangt.
Die Übernahmekommission verfügt:
- In Ergänzung zur Verfügung der Übernahmekommission 435/01 vom 17. November 2009 wird festgestellt, dass das geplante Aktienrückkaufprogramm von Transocean Ltd. einen Umfang von maximal 70'400'000 Namenaktien, entsprechend 21% des Kapitals und der Stimmrechte umfassen darf.
- Transocean Ltd. kann für eine Freistellung des geplanten Rückkaufprogramms ein Gesuch im Meldeverfahren gemäss Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission einreichen.
- Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Rückkaufinserats von Transocean Ltd. auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Eine zusätzliche Gebühr von CHF 20'000 wird zu Lasten von Transocean Ltd. erhoben.
Der Präsident:
Luc Thévenoz
Diese Verfügung geht an die Partei:
- Transocean Ltd. (vertreten durch Homburger AG, Herrn Dr. David Oser)
Rechtsmittelbelehrung:
Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):
Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Einsteinstrase 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.
Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.
Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich, info@takeover.ch, Telefax: +41 58 854 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der Verfügung einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.
Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.