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Transactions

0117 - Netstal-Maschinen AG

Empfehlung in Sachen Netstal-Maschinen AG vom 4. Februar 2002

Öffentliches Kaufangebot der Siemens Aktiengesellschaft, Berlin/München, für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien der Netstal-Maschinen AG, Näfels

A.
Die Netstal-Maschinen AG (Netstal) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Näfels. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 29'041'500.--, eingeteilt in 290'200 Inhaberaktien von je CHF 100.-- Nennwert und 4'300 Inhaberaktien von je CHF 5.-- Nennwert. Beide Aktienkategorien sind an der Schweizer Börse kotiert. Gemäss Art. 6 Abs. 1 der Statuten üben die Aktionäre ihr Stimmrecht nach dem Verhältnis des gesamten Nennwerts der ihnen gehörenden Aktien aus.

B.
Die Siemens Aktiengesellschaft (Siemens) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Berlin und München. Ihr Grundkapital beträgt € 2'664'690'735.-- und ist in 888'230'245 auf den Namen lautende Stückaktien (ohne Nennwert) eingeteilt. Siemens beherrscht indirekt über die Siemens Beteiligungsverwaltung GmbH die Atecs Mannesmann Aktiengesellschaft (Atecs) mit Sitz in Düsseldorf. Letztere hält 260'730 Netstal-Inhaberaktien von je CHF 100.-- und damit 89.78% des Kapitals und der Stimmrechte der Netstal.

C.
Atecs wurde im Oktober 1999 durch die Muttergesellschaft des Mannesmann-Konzerns gegründet, um die Unternehmensbereiche Engineering und Automotive zu verselbständigen. Der Mannesmann-Konzern entschloss sich in der Folge, sämtliche Atecs-Aktien an die Robert Bosch GmbH (Bosch), Stuttgart, und Siemens zu veräussern. Mit Kaufvertrag vom 14. April 2000 wurde vereinbart, dass Bosch und Siemens je zur Hälfte die Mehrheit des Aktienkapitals an Atecs erwerben. Mit Gesuch vom 9. Juni 2000 beantragten Bosch und Siemens der Übernahmekommission, ihnen für den vorgesehenen Erwerb der Beteiligung an der Atecs eine Ausnahme von der Angebotspflicht bezüglich Netstal zu gewähren. Diesem Gesuch gab die Übernahmekommission mit Empfehlung vom 14. Juli 2000 statt.

D.
Das Einholen der wettbewerbsrechtlichen Bewilligungen für den Erwerb der Atecs-Aktien durch Bosch und Siemens verzögerte sich. In einem Nachtrag vom 22./23./26. Januar 2001 zwischen Bosch/Siemens und dem Mannesmann-Konzern wurde vereinbart, dass Bosch aus dem Vertrag ausscheiden und Siemens alle vertraglichen Rechte und Pflichten von Bosch als Käuferin übernehmen wird. Daraufhin beantragte Siemens der Übernahmekommission mit Gesuch vom 4. April 2001, ihr im Hinblick auf den nunmehr alleinigen Erwerb der Aktienmehrheit von Atecs eine Ausnahme von der Angebotspflicht für alle Aktien der Netstal zu gewähren mit der Begründung, dass sie keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik von Netstal ausüben werde und deren Verkauf beabsichtige. Mit Empfehlung vom 25. April 2001 gewährte die Übernahmekommission Siemens die ersuchte Ausnahme, welche bis zum 31. Dezember 2001 befristet war.

E.
Nachdem der beabsichtigte Verkauf nicht innert Frist realisiert wurde, kündigte Siemens mittels Voranmeldung in den elektronischen Medien am 28. Dezember 2001 nach Börsenschluss an, dass sie für alle sich im Publikum befindenden Aktien der Netstal ein öffentliches Kaufangebot unterbreite. Die Voranmeldung wurde am 4. Januar 2002 landesweit in den Tageszeitungen veröffentlicht. Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor der Publikation vorgelegt.

F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Hans Caspar von der Crone (Präsident), Thierry de Marignac und Walter Knabenhans gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Pflichtangebot

Mit Vollzug des Kaufvertrags vom 14. April 2000, der am 17. April 2001 vollzogen wurde, besitzt Siemens indirekt 89.78 % des Kapitals und der Stimmrechte der Netstal. Nachdem Siemens den von ihr beabsichtigten Verkauf der Netstal nicht innert des durch die Ausnahme der Übernahmekommission vom 25. April 2001 definierten Zeitraums realisieren konnte, löst das Überschreiten des Grenzwerts von 33 1/3 % – bezüglich der kotierten Titel der Zielgesellschaft – nunmehr die Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebots an die übrigen Aktionäre der Netstal aus (vgl. Art. 32 Abs. 1 BEHG i.V.m. Art. 29 Abs. 1 BEHV-EBK).

2. Voranmeldung

Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann der Anbieter das Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt sodann, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen veröffentlichen, zuzustellen. Im vorliegenden Fall wurde die Voranmeldung am 28. Dezember 2001 nach Börsenschluss in den elektronischen Medien veröffentlicht. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte rechtzeitig innert dreier Börsentage am 4. Januar 2002.

3. Struktur des Angebotspreises

3.1 Siemens offeriert den Aktionären von Netstal im Gegenwert von CHF 1'918.-- pro Inhaberaktie Netstal von je CHF 100.-- Nennwert bzw. im Gegenwert von CHF 95.90 pro Inhaberaktie Netstal von je CHF 5.-- Nennwert Stückaktien der Infineon Technologies AG, München (Infineon). Das Austauschverhältnis wird anhand des volumengewichteten Durchschnittskurses der Infineon-Stückaktien am letzten Tag der Nachfrist an der Deutschen Börse in Frankfurt und anhand des von der UBS AG am letzten Tat der Nachfrist auf www.ubs.com/quotes veröffentlichten Devisenmittelkurses €/CHF festgelegt. Die allenfalls entstehenden Bruchteile werden auf die nächste ganze Stückaktie Infineon abgerundet. Der Spitzenausgleich erfolgt in bar. Für den Fall, dass Siemens nach Ablauf der Nachfrist direkt oder indirekt mehr als 98% der Stimmrechte der Netstal hält, wird den andienenden Aktionären die Möglichkeit eingeräumt, zwischen dem vorher beschriebenen Umtauschangebot und dem folgenden Barangebot zu wählen: CHF 1'918.-- netto für eine Inhaberaktie von CHF 100.-- Nennwert sowie CHF 95.90 netto für eine Inhaberaktie von CHF 5.-- Nennwert.

3.2 Das vorliegende Angebot ist weder als Fixpreis- noch als Umtauschangebot im herkömmlichen Sinne zu qualifizieren. Vielmehr weist es Elemente beider Angebotsarten auf. Der Angebotspreis wird zwar in Form von Beteiligungspapieren abgegolten. Im Gegensatz zu den üblichen Umtauschangeboten ist jedoch im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebots nicht das Umtauschverhältnis definiert, sondern die geldwerte Leistung. Diese Form öffentlicher Kaufangebote ist grundsätzlich zulässig, sofern diese Preisstruktur den börsenrechtlichen Grundsätzen von Transparent, Gleichbehandlung und Lauterkeit in genügendem Mass Rechnung trägt.

a) Infineon ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in München. Ihr Grundkapital beträgt € 1'386'050'288.--, eingeteilt in 693'025'144 Namenaktien ohne Nennwert. Infineon-Aktien werden an der Frankfurter Wertpapierbörse sowie in Form von ADR an der New York Stock Exchange gehandelt. Die Börsenkapitalisierung von Infineon betrug per 30. Januar 2002 € 16.49 Mrd. Im Jahr 2001 wurden täglich über 4 Mio. Titel gehandelt; das durchschnittlich gehandelte Tagesvolumen betrug € 129.93 Mio. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei Infineon um einen sehr liquiden Titel handelt, ist es zulässig, dass die Anbieterin für die Bestimmung des Austauschverhältnisses auf den volumengewichteten Durchschnittskurs des Infineon-Titels am letzten Tag der Nachfrist abstellt.

b) Für den Fall, dass Siemens nach Ablauf der Nachfrist direkt oder indirekt mehr als 98% der Stimmrechte von Netstal hält, können die andienenden Aktionäre als Gegenleistung zwischen einer Barzahlung in der Höhe von CHF 1'918.-- pro Netstal-Inhaberaktie von je CHF 100.-- Nennwert bzw. von CHF 95.90 pro Netstal-Inhaberaktie von je CHF 5.-- Nennwert oder der Lieferung von Infineon-Stückaktien wählen. Das Einräumen eines entsprechenden Wahlrechts ist gemäss Praxis der Übernahmekommission zulässig (vgl. u.a. den Angebotsprospekt der InCentive Capital AG an die Aktionäre von Sulzer AG vom 30. März 2001).

Im Übrigen trägt die Struktur des Angebotspreises der Siemens den eingangs genannten börsenrechtlichen Gründsätzen in genügendem Mass Rechnung.

4. Einhaltung der Bestimmungen über Pflichtangebote

4.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHV-EBK hat sich das Pflichtangebot auf alle Arten von kotierten Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft zu erstrecken. Das Angebot der Siemens bezieht sich auf sämtliche kotierten, sich im Publikum befindlichen Aktien der Netstal, nämlich die Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 100.-- und die Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 5.--. Ihr Angebot erfüllt somit die gesetzliche Anforderung von Art. 29 Abs. 1 BEHV-EBK.

4.2 Nach Art. 32 Abs. 2 BEHV-EBK darf das Pflichtangebot ausser aus wichtigen Gründen nicht an Bedingungen geknüpft werden. Das Angebot der Siemens ist an keine Bedingungen geknüpft und entspricht auch in diesem Punkt den gesetzlichen Anforderungen.

4.3 Der Angebotspreis muss mindestens dem Börsenkurs entsprechen und darf höchstens 25% unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter in den letzten zwölf Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat (Art. 32 Abs. 4 BEHG). Der Börsenkurs nach Art. 32 Abs. 4 BEHG berechnet sich aus dem Durchschnitt der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung der Voranmeldung an einer Schweizer Börse ermittelten Eröffnungskurse für die Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft (Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK).

a) Die Netstal-Inhaberaktien von je CHF 100.-- Nennwert wurden im Jahr 2001 auf regelmässiger Basis gehandelt. In der für die Berechnung des Mindestpreises relevanten Zeitperiode fallen jedoch nur sieben Eröffnungskurse. Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung nicht mehr gegeben. Um dem erwähnten Grundgedanken des Gesetzgebers nachzukommen, ist deshalb in denjenigen Fällen, in welchen in dem für die Mindestpreisberechnung relevanten Zeitraum von 30 Börsentagen an weniger als 2/3 der Tage ein Eröffnungskurs vorliegt, die zu berücksichtigende Zeitspanne auszuweiten. Dabei wird die Übernahmekommission die Mindestpreisregelung gestützt auf die letzten 30 Eröffnungskurse vor Veröffentlichung eines Angebotes prüfen. Unter Berücksichtigung dieser erweiterten Zeitspanne beläuft sich der Mindestpreis für eine Netstal-Inhaberaktie von je CHF 100.-- Nennwert auf CHF 1'917.66. Der Angebotspreis von Siemens für die Inhaberaktien von je CHF 100.-- Nennwert erfüllt somit die erste Voraussetzung von Art. 32 Abs. 4 BEHG.

b) Die Prüfung der Einhaltung der Mindestpreisbestimmungen hinsichtlich der Netstal-Inhaberaktie von je CHF 5.-- gestaltet sich schwieriger. Bei diesem Titel gab es innerhalb der 30 Börsentage vor Publikation der Voranmeldung keinen Eröffnungskurs. In den letzten zwölf Monaten vor Publikation der Voranmeldung kam es nur gerade an 22 Börsentagen zu Transaktionen.

Sind zwei Titelkategorien kotiert und wird nur eine davon auf regelmässiger Basis gehandelt, ist der Mindestpreis des unregelmässig gehandelten Titels ausgehend vom gesetzlichen Mindestpreis des regelmässig gehandelten Titels analog der Regel zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen den Angebotspreisen für verschiedenen Titelkategorien nach dem Nennwertprinzip festzulegen (vgl. Ziff. 5.2 nachstehend). In casu beträgt der Mindestpreis für eine Netstal-Inhaberaktie von je CHF 100.-- Nennwert CHF 1'917.66. Gestützt auf das Nennwertprinzip entspricht der Mindestpreis für eine Netstal-Inhaberaktie von je CHF 5.-- Nennwert CHF 95.88. Damit erfüllt der Angebotspreis von Siemens auch hier die erste Voraussetzung von Art. 32 Abs. 4 BEHG.

4.3.2 Hinsichtlich der Käufe und Verkäufe von Netstal-Inhaberaktien in den zwölf Monate vor Publikation der Voranmeldung legt Siemens im Angebotsprospekt dar, dass der Atecs-Konzern als Ganzes zu einem Gesamtpreis erworben wurde. Weder im Rahmen der damaligen Vertragsverhandlungen noch im Kaufvertrag wurde für Netstal ein Preis festgelegt oder zugeordnet. Siemens führt weiter aus, dass die Netstal-Beteiligung in der nach deutschem Handelsrecht aufgestellten Bilanz von Atecs mit € 211'104'633.-- aufgenommen wurde, was bei einer Beteiligung von 89.78% des Kapitals und Stimmrechte zum damaligen Umrechnungskurs einem Wert CHF 1'236.60 pro Netstal-Inhaberaktie von je CHF 100.-- entsprochen hätte. Weiter legt Siemens offen, im relevanten Zeitraum keine Netstal-Inhaberaktien von je CHF 5.-- Nennwert gekauft oder verkauft zu haben.
Im Rahmen ihrer Prüfung berechnete die Prüfstelle den theoretischen Unternehmenswert von Netstal anhand der gleichen Berechnungsmethode und EBITDA-Multiplikatoren, nach welchen Siemens und der Mannesmann-Konzern im Rahmen ihrer Vertragsverhandlungen den Unternehmenswert von Atecs bestimmt haben. Die Prüfstelle kommt zum Schluss, dass dabei der theoretische Kaufpreis für eine Netstal-Inhaberaktie von je CHF 100.-- Nennwert wesentlich unter dem Angebotspreis von Siemens für einen solchen Titel liegt.

Die Übernahmekommission nahm in die Berechnungen der Prüfstelle Einsicht. Nach entsprechender Prüfung sieht sie keine Veranlassung, die Berechnungsmethode und deren Ergebnis in Frage zu stellen. Folglich erfüllt der Angebotspreis von Siemens auch die zweite Voraussetzung von Art. 32 Abs. 4 BEHG.

5. Verhältnis zwischen den Angebotspreisen für verschiedenen Titelkategorien

5.1 Gemäss Art. 24 Abs. 2 BEHG muss der Anbieter alle Inhaber von Beteiligungspapieren derselben Art gleich behandeln. Dieses Prinzip verpflichtet den Anbieter darauf zu achten, dass ein vernünftiges Verhältnis zwischen den Angebotspreisen für die verschiedenen Kategorien von Beteiligungspapieren besteht (Art. 32 Abs. 5 BEHG und Art. 38 Abs. 2 BEHV-EBK).

Die Übernahmekommission überlässt es grundsätzlich dem Anbieter, die Kriterien für die Festlegung des Verhältnisses zwischen den Angebotspreisen für die verschiedenen Kategorien von Beteiligungspapieren festzusetzen. Die vom Anbieter gewählte Methode muss nach Art. 22 Abs. 1 UEV-UEK im Angebotsprospekt beschrieben werden und die Prüfstelle hat die Angemessenheit der Verhältnisse zu bestätigen (Art. 22 Abs. 2 UEV-UEK). Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, beschränkt sich die Übernahmekommission auf eine Plausibilitätsprüfung und greift nur ein, wenn sich die Berechnungsmethode offenkundig als unhaltbar erweist.

5.2 In Fällen, in denen alle Titelkategorien an der Börse kotiert sind, kann nicht ohne wichtigen Grund von dem sich durch den Börsenkurs ergebenden Verhältnis zwischen den verschiedenen Kategorien von Titeln abgewichen werden (siehe , E. 3). In Fällen dagegen, in denen nur eine Titelkategorie kotiert ist, wird grundsätzlich auf das Nennwertverhältnis abgestellt (siehe , E. 3). Von der letzteren Methode ist auch dann auszugehen, wenn – wie in casu – zwar beide Titelkategorien kotiert sind, eine davon aber kaum noch gehandelt wird. Siemens legt im Angebotsprospekt dar, dass das Verhältnis der beiden Angebotspreise für die zwei Kategorien von Netstal-Inhaberaktien gestützt auf deren Nennwert festgelegt wurde. Die Prüfstelle bestätigt die Angemessenheit dieses Verhältnisses in ihrem Bericht. Die gesetzlichen Anforderungen sind somit auch in diesem Punkt erfüllt.

6. Handeln in gemeinsamer Absprache

Gemäss Art. 11 UEV-UEK i.V.m. Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt der Anbieter grundsätzlich in gemeinsamer Absprache mit allen Mitgliedern seines Konzerns und den ihn beherrschenden Aktionären. Auch die Zielgesellschaft gilt als eine Person, die in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter handelt, wenn sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospekts oder der Voranmeldung von ihm beherrscht wird.
Im vorliegenden Fall halten die Anbieterin und die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen bei Veröffentlichung der Voranmeldung 89.78 % des Kapitals und der Stimmrechte der Netstal. Somit gilt die Zielgesellschaft als eine in gemeinsamer Absprache mit Siemens handelnde Person und ist ebenfalls den in Art. 12 UEV-UEK formulierten Regeln unterstellt. Die Prüfstelle hat zu prüfen, ob die in gemeinsamer Absprache mit Siemens handelnden Personen ihren entsprechenden Pflichten nachkommen.

7. Best Price Rule

Nach Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anzubieten (sogenannte "Best Price Rule"). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt, dass es dem Anbieter und den mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen während der ganzen Dauer des Angebotes und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist verwehrt ist, Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis zu erwerben (siehe u.a. , E. 8). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflage eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).

8. Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft

8.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat hierzu u.a. offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden, ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob diese eine Abgangsentschädigung erhalten und in welcher Höhe. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe , E. 5.3).

Der Verwaltungsrat von Netstal führt aus, dass der Präsident des Verwaltungsrats seinen Rücktritt erklärt hat, aber weder die entsprechenden Reglemente der Netstal noch separate Vereinbarungen eine Abgangsentschädigung vorsehen. Ein Mitglied des Verwaltungsrat ist gleichzeitig als Direktionspräsident der Netstal tätig. Weiter wurden sämtliche Mitglieder des Verwaltungsrats durch die heutige Mehrheitsaktionärin Atecs (wieder)gewählt. Der Angebotsprospekt legt diese Verhältnisse offen und entspricht folglich den Anforderungen von Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK.

Gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft Rechenschaft über die Massnahmen abzugeben, welche die Zielgesellschaft bei Vorliegen von Interessenkonflikten getroffen hat. Da der Verwaltungsrat der Netstal darauf verzichtet, den Empfängern des Angebots eine Empfehlung abzugeben, hingegen ausführlich alle Interessenkonflikte seiner Mitglieder und diejenigen der obersten Geschäftsleitung offen legt, entspricht der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auch in diesem Punkt den gesetzlichen Anforderungen.

8.2 Nach Art. 30 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft die Absichten derjenigen Aktionäre darzulegen, die mehr als 5% der Stimmrechte besitzen, sofern deren Absichten dem Verwaltungsrat bekannt sind. Auch in diesem Punkt entspricht der Bericht den genannten Anforderungen.

9. Karenzfrist

Legt der Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt dem Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, befreit die Übernahmekommission den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK). Da Siemens diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist entbunden.

10. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospektes, d.h. am 8. Februar 2002, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

11. Gebühr

Das Angebot bezieht sich auf 29'470 Netstal-Inhaberaktien zu je CHF 100.-- Nennwert, und 4'300 Netstal-Inhaberaktien zu CHF 5.-- Nennwert. Der Gesamtbetrag des Angebotes liegt bei CHF 56'935'830.--. Gemäss Art. 62 Abs. 2 UEV-UEK beträgt die Gebühr CHF 28'400.--.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Das öffentliche Kaufangebot der Siemens Aktiengesellschaft an die Aktionäre der Netstal-Maschinen AG entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.

  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgende Ausnahme von der Übernahmeverordnung (Art. 4 UEV-UEK): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

  3. Diese Empfehlung wird am 8. Februar 2002 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  4. Die Gebühr zu Lasten der Siemens Aktiengesellschaft beträgt CHF 28'400.--.

 

Der Präsident:

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahme­kommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Siemens Aktiengesellschaft und Netstal-Maschinen AG, durch ihren Vertreter,
  • die EBK.