Transactions
0316 - The Swatch Group AG
Empfehlung in Sachen The Swatch Group AG vom 16. Januar 2008
Aktienrückkauf von The Swatch Group AG, Neuenburg - Ausnahme von Ziff. III. 3.1 der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000
A.
Die The Swatch Group AG („Swatch" oder „Gesuchstellerin") ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Neuenburg. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 128'880'000 und ist eingeteilt in 128'100'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.45 und 31'660'000 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 2.25. Die Namen- und Inhaberaktien sind an der SWX Swiss Exchange („SWX") kotiert. Die Inhaberaktien (UHR) werden an der virt-x und die Namenaktien (UHRN) an der SWX gehandelt.
B.
Am 10. Dezember 2007 startete Swatch ein Rückkaufsprogramm eigener Aktien von bis zu CHF 420 Mio. Das Rückkaufsprogramm wurde von der Übernahmekommission am 4. Dezember 2007 im Meldeverfahren gemäss Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 („Mitteilung Nr. 1") genehmigt. Der Handel der Inhaberaktien erfolgt auf einer zweiten Handelslinie an der virt-x (UHRE) und derjenige der Namenaktien auf einer zweiten Handelslinie an der SWX (UHRNE). Basierend auf den Schlusskursen vom 5. Dezember 2007 entspricht das Rückkaufsvolumen ca. 640'000 Inhaberaktien und ca. 3'300'000 Namenaktien bzw. rund 2.3% des Aktienkapitals und rund 2.5% des Stimmrechts der Swatch. Der Aktienrückkauf dauert voraussichtlich bis Ende 2008.
C.
Swatch hat am 14. Januar 2008 letztmals über die zweite Handelslinie sowohl eigene Namen- als auch eigene Inhaberaktien zurückgekauft. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Gesellschaft bereits je ca. 26.5% der insgesamt zum Rückkauf geplanten Aktien erworben.
D.
Am 16. Januar 2008 ersuchte die Swatch die Übernahmekommission um Gewährung einer Ausnahme von Ziff. III. 3.1 der Mitteilung Nr. 1. Die beantragte Ausnahme betrifft die Pflicht zur Unterbrechung der Aktienrückkäufe während zehn Börsentagen vor der Mitteilung der Finanzergebnisse des Anbieters an die Medien (sog. „Black-out-Periode"). Die Gesellschaft verfügt gemäss eigenen Angaben nämlich bereits zum jetzigen Zeitpunkt über Angaben zu den im abgelaufenen Jahr erzielten Bruttoumsätzen und plant, diese am 17. Januar 2008 zu veröffentlichen . Ursprünglich und bis zum 15. Januar 2008 sei vorgesehen gewesen, die bereits jetzt verfügbaren Zahlen vor deren Publikation noch mit den konsolidierten Erfolgsrechnungen der weltweit über 150 Konzerngesellschaften abzustimmen und sie erst am 31. Januar 2008 zu publizieren. Deshalb habe Swatch im Finanzkalender 2008 als Zeitpunkt für die Publikation der Umsatzzahlen (spätestens) den 31. Januar 2008 und nicht einen früheren Zeitpunkt angegeben. Swatch begründet die am 15. Januar 2008 kurzfristig erfolgte Planänderung damit, dass das gegenwärtige Börsenumfeld äusserst nervös und mit grossen Kursausschlägen auf jede Marktinformation und insbesondere auf jegliche Indikationen über das Weihnachtsgeschäft und das Konsumentenverhalten reagiere. Der Markt für Luxusgüter sei davon in ganz besonderem Masse betroffen. Um alle Marktteilnehmer rasch auf den letzten Stand der Information zu bringen und möglichen Gerüchten oder Falschmeldungen zuvorzukommen, halte die Konzernleitung deshalb eine rasche Publikation der Umsatzzahlen 2007 mit einem ersten Ausblick für 2008 für erforderlich.
E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Walter Knabenhans und Henry Peter gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Ausnahme von der Black-out-Periode
1.1 Zum Informationsbedürfnis des Kapitalmarktes
Art. 1 BEHG verfolgt das Ziel, für die Anleger Transparenz und Gleichbehandlung sicherzustellen und die Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte zu gewährleisten. Die Marktteilnehmer haben in diesem Rahmen ein generelles Interesse an einer umgehenden Information über die Finanzzahlen von kotierten Gesellschaften. Unter anderem verlangen auch die Bestimmungen zur Ad hoc-Publizität der SWX (Art. 72 Kotierungsreglement) von den Emittenten, den Markt grundsätzlich umgehend über potenziell kursrelevante Tatsachen aus ihrem Tätigkeitsbereich zu informieren, wenn diese noch nicht öffentlich bekannt sind.
1.2 Zu den Bestimmungen über die Black-out-Perioden
1.2.1 Im Verlauf der Beschaffung bzw. Aufbereitung kursrelevanter Informationen erwirbt ein Emittent gegenüber den übrigen Marktteilnehmern grundsätzlich einen Informationsvorsprung bezüglich seines Geschäftsverlaufs. Deshalb hat er gemäss Punkt 2 der Ziff. III. 3.1 der Mitteilung Nr. 1 während zehn Börsentagen vor der Mitteilung der Finanzergebnisse des Anbieters an die Medien die Rückkäufe eigener Aktien zu unterbrechen.
1.2.2 Zweck dieser Black-out-Periode ist also, der asymmetrischen Informationslage zwischen dem Emittenten und den übrigen Marktteilnehmern entgegenzuwirken. Sie soll verhindern, dass der Emittent von Informationen profitiert, über welche nur er verfügt. Das Übernahmerecht untersagt den Emittenten somit, Vorteile aus noch nicht öffentlich zugänglichen Informationen zu ziehen, um ihre Beteiligungspapiere zu vorteilhafteren Bedingungen und damit zum Nachteil der Aktionäre zu erwerben (vgl. Empfehlung vom 14. Juli 2006 in Sachen BB Medtech AG, Erw. 2.3).
1.2.3 Um am 17. Januar 2008 die Medien über den Umsatz 2007 zu informieren, hätte Swatch ihre Rückkäufe an sich ab 3. Januar 2008 einstellen müssen. Dies tat sie nicht, da damals die Publikation am 31. Januar 2008 geplant war und jene am 17. Januar 2008 erst am 15. Januar 2008 erwogen wurde (vgl. Sachverhalt lit. D). Die ausserordentlichen Umstände, welche die Swatch-Konzernleitung zur Planänderung bewogen, haben sich im Wesentlichen zwischen dem 3. und dem 15. Januar 2008 aktualisiert (vgl. Sachverhalt lit. D und E). Swatch hat denn die Rückkäufe auch erst am 15. Januar 2008 eingestellt. Das Interesse des Marktes an einer schnellen Information rechtfertigt in dieser ausserordentlichen Situation aber eine Ausnahme von der Einhaltung der Black-out-Periode, wenn die getätigten Rückkäufe im konkreten Fall keine Hinweise auf eine Ausnutzung nicht öffentlich zugänglicher Information durch Swatch liefern.
1.2.4 Die von Swatch seit dem 10. Dezember 2007 getätigten Käufe eigener Aktien auf der jeweiligen zweiten Handelslinie ergeben keine derartigen Hinweise. Die kurz vor der Veröffentlichung der Umsatzzahlen zurückgekauften Volumen weichen nicht signifikant von den früher resp. zu Beginn des Programms zurückgekauften Volumen ab. Die beantragte Ausnahme von der Einhaltung der Black-Out-Periode kann daher vorliegend ausnahmsweise gewährt werden. Das Ziel der Mitteilung Nr. 1 und des BEHG insgesamt, die Gewährleistung von Transparenz und Gleichbehandlung der Marktteilnehmer sowie der Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte, ist damit erreicht.
2. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird nach Eröffnung der begründeten Empfehlung auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
3. Gebühr
In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Prüfung des vorliegenden Gesuchs der Swatch eine Gebühr von CHF 20'000 erhoben.
Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:
- Das Gesuch der The Swatch Group AG, Neuenburg, um Gewährung einer Ausnahme von der Pflicht zur Unterbrechung des seit 10. Dezember 2007 laufenden Rückkaufprogramms wird mit Bezug auf die am 17. Januar 2008 geplante Bekanntgabe der Umsatzzahlen 2007 gutgeheissen.
- Die vorliegende Empfehlung wird nach Eröffnung der begründeten Empfehlung auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr zulasten der The Swatch Group AG, Neuenburg, beträgt CHF 20'000.
Der Präsident
Luc Thévenoz
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
- The Swatch Group AG,
- Eidgenössische Bankenkommission.