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Rechtsgrundlagen

Richtlinie betreffend die Interessenkonflikte von Mitgliedern und Mitarbeitenden der Übernahmekommission

Richtlinie betreffend die Interessenkonflikte von Mitgliedern und Mitarbeitenden der Übernahmekommission

vom 14. Juni 2012 (Stand am 1. Januar 2016*)

1.            Gegenstand

[1] Die Mitglieder und Mitarbeitenden der Kommission für öffentliche Kaufangebote (Übernahmekommission) achten darauf, dass sie ihre Tätigkeit für die Übernahmekommission ohne Interessenkonflikte ausüben. Sie verschaffen sich keinen Vorteil aus vertraulichen Informationen, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Übernahmekommission erlangt haben.

[2] Gemäss Art. 126 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes setzt sich die Übernahmekommission „aus sachverständigen Vertreterinnen und Vertretern der Effektenhändler, der kotierten Gesellschaften und der Anlegerinnen und Anleger zusammen“. Die Regelung der Interessenkonflikte trägt dem Umstand Rechnung, dass die Mitglieder eine andere berufliche Tätigkeit ausüben, welche sie für ihre Ernennung durch die FINMA qualifiziert.

[3] Den Mitgliedern und den Mitarbeitenden der Kommission ist es freigestellt, Finanzanlagen zu halten. Vorbehältlich von Kapitel 5 können sie jederzeit finanzielle Vermögenswerte erwerben oder veräussern.

2.            Persönlicher Anwendungsbereich

[4] Diese Richtlinie gilt für die Mitglieder der Übernahmekommission sowie die Rechtskonsulentinnen und Rechtskonsulenten und alle übrigen Personen, mit denen ein Arbeitsverhältnis besteht (Mitarbeitende).

3.            Definitionen

[5] Im Zusammenhang mit einem Verfahren vor der Übernahmekommission gelten als Parteien der Anbieter, die Zielgesellschaft, die mit diesen in gemeinsamer Absprache handelnden Personen sowie jede qualifizierte Aktionärin und jeder qualifizierte Aktionär[1], der am Verfahren teilnimmt.

[6] Als nahestehende Person eines Mitgliedes oder Mitarbeitenden gelten dessen Ehepartner, registrierte Partner, Konkubinatspartner, Personen, die im gleichen Haushalt leben, sowie juristische Personen, Trusts und andere Vermögenstrukturen unter dem massgeblichen Einfluss einer dieser Personen.

[7] Als Unternehmen gelten alle Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Stiftungen, Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, sämtliche Vehikel kollektiver Kapitalanlagen, öffentlich-rechtliche Anstalten oder Trusts. Öffentlich-rechtliche Körperschaften gelten nicht als Unternehmen.

4.            Umgang mit vertraulichen Informationen

[8] Die Mitglieder und die Mitarbeitenden der Kommission unterstehen hinsichtlich aller der Übernahmekommission unterbreiteten Geschäfte (Art. 320 des Schweizerischen Strafgesetzbuches) sowie hinsichtlich der Beratungen der Übernahmekommission dem Amtsgeheimnis (Art. 17 Reglement der Übernahmekommission).

[9] Das Amtsgeheimnis verpflichtet zu erhöhter Sorgfalt und zu einer strikten Trennung von Informationen über Geschäfte, die der Übernahmekommission unterbreitet werden. Die Mitglieder werden über vertrauliche Tatsachen nur informiert, sofern dies für ihre Tätigkeit in einem Ausschuss oder für andere Zwecke notwendig ist, namentlich für Tätigkeiten im Rahmen von Plenarsitzungen.

[10] Jedes Mitglied übermittelt dem Sekretariat mindestens einmal im Jahr eine Liste von Gesellschaften, bezüglich derer es sich in einem Interessenkonflikt befindet oder befinden könnte.

[11] Ein Mitglied kann für die Teilnahme an einem Ausschuss angefragt werden, falls keine der bekannten Parteien auf der Liste der Interessenkonflikte enthalten ist, die das betreffende Mitglied dem Sekretariat übergeben hat. Von diesem Moment an ist das Mitglied Geheimnisträger. Der Zeitpunkt der Anfrage wird festgehalten.

[12] Nachdem das Mitglied überprüft hat, ob ein Interessenkonflikt besteht, bestätigt es seine Teilnahme oder lehnt diese ab. In Zweifelsfällen ist der Präsident zu konsultieren.

5.            Verbot der Vorteilsgewährung aufgrund vertraulicher Informationen

[13] Unbeschadet von Art. 161 des Strafgesetzbuches ist es den Mitgliedern und den Mitarbeitenden untersagt, für sich selbst oder für einen Dritten einen Vorteil in Geld oder in anderer Weise zu erhalten unter Ausnutzung einer vertraulichen Tatsache, die sie in Erfüllung der Aufgabe erlangt haben.

[14] Dieses Verbot findet keine Anwendung auf Transaktionen, die von einem Beauftragten ausgeführt werden, dem die Verwaltung der Finanzanlagen von einem Mitglied oder einem Mitarbeitenden oder einer diesen nahestehenden Person übertragen wurde, sofern:

[15]        a)     der Auftrag eine diskretionäre Vermögensverwaltung vorsieht;

[16]        b)     die Ziele der Vermögensverwaltung und deren eventuelle Anpassung schriftlich festgelegt werden;

[17]        c)     untersagt wird, dass der Auftraggeber Weisungen oder Empfehlungen betreffend Auswahl, Veräusserung oder Abdeckung (hedge) von bestimmten Wertpapieren, kollektiven Kapitalanlagen nicht diversifizierter Aktientitel oder dazugehörige derivative Instrumente erteilt und der Beauftragte solche entgegennehmen darf;

[18]        d)     sich der Beauftragte verpflichtet, im Fall einer Verletzung von lit. c unverzüglich den Präsidenten zu informieren;

[19]        e)     im Februar jedes Jahres der Beauftragte dem Präsidenten schriftlich bestätigt, dass er keine Weisung, Empfehlung oder Vorschläge im Sinne von lit. c erhalten hat; er erwähnt, ob und wann die Anlageziele angepasst wurden.

[20] Jedes Mitglied der Übernahmekommission sowie die Mitarbeitenden teilen dem Präsidenten die Identität des oder der Personen mit, die mit der Verwaltung der Finanzanlagen beauftragt sind und übermitteln ihm ein Original der Vertragsklauseln, welche die Voraussetzungen gemäss lit. a bis lit. e enthalten.

6.            Interessenkonflikte

[21] Ein Mitglied oder ein Mitarbeitender erklärt sich für befangen, wenn er sich in einem Interessenkonflikt befindet, das heisst, wenn er ein persönliches Interesse an einer Transaktion hat oder wenn seine Teilnahme an der Entscheidung im Zusammenhange mit einer Transaktion den Anschein eines Interessenkonflikts herbeiführt.

[22] Bei einem Mitglied oder bei einem Mitarbeitenden wird ein persönliches Interesse an einer Transaktion vermutet, wenn:

[23]        a)     er selbst oder eine ihm nahestehende Person Mitglied des Verwaltungsrates oder der Geschäftsleitung einer Partei ist oder in einem Arbeitsverhältnis zu ihr steht;

[24]        b)     er selbst oder eine ihm nahestehende Person eine enge persönliche Beziehung zu einem Mitglied des Verwaltungsrats oder der Direktion oder zu einem wichtigen Aktionär einer Partei unterhält;

[25]        c)     er selbst oder eine ihm nahestehende Person mit einer Partei eine bedeutende Geschäftsbeziehung unterhält oder in der jüngeren Vergangenheit unterhalten hat;

[26]        d)     andere Umstände vorliegen, die seine Unabhängigkeit tatsächlich oder dem Anschein nach beeinträchtigen.

[27] Ein persönliches Interesse an einer Transaktion wird angenommen, falls ein Mitglied oder ein Mitarbeitender oder eine diesen nahestehende Person Folgendes halten:

[28]        i)     Beteiligungspapiere einer Partei,

[29]        ii)     Anteile an nicht diversifizierten, kollektiven Kapitalanlagen mit einer bedeutenden Anlage in Beteiligungspapiere einer Partei,

[30]        iii)    Derivate, die sich auf Werte gemäss (i) oder (ii) beziehen,

[31]        deren Wert (bei mehreren gleichen Positionen insgesamt) höher ist als 5 % seines steuerpflichtigen Vermögens.

[32] Kein persönliches Interesse wird jedoch angenommen, falls ein Mitglied oder ein Mitarbeitender, der Verwaltungsrat, Direktor, Partner oder Arbeitnehmer eines Unternehmens ist, auf die Entscheidungen betreffend Auswahl, Veräusserung oder Absicherung (hedge) von Anlagen keinen Einfluss nimmt.

7.            Audit

[33] Besteht der Verdacht, dass dieser Richtline zuwidergehandelt worden ist, kann der Präsident mit Zustimmung des Vizepräsidenten eine Untersuchung anordnen. Die Untersuchung wird von einem hierfür geeigneten Unternehmen durchgeführt. Das betreffende Mitglied oder der betreffende Mitarbeitende beteiligt sich aktiv an der Aufklärung des Sachverhalts, gewährt Zugang zu sachdienlichen Dokumenten und entbindet Dritte vom Berufsgeheimnis.

[34] Für den Fall, dass der Präsident selber betroffen oder verhindert ist, entscheidet der Vizepräsident. Die Kommission beschliesst über die Anordnung einer Untersuchung gegen den Präsidenten.

8.            Schlussbestimmungen

[35] Diese Richtlinie tritt am 10. Juli 2012 in Kraft. Die interne Richtlinie vom 30. April 2004 betreffend Aktienbesitz und Handelsgeschäfte wird aufgehoben.

[36] Die Mitglieder übermitteln erstmals die Dokumente gemäss Rz 10 und 20 in den drei Monaten nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie bzw. nach ihrer Ernennung.


[1] Der Einfachheit halber wird nachfolgend nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer mit eingeschlossen.


* Die Verweise auf Rechtsvorschriften wurden aufgrund des Inkrafttretens des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes und dessen Ausführungsverordnungen angepasst.