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0091 - Selecta Group
Empfehlung Selecta Group vom 21. März 2001
Öffentliches Kaufangebot der Compass Group PLC, Chertsey, United Kingdom, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Selecta Group, Zug
A.
Die Selecta Group (Selecta) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zug. Ihr Kapital beträgt CHF 125'000'000.-- und ist eingeteilt in 2'500'000 Namenaktien zu je CHF 50.-- Nennwert. Die Namenaktien sind an der Schweizer Börse kotiert.
B.
Die Compass Group PLC (Compass) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Chertsey, Grossbritannien. Ihr genehmigtes Kapital beträgt £ 300'050'998.--. Es ist eingeteilt in 3'000'010'000 Aktien zu je £ 0.10 Nennwert, wovon 2'214'833'241 ausgegeben und vollständig liberiert wurden, sowie in 49'998 rückzahlbare Vorzugsaktien zu je £ 1.00 Nennwert. Letztere wurden im Umfang von £ 12'500.-- liberiert.
C.
Am 12. Februar 2001 kündigte die Compass in den elektronischen Medien an, dass sie den Aktionären von Selecta ein öffentliches Kaufangebot von CHF 540.-- je Selecta-Namenaktie, abzüglich dem Bruttobetrag allfälliger Dividenden oder anderer Ausschüttungen von Selecta an ihre Aktionäre bis zum Vollzug des Kaufangebotes, unterbreite. Diese Ankündigung wurde am 14. Februar 2001 in den Tageszeitungen landesweit veröffentlicht.
D.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor der Publikation unterbreitet.
E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Ulrich Oppikofer (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Frau Claire Huguenin gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Voranmeldung
Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann ein Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospektes voranmelden. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen veröffentlichen, zuzustellen.
Im vorliegenden Fall enthielt die am 12. Februar 2001 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung alle von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK vorgeschriebenen Angaben. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte innerhalb von zwei Börsentagen. Somit entfaltete die Voranmeldung ihre Wirkungen am 12. Februar 2001.
2. Anwendung der Bestimmungen über Pflichtangebote
2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 5, 1. Satz UEV-UEK hat sich das Angebot auf alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu erstrecken, wenn es soviele Beteiligungspapiere umfasst, dass bei deren Erwerb eine Angebotspflicht ausgelöst würde. Dabei hat der Angebotspreis den Bestimmungen über Pflichtangebote zu entsprechen (Art. 10 Abs. 5, letzter Satz UEV-UEK).
2.2 Durch ihr Angebot beabsichtigt Compass, alle sich im Publikum befindenden Selecta-Namenaktien zu erwerben. Es erstreckt sich somit auf alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft und trägt Art. 10 Abs. 5, 1. Satz UEV-UEK gebührend Rechnung.
2.3 Nach Art. 32 Abs. 4 BEHG muss der Preis des Pflichtangebotes mindestens dem Börsenkurs der anvisierten Titel entsprechen. Dieser Kurs ergibt sich gemäss Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK aus dem Durchschnitt der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung der Voranmeldung an einer Schweizer Börse ermittelten Eröffnungskurse für diese Beteiligungspapiere. Im vorliegenden Fall entfaltete die Voranmeldung ihre rechtlichen Wirkungen am 12. Februar 2001. Der durchschnittliche Eröffnungskurs der Selecta-Namenaktien der letzten 30 Börsentage beläuft sich auf CHF 395.67. Der Angebotspreis von CHF 540.-- erfüllt somit die erste Anforderung von Art. 32 Abs. 4 BEHG.
Gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG darf der Preis des Angebotes höchstens 25 % unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter in den zwölf letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat. Laut Angebotsprospekt hat Compass während der letzten zwölf Monate keine Selecta-Titel gekauft oder verkauft. Die Anforderungen von Art. 32 Abs. 4 BEHG sind somit erfüllt.
3. Best Price Rule
Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebotes keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anzubieten (sogenannte „Best Price Rule"). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel während der ganzen Dauer des Angebotes und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung in Sachen Big Star Holding AG vom 7. April 2000, E. 8). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflage eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).
4. Bedingungen
4.1 Gemäss Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach Publikation der Voranmeldung ein Angebot veröffentlichen, das den Konditionen der Voranmeldung entspricht. Eine im Angebotsprospekt angeführte Bedingung muss deshalb bereits in der Voranmeldung enthalten sein. Dies ist in casu der Fall. Die Bestimmung von Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK ist in diesem Punkt eingehalten.
4.2 Das Angebot darf grundsätzlich nur an aufschiebende Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt der Anbieter selbst nicht massgeblich beeinflussen kann (Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK). Diese Bestimmung untersagt dem Anbieter, das Angebot an praktisch unerfüllbare Bedingungen zu knüpfen, so dass das Angebot nur durch den Verzicht des Anbieters auf den Eintritt der Bedingung zustande kommen würde. Dies hätte die gleichen Wirkungen wie eine nicht zulässige Potestativbedingung gemäss Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK.
Compass knüpft das Angebot an die Bedingung, dass sie nach Ablauf der Angebotsfrist und unter Einbezug der bereits in ihrem Besitz stehenden Aktien über mindestens 67 % aller ausstehenden Selecta-Aktien (ohne Berücksichtigung der von Selecta gehaltenen freien Titel) verfügen wird. Dieses Ziel ist realistisch. Die entsprechende Bedingung erlaubt dem Anbieter nicht, das Angebot nach Gutdünken zurückzuziehen. Die Bestimmung von Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK ist folglich eingehalten.
4.3 Ein öffentliches Kaufangebot kann ausnahmsweise an auflösende Bedingungen geknüpft werden. Solche Bedingungen, die nach Ablauf der Angebotsfrist eintreten, benötigen das Einverständnis der Übernahmekommission. Dieses wird unter der Voraussetzung gegeben, dass dem Anbieter aus der Resolutivbedingung deutliche Vorteile erwachsen, welche die daraus resultierenden Nachteile für die Angebotsempfänger aufzuwiegen vermögen (siehe Empfehlung in Sachen Zurich Allied AG vom 12. Juni 1998).
Compass knüpft ihr Angebot an die auflösende Bedingung der Zustimmung der schweizerischen und europäischen Wettbewerbsbehörden. Gemäss ständiger Praxis qualifiziert die Übernahmekommission eine solche Resolutivbedingung als zulässig. Dem Gesuch von Compass wird demnach stattgegeben.
5. Zeitpunkt der Veröffentlichung des Zustandekommens des Angebotes
Gemäss Art. 43 Abs. 2 UEV-UEK hat der Anbieter innert vier Tagen nach Ablauf des Angebotes das genaue Zwischenergebnis durch Anzeige zu veröffentlichen. Bei einem bedingten Angebot hat diese Anzeige anzugeben, ob die Bedingungen erfüllt sind (Art. 44 UEV-UEK).
Da der Zeitpunkt der Publikation des Zwischenergebnisses mit dem Datum der Generalversammlung der Zielgesellschaft zusammenfällt, die Anbieterin die Öffentlichkeit aber frühestens am ersten Börsentag nach Durchführung der Generalversammlung, d.h. am 2. Mai 2001, über das Zustandekommen des Angebotes in den Tageszeitungen informieren kann, beantragt sie der Übernahmekommission, das definitive Zwischenergebnis einen Börsentag später veröffentlichen zu dürfen. Die Anbieterin unterbreitet in diesem Zusammenhang der Übernahmekommission den folgenden Vorschlag: Würden die in den elektronischen Medien veröffentlichten provisorischen Zwischenergebniszahlen von denjenigen der definitiven Auszählung abweichen, welche nach Art. 43 Abs. 2 UEV-UEK am 30. April 2001 zu publizieren wären, würde die Anbieterin das definitive Zwischenergebnis am Tag der Generalversammlung vor Handelsbeginn in den elektronischen Medien veröffentlichen. Aus Praktikabilitätsgründen kann dem Gesuch der Anbieterin im Sinne einer Ausnahme zu Art. 43 Art. 2 UEV-UEK entsprochen werden.
6. Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft
6.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrates und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebotes für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrates und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden; ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrates oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe Empfehlung in Sachen Axantis Holding AG vom 15. Dezember 2000, E. 5.3). Der vorliegende Bericht führt aus, dass die allenfalls aus dem Verwaltungsrat der Zielgesellschaft ausscheidenden Mitglieder keine Abgangsentschädigungen erhalten werden. In diesem Punkt entspricht der Bericht des Verwaltungsrates den genannten Anforderungen.
6.2 Liegen Interessenkonflikte vor, muss der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK über die Massnahmen Rechenschaft ablegen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebotes auswirken.
Im vorliegenden Fall ist ein Verwaltungsratsmitglied der Selecta ebenfalls im Verwaltungsrat der Compass. Aus dem Bericht des Verwaltungsrates der Selecta geht hervor, dass dieses Mitglied für alle jene Geschäfte in den Ausstand trat, welche das öffentliche Kaufangebot betrafen. Ebenfalls in den Ausstand getreten ist der CEO und Delegierte des Verwaltungsrats, dem Compass in Aussicht gestellt hat, weiterhin im Amt bleiben zu können. Zudem entschied sich der Verwaltungsrat, die Credit Suisse First Boston (Europe) Ldt. mit der Erstellung einer Fairness Opinion zu beauftragen. Diese gelangte in ihrer Opinion zum Schluss, dass der Angebotspreis von CHF 540.-- für eine Selecta-Namenaktie finanziell angemessen sei. Damit ist Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK Genüge getan.
6.3 Gemäss Art. 30 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft die Absichten derjenigen Aktionäre darzulegen, die mehr als 5 % der Stimmrechte besitzen, sofern deren Absichten dem Verwaltungsrat bekannt sind. Auch in diesem Punkt entspricht der Bericht den genannten Anforderungen.
7. Karenzfrist
Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit diese den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).
Da Compass diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit.
8. Publikation
Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospektes, d.h. am 26. März 2001, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
9. Gebühr
Das Angebot bezieht sich auf 1'666'163 Selecta-Namenaktien. Der Gesamtbetrag des Angebotes liegt bei einem Angebotspreis von CHF 540.-- bei CHF 899'728'020.--. Gemäss Art. 62 Abs. 3 UEV-UEK beträgt die Gebühr somit CHF 199'900.--.
Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:
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Das öffentliche Kaufangebot der Compass Group PLC entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.
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Die Übernahmekommission gewährt die folgenden Ausnahmen von der Übernahmeverordnung (Art. 4): auflösende Bedingung (Art. 13 Abs. 4); Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2); Erstreckung der Abwicklungsfrist (Art. 14 Abs. 6); Erstreckung der Frist zur Veröffentlichung des Zwischenergebnisses (Art. 43 Abs. 2).
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Diese Empfehlung wird am 26. März 2001 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
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Die Gebühr beträgt CHF 199'900.--.
Der Präsident:
Ulrich Oppikofer
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
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Compass Group PLC, durch ihren Vertreter,
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Selecta AG, durch ihren Vertreter,
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die EBK.