SWISS TAKEOVER BOARD

Transaktionen

0711 - CEVA Logistics AG

Verfügung 711/01 vom 20. Dezember 2018

Öffentliches Kaufangebot von CMA CGM S.A. an die Aktionäre von CEVA Logistics AG – Fristverlängerung gemäss Art. 8 Abs. 1 UEV

A.
CEVA Logistics AG (CEVA oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Baar (HR-Firmennummer CHE-271.764.951). CEVA bezweckt die direkte oder indirekte Beteiligung an, Finanzierung und Verkauf von in- und ausländischen Unternehmen im Bereich der Logistik, Spedition und ähnlicher Bereiche sowie die Überwachung und Koordination dieser Beteiligungen und Gesellschaften (vgl. Art. 2 (1) der Statuten von CEVA). Das Aktienkapital beträgt CHF 5'516'309 und ist eingeteilt in 55'163'090 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.10 (CEVA-Aktien). CEVA verfügt zudem über ein bedingtes Kapital von CHF 19'984'057 und ein genehmigtes Kapital von CHF 8'716'902. Die CEVA-Aktien sind seit dem 4. Mai 2018 (IPO von CEVA) an der SIX Swiss Exchange (SIX) im International Reporting Standard kotiert (Valorensymbol: CEVA; ISIN: CH0413237394; Valorennummer: 41'323'739). CEVA hält 4'616 eigene CEVA-Aktien. Art. 5a der Statuten von CEVA enthält ein vor dem IPO von CEVA eingeführtes Opting out (vgl. zum Wortlaut des Opting out die Verfügung 703/01 vom 9. August 2018 in Sachen CEVA Logistics AG, Sachverhalt Bst. B).

B.
CMA CGM S.A. (CMA CGM) (Gesuchstellerin oder CMA CGM) ist eine privat gehaltene, französische Aktiengesellschaft mit Sitz in Marseille, welche im Bereich Containerverkehr, Schifffahrt und Logistik tätig ist. CMA CGM steht unter gemeinsamer Kontrolle von Jacques Junior Saadé, Rodolphe Saadé sowie Tanya Saadé Zeenny (siehe dazu auch die Ausführungen im Sachverhalt der Verfügung 703/01 vom 9. August 2018 in Sachen CEVA Logistics AG, ). CMA CGM hält 18'192'034 CEVA-Aktien, womit sie über rund 33% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft verfügt. Des Weiteren verfügt CMA CGM via zwei Beteiligungsderivate (einen Forward Share Purchase und einen Total Return Swap) über Erwerbspositionen bezogen auf 2'512'671 bzw. 4'446'800 CEVA-Aktien (entsprechend rund 4.56% bzw. 8.06% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft) (vgl. dazu die auf der Webseite der Übernahmekommission abrufbare Transaktionsmeldung von CMA CGM vom 12. Dezember 2018).

C.
Am 24. Oktober 2018 schlossen CEVA und CMA CGM eine Transaktionsvereinbarung (Transaktionsvereinbarung) ab, in welcher sich CMA CGM verpflichtete, (i) ihr Fracht-Management-Geschäft an CEVA zu verkaufen und (ii) den Aktionären von CEVA bis spätestens am 30. November 2018 ein öffentliches Kaufangebot für alle sich im Publikum befindenden CEVA-Aktien zu einem Angebotspreis von CHF 30 zu unterbreiten (Übernahmeangebot) (vgl. dazu auch die auf der Webseite von CEVA abrufbare Pressemitteilung vom 25. Oktober 2018).

D.
Am 26. November 2018 veröffentlichte CMA CGM die Voranmeldung zu ihrem Übernahmeangebot. In der Voranmeldung kündigte CMA CGM an, dass der Angebotspreis CHF 30 netto je CEVA-Aktie betrage, abzüglich des Bruttobetrages allfälliger Verwässerungseffekte, die bis zum Vollzugsdatum des Übernahmeangebots eintreten. Gemäss der Voranmeldung steht das Übernahmeangebot sodann u.a. auch unter der Bedingung, dass „alle zuständigen Wettbewerbsbehörden und alle anderen zuständigen Aufsichtsbehörden […] die Übernahme von CEVA durch [CMA CGM] genehmigt oder eine Freistellungsbescheinigung erteilt [haben]“.

E.
Am 12. Dezember 2018 gelangte die Gesuchstellerin mit einem Gesuch um Fristverlängerung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 UEV (Fristverlängerungsgesuch) an die Übernahmekommission und stellte den folgenden Antrag:

„The Swiss Takeover Board shall extend the six weeks period between the publication of the pre-announcement and the publication of the offer prospectus by three weeks.”

Die Gesuchstellerin beantragte damit bei der Übernahmekommission, dass die Frist zur Veröffentlichung des Angebotsprospekts, welche eigentlich am 7. Januar 2019 ablaufen sollte, um drei Wochen verlängert werde, womit der Angebotsprospekt spätestens am 28. Januar 2019 zu veröffentlichen wäre.

F.
Mit Eingabe vom 19. Dezember 2018 nahm die Zielgesellschaft gegenüber der Übernahmekommission zum Fristverlängerungsgesuch von CMA CGM Stellung und teilte mit, dass sie mit Letzterem einverstanden sei.

G.
Auf die Begründung des Antrags der Gesuchstellerin um Fristverlängerung und auf die zum Fristverlängerungsgesuch seitens der Zielgesellschaft eingegangene Stellungnahme wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

H.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus dem Präsidenten Thomas A. Müller, Jean-Luc Chenaux und Thomas Rufer gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Fristverlängerung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 UEV

1.1 Gesetzliche Grundlage

[1] Gemäss Art. 8 Abs. 1 Satz 1 UEV muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach der Voranmeldung einen Angebotsprospekt veröffentlichen, der den Konditionen der Voranmeldung entspricht. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern, wenn dies durch überwiegende Interessen gerechtfertigt ist, namentlich wenn der Anbieter eine Bewilligung einer Behörde, insbesondere einer Wettbewerbsbehörde, einholen muss (Art. 8 Abs. 1 Satz 2 UEV).

[2] Ein überwiegendes Interesse liegt damit gemäss Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 Satz 2 UEV vor, wenn es im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots die Bewilligung einer (Wettbewerbs-)Behörde einzuholen gilt. Die Fristverlängerung soll diesfalls grundsätzlich ermöglichen, dass den Angebotsempfängern ein Angebot mit möglichst wenig Bedingungen unterbreitet wird. Über den Wortlaut von Art. 8 Abs. 1 Satz 2 UEV hinaus achtet die Übernahmekommission im Sinne einer Interessenabwägung stets auch darauf, dass weder der Zielgesellschaft noch den Angebotsempfängern aus der Gewährung einer Fristverlängerung Nachteile erwachsen (vgl. Verfügung 648/01 vom 4. Januar 2017 in Sachen Pax Anlage AG, Erw. 3).

1.2 Antragsbegründung

[3] Die Gesuchstellerin begründet ihren Antrag auf Fristverlängerung im Wesentlichen wie folgt:

- Das Übernahmeangebot werde darauf bedingt sein, dass alle auf die Übernahme anwendbaren Wartefristen abgelaufen oder beendet worden sind und alle zuständigen Wettbewerbsbehörden bzw. Aufsichtsbehörden die Übernahme von CEVA durch CMA CGM genehmigt oder eine Freistellungsbescheinigung erteilt haben (vgl. Sachverhalt Bst. D).
- CMA CGM sei deshalb dazu angehalten, in allen massgeblichen Jurisdiktionen entsprechende Genehmigungen oder Freistellungsbescheinigungen vor dem Vollzug des Übernahmeangebots einzuholen. Die meisten dieser Verfahren seien bereits per Ende November bzw. Anfang Dezember 2018 bei den relevanten Behörden eingeleitet worden. In Vorbereitung sei aktuell nur noch eine Eingabe mit Blick auf die sog. United States International Traffic in Arms Regulation. Währenddem die meisten Verfahren innerhalb zweier Monate von deren Lancierung erledigt sein dürften, sei insbesondere was die Verfahren in China und Mexiko anbelange mit einer längeren Frist zu rechnen. Die letzten Genehmigungen oder Freistellungen dürften demnach nicht vor Ende März bzw. Anfang April 2019 erteilt werden können.
- Unter Zugrundelegung des ordentlichen Zeitplans des Übernahmeangebots (d.h. ohne Berücksichtigung der beantragten 3-wöchigen Fristverlängerung) käme der Vollzug auf den 22. März 2019 zu liegen, zu welchem Zeitpunkt mindestens die Bewilligungen der chinesischen und mexikanischen Behörden noch nicht vorliegen würden, womit der Vollzug aufgeschoben werden müsste. Falls hingegen dem Fristverlängerungsgesuch stattgegeben werde, würde die Nachfrist erst am 29. März 2019 enden und das Angebot wäre bis spätestens am 12. April 2019 zu vollziehen. Entsprechend liesse sich mit einer Fristverlängerung das Risiko eines Vollzugsaufschubs vermeiden, was im Interesse der (andienenden) Aktionäre sei, die ihre CEVA-Aktien während des Aufschubs nicht veräussern könnten und auf ihr Geld warten müssten.
- Die Verlängerung der Frist zwischen Veröffentlichung der Voranmeldung und des Angebotsprospekts tätige hingegen keine negativen Auswirkungen auf die Aktionäre der Zielgesellschaft. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall: Unter anderem würde sich dadurch die Chance erhöhen, dass (wettbewerbs-)behördliche Genehmigungen oder Freistellungen noch während der Angebotsfrist oder zumindest der Nachfrist erteilt würden mit der Folge, dass Anleger früher erkennen könnten, ob das Übernahmeangebot bedingungslos werde. Schliesslich würde mit einer Fristverlängerung auch die Wahrscheinlichkeit für ein (höheres) Konkurrenzangebot steigen.

1.3 Interessenabwägung

[5] Vor dem Hintergrund der Ausführungen in Erwägung 1.1und 1.2 erscheint es im vorliegenden Fall in einer Gesamtbetrachtung gerechtfertigt, die 6-wöchige Frist zur Veröffentlichung des Angebotsprospekts gemäss Art. 8 Abs. 1 UEV um drei Wochen zu verlängern:

- Der in Art. 8 Abs. 1 UEV ausdrücklich genannte (sachliche) Grund für eine Verlängerung der 6-wöchigen Frist, nämlich das Einholen der Bewilligung einer Wettbewerbsbehörde, ist gegeben. Die Fristverlängerung erhöht damit in casu die Chance, dass die Genehmigungen bzw. Freistellungen bestimmter (Wettbewerbs-)Behörden zumindest vor Ablauf der Nachfrist vorliegen.
- Vor dem Hintergrund, dass sich die Zielgesellschaft mit der Fristverlängerung einverstanden erklärt hat (vgl. Sachverhalt Bst. F), scheint der Handlungsspielraum der Zielgesellschaft im Sinne von Art. 36 Abs. 2 UEV nicht (nachhaltig) eingeschränkt und es sind auch sonst keine Erschwernisse oder Komplikationen für die Zielgesellschaft erkennbar.
- Das vorliegende Verfahren verlängert sich mit der Fristverlängerung nur unwesentlich, womit für die Zielgesellschaft und deren Aktionäre kein unzumutbarer Unsicherheitszustand bewirkt werden dürfte. Auch bleiben die zeitlichen Abläufe des Übernahmeangebots trotz Verlängerung der Frist zur Publikation des Angebotsprospekts weiterhin berechenbar.
- Schliesslich sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass den Angebotsempfängern durch die Fristverlängerung wesentliche Nachteile erwachsen könnten.

1.4 Fazit

[6] Dem Antrag der Gesuchstellerin auf Verlängerung der Frist zur Veröffentlichung des Angebotsprospekts bis zum 28. Januar 2019 wird stattgegeben.

2.  Publikation

[7] CMA CGM wird verpflichtet, die Öffentlichkeit über die Verlängerung der Frist zur Veröffentlichung des Angebotsprospekts in geeigneter Weise zu informieren, indem sie eine entsprechende Mitteilung inklusive des Dispositivs der vorliegenden Verfügung der Übernahmekommission in analoger Anwendung der Art. 6 und 7 UEV veröffentlicht.

[8] Die vorliegende Verfügung wird nach deren Eröffnung gegenüber den Parteien auf der Webseite der Übernahmekommission publiziert.

 

3.  Gebühr

[9] In Anwendung von Art. 126 Abs. 5 FinfraG und Art. 118 FinfraV wird für die Behandlung des vorliegenden Fristverlängerungsgesuchs eine Gebühr von CHF 10‘000 zu Lasten der Gesuchstellerin erhoben.

[10] Gemäss Art. 118 Abs. 3 FinfraV kann die Übernahmekommission die Gebühr von CHF 10'000 von der Gebühr für die Prüfung des Übernahmeangebots von CMA CGM in Abzug bringen.


Die Übernahmekommission verfügt:

1. Die Frist zur Veröffentlichung des Angebotsprospekts zum öffentlichen Übernahmeangebot, das CMA CGM S.A. am 26. November 2018 vorangemeldet hat, wird bis zum 28. Januar 2019 verlängert.
2. CMA CGM S.A. wird verpflichtet, die Öffentlichkeit über die Verlängerung der Frist zur Veröffentlichung des Angebotsprospekts zu deren öffentlichem Übernahmeangebot in geeigneter Weise zu informieren, indem sie eine entsprechende Mitteilung inklusive des Dispositivs der vorliegenden Verfügung der Übernahmekommission in analoger Anwendung der Art. 6 und 7 UEV veröffentlicht.
3. Die vorliegende Verfügung wird nach deren Eröffnung gegenüber den Parteien auf der Webseite der Übernahmekommission publiziert.
4. Die Gebühr zu Lasten von CMA CGM S.A. beträgt CHF 10'000.

 

Der Präsident:

Thomas A. Müller

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

-   CMA CGM S.A., vertreten durch Hans-Jakob Diem und Simone Ehrsam, Lenz & Staehelin.

-   CEVA Logistics AG, vertreten durch Dr. Dieter Dubs, Bär & Karrer AG.

 

Mitteilung an:

Ernst & Young AG (Prüfstelle).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung des Dispositivs der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 4 UEV).