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Transaktionen

0611 - Sulzer AG

Verfügung 611/01 vom 12. August 2015

Öffentliches Kaufangebot von Tiwel Holding AG an die Aktionäre von Sulzer AG – Angebotsprospekt

Sachverhalt:

A.
Sulzer AG (Sulzer) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Winterthur/ZH. Sulzer ist auf Pumpen, Wartung und Dienstleistungen für rotierende Maschinen sowie Trenn-, Reaktions- und Misch-technologie spezialisiert. Das Aktienkapital beträgt CHF 342'623.70 und ist eingeteilt in 34'262'370 voll liberierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.01 (Sulzer-Aktien). Die Sulzer-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange AG (SIX) gemäss Main Standard kotiert (SIX: SUN). Es besteht weder ein genehmigtes noch ein bedingtes Kapital. Sulzer (inklusive Tochtergesellschaften) hält gemäss Geschäftsbericht 2014 254'940 eigene Sulzer-Aktien.

B.
Tiwel Holding AG (Tiwel oder Anbieterin) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Zürich. Tiwel wurde am 7. Juli 2015 gegründet, mit einem Aktienkapital von CHF 100'000, eingeteilt in 100'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 1.00. Mit Wirkung per 24. Juli 2015 wurde das Aktienkapital mittels Bareinlage um CHF 900'000 auf insgesamt CHF 1'000'000 erhöht. Tiwel ist eine 100 % Tochtergesellschaft der Berdwick Holdings Limited, Zypern. Diese ist ihrerseits eine 100 % Tochtergesellschaft der Jollinson Limited, Zypern, die wiederum eine 100 % Tochtergesellschaft der Renova Innovation Technologies Ltd., Bahamas, ist. Letztere ist eine 100 % Tochtergesellschaft der Renova Investment Group Ltd., Bahamas, welche ihrerseits eine 90 % Tochtergesellschaft der Renova Value Ltd., Bahamas, ist, die wiederum eine 100 % Tochtergesellschaft der Renova Holding Ltd., Bahamas (RHL), ist. RHL wird zu 100 % durch TZ Columbus Services Ltd, British Virgin Island, als Trustee des Columbus Trust beherrscht (einem Trust gemäss dem Recht der Cayman Islands). Dessen wirtschaftlich Berechtigter ist Viktor F. Vekselberg (zusammen mit den erwähnten Einheiten die Renova-Gruppe oder Renova-Gesellschaften).

C.
Am 30. Juni 2015 hielt Viktor F. Vekselberg indirekt insgesamt 33.19 % der Stimmrechte an Sulzer. Direkt wurde diese Beteiligung von den Gesellschaften Liwet Holding AG, Zürich (Liwet), Lamesa Holding S.A., Panama (Lamesa), und JSC Metkombank, Russland (Metkombank), gehalten. Viktor F. Vekselberg beherrscht Liwet, Lamesa und Metkombank über zahlreiche dazwischengeschaltete Einheiten (vgl. hierzu die Offenlegungsmeldung vom 6. August 2015; Liwet, Lamesa, Metkombank zusammen mit den Renova-Gesellschaften sowie allen dazwischengeschalteten Einheiten: die Vekselberg-Gruppe).

D.
Zwischen dem 29. Juli 2015 und dem 31. Juli 2015 erwarb Tiwel insgesamt 59'216 Sulzer-Aktien; dabei betrug der höchste bezahlte Kaufpreis für eine Sulzer-Aktie CHF 99.00. Unter Berücksichtigung dieser Käufe hält die Vekselberg-Gruppe nunmehr insgesamt 11'430'006 Sulzer-Aktien, entsprechend 33.36 % der Stimmrechte an Sulzer (vgl. die Offenlegungsmeldung vom 6. August 2014).

E.
Am 3. August 2015 publizierte die Anbieterin den Angebotsprospekt. Die Prüfstelle Deloitte AG (Deloitte) reichte den Prüfstellenbericht ein, datiert vom 1. August 2015. Tiwel bietet den Aktionären von Sulzer CHF 99.20 pro Sulzer-Aktie.

F.
Mit Eingabe vom 2. August 2015 bat die Anbieterin um die Beantwortung der Frage, ob allfällige kurz nach dem Vollzug des Angebots der Anbieterin erfolgende und individuelle Grenzwertüberschreitungen durch Tiwel oder ihre Schwestergesellschaft Liwet (erneut) eine Angebotspflicht auslöse. Tiwel und Liwet stellen in diesem Zusammenhang folgende Anträge:

 

  1. 1. Es sei festzustellen, dass Tiwel infolge der Zukäufe von Sulzer-Aktien von Liwet nach der Durchführung des öffentlichen Kaufangebots gestützt auf Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG i. V. m. Art. 39 Abs. 2 lit. b BEHV-FINMA nicht verpflichtet ist, aufgrund des individuellen Überschreitens des Schwellenwerts von 33 1/3 % der Stimmrechte an Sulzer ein (weiteres) öffentliches Kaufangebot für alle sich im Publikum befindlichen Namenaktien von Sulzer zu unterbreiten.
  2. 2. Es sei festzustellen, dass Liwet infolge einer Übertragung von Sulzer-Aktien von Tiwel auf Liwet nach der Durchführung des öffentlichen Kaufangebots gestützt auf Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG i. V. m. Art. 39 Abs. 2 lit. b BEHV-FINMA nicht verpflichtet ist, aufgrund des individuellen Überschreitens des Schwellenwerts von 33 1/3 % der Stimmrechte an Sulzer ein öffentliches Kaufangebot für alle sich im Publikum befindlichen Namenaktien von Sulzer zu unterbreiten.

 

Mit ergänzender Eingabe vom 6. August 2015 wurden diese Anträge weiter ausgeführt und insbesondere die verschiedenen Szenarien aufgezeigt, welche zum Überschreiten des Schwellenwertes durch Tiwel oder Liwet führen könnten.

Auf die Begründung dieser Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

G.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom 3. August 2015 setzte die Übernahmekommission der Zielgesellschaft Frist an, um zum Angebotsprospekt und zu den Anträgen der Anbieterin (Sachverhalt lit. F) Stellung zu nehmen.

H.
Am 7. August 2015 reichte die Zielgesellschaft ihre Stellungnahme ein. Bezüglich des Angebots von Tiwel wird auf den später zu publizierenden Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft verwiesen. In Bezug auf die Feststellungsanträge teilt die Zielgesellschaft die Auffassung, wonach die lediglich gruppeninternen Übertragungen zwischen Tiwel und Liwet im Nachgang zum vorliegenden öffentlichen Kaufangebot keine Angebotspflicht auslösen bzw. die Gewährung einer Ausnahme rechtfertigen.

I.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Susan Emmenegger, Thomas Müller und Susanne Haury von Siebenthal gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Anwendbarkeit der Bestimmungen über Pflichtangebote

[1] Nach Art. 32 Abs. 1 BEHG muss derjenige, welcher direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3 % der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet, für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft ein Angebot unterbreiten.

[2] Aufgrund des Erwerbs von insgesamt 59'216 Sulzer-Aktien durch Tiwel hält die Vekselberg-Gruppe insgesamt 11'430'006 Sulzer-Aktien, entsprechend 33.36 % der Stimmrechte an Sulzer (Sachverhalt lit. D). Sie überschreitet daher den Grenzwert gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG. Dadurch wird die Vekselberg-Gruppe angebotspflichtig und die Bestimmungen über Pflichtangebote sind anwendbar. Mit dem vorliegenden Angebot erfüllt Tiwel diese Angebotspflicht.

2.  Gegenstand des Angebots

[3] Das öffentliche Angebot bezieht sich auf alle sich im Publikum befindenden Sulzer-Aktien, abzüglich derjenigen Sulzer-Aktien, die von der Anbieterin und der ebenfalls zur Vekselberg-Gruppe gehörenden Liwet gehalten werden. Das Angebot bezieht sich nicht auf Sulzer-Aktien, welche von der Zielgesellschaft und den von ihr kontrollierten Tochtergesellschaften gehalten werden. Die Anbieterin erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 UEV.

3.  Handeln in gemeinsamer Absprache

[4] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handeln, gilt Art. 10 Abs. 1 und 2 BEHV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Sie haben die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist. Die Anbieterin hat nach Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen im Angebotsprospekt offen zu legen.

[5] Viktor F. Vekselberg sowie alle direkt oder indirekt von ihm kontrollierten Gesellschaften handeln in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin, also insbesondere alle Einheiten der Vekselberg-Gruppe. Der Angebotsprospekt enthält in Abschnitt B, Ziffer 2 sowie in den Anhängen 1 und 2 die diesbezüglichen Angaben.

[6] In Bezug auf die in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt den gesetzlichen Anforderungen (vgl. Angebotsprospekt B. Ziff. 2 in Verbindung mit den Anhängen 1 und 2). Zwar enthalten diese Anhänge nicht sämtliche der von Viktor F. Vekselberg kontrollierten Einheiten. Dies ist gemäss Praxis der Übernahmekommission jedoch zulässig, sofern der Prüfstelle eine vollständige Aufstellung sämtlicher Einheiten zur Verfügung steht (vgl. Empfehlung IV vom 8. Januar 2002 in Sachen Baumgartner Papiers SA, Erw. 2.2).

4.  Einhaltung der Bestimmungen über den Mindestpreis

4.1 Allgemein

[7] Gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG muss der Preis des Angebots mindestens dem Börsenkurs sowie dem höchsten Preis entsprechen, den der Anbieter und die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen in den zwölf letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt haben (Preis des vorausgegangenen Erwerbs). Gemäss Art. 40 Abs. 2 BEHV-FINMA entspricht der Börsenkurs dem volumengewichteten Durchschnittskurs der börslichen Abschlüsse der letzten 60 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung (Volume-Weighted Average Price, VWAP).

4.2 Börsenkurs

[8] Der VWAP der Sulzer-Aktien während der letzten 60 Börsentage vor der Publikation des Angebotsprospekts, also vor dem 3. August 2015, betrug CHF 99.16.

[9] Die Sulzer-Aktien sind liquid im Sinne des UEK-Rundschreiben Nr. 2: Liquidität im Sinn des Übernahmerechts vom 26. Februar 2010: Der monatliche Median des täglichen Handelsvolumens der börslichen Transaktionen war in mindestens zehn von zwölf der dem Angebot vorausgehenden Monate gleich oder grösser als 0.04 % des handelbaren Teils des Beteiligungspapiers (Free Float).

4.3 Preis des vorausgegangenen Erwerbs

[10] Während der letzten zwölf Monate vor der Publikation des Angebots, d.h. vom 1. August 2014 bis zum 1. August 2015, haben die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen insgesamt 59'216 Sulzer-Aktien erworben. Dabei betrug der höchste bezahlte Kaufpreis CHF 99.00.

4.4 Ergebnis

[11] Der Angebotspreis von CHF 99.20 entspricht, auf die nächsten 5 Rappen aufgerundet, dem VWAP von CHF 99.16 und liegt über dem im Rahmen des vorausgegangenen Erwerbs bezahlten Höchstpreis von CHF 99.00. Somit sind die Bestimmungen über den Mindestpreis gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG eingehalten. Die Prüfstelle hat dies in ihrem Bericht bestätigt.

5.  Best Price Rule

[12] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV muss ein Anbieter, der von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwirbt, diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anbieten (Best Price Rule). Die Best Price Rule ist auch auf den Erwerb von Finanzinstrumenten anwendbar (Art. 10 Abs. 2 UEV).

[13] Die Prüfstelle hat die Einhaltung der Best Price Rule zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV). 

6.  Bedingung

[14] Ein Pflichtangebot darf ausser aus wichtigen Gründen nicht an Bedingungen geknüpft werden (Art. 36 Abs. 1 BEHV-FINMA). Wichtige Gründe liegen gemäss Art. 36 Abs. 2 BEHV-FINMA insbesondere vor, wenn (a) für den Erwerb eine behördliche Bewilligung erforderlich ist, (b) die zu erwerbenden Beteiligungspapiere kein Stimmrecht verschaffen oder (c) der Anbieter will, dass die konkret bezeichnete wirtschaftliche Substanz der Zielgesellschaft nicht verändert wird. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, muss unter Abwägung der Interessen des Anbieters gegenüber den Interessen der Angebotsempfänger ermittelt werden.

[15] Der Angebotsprospekt enthält zwei Bedingungen:

6.1 Bedingung a): kein behördliches Verbot

[16] Das Angebot steht unter der Bedingung, dass kein Urteil, keine Verfügung und keine andere behördliche Anordnung von einem zuständigen Gericht oder einer Behörde erlassen wird, welche dieses Kaufangebot oder dessen Durchführung verhindert, verbietet oder für unzulässig erklärt. Diese Bedingung gilt bis zum Vollzug des Angebots.

[17] Gemäss Art. 36 Abs. 2 lit. a BEHV-FINMA ist eine solche Bedingung auch bei Pflichtangeboten zulässig (vgl. Verfügung 542/02 vom 2. September 2013 in Sachen Società Elettrica Sopracenerina SA, Erw. 6).

6.2 Bedingung b): wettbewerbsrechtliche Freistellungen

[18] Das Angebot steht zudem unter der Bedingung, dass die zuständigen Wettbewerbsbehörden alle erforderlichen Genehmigungen und/oder Freistellungsbescheinigungen erteilt haben bzw. alle diesbezüglichen Wartefristen abgelaufen sind oder beendet wurden.

[19] Die Erteilung der wettbewerbsrechtlichen Genehmigungen bzw. Freistellungen ist eine Voraussetzung dafür, dass ein Angebot vollzogen werden kann. Entsprechend ist es gemäss Art. 36 Abs. 2 lit. a BEHV-FINMA zulässig, ein Pflichtangebot vom Erhalt der erforderlichen Genehmigung bzw. Freistellungen abhängig zu machen, da ansonsten der Anbieterin eine Verletzung der kartellrechtlichen Bestimmungen zugemutet würde.

7.  Verwaltungsratsbericht von Sulzer

[20] Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Der Verwaltungsratsbericht der Zielgesellschaft hat nach Art. 30 Abs. 1 UEV sämtliche Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Angebotsempfänger ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können.

[21] Der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft ist gemäss Art. 33 Abs. 2 UEV spätestens am 15. Börsentag nach der elektronischen Veröffentlichung des Angebotsprospektes zu veröffentlichen. 

8.  Überschreitung der angebotspflichtigen Schwelle durch Tiwel oder Liwet nach Vollzug des Angebots (Anträge 1 und 2)

[22] Die Anbieterin beantragt die Feststellung, dass eine allfällige Überschreitung des Schwellenwerts von 33 1/3 % durch Tiwel oder Liwet nach der Durchführung des öffentlichen Kaufangebots keine Angebotspflicht auslöst, und damit verbunden, die Gewährung einer Ausnahme (vgl. Sachverhalt lit. F).

[23] Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss ein öffentliches Übernahmeangebot unterbreiten, wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3 % der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet. Gemäss Abs. 2 dieser Norm kann die Übernahmekommission in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Angebotspflicht gewähren. Nach Abs. 2 lit. a ist dies namentlich der Fall bei der Übertragung von Stimmrechten innerhalb einer vertraglich oder auf andere Weise organisierten Gruppe, sofern dies  für die Minderheitsaktionäre keinen Kontrollwechsel bewirkt (vgl. zuletzt Verfügung 579/01 vom 24. September 2014 in Sachen Feintool International Holding AG, Erw. 3). Art. 39 Abs. 2 lit. b BEHV-FINMA präzisiert sodann, dass die Überschreitung des Grenzwerts durch ein einzelnes Gruppenmitglied zu den berechtigen Ausnahmen im Sinne von Art. 32 Abs. 2 BEHG gehört.

[24] Die Anbieterin umschreibt mehrere Szenarien, die dazu führen können, dass Tiwel oder Liwet nach Vollzug des Angebots die angebotspflichtige Schwelle von 33 1/3 % gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG individuell überschreiten. Ausgelöst würde eine solche Überschreitung durch die Übertragung von Sulzer-Aktien zwischen Tiwel und Liwet. Ob und in welchem Umfang diese Übertragung stattfindet, hängt – vereinfacht dargestellt – insbesondere von der Andienungsquote ab und den Bedingungen der kreditgebenden Bank, die Teile der Angebotsfinanzierung sicherstellt und ev. zusätzliche Sicherheiten namentlich in Form von Sulzer-Aktien verlangt. In einem dieser Szenarien wird mit der Übertragung lediglich eine Vereinfachung des Haltens bzw. eine Zusammenlegung der Beteiligung an Sulzer innerhalb der Vekselberg-Gruppe angestrebt. In keinem dieser Szenarien würde sich infolge der individuellen Grenzwertüberschreitung von Tiwel oder Liwet an der Kontrolle über Sulzer etwas ändern; diese verbleibt in jedem Fall bei Viktor A. Vekselberg.

[25] Vorliegend ist offen, ob und welches Szenario sich realisieren wird, also ob und welche Gesellschaft (Tiwel oder Liwet) eine Ausnahme in Anspruch nehmen muss, und welcher Sachverhalt die Grenzwertüberschreitung verursachen wird, da letzteres wie erwähnt insbesondere von der Andienungsquote, aber u.U. auch vom Verhalten der kreditgebenden Bank abhängt.

[26] Vor diesem Hintergrund ist der Sachverhalt mit zu vielen Unbekannten behaftet und zurzeit noch nicht entscheidungsreif. Die Übernahmekommission kann daher zum heutigen Zeitpunkt noch keine Ausnahme von der Angebotspflicht gewähren. Vielmehr hat die Anbieterin die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt - wenn feststeht, welches Szenario sich verwirklicht - ein erneutes Gesuch zu stellen.

[27] Nach dem Gesagten ist auf die Anträge 1 und 2 mangels aktuellem Feststellungsinteresse nicht einzutreten.

9.  Publikation

[28] Die vorliegende Verfügung wird nach Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 33a BEHG in Verbindung mit Art. 65 Abs. 1 UEV).

10.          Gebühr

[29] Gemäss Art. 69 Abs. 2 UEV wird die Gebühr im Verhältnis zum Wert der Transaktion berechnet. Dies bedeutet, dass hierfür sämtliche vom Angebot erfassten Titel (Beteiligungspapiere und/oder Finanzinstrumente) sowie jene Titel einbezogen werden, welche in den zwölf Monaten vor der Veröffentlichung des Angebots erworben wurden (vgl. Erläuterungsbericht der Übernahmekommission zur Revision der Verordnung über öffentliche Kaufangebote vom 10. April 2013, Rz 61 ff.). In besonderen Fällen kann die Gebühr, je nach Umfang und Schwierigkeit der Transaktion, um bis zu 50 Prozent vermindert oder erhöht werden (Art. 69 Abs. 3 UEV).

[30] Das Angebot umfasst 23'138'424 Sulzer-Aktien zu einem Preis von CHF 99.20. Zudem haben die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen in den 12 Monaten vor der Publikation des Angebotsprospekts insgesamt insgesamt 59'216 Sulzer-Aktien erworben zu einem volumengewichteten Durchschnittspreis von (gerundet) CHF 98.15. Der Wert der gesamten Transaktion liegt somit bei CHF 2'301'143'711. Daraus ergäbe sich die Maximalgebühr von CHF 250'000 zulasten der Anbieterin (Art. 69 Abs. 2 und 3 UEV). Allerdings weist das vorliegende Angebot trotz des erheblichen Transaktionsvolumens eine vergleichsweise einfache Transaktionsstruktur auf. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt es sich, die Gebühr auf CHF 150'000 zu vermindern.

 

Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Das öffentliche Kaufangebot von Tiwel Holding AG an die Aktionäre von Sulzer AG entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote.
  2. Auf die übrigen Anträge wird nicht eingetreten.
  3. Diese Verfügung wird nach Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  4. Die Gebühr zu Lasten von Tiwel Holding AG beträgt CHF 150'000.

 

Die Vizepräsidentin:

Prof. Susan Emmenegger

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

-   Tiwel Holding AG, vertreten durch Dr. Dieter Dubs und Christian Moser, Bär & Karrer AG;

-   Sulzer AG, vertreten durch Dr. Claude Lambert und Dr. Andreas Müller, Homburger AG.

 

Mitteilung an:

Deloitte AG (Prüfstelle)

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):

Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, Einsteinstrasse 2, CH-3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.