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Transaktionen

0033 - Banca del Gottardo

Empfehlung Banca del Gottardo vom 26. April 1999

Öffentliches Kaufangebot der Schweizerischen Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, Zürich, für alle sich im Publikum befindenden Aktien der Banca del Gottardo, Lugano

A.
Banca del Gottardo ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Lugano. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 170'000'000.-- und ist in 1'700'000 Inhaberaktien von je CHF 100.-- Nennwert eingeteilt.

B.
Am 22. Februar 1999 hat die Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, Zürich, (Rentenanstalt) in den elektronischen Medien angekündigt, dass sie sich verpflichtet habe, 909‘901 Inhaberaktien, die 53.5% des Kapitals und der Stimmen der Banca del Gottardo entsprechen, von der Sumitomo Bank, Limited, Osaka, zu einem Preis von CHF 1‘501.40 pro Aktie zu erwerben. In der Mitteilung wurde präzisiert, dass die Rentenanstalt den Minderheitsaktionären ein öffentliches Kaufangebot zu einem Preis von CHF 1‘404.-- pro Aktie (abzüglich der für das Jahr 1998 geschuldeten Dividende) unterbreiten würde. Diese Mitteilung wurde am 23. Februar 1999 mittels Zeitungsinserat bestätigt.

C.
Am 22. März 1999 beantragte die Rentenanstalt der Übernahmekommission, die Frist von sechs Wochen, innert welcher gemäss Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK der Anbieter einen Angebotsprospekt veröffentlichen muss, zu verlängern. Mit Empfehlung vom 6. April 1999 gewährte die Übernahmekommission eine Verlängerung dieser Frist bis am 28. April 1999.

D.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor deren Veröffentlichung vorgelegt.

F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Herrn Alfred Spörri gebildet.


Erwägungen:

1. Voranmeldung

Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann der Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospektes voranmelden. Die juristischen Wirkungen einer solchen Voranmeldung ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Im Falle eines Pflichtangebotes erlaubt eine Voranmeldung dem Anbieter namentlich, den Börsenkurs, der für die Berechnung des Mindestpreises ausschlaggebend ist, festzusetzen (Art. 9 Abs. 3 lit. a UEV-UEK und Art. 32 Abs. 4 BEHG).

Gemäss Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK muss die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden, indem sie in mindestens zwei Zeitungen auf deutsch und französisch veröffentlicht wird. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung muss sie mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien zugestellt werden, die Börseninformationen verbreiten.

Art. 8 UEV-UEK äussert sich nicht darüber, wie die Veröffentlichungen in der Presse und in den elektronischen Medien koordiniert werden müssen. Die Übernahmekommission wendet in diesem Fall den Art. 19 Abs. 2 BEHV-EBK sinngemäss an. Die Voranmeldung entfaltet somit die in Art. 9 UEV-UEK vorgesehenen Wirkungen vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung in den elektronischen Medien an. Voraussetzung ist allerdings, dass die Veröffentlichung in der Presse innerhalb einer angemessenen Frist folgt. Diese Bedingung ist im vorliegenden Fall erfüllt, da die Voranmeldung in der Presse am ersten Börsentag nach deren Publikation in den elektronischen Medien veröffentlicht wurde. Die Voranmeldung der Rentenanstalt hat also ihre Wirkungen am 22. Februar 1999 entfaltet.

2. Best Price Rule

2.1. Nach Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebotes keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anzubieten (sogenannte "Best Price Rule"). Obwohl Art. 9 Abs. 3 UEV-UEK dies nicht ausdrücklich vorschreibt, kommt diese Regel schon nach der Veröffentlichung einer Voranmeldung im Sinne von Art. 7 ff. UEV-UEK zur Anwendung und nicht erst nach der Veröffentlichung des Angebotsprospektes. Die gegenteilige Lösung würde insbesondere im Falle eines Pflichtangebotes zu unbefriedigenden Resultaten führen. Da der Mindestpreis des Angebotes bereits im Zeitpunkt der Voranmeldung berechnet würde (Art. 9 Abs. 3 lit. a. UEV-UEK), würde dem Anbieter erlaubt, zwischen der Voranmeldung und der Publikation des Angebotsprospektes Beteiligungspapiere ohne Preislimite zu kaufen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz von Art. 24 Abs. 2 BEHG wäre also verletzt.

2.2. Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK äussert sich nicht darüber, bis zu welchem Zeitpunkt die Best Price Rule eingehalten werden muss. Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel während der ganzen Dauer des Angebotes und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist. Die Prüfstelle muss bestätigen, dass sie eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).

3. Anwendung der Regeln auf das Pflichtangebot

Da die Rentenanstalt den Grenzwert von 33 1/3 der Stimmrechte der Banca del Gottardo mit dem Erwerb der Mehrheitsbeteiligung der Sumitomo Bank überschritten hat, ist ihr Angebot den Regeln des Pflichtangebotes unterstellt (Art. 32 BEHG). Diese Regeln sind im vorliegenden Fall berücksichtigt:

  • Das Angebot ist an keine Bedingungen geknüpft (vgl. Art. 32 Abs. 2 BEHV-EBK).

  • Es bezieht sich auf alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft. Die Art. 10 Abs. 3 UEV-UEK und 29 Abs. 2 BEHV-EBK verlangen grundsätzlich nicht, dass sich das Angebot auf die durch die Zielgesellschaft ausgegebenen und kotierten Wandel- oder Erwerbsrechte erstreckt. Damit ist die vom Anbieter vorgesehene Einschränkung des Angebotes bezüglich der Aktien der Zielgesellschaft – unter Ausschluss der von der Banca del Gottardo ausgegebenen Wandel- oder Erwerbsrechte – gerechtfertigt. Im vorliegenden Fall können diese Rechte während der Angebotsfrist ausgeübt werden. Damit erübrigt sich zu prüfen, welche Lösung angenommen werden müsste, falls die Zielgesellschaft Derivate Europäischen Stils auf ihren eigenen Aktien emittiert hätte, die erst nach Vollzug des Angebotes ausgeübt werden könnten.

  • Die Regeln über den Mindestpreis sind eingehalten: Gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG und Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK, muss der Preis eines obligatorischen Angebotes mindestens dem Durchschnitt der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebotes an einer Schweizer Börse ermittelten Eröffnungskurse entsprechen. Zudem darf dieser höchstens 25% unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter in den 12 letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat. Wird das Angebot vorangemeldet, ist der Zeitpunkt der Voranmeldung für die Berechnung des Mindestpreises entscheidend (Art. 9 Abs. 3 lit. a UEV-UEK). Da im vorliegenden Fall die für das Jahr 1998 geschuldete Dividende von CHF 30.-- nach Veröffentlichung der Voranmeldung bezahlt wurde, muss dieser Betrag für die Berechnung des Mindestpreises zu dem Angebotspreis von CHF 1’374.-- hinzugerechnet werden. Der daraus resultierende Betrag von CHF 1’404.-- pro Aktie liegt damit 6.3% über dem Durchschnitt der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung der Voranmeldung ermittelten Eröffnungskurse (vom 11. Januar bis zum 19. Februar), welcher CHF 1’320.40 beträgt. Zudem liegt der Angebotspreis 6.5% unter dem höchsten Preis von CHF 1’501.40, den die Rentenanstalt für die Aktien der Banca del Gottardo während den 12 Monaten vor der Voranmeldung bezahlt hat. Die durch Art. 32 Abs. 4 BEHG festgesetzte Limite von 25% ist damit nicht überschritten.

In Übereinstimmung mit Art. 25 BEHG und Art. 26 UEV-UEK stellt der Bericht der Prüfstelle fest, dass das Angebot der Rentenanstalt den Regeln über das Pflichtangebot entspricht.

4. Karenzfrist

Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt dem Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit die Übernahmekommission den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).
Da der Anbieter gemäss dieser Bestimmung gehandelt hat, wird er von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit.

5. Gebühr

Der Betrag des Angebotes entspricht CHF 867’748’326.--. Gemäss Art. 62 Abs. 2 UEV-UEK beträgt die der Übernahmekommission geschuldete Gebühr grundsätzlich CHF 196’775.--. Da jedoch die Struktur der Transaktion relativ einfach war und bei der Prüfung der Angelegenheit durch den Ausschuss keine besonderen Schwierigkeiten aufgetaucht sind, wird dieser Betrag im vorliegenden Fall in Anwendung von Art. 62 Abs. 3 UEV-UEK um einen Drittel reduziert. Die Gebühr wird folglich auf CHF 131’000.-- festgesetzt.

Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Das öffentliche Kaufangebot der Schweizerischen Lebensversicherungs– und Rentenanstalt entspricht dem Börsengesetz.

  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgende Ausnahme von der Übernahmeverordnung (Art. 4): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 1).

  3. Die Gebühr beträgt CHF 131’000.--.

 

Der Präsident

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

Mitteilung an:

  • den Vertreter der Schweizerischen Lebensversicherungs– und Rentenanstalt, für den Anbieter und  für die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen,
  • den Vertreter der Banca del Gottardo,
  • die EBK.