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0056 - Flughafen-Immobilien-Gesellschaft
Empfehlung Flughafen-Immobilien-Gesellschaft vom 7. April 2000
Zusammenschluss von Flughafen-Direktion Zürich und Flughafen-Immobilien-Gesellschaft
A.
Die Flughafen-Immobilien-Gesellschaft (FIG) ist eine gemischtwirtschaftliche Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Ihr ausgewiesenes Kapital beträgt CHF 70'000'000.--, eingeteilt in 140'000 Namenaktien von je CHF 500.-- Nennwert. Die Aktien sind an der Schweizer Börse kotiert. Gemäss eigenen Angaben der FIG befinden sich seit ihrer Gründung 50% der Aktien im Besitz der öffentlichen Hand (23.2% Kanton Zürich, 18% Stadt Zürich, 4.3% Zürcher Kantonalbank, 3.6% Stadt Winterthur, 0.9% Stadt Kloten). ; Die anderen 50% verteilen sich auf über 1'000 private Aktionäre, von denen nur einer mehr als 5% hält (7.2% Credit Suisse).
B.
Die Flughafendirektion Zürich (FDZ) ist eine unselbständige öffentlich-rechtliche Anstalt.
C.
Am 14. Dezember 1999 haben die FIG und der Kanton Zürich einen Zusammenschlussvertrag abgeschlossen. Gemäss diesem Vertrag wird die FIG ihr Aktienkapital von gegenwärtig CHF 70'000'000.-- um CHF 175'615'000.-- auf CHF 245'615'000.-- durch Emission von 351'230 neuen Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts erhöhen. Der Kanton Zürich wird den gesamten Erhöhungsbetrag zeichnen und die neu geschaffenen Aktien mittels Einbringung der FDZ liberieren. Dadurch wird die Beteiligung des Kantons Zürich von 23.2% auf 78.1% der Stimmrechte steigen. Der Abbau dieser Beteiligung auf unter 50% wird gemäss Zusammenschlussvertrag vom 14. Dezember 1999 und im Einklang mit § 23 des Flughafengesetzes innerhalb von sechs Monaten nach Übergang der Betriebskonzession auf die Gesellschaft erfolgen.
D.
Mit Gesuch vom 11. Februar 2000 hat die FIG die Erteilung einer bindenden Auskunft durch die Übernahmekommission beantragt, ob die Einbringung der FDZ auf dem Weg einer Sacheinlagekapitalerhöhung (Quasifusion) eine Angebotspflicht auslöse.
E.
Mit Empfehlung vom 23. Februar 2000 hat die Übernahmekommission festgestellt, dass Art. 32 Abs. 1 BEHG auf den Zusammenschluss der FDZ mit der FIG zur Anwendung kommt. Bei Vollzug dieses Zusammenschlusses hätte der Kanton Zürich deshalb grundsätzlich innert zwei Monaten ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der FIG zu unterbreiten (Art. 32 Abs. 1 BEHG i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BEHV-EBK).
F.
Am 3. März 2000 erklärte die FIG mit schriftlicher Eingabe an die Übernahmekommission die Ablehnung der Empfehlung vom 23. Februar 2000.
G.
Am 29. März 2000 hat die EBK der FIG und der Übernahmekommission angekündigt, die Erwägungen der Übernahmekommission in deren Empfehlung vom 23. Februar 2000 zu bestätigen und die FIG sowie den Kanton Zürich aufzufordern, gemäss Art. 35 BEHV-EBK bei der Übernahmekommission ein Gesuch um Ausnahme von der Angebotspflicht zu stellen.
H.
Am 30. März 2000 hat die Generalversammlung der FIG der geplanten Kapitalerhöhung, bei der die neuen Aktien dem Kanton unter Ausschluss des Bezugsrechts der übrigen Aktionäre als Gegenleistung für die Einbringung der Aktiven und Passiven der FDZ unter Ausschluss des Bezugsrechts der übrigen Aktionäre zugewiesen werden, ohne Gegenstimmen und Enthaltungen zugestimmt. Sobald die Kapitalerhöhung im Handelsregister eingetragen wird, erhöht sich die Beteiligung des Kantons an der FIG Gesellschaft von 23,2 % auf 78,1%. Artikel 4 der am 30. März von der Generalversammlung beschlossenen Statuten enthält eine Opting-up-Klausel, welche den eine Angebotspflicht gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG auslösenden Schwellenwert auf 49% der Stimmrechte erhöht.
I.
Am 3. April 2000 haben FIG und FDZ bei der Übernahmekommission eine Gesuch an die Übernahmekommission um Befreiung von der Angebotspflicht eingereicht. Das Ausnahmegesuch wird im Wesentlichen damit begründet, dass im Rahmen des geplanten Vorgehens r vorübergehenden die Erhöhung des Anteils der FDZ am Aktienkapital der FIG auf 78.1 % infolge des Zusammenschlusses der FIG mit der Flughafendirektion Zürich lediglich vorübergehender Natur sei und dieser Anteil bis spätestens 30. Juni 2002 auf unter 49 % gesenkt werde.
J.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit ist ein Ausschuss, bestehend aus den Herren Hans Caspar von der Crone (Präsident) und Thierry de Marignac sowie Frau Maja Bauer-Balmelli, gebildet worden.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 32 Abs. 2 lit. c BEHG ist eine Ausnahme von der Angebotspflicht möglich bei nur vorübergehender Überschreitung des Grenzwertes. Nach dem an der Generalversammlung der FIG vom 30. März 2000 beschlossen Vorgehen wird der Kanton Zürich in einem ersten Schritt seine Beteiligung an der FIG von 23,2 % auf 78,1% erhöhen. Diese Beteiligung soll während rund 7 Monaten gehalten und danach gesenkt werden, aber während weiteren mindestens 8 Monaten (mindestens bis zur Erteilung der neuen Betriebskonzession per 1. Juni 2001) immer noch knapp über 50% betragen. Ab 1. Juni 2001 soll der Anteil des Kantons von über 50% auf höchstens 49% reduziert werden. Diese Reduktion muss bis 1. Juni 2002 erfolgen.
2. Der Ausnahmetatbestand gemäss Art. 32 Abs. 2 lit. c BEHG ist insbesondere auf den Fall der Festübernahme im Rahmen einer Kapitalerhöhung zugeschnitten, bei der meist ein kurzfristiger treuhänderischer Erwerb durch ein Konsortium erfolgt, mit dem im Voraus festgelegten Zweck der kurz darauf folgenden Wiederveräusserung. Art. 33 Abs. 1 lit. b BEHV-EBK konkretisiert den Begriff „vorübergehend" für diesen Fall als Zeitraum von höchsten drei Monaten.
3. Demgegenüber ist im vorliegenden Fall eine Ausnahme für einen Zeitraum von rund 1 ½ Jahren notwendig. Im Rahmen der Auslegung des grundsätzlich unbestimmten Begriffs „vorübergehend" ist nun den besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Privatisierungsprojekts und insbesondere den Regelungen des Flughafensgesetzes Rechnung zu tragen. Aus konzessionsrechtlichen Gründen ist es erforderlich, dass der Kanton Zürich als Konzessionär der bisherigen Konzuession bis zu deren Auslaufen am 31. Mai 2001 mehr als 50% des stimmberechtigten Kapital der FZA (vormalig FIG) hält (§ 23 Flughafengesetz). Danach ist der Kanton gemäss Flughafengesetz berechtigticht, seinen Anteil am Aktienkapital der FZA auf 33 1/3 % plus eine Stimme zu reduzieren. Nach Art. 4 der Statuten der neuen FZA besteht dannzumal eine Opting-up-Klausel bis zum Grenzwert von 49% der Stimmen.
4. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen ist im vorliegenden Fall der Privatisierung mit einer weiten Auslegung des Begriffs „vorübergehend" gewissen für das BEHG atypischen Komponenten verwaltungsrechlicher Art Rechnung zu tragen ist. Eine solche fallbezogene Auslegung lässt das Merkmal der nur vorübergehenden Grenzwertüberschreitung im Sinne von Art. 32 Abs. 2 lit. c BEHG noch als gegeben erscheinen, womit eine Ausnahme von der Angebotspflicht möglich ist. Eine solche Ausnahme ist mit der auflösenden Bedingung zu verbinden, dass die Beteiligung des Kantons bis spätestens 30. Juni 2002 unter den Grenzwert von 49 % abzubauen ist. Wird diese Bedingung nicht erfüllt, sind FIG und ihr Hauptaktionär verpflichtet, bis spätestens 30. Juni 2002 eine Opting-out-Klausel mittels Generalversammlungsbeschluss in die Statuten aufzunehmen.
5. In Übereinstimmung mit Art. 35 Abs. 2 BEHV-EBK wird diese Empfehlung auch der Eidgenössischen Bankenkommission mitgeteilt. Die Empfehlung soll zudem auf der Webseite der Übernahmekommission sowie im SHAB veröffentlicht werden.
6. In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Prüfung des Auskunftsgesuches eine Gebühr erhoben. Die Gebühr wird vorliegend auf CHF 10'000.-- festgelegt.
Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:
-
Gemäss Art. 32 Abs. 2 lit. c BEHG wird der Kanton Zürich von der Angebotspflicht bis spätestens 30. Juni 2002 befreit. Diese Befreiung gilt nur unter der auflösenden Bedingung, dass die Beteiligung des Kantons bis spätestens 30. Juni 2002 unter den Grenzwert von 49 % abzubauen ist.
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Diese Empfehlung wird am 10. April 2000 auf der Webseite der Übernahmekommission und anschliessend im SHAB veröffentlicht.
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Die Gebühr beträgt CHF 10'000.--.
Der Präsident
Hans Caspar von der Crone
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
- die Parteien, durch ihren Vertreter,
- die EBK.