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0068 - Netstal-Maschinen AG
Empfehlung Netstal-Maschinen AG vom 14. Juli 2000
Ausnahme von der Pflicht der Atecs Mannesmann Aktiengesellschaft (vormals E&A Engineering & Automotive AG), Düsseldorf, zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes an die Aktionäre der Netstal-Maschinen AG, Näfels
A.
Die Netstal-Maschinen AG (Netstal) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Näfels. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 29'041'500.--, eingeteilt in 290'200 Inhaberaktien von je CHF 100.-- Nennwert und 4'300 Inhaberaktien von je CHF 5.-- Nennwert. Beide Aktienkategorien sind an der Schweizer Börse kotiert.
B.
Bis am 5. Juni 2000 besass die Mannesmann Investment GmbH (Mannesmann Investment), Düsseldorf, 260'730 Inhaberaktien der Netstal von je CHF 100.-- Nennwert, was 89.8 % des Aktienkapitals und 88.5 % der Stimmrechte entspricht. Die Mannesmann Investment ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Mannesmann Aktiengesellschaft (Mannesmann), Düsseldorf, der Holdinggesellschaft des Mannesmann-Konzerns.
C.
Im Herbst 1999 hatte Mannesmann der Übernahmekommission mitgeteilt, dass sie beabsichtige, ihre Bereiche Engineering und Automotive zu verselbständigen. Als vorbereitende Massnahme solle im Frühjahr 2000 die Beteiligung der Mannesmann Investment an der Netstal in die E&A Engineering & Automotive AG (E&A), Düsseldorf, ebenfalls eine hundertprozentige Tochter der Mannesmann, übertragen werden. Die E&A hatte damals die Übernahmekommission ersucht, ihr für den Fall der vorgesehenen Übertragung eine Ausnahme von der Angebotspflicht in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG zu gewähren. Mit Empfehlung vom 1. Dezember 1999 hatte die Übernahmekommission diese Ausnahme für den Fall eines Erwerbs der Netstal-Beteiligung durch die E&A bis spätestens 31. Mai 2000 gewährt.
D.
Am 9. Juni 2000 verkündete die E&A, deren Firma inzwischen in Atecs Mannesmann Aktiengesellschaft (Atecs) geändert worden war, sie habe die Netstal-Beteiligung von der Mannesmann Investment plangemäss erworben. Die Netstal-Aktien wurden mit Urkunde vom 17. Mai 2000 auf dem Wege einer Sachkapitalerhöhung in die Atecs eingebracht. Die Übertragung der Netstal-Beteiligung auf die Atecs war dabei an zwei aufschiebende Bedingungen – Zustimmung der Hauptversammlung der Mannesmann und kein Rücktritt der Mannesmann Investment vom Vertrag – geknüpft. Die Hauptversammlung der Mannesmann stimmte dem geplanten Rechtsgeschäft am 5. Juni 2000 zu. Am selben Tag verzichtete auch die Mannesmann Investment auf ihr Rücktrittsrecht.
Die Atecs beantragt der Übernahmekommission festzustellen, dass die Beteiligung an der Netstal innerhalb der in der Empfehlung vom 1. Dezember 1999 gesetzten Frist, nämlich bis am 31. Mai 2000, übertragen worden sei. Eventuell ersucht sie um Gewährung einer neuen Ausnahme von der Angebotspflicht.
E.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 16. Mai 2000 wurde der Verwaltungsrat der Netstal aufgefordert, im Namen aller Aktionäre zum erwähnten Gesuch Stellung zu nehmen. Innert erstreckter Frist teilte dieser der Übernahmekommission in einer begründeten Stellungnahme mit, dass er das Ausnahmegesuch der Atecs unterstütze.
F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss, bestehend aus Herrn Ulrich Oppikofer (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Herrn Peter Hügle, gebildet.
Erwägungen:
1. Der Behauptung der Atecs, sie habe die Beteiligung der Mannesmann Investment an der Netstal vor dem 31. Mai 2000 und somit innerhalb der mit der Empfehlung vom 1. Dezember 1999 gesetzten Frist erworben, kann nicht gefolgt werden. Für die Berechnung der relevanten Beteiligung, welche die Angebotspflicht auslöst, ist der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs entscheidend (Art. 28 Abs. 2 BEHV-EBK; Erläuterungen der EBK zum Entwurf zur BEHV-EBK vom 3. März 1996, S. 6). Massgebend ist folglich der Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts und nicht des Verpflichtungsgeschäfts. Es gibt keinen Grund, von diesem Grundsatz abzuweichen, wenn es darum geht, die Einhaltung der gewährten Frist für die Ausnahme von der Angebotspflicht zu prüfen.
Im vorliegenden Fall wurde die Einbringung der Netstal-Aktien von der Mannesmann Investment in die Atecs mit dem Eintritt der Suspensivbedingungen erst am 5. Juni 2000 vollzogen. Dies geschah nach Ablauf der in der Empfehlung vom 1. Dezember 1999 gesetzten Frist, welche am 31. Mai 2000 abgelaufen ist. Die in dieser Empfehlung gewährte Ausnahme von der Angebotspflicht war damit im Zeitpunkt des Verfügungsgeschäfts nicht mehr gültig. Mit dem Vollzug der Kapitalerhöhung wurde folglich eine Angebotspflicht nach Art. 32 Abs. 1 BEHG seitens der Atecs ausgelöst. Diese kann nur mit der Gewährung einer erneuten Ausnahme aufgehoben werden.
2. Eventualiter ersuchte die Atecs um die Gewährung einer neuen Ausnahme von der Pflicht, den Aktionären der Netstal ein Angebot zu unterbreiten.
Diesem Antrag ist zu folgen. Bei der Übertragung von Stimmrechten zwischen zwei hundertprozentigen Tochtergesellschaften einer Holdinggesellschaft kann nach ständiger Praxis der Übernahmekommission gestützt auf Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG von der Angebotspflicht eine Ausnahme gewährt werden. Diese Ausgangslage liegt hier vor. Der mit dem Aktienkauf von 14. April 2000 vereinbarte Verkauf einer beherrschenden Beteiligung an der Atecs an die Robert Bosch GmbH, (Bosch), Stuttgart, und an die Siemens Aktiengesellschaft, (Siemens), Berlin/München, wurde noch nicht vollgezogen. Folglich werden sowohl Mannesmann Investment als auch Atecs noch immer von Mannesmann beherrscht. Die ersuchte Ausnahme kann demzufolge erteilt werden.
3. Gemäss Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK wird die Befreiung von der Angebotspflicht am 25. Juli 2000 im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) publiziert. Nach Praxis der Übernahmekommission muss diese Publikation grundsätzlich von einer Stellungnahme des Verwaltungsrates der Netstal begleitet werden (siehe Empfehlung i.S. Banque cantonale de Genève vom 29. Mai 2000, E. 3). Eine solche Auflage wäre im vorliegenden Fall unverhältnismässig. Wie in E. 2 oben erwähnt, wurde mit Vertrag vom 14. April 2000 eine beherrschende Beteiligung an der Atecs – und damit indirekt auch an der Netstal – an Bosch und Siemens verkauft. Dieser Erwerb führt zur Erteilung einer weiteren Ausnahme von der Angebotspflicht zu Gunsten von Bosch und Siemens (siehe die Empfehlung i.S. Bosch/Siemens/Netstal vom 14. Juli 2000). Unter diesen Umständen erübrigt sich eine zusätzliche Stellungnahme des Verwaltungsrates der Netstal zur Befreiung der Atecs von der Angebotspflicht.
4. Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am 18. Juli 2000 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
5. In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Gewährung der vorliegenden Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 10'000.-- fest.
Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:
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Die Atecs Mannesmann Aktiengesellschaft wird von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes an die Aktionäre der Netstal-Maschinen AG befreit.
- Diese Empfehlung wird am 18. Juli 2000 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
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Die Gebühr beträgt CHF 10'000.--.
Der Präsident des Ausschusses:
Ulrich Oppikofer
Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.
Mitteilung an:
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Atecs Mannesmann Aktiengesellschaft und Netstal-Maschinen AG, durch ihren Vertreter,
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die EBK.