Transaktionen
0469 - Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG
Verfügung vom 15. Februar 2011
Öffentliches Umtauschangebot der Swiss Re AG an die Aktionäre der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG - Feststellungsgesuch betreffend Holding-Angebot
Sachverhalt:
A.
Die Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft (SRZ oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital beträgt CHF 36'993'503.10, eingeteilt in 369'935'031 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.10 (SRZ-Aktien). Die SRZ-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) gemäss Main-Standard kotiert (SIX: RUKN).
B.
Swiss Re AG (Swiss Re oder Anbieterin) ist eine neu gegründete 100 % Tochtergesellschaft von SRZ mit Sitz in Zürich (Eintragung im Handelsregister des Kantons Zürich per 7. Februar 2011). Swiss Re verfügt zurzeit über ein Aktienkapital von CHF 100‘000, eingeteilt in 1‘000‘000 voll liberierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.10 (Swiss Re-Aktien). Die Gründung erfolgte durch Liberierung des Nennwertes durch Einlage von 1‘000‘000 eigenen Aktien von SRZ (Vorratsaktien), die zum Nennwert eingebracht wurden. Swiss Re wird bei der SIX die Kotierung der Swiss Re-Aktien beantragen.
C.
SRZ beabsichtigt eine Umstrukturierung durch die Einführung einer Holdingstruktur. Zu diesem Zweck wird die Tochtergesellschaft Swiss Re ein Umtauschangebot lancieren. Den Aktionären von SRZ wird angeboten, ihre bisherigen SRZ-Aktien auf der Basis eines Umtauschverhältnisses von 1:1 in (neue) Swiss Re-Aktien umzutauschen (Holding-Angebot). Mit Vollzug des Holding-Angebots wird Swiss Re zur Muttergesellschaft von SRZ. Vor dem Vollzug sollen sämtliche Wirtschaftsgüter, die weder Beteiligungen an Gruppengesellschaften sind, noch zum operativen Rückversicherungsgeschäft von SRZ gehören, zum heutigen Buchwert, den diese Aktiven in SRZ haben, in Swiss Re eingebracht werden. Es handelt sich dabei um sämtliche eigene SRZ-Aktien von SRZ und um die Marke „Swiss Re" mit zugehörigem Enseigne. Mit diesem Vorgehen wird erreicht, dass sich diese Wirtschaftsgüter nach dem Vollzug des Holding-Angebots in der Holdinggesellschaft Swiss Re befinden, während das operative Rückversicherungsgeschäft bei SRZ verbleibt.
D.
Für das Holding-Angebot sind zwei verschiedene Vollzugstermine geplant: Ein erster Vollzug soll nach Ablauf der Angebotsfrist und vor Beginn der Nachfrist erfolgen, ein zweiter Vollzug nach Ablauf der Nachfrist.
E.
Die Kapitalstruktur von Swiss Re (Höhe des Aktienkapitals; Statutenbestimmungen über genehmigtes Kapital sowie bedingtes Kapital) wird unter der Annahme, dass im Rahmen des Holding-Angebots alle SRZ-Aktien umgetauscht werden, identisch sein. Die ordentliche Generalversammlung von SRZ soll nach der Voranmeldung, aber vor dem Vollzug des Holding-Angebots, die entsprechenden Beschlüsse fassen.
F.
Gemäss Analyse von SRZ befinden sich 30-40 % der SRZ-Aktien im Besitz von U.S. Aktionären, wobei es sich dabei um Qualified Institutional Buyers bzw. QIB's (QIB's) und Retail-Aktionäre (U.S. Retail-Aktionäre; zusammen U.S. SRZ-Aktionäre) handelt. SRZ hat die SRZ-Aktien in den USA weder öffentlich platziert noch kotieren lassen und ist daher kein der Aufsicht der amerikanischen Securities Exchange Commission (SEC) unterstellter „foreign private issuer". Allerdings hat SRZ 2001 in den USA ein Private Placement an QIB's vorgenommen und bei einer Kapitalerhöhung 2006 gab es ein Offering nach Rule 144A U.S. Securities Act 1933. Zudem hat SRZ ein American Depository Receipt Programm implementiert. Damit auch die U.S. SRZ-Aktionäre das Holding-Angebot annehmen können, müssen bestimmte Regeln des amerikanischen Rechts eingehalten werden, namentlich muss das Angebot mindestens 20 U.S. Business Days zur Annahme offen sein. Zudem muss der Vollzug (Settlement) "promptly" erfolgen, d.h. innerhalb von drei U.S. Business Days nach Abschluss des Andienungsvertrags (Promt Payment Rule).
G.
Am 17. Februar 2011 wird das Holding-Angebot voraussichtlich mit einer Voranmeldung bekanntgegeben bzw. veröffentlicht. Das Angebot wird voraussichtlich den folgenden Bedingungen unterliegen:
a) Bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist werden Swiss Re AG SRZ Aktien angedient, die, unter Einbezug der SRZ Aktien, welche von SRZ angedient oder der Swiss Re AG übertragen wurden oder bereits von der Swiss Re AG gehalten werden, mindestens 90% aller am Ende der Angebotsfrist ausgegebenen SRZ Aktien entsprechen.
b) Soweit erforderlich haben die zuständigen Behörden, inklusive und nicht ausschliesslich die Versicherungsbehörden, alle Genehmigungen und/oder Freistellungsbescheinigungen für das Angebot und die zukünftige Holdingfunktion der Swiss Re AG über die Swiss Re Group erteilt und alle anwendbaren Wartefristen sind abgelaufen oder wurden beendet.
c) Die SIX Swiss Exchange hat die Kotierung und den Handel der Swiss Re AG Aktien ab dem ersten Handelstag nach der Abwicklung der während der Angebotsfrist angedienten SRZ Aktien bewilligt.
d) Kein Gericht und keine Behörde hat einen Entscheid oder eine Verfügung erlassen, die den Vollzug dieses Angebotes verhindert, verbietet oder für unzulässig erklärt.
Swiss Re AG behält sich das Recht vor, auf eine oder mehrere dieser Bedingungen ganz oder teilweise zu verzichten, mit Ausnahme der Bedingung, welche in Bestimmung (c) festgelegt ist. Für den Fall, dass eine oder mehrere der vorstehend genannten Bedingungen bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist nicht erfüllt sein sollten und Swiss Re AG auf diese Bedingungen nicht verzichtet hat, ist Swiss Re AG berechtigt, das Angebot als nicht zustande gekommen zu erklären, in welchem Fall die während der Angebotsfrist angedienten SRZ Aktien den andienenden SRZ Aktionären unverzüglich zurückgegeben werden.
H.
Der Angebotsprospekt soll voraussichtlich am 31. März 2011 publiziert werden.
I.
Am 9. Februar 2011 reichte SRZ ein Feststellungsgesuch (Gesuch) mit folgenden Anträgen ein:
1. Es sei festzustellen, dass die im Entwurf der Voranmeldung des öffentlichen Umtauschangebots der Swiss Re AG enthaltenen Bedingungen des Umtauschangebots der Swiss Re AG ("Holding-Angebot") zum Erwerb der sich im Publikum befindenden Aktien der SRZ dem Börsenrecht entsprechen resp. übernahmerechtlich zulässig seien.
2. Es sei festzustellen, dass der im Rahmen des Angebots der Swiss Re AG zur Anwendung kommende Vendor Placement-Mechanismus börsenrechtlich zulässig sei.
3. Es sei festzustellen, dass die Gewährung eines (Andienungs-)Widerrufrechts zugunsten der SRZ Aktionäre für in der Nachfrist angediente SRZ Aktien gemäss Übernahmerecht zulässig sei.
4. Es sei festzustellen, dass keine Bewertung der im Rahmen des Holding-Angebots angebotenen Aktien der Anbietergesellschaft Swiss Re AG erforderlich sei.
5.a. Es sei festzustellen, dass SRZ sowie Swiss Re AG ab der Veröffentlichung der Voranmeldung eigene Aktien (d.h. SRZ Aktien und/oder Swiss Re AG Aktien) sowie Finanzinstrumente in eigenen Aktien ohne Verletzung des Gleichbehandlungsprinzips (und insbesondere der Best Price Rule) börslich gegen bar erwerben können.
5.b. Eventualiter (zu 5.a.) sei festzustellen, dass
(i) SRZ ab der Veröffentlichung der Voranmeldung bis zum ersten Vollzug des Holding-Angebots zwecks Bewirtschaftung der Mitarbeiterbeteiligungsprogramme eigene SRZ Aktien sowie Finanzinstrumente in eigenen Aktien über die Börse ohne Verletzung des Gleichbehandlungsprinzips (und insbesondere der Best Price Rule) gegen bar erwerben kann, sofern solche Transaktionen (x) zu Marktkonditionen erfolgen und (xx) im Umfang höchstens 25% des gesamten börslich gehandelten Tagesvolumens der SRZ Aktie am Erwerbstag oder am vorangegangenen Börsentag ausmachen; und dass
(ii) Swiss Re AG ab dem ersten Vollzug des Holding-Angebots eigene Swiss Re AG Aktien sowie Finanzinstrumente in Swiss Re AG Aktien ohne Verletzung des Gleichbehandlungsprinzips (und insbesondere der Best Price Rule) gegen bar erwerben kann.
6. Es sei festzustellen, dass die resolutiv bedingte Übertragung von Markenrechten durch SRZ auf Swiss Re AG die Gewährung der Bewertungsausnahme nicht beeinflusse.
7. Die zu erlassene Verfügung sei im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Voranmeldung in den elektronischen Medien zu veröffentlichen.
Zudem wurden der Übernahmekommission Entwürfe der Voranmeldung sowie des Angebotsprospekts eingereicht.
J.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Luc Thévenoz (Präsident), Henry Peter und Thierry de Marignac gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Antrag 1 - Bedingungen in der Voranmeldung
[1] Sämtliche Bedingungen gelten bis zum Ablauf der Angebotsfrist.
1.1 Bedingung a) / Annahmequote
[2] Knüpft der Anbieter das Angebot an das Erreichen einer Mindestbeteiligung an der Zielgesellschaft, so darf die Schwelle nicht unrealistisch hoch sein. Andernfalls verkäme die Bedingung zu einer unzulässigen Potestativbedingung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 UEV (zuletzt Verfügung 463/01 vom 21. Dezember 2010 in Sachen Winterthur Technologie AG, Erw. 7.1).
[3] Bedingung a) sieht eine Annahmequote von 90 % vor. Bei einem Holding-Angebot hat der Anbieter ein Interesse daran, dass die mit dem Angebot eingeleitete Umstrukturierung auch tatsächlich vollumfänglich abgeschlossen werden kann. Dies setzt voraus, dass nach Abschluss des Übernahmeverfahrens innert nützlicher Frist ein Squeeze-Out Verfahren möglich ist, wobei das Fusionsgesetz für eine Squeeze-Out-Fusion eine Beteiligung von 90 % verlangt. Das Interesse der Gesellschaft an einem raschen Vollzug der Umstrukturierung erfordert daher eine Annahmequote von 90 %. Diese Annahmequote erscheint aber auch nicht unrealistisch, da es um die Einführung einer Holdingstruktur geht, weshalb das Holding-Angebot weniger umstritten sein dürfte als ein Angebot zwecks Kontrollerwerb. Zudem werden die U.S. SRZ-Aktionäre vorliegend nicht ausgeschlossen. Bedingung a) ist somit zulässig (vgl. auch Empfehlung 141/01 vom 17. September 2002 in Sachen Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, Erw. 3.2, welche ebenfalls die Einführung einer Holdingstruktur betraf, wobei eine Annahmequote von 85 % für zulässig erachtet wurde).
1.2 Bedingung b) / Freistellungen
[4] Bedingung b) sieht vor, dass die zuständigen Behörden die erforderlichen Bewilligungen erteilen. Dies ist Voraussetzung dafür, dass die Holdingstruktur wie geplant funktionieren kann. Gemäss ständiger Praxis der Übernahmekommission ist eine solche Bedingung zulässig (zuletzt Verfügung 463/01 vom 21. Dezember 2010 in Sachen Winterthur Technologie AG, Erw. 7.3), auch im Zusammenhang mit der Einführung einer Holdingstruktur (vgl. Empfehlung 141/01 vom 17. September 2002 in Sachen Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, Erw. 3.5).
1.3 Bedingung c) / Kotierung der Swiss Re-Aktien
[5] Gemäss ständiger Praxis der Übernahmekommission ist eine solche Bedingung zulässig (zuletzt Verfügung 422/03 vom 8. September 2009 in Sachen LO holding Lausanne-Ouchy S.A./JJM Participations SA, Erw. 8.13), auch im Zusammenhang mit der Einführung einer Holdingstruktur (vgl. Empfehlung 141/01 vom 17. September 2002 in Sachen Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, Erw. 3.6).
1.4 Bedingung d) / behördliches Verbot
[6] Gemäss ständiger Praxis der Übernahmekommission ist eine solche Bedingung zulässig (zuletzt Verfügung 463/01 vom 21. Dezember 2010 in Sachen Winterthur Technologie AG, Erw. 7.7).
2. Antrag 2 / Vendor Placement-Mechanismus
[7] Gemäss Angaben von SRZ ist die Situation für die U.S. SRZ-Aktionäre unterschiedlich: Während die QIB's in den meisten U.S. Staaten das Angebot annehmen dürfen resp. der Umtausch in (neue) Swiss Re-Aktien auch ohne deren Registrierung in den USA (U.S.-Registrierung) vollzogen werden kann, wird es den U.S. Retail-Aktionären ohne U.S.-Registrierung der Swiss Re-Aktien nicht erlaubt sein, (neue) Swiss Re-Aktien zu beziehen. Damit jedoch auch die U.S. Retail-Aktionäre das Umtauschangebot annehmen können, ist ein sogenannter Vendor Placement-Mechanismus (Vendor Placement-Mechanismus) vorgesehen. Demnach werden die (neuen) Swiss Re-Aktien, welche als Gegenleistung für die angedienten SRZ-Aktien ausgegeben werden, nicht den U.S. Retail-Aktionären geliefert, sondern einer mandatierten Bank, welche diese Aktien im Heimmarkt des Emittenten (d.h. an der SIX) verkauft. Der Nettoerlös dieses Verkaufs wird auf einer pro rata Basis den U.S. Retail-Aktionären zugeteilt. Wegen der beiden Vollzugstermine (vgl. Sachverhalt lit. D) wird auch das Vendor Placement zwei Mal durchgeführt werden müssen. Der Verkauf der angedienten SRZ-Aktien bzw. die Auszahlung des Verkaufserlöses soll so rasch als möglich nach den beiden Vollzugsterminen erfolgen. Ein drittes Vendor Placement ist voraussichtlich im Rahmen entweder der Kraftloserklärung der restlichen Beteiligungspapiere oder einer Strukturbereinigung nach Fusionsgesetz (z.B. Squeeze-Out-Fusion) erforderlich.
[8] Die Praxis der Übernahmekommission zu den Angebotsrestriktionen ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Ausgleich angestrebt wird zwischen dem Postulat der Gleichbehandlung einerseits und dem berechtigten Interesse des Anbieters andererseits, unverhältnismässigen Aufwand und Haftungsrisiken zu vermeiden. Angebotsrestriktionen sind daher grundsätzlich zulässig, wenn eine Ausdehnung des Angebots auf Aktionäre mit Wohnsitz im Ausland nicht möglich, widerrechtlich oder mit unverhältnismässigem Aufwand (z.B. aufgrund von zusätzlichen Gesuchen an/oder Handlungen im Zusammenhang mit staatlichen, regulatorischen oder rechtlichen Behörden) verbunden ist, sowie wenn die Gefahr der Haftbarkeit aus dem ausländischen Recht für den Anbieter aufgrund der Ausdehnung eines Übernahmeangebots nach Schweizer Recht auf Aktionäre mit Wohnsitz im Ausland nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann (vgl. Verfügung 416/01 vom 13. Juli 2009 in Sachen Jelmoli Holding AG, Erw. 3). Besonders ausgeprägt ist diese Problematik bei Umtauschangeboten.
[9] Vorliegend erfüllt der Vendor Placement-Mechanismus zwei Funktionen: Zum einen wird dadurch den U.S. Retail-Aktionären ermöglicht, am Angebot teilzunehmen. Zum andern wird eine U.S.-Registrierung vermieden, welche bei einer Lieferung von Swiss Re-Aktien an die U.S. Retail-Aktionäre zwingend erforderlich wäre. Eine U.S.-Registrierung würde für die Anbieterin bekanntermassen einen erheblichen Aufwand bedeuten und hätte erhebliche Haftungsrisiken zur Folge. Aus diesem Grund hat die Übernahmekommission wiederholt zugelassen, dass bei einem Tauschangebot Aktionäre mit Domizil in den USA (und in Staaten mit vergleichbaren Rechtsordnungen) ausgeschlossen werden dürfen, insbesondere dann, wenn von einem solchen Ausschluss nur vergleichsweise wenige Aktionäre betroffen waren (vgl. zu den Folgen einer U.S.-Registrierung Empfehlung 243/08 in Sachen Leica Geosystems Holdings AG vom 24. August 2005, Erw. 3.4). Vorliegend wäre ein Ausschluss angesichts der zahlreichen U.S. SRZ-Aktionäre (vgl. Sachverhalt lit. F; wobei allerdings die relevanten U.S. Retail-Aktionäre gemäss Einschätzung von SRZ nur einen geringen Teil der U.S. SRZ-Aktionäre ausmachen) problematisch. Die Anbieterin beabsichtigt jedoch keinen Ausschluss, sondern möchte im Gegenteil die U.S. Retail-Aktionäre über den Vendor Placement-Mechanismus am Angebot teilnehmen lassen. Im Vergleich zu den möglichen Konsequenzen einer U.S.-Registrierung bedeutet der Vendor Placement-Mechanismus für die U.S. Retail-Aktionäre lediglich eine Modifikation bezüglich des Vollzugs des Angebots, indem sie statt Tauschtiteln eine Barzahlung von gleichem Wert erhalten. Im Übrigen können U.S. Retail-Aktionäre, welche statt Barzahlung Swiss Re-Aktien bevorzugen, mit dem Erlös aus dem Vendor Placement-Mechanismus börslich an der SIX Swiss Re-Aktien erwerben, zumal die Swiss Re-Aktien voraussichtlich ebenso liquid sein werden wie heute die SRZ-Aktien.
[10] Wegen der zwei Vollzugstermine wird auch das Vendor Placement zwei Mal durchgeführt werden müssen. Aufgrund von Marktpreisveränderungen wird dabei die pro rata Barzahlung, welche die Teilnehmer am ersten Vendor Placement erhalten, nicht identisch sein mit derjenigen des zweiten Vendor Placement. Dies ist jedoch eine notwendige Konsequenz davon, dass zwei Vollzugstermine vorgesehen sind und nicht zu beanstanden.
[11] Nach dem Gesagten ist der vorgeschlagene Vendor Placement-Mechanismus zulässig.
3. Antrag 3 - (Andienungs-)Widerrufsrecht während der Nachfrist
[12] Für SRZ-Aktien, welche während der Nachfrist angedient werden, wird ein besonderes Widerrufsrecht eingeräumt, welches bis zum Ablauf der Nachfrist ausgeübt werden kann. Der Grund hierfür ist die Ausdehnung des Holding-Angebots auf die U.S. SRZ-Aktionäre und die Prompt Payment Rule, wonach die Gegenleistung für verbindlich angediente Beteiligungspapiere innert drei U.S. Business Days zu leisten ist (vgl. Sachverhalt lit. F). Die Einräumung dieses besonderen Widerrufsrechts soll bewirken, dass die Andienungserklärungen während der Nachfrist als nicht verbindlich zu qualifizieren sind und die Prompt Payment Rule daher erst mit Ablauf der Nachfrist Anwendung findet.
[13] Die Gewährung eines speziellen - gesetzlich nicht vorgesehenen - Widerrufsrechts für die Nachfrist erhöht die Entscheidungsfreiheit der Angebotsempfänger und widerspricht keinem Grundsatz des schweizerischen Übernahmerechts. Für den Fall eines konkurrierenden Angebots ist ein Widerrufsrecht sogar gesetzlich vorgesehen (vgl. Art. 51 Abs. 1 UEV i.V.m. Art. 30 BEHG). Zudem ist die Gleichbehandlung gewährleistet, da das Widerrufsrecht nicht nur den U.S. SRZ-Aktionären, sondern allen Angebotsempfängern eingeräumt wird (vgl. zur Einräumung eines Widerrufsrechts auch Empfehlung 162/01 vom 16. April 2003 in Sachen Centerpulse AG, Erw. 3.2.2).
4. Antrag 4 - Verzicht auf Bewertung
[14] Nach Art. 24 Abs. 6 UEV hat bei einem Tauschangebot gegen Effekten, die nicht an einer Börse kotiert sind, der Prospekt eine Bewertung durch eine Prüfstelle der zum Tausch angebotenen Titel zu enthalten. Von der Bewertungspflicht kann eine Ausnahme gewährt werden, wenn die Transparenz des Wertes der zum Umtausch angebotenen Effekten gewährleistet ist. Die Anleger müssen wissen, was sie für ihre Aktien im Umtausch erhalten (vgl. hierzu Verfügung 418/01 in Sachen BB Medtech vom 7. Juli 2009, Erw. 4.3).
[15] Entsprechend dem Zweck des Umtauschangebots, eine Holdingstruktur einzuführen, wird den Aktionären von SRZ angeboten, ihre SRZ-Aktien mit einem Umtauschverhältnisses von 1:1 in (neue) Swiss Re-Aktien zu tauschen. Sofern die hierfür notwendigen Beschlüsse der Generalversammlung von SRZ gefasst werden, wird die Kapitalstruktur von Swiss Re unter der Annahme, dass im Rahmen des Holding-Angebots alle SRZ Aktien umgetauscht werden, identisch sein (vgl. Sachverhalt lit. E) und die (neuen) Swiss Re-Aktien werden die gleichen Stimm- und Vermögensrechte gewähren wie die (alten) SRZ-Aktien. Vor diesem Hintergrund ist die Transparenz des Angebots auch ohne Bewertung gewährleistet. Der Anbieterin kann daher eine Ausnahme von der Bewertungspflicht gewährt werden.
5. Antrag 5a - Erwerb gegen bar und Best Price Rule
[16] Obwohl SRZ zurzeit kein Rückkaufprogramm unterhält, möchten sich SRZ und die Anbieterin die Möglichkeit offenhalten, nach der Voranmeldung des Holding-Angebots (weiterhin) eigene Aktien börslich erwerben zu können, u.a. um Mitarbeiterprogramme zu bedienen, um nach dem ersten Vollzug eine gewisse Liquidität der SRZ-Aktien zu gewährleisten und um ev. ein öffentliches Rückkaufprogramm lancieren zu können. Als Nebeneffekt werden solche Käufe bzw. Rückkäufe zudem allenfalls auch bewirken, dass die Anbieterin die Schwelle von 90 % (vgl. Erw. 1.1) leichter erreicht.
5.1 Erwerb gegen Barzahlung / Stoffgleichheit
[17] Erwirbt die Anbieterin während der Frist von Art. 10 UEV Beteiligungspapiere oder Finanzinstrumente, auf die sich das Angebot bezieht, gegen Barzahlung, so ist sie verpflichtet, sämtlichen Angebotsempfängern Barzahlung anzubieten (UEK-Rundschreiben Nr. 4: Freiwillige öffentliche Tauschangebote vom 9. Februar 2009 [UEK-Rundschreiben Nr. 4]).
[18] Dagegen war es gemäss Praxis, welche vor Inkrafttreten des UEK-Rundschreibens Nr. 4 galt, einem Anbieter im Fall eines Holding-Angebots gestattet, ausserhalb des Tauschangebots Titel gegen Barzahlung zu erwerben, sofern der betreffende Titel liquid war. Begründet wurde dies damit, dass bei liquiden Titeln der Erwerb gegen bar keine Benachteiligung der übrigen Aktionäre bedeute, die lediglich Tauschtitel erhalten. Aufgrund der Liquidität der Titel könne jeder Aktionär, der Geld statt Tauschtitel bevorzuge, seine Position börslich veräussern (Empfehlung 302/01 vom 12. Oktober 2006 in Sachen ISOTIS SA, Erw. 8.2.2).
[19] Diese Argumentation überzeugt nach wie vor. Bei einem Holding-Angebot und sofern das betreffende Beteiligungspapier liquid ist, besteht keine Notwendigkeit, im Fall eines Erwerbs gegen Barzahlung sämtlichen Angebotsempfängern Barzahlung anzubieten. Das UEK-Rundschreiben Nr. 4, bzw. die darin angeordnete Pflicht zur Baralternative, ist auf solche Konstellationen nicht anzuwenden, weshalb eine Ausnahme zum UEK-Rundschreiben Nr. 4 gewährt werden kann. Die gegenteilige Lösung würde eine unverhältnismässige Einschränkung der Anbieterin darstellen und ihr verunmöglichen, eigene Beteiligungspapiere zu handeln.
5.2 Best Price Rule
[20] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV muss der Anbieter, sofern er nach der Veröffentlichung und bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwirbt, diesen Preis allen Angebotsempfängern bezahlen.
[21] Gemäss Praxis der Übernahmekommission folgt bei einem Umtauschangebot der Angebotspreis laufend den Kursänderungen der zum Umtausch angebotenen Titel. Der für die Best Price Rule massgebende Preis schwankt daher. Damit bei einem ausserhalb des Tauschangebots getätigten Kauf eines Beteiligungspapiers gegen Barzahlung die Best Price Rule nicht verletzt wird, darf der ausserhalb des Angebots bezahlte Preis nicht über dem Angebotswert im Moment des Erwerbs liegen (Empfehlung 341/01 vom 9. November 2007 in Sachen Atel Holding AG, Erw. 6.2; Empfehlung vom 3. Oktober 2005 in Sachen Leica Geosystems Holdings AG, Erw. 2.4.1). Dies wird als "Umrechnungsregel" bezeichnet (Empfehlung vom 3. Oktober 2005 in Sachen Leica Geosystems Holdings AG, a.a.O.). Für das vorliegende Holding-Angebot bedeutet dies, dass bei einem Erwerb gegen Barzahlung höchstens der jeweilige Börsenkurs bezahlt werden darf, da dieser den Wert der SRZ-Aktie wiedergibt.
[22] Die Kursschwankungen sind nach Praxis der Übernahmekommission grundsätzlich nur bis zum Vollzug eines Tauschangebots zu beachten. Spätere Kursschwankungen sind nicht mehr zu berücksichtigen, d.h. der für die Einhaltung der Best Price Rule massgebende Preis wird im Zeitpunkt des Vollzugs des Angebots fixiert (Verfügung 416/01 in Sachen Jelmoli Holding AG vom 13. Juli 2009, Erw. 5).
[23] Vorliegend ist indes zu berücksichtigen, dass es sich nicht um ein gewöhnliches Umtausch-, sondern um ein Holding-Angebot handelt, mit einem Umtauschverhältnisses von 1:1. Die (neuen) Swiss Re-Aktien repräsentieren wirtschaftlich die (alten) SRZ-Aktien und weisen den gleichen Wert auf. Vor diesem Hintergrund kann keine Verletzung der Best Price Rule vorliegen, wenn während ihrer Dauer, also bis 6 Monate nach Ablauf der Nachfrist, SRZ-Aktien im Umtauschverhältnisses von 1:1 gegen Swiss Re-Aktien getauscht werden, da die zum Tausch angebotenen Swiss Re-Aktien stets jeweils den gleichen Wert wie die Swiss Re-Aktien aufweisen. Eine „Fixierung" des massgeblichen Preises im Zeitpunkt des Vollzugs wie bei einem (gewöhnlichen) Umtauschangebot (vgl. Verfügung 416/01 in Sachen Jelmoli Holding AG vom 13. Juli 2009, Erw. 5) findet nicht statt.
5.3 Ergebnis
[24] Demnach kann in Gutheissung des Antrags 5a festgestellt werden, dass weder SRZ noch Swiss Re das Gleichbehandlungsprinzip und insbesondere die Best Price Rule verletzen, wenn sie ab der Veröffentlichung der Voranmeldung eigene Aktien (d.h. SRZ-Aktien und/oder Swiss Re-Aktien) sowie Finanzinstrumente in eigenen Aktien börslich gegen bar erwerben. Beim börslichen Erwerb ist sichergestellt, dass die Aktionäre gleich behandelt und die Aktien nicht über ihrem Wert erworben werden.
6. Antrag 6 - resolutiv bedingte Übertragung der Markenrechte
[25] Das Holding-Angebot hat zum Zweck, dass Swiss Re die Geschäftstätigkeit von SRZ materiell unverändert, lediglich anders organisiert, weiterführt. Damit dies erreicht wird und die Transaktion steuerlich wie eine steuerneutrale Ausgliederung behandelt werden kann, muss SRZ die Rechte an der Marke „Swiss Re" auf Swiss Re übertragen. Diese Übertragung erfolgt resolutiv bedingt in dem Sinn, dass eine Rückübertragung der Markenrechte stattfindet, falls bis zum 31. Dezember 2012 noch Minderheitsaktionäre an SRZ beteiligt sind. Damit wird sichergestellt, dass es keinen (wirtschaftlichen) Druck auf die Aktionäre von SRZ gibt, das Angebot anzunehmen. Falls die Transaktion scheitert und die Holding-Struktur nicht implementiert werden kann, fallen die Rechte an der Marke „Swiss Re" wieder an SRZ zurück.
[26] Die resolutive bedingte Übertragung der Rechte an der Marke 'Swiss Re' auf Swiss Re steht der Gewährung einer Ausnahme von der Bewertungspflicht nicht entgegen.
7. Antrag 7 - Publikation
[27] In Gutheissung des Antrags 7 wird die vorliegende Verfügung am Tag der Publikation der Voranmeldung in den elektronischen Medien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 33a BEHG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).
8. Gebühr
[28] In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 69 Abs. 6 UEV wird für die Behandlung des vorliegenden Gesuchs eine Gebühr zulasten von SRZ erhoben. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der hohen Schwierigkeit des vorliegenden Falles setzt der Ausschuss die Gebühr auf CHF 50'000 fest.
[29] Falls die Anbieterin, wie beabsichtigt, das Holding-Angebot unterbreitet, kann die Übernahmekommission diese Gebühr von der Gebühr für die Prüfung des Angebots in Abzug bringen (Art. 69 Abs. 6 UEV).
Die Übernahmekommission verfügt:
- Die im Entwurf der Voranmeldung des öffentlichen Umtauschangebots von Swiss Re AG enthaltenen Bedingungen sind zulässig.
- Der im Rahmen des Umtauschangebots von Swiss Re AG für U.S. Retail-Aktionäre zur Anwendung kommende Vendor Placement-Mechanismus ist zulässig.
- Die Gewährung eines Widerrufrechts zugunsten der Aktionäre der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG für in der Nachfrist angediente Aktien ist zulässig.
- Swiss Re AG wird eine Ausnahme von der Pflicht gewährt, die im Rahmen des Umtauschangebots angebotenen Aktien von Swiss Re AG zu bewerten.
- Die Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG und Swiss Re AG können ab der Veröffentlichung der Voranmeldung eigene Aktien (d.h. Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG Aktien und / oder Swiss Re AG Aktien) sowie Finanzinstrumente in eigenen Aktien ohne Verletzung des Gleichbehandlungsprinzips (und insbesondere der Best Price Rule) börslich gegen bar erwerben.
- Diese Verfügung wird am Tag der Publikation der Voranmeldung in den elektronischen Medien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr zu Lasten von Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG beträgt CHF 50'000.
Der Präsident:
Luc Thévenoz
Diese Verfügung geht an die Parteien:
- Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG und Swiss Re AG, beide vertreten durch Dr. Dieter Dubs und Dr. Thomas Reutter, Bär & Karrer Rechtsanwälte.
Rechtsmittelbelehrung:
Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):
Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Einsteinstrasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.
Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.
Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich,
counsel@takeover.ch, Telefax: +41 58 499 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der Verfügung einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.
Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der
Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.