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0443 - Mach Hitech AG in Liquidation
Verfügung 443/01 Mach Hitech AG in Liquidation vom 16. Juni 2010
Gesuch von K-S Anlage AG, Diepoldsau, um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht bezüglich Mach Hitech AG in Liquidation, Zug
Sachverhalt:
A.
Mach Hitech AG in Liquidation (Mach Hitech oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zug. Das Aktienkapital beträgt CHF 118'550.10 und ist eingeteilt in 3'951'670 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.03 (Mach Hitech-Aktien). Die Mach Hitech-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) gemäss Standard für Investmentgesellschaften kotiert (SIX: HIT). Mach Hitech bezweckt die gemeinschaftliche Kapitalanlage in Unternehmen aller Art.
B.
Nach dem Verkauf der letzten Investments im Jahre 2009 erreichte Mach Hitech eine suboptimale Grösse, weshalb der Verwaltungsrat zahlreiche Optionen erwog. Nach verschiedenen Abklärungen (steuer-)rechtlicher Natur kam der Verwaltungsrat zum Schluss, dass die Ausschüttung einer Dividende und die anschliessende Liquidation der Gesellschaft für die Aktionäre die attraktivste Lösung darstelle, zumal die Vermögenswerte der Gesellschaft zwischenzeitlich zur Hauptsache aus flüssigen Mitteln bestanden.
C.
Am 7. Mai 2010 erfolgte die Einladung zur ordentlichen Generalversammlung von Mach Hitech vom 28. Mai 2010. Darin beantragte der Verwaltungsrat unter anderem, vom Bilanzgewinn per 31. Dezember 2009 von insgesamt CHF 11'126'718 den Aktionären eine Dividende von CHF 10'992'174.50, entsprechend einer Brutto-Dividende von CHF 2.90 pro dividendenberechtigte Mach Hitech-Aktie, auszuschütten und CHF 134'543.50 auf die neue Rechnung vorzutragen. Zudem war die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft per 3. Juni 2010 traktandiert.
D.
K-S Anlage AG (K-S oder Gesuchstellerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Diepoldsau, St. Gallen. Nach Veröffentlichung der Einladung zur Generalversammlung von Mach Hitech am 7. Mai 2010 erwarb K-S zwischen dem 11. und 28. Mai 2010 börslich insgesamt 1'643'060 Mach Hitech-Aktien, entsprechend 41.58% der Stimmrechte. Hierfür bezahlte K-S pro Mach Hitech-Aktie zwischen CHF 2.75 und CHF 2.80.
E.
Die Aktionäre von Mach Hitech stimmten an der ordentlichen Generalversammlung vom 28. Mai 2010 sowohl der Ausschüttung der traktandierten Brutto-Dividende von CHF 2.90 als auch der Auflösung von Mach Hitech mit Liquidation per 3. Juni 2010 zu (vgl. Sachverhalt lit. C). Die Auszahlung der Dividende erfolgte am 3. Juni 2010. Zudem traten die bisherigen Verwaltungsräte Roger Bühler per 1. Juni 2010 sowie Raymond Wicki und Markus Muraro per 3. Juni 2010 aus dem Verwaltungsrat zurück und es wurde ein Liquidator eingesetzt. Die beiden Anträge betreffend Liquidation und Dividendenausschüttung wurden mit einer Zustimmung von mehr als 99% beschlossen (bei jeweils lediglich 50 Gegenstimmen). An der Generalversammlung waren 3'730'207 Mach Hitech-Aktien vertreten, entsprechend 94.40% aller Stimmen. K-S war mit insgesamt 1'048'245 Mach Hitech-Aktien, entsprechend 26.52% der Stimmrechte, vertreten, wobei K-S sämtlichen Traktanden (u.a. auch der Auflösung durch Liquidation und der Brutto-Dividende von CHF 2.90, vgl. Sachverhalt lit. C) zustimmte. Die Liquidation von Mach Hitech soll so rasch wie möglich, frühestens in drei Monaten abgeschlossen sein. Am 7. Juni 2010 wurde bei der SIX ein Gesuch um Dekotierung von Mach Hitech eingereicht, welches am 14. Juni 2010 bewilligt wurde.
F.
Am Tag der Generalversammlung, d.h. am 28. Mai 2010, lag der Schlusskurs der Mach Hitech-Aktie bei CHF 2.80 und am Börsentag nach beschlossener Dividendenausschüttung (31. Mai 2010) bei CHF 0.38. Der Net Asset Value (NAV) per 3. Juni 2010 betrug CHF 0.30. Derzeit verfügt die Gesellschaft über rund CHF 1.8 Mio. flüssige Mittel. Beteiligungen werden keine mehr gehalten. Im NAV per 3. Juni 2010 bereits reflektiert sind Rückstellungen in der Höhe von CHF 761'000 (davon CHF 720'000 für Steuern betreffend eigene Aktien sowie CHF 41'000 für Liquidationskosten). Es ist derzeit nicht abschätzbar, welche weiteren Kosten für den Liquidationsprozess sowie für die involvierten Berater anfallen werden. Am 14. Juni 2010 teilte Mach Hitech in einer ad hoc Mitteilung mit, dass der NAV aufgrund zusätzlich entstandener Kosten und Aufwand infolge wesentlicher Veränderungen im Aktionariat per 14. Juni 2010 CHF 0.18 beträgt.
G.
Mit Eingabe vom 28. Mai 2010 stellte K-S den Antrag, es sei ihr eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu gewähren. Begründet wurde das Gesuch im Wesentlichen damit, dass die beschlossene Liquidation von Mach Hitech ein Pflichtangebot von K-S überflüssig mache.
H.
Der Entwurf der Stellungnahme des Liquidators von Mach Hitech wurde der Übernahmekommission vor der Publikation zur Prüfung eingereicht. Der Liquidator ist mit dem Gesuch von K-S einverstanden.
I.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Luc Thévenoz (Präsident), Walter Knabenhans und Thomas Rufer gebildet.
Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:
1. Angebotspflicht
[1] Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss diejenige Person, welche direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die sie bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten.
[2] Die Angebotspflicht und die mit ihr zusammenhängenden Vorschriften zum Mindestpreis bezwecken den Schutz der Minderheitsaktionäre vor einem für sie nachteiligen Kontrollwechsel. Sie sollen den Minderheitsaktionären eine Ausstiegsmöglichkeit zu einem angemessenen Preis verschaffen.
[3] K-S hat eine Beteiligung von 41.58% der Stimmrechte der Zielgesellschaft erworben und überschreitet damit die angebotspflichtige Schwelle gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG, womit grundsätzlich eine Angebotspflicht entsteht.
2. Ausnahme von der Angebotspflicht
[4] Gemäss Art. 32 Abs. 2 BEHG kann die Übernahmekommission in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Angebotspflicht gewähren. Hierzu zählen namentlich die in lit. a bis e dieser Norm beispielhaft genannten Situationen. Nach Art. 39 Abs. 1 BEHV-FINMA kann zudem in „weiteren berechtigten Fällen" aus „wichtigen Gründen" eine Ausnahme gewährt werden, wobei Abs. 2 lit. a-c dieser Norm ebenfalls eine beispielhafte Aufzählung („namentlich") möglicher Situationen enthält.
[5] Als Folge der an der Generalversammlung vom 28. Mai 2010 beschlossenen Dividenden¬ausschüttung verfügt die Zielgesellschaft zurzeit kaum noch über wirtschaftliche Substanz (vgl. Sachverhalt lit. F). Das am Schluss allenfalls verbleibende (Rest-)Vermögen soll nach Beendigung der Liquidation als Liquidationsergebnis an die Aktionäre verteilt und das Erlöschen der Zielgesellschaft alsdann beim Handelsregister angemeldet werden (vgl. Art. 745 f. OR). Der NAV von Mach Hitech beträgt derzeit nur noch CHF 0.18 (Stand per 14. Juni 2010). Die Traktandierung der Liquidation von Mach Hitech erfolgte zu einem Zeitpunkt, an dem K-S noch keine Mach Hitech-Aktien erworben hatte (vgl. Sachverhalt lit. C und D) und keinen Einfluss auf die Traktandierung ausüben konnte. K-S hat, wie nahezu sämtliche vertretenen Aktionäre, der beantragten Liquidation zugestimmt. Weiter erfolgt die Ausschüttung des allenfalls verbleibenden Liquidationserlöses an die Aktionäre durch den Liquidator und damit ebenfalls unabhängig von einer Einflussnahme durch K-S.
[6] Basierend auf dieser Ausgangslage ist es gerechtfertigt, K-S eine Ausnahme von der Angebotspflicht im Sinn von Art. 32 Abs. 2 BEHG i.V.m. Art. 39 Abs. 1 BEHV-FINMA zu gewähren, da die Auflösung von Mach Hitech im Ergebnis für die Minderheitsaktionäre dem Zweck entspricht, den ein Pflichtangebot erfüllt: Durch die Liquidation bzw. Löschung im Handelsregister erhalten die Minderheitsaktionäre die Möglichkeit eines Ausstiegs. Die Höhe des Anteils am Liquidationsergebnis entspricht einem „angemessenen Preis", da das Liquidationsergebnis aus dem (Rest-) Vermögen der Zielgesellschaft besteht und deren Wert abbildet.
[7] Zudem erscheinen die Kosten und der Aufwand, welche infolge der Lancierung eines Angebots zulasten der Zielgesellschaft und des Anbieters anfallen würden, angesichts des geringen noch verbleibenden Vermögens der Zielgesellschaft wirtschaftlich kaum zu rechtfertigen.
[8] Diese Ausnahme basiert auf der Annahme, dass die Liquidation wie vorgesehen in absehbarer Frist abgeschlossen wird. Andernfalls wäre der Sachverhalt neu zu überprüfen. Mit Blick auf die gesetzlichen Vorschriften, wonach eine Liquidation frühestens nach drei Monaten abgeschlossen werden kann und die Tatsache, dass die Dauer des Liquidationsverfahrens von verschiedenen weiteren Umständen abhängt und daher im Voraus nicht genau bestimmt werden kann, ist die Gewährung der Ausnahme von der Angebotspflicht auf sechs Monate ab dem Datum der vorliegenden Verfügung zu befristen. Der Liquidator hat der Übernahmekommission die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister unverzüglich mitzuteilen.
3. Stellungnahme des Liquidators
[9] Im Verfahren betreffend Angebotspflicht hat der Verwaltungsrat einer (potentiellen) Zielgesellschaft eine Stellungnahme abzugeben (Art. 61 Abs. 1 UEV). Die Stellungnahme hat die Überlegungen und die Argumentation des Verwaltungsrats zu enthalten, die ihn bewogen haben, das Gesuch zu unterstützen oder abzulehnen. Zudem sind allfällige Interessenskonflikte des Verwaltungsrats und allfällige in diesem Zusammenhang getroffene Massnahmen offenzulegen.
[10] Mach Hitech verfügt über keine Verwaltungratsmitglieder mehr (vgl. Sachverhalt lit. E) und befindet sich in Liquidation. Vorliegend kann die Stellungnahme durch den Liquidator abgegeben werden, da dieser aufgrund seiner Organstellung berechtigt ist, die Gesellschaft nach aussen zu vertreten. Seine Stellungnahme hat er im besten Interesse der Gesellschaft abzugeben.
[11] Der Entwurf der Stellungnahme des Liquidators von Mach Hitech wurde der Übernahmekommission zur Prüfung unterbreitet. Der Liquidator unterstützt das Gesuch von K-S. Die diesbezüglichen Überlegungen wurden dargelegt und allfällige Interessenkonflikte offengelegt.
4. Publikation
[12] Stellt die Übernahmekommission fest, dass keine Angebotspflicht besteht oder gewährt sie eine Ausnahme, so verpflichtet sie die Zielgesellschaft zur Veröffentlichung der Stellungnahme ihres Verwaltungsrats, des Dispositivs der Verfügung der Übernahmekommission und des Hinweises, innert welcher Frist und zu welchen Bedingungen ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung erheben kann (Art. 61 Abs. 3 UEV).
[13] Vorliegend rechtfertigt es sich, die Pflicht zur Veröffentlichung der Stellungnahme des Liquidators in Anwendung von Art. 4 Abs. 1 UEV der Gesuchstellerin aufzuerlegen, um der sich in Liquidation befindlichen Zielgesellschaft (und vorliegend damit im Ergebnis den Minderheitsaktionären) die mit der Publikation verbundenen Kosten zu ersparen. Mach Hitech hat K-S die zu publizierende Stellungnahme des Liquidators samt Dispositiv und Hinweis auf das Einspracherecht zuzustellen und K-S hat diese am 21. Juni 2010 entsprechend Art. 61 Abs. 4 bis 6 UEV zu veröffentlichen.
[14] Nach Art. 33a Abs. 1 BEHG und Art. 61 Abs. 2 und 6 UEV wird die vorliegende Verfügung am Tag der Publikation der Stellungnahme des Liquidators, d.h. am 21. Juni 2010, auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
5. Gebühr
[15] Gemäss Art. 69 Abs. 6 UEV wird für die Prüfung von Gesuchen betreffend Angebotspflicht eine Gebühr erhoben. Vorliegend scheint angesichts der Komplexität des Falles und des Arbeitsaufwandes eine Gebühr CHF 25'000 als angemessen.
Die Übernahmekommission verfügt:
- K-S Anlage AG wird eine Ausnahme von der Pflicht gewährt, den Aktionären von Mach Hitech AG ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten. Die Gewährung dieser Ausnahme ist auf sechs Monate ab dem Datum der vorliegenden Verfügung befristet.
- K-S Anlage AG hat die Stellungnahme des Liquidators von Mach Hitech AG samt Dispositiv der vorliegenden Verfügung und Hinweis auf das Einspracherecht am 21. Juni 2010 zu publizieren.
- Der Liquidator von Mach Hitech AG hat der Übernahmekommission die Löschung von Mach Hitech AG im Handelsregister unverzüglich mitzuteilen.
- Diese Verfügung wird am Tag der Publikation der Stellungnahme des Liquidators von Mach Hitech AG auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
- Die Gebühr zu Lasten von K-S Anlage AG beträgt CHF 25'000.
Der Präsident:
Luc Thévenoz
Diese Verfügung geht an:
- K-S Anlage AG, vertreten durch Urs Märk, Urs Märk & Co.; Fax:+41 (0)43 499 71 46.
- Mach Hitech AG, vertreten durch Dr. Andreas Casutt und Andrea Huber, Niederer Kraft & Frey Rechtsanwälte, Fax:+41 (0)58 800 80 80.
Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):
Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Einsteinstrasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.
Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV), kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.
Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich, counsel@takeover.ch, Telefax: +41 58 854 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der Stellungnahme des Liquidators einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.
Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.