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Transaktionen

0455 - Neue Aargauer Bank AG

Verfügung 455/01 vom 23. September 2010

Öffentliches Kaufangebot von Credit Suisse Group AG an die Aktionäre von Neue Aargauer Bank AG - Angebotsprospekt und Verwaltungsratsbericht

Sachverhalt:

A.
Neue Aargauer Bank AG (NAB oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Aarau. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 134'051'200 und ist eingeteilt in 2'681'024 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 50 (NAB-Aktie[n]). NAB ist als Universalbank im Kanton Aargau und in den angrenzenden Gebieten tätig. Ihr Fokus ist auf das Hypothekargeschäft im Kanton Aargau gerichtet. NAB ist seit dem 2. August 1996 an der SIX Swiss Exchange (SIX) kotiert (SIX: NAAN, Main Standard). Per 15. September 2010 hält NAB 127 eigene Aktien.

B.
Credit Suisse Group AG (CSG oder Anbieterin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 47'414'807.28 und ist eingeteilt in 1'185'370'182 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.04. Die Namenaktien von CSG sind an der SIX (SIX: CSGN) sowie als American Depositary Shares an der New York Stock Exchange kotiert. CSG ist ein weltweit tätiges Finanzdienstleistungs-Unternehmen, welches in den Geschäftsfeldern Private Banking, Investment Banking und Asset Management tätig ist. Am 3. Oktober 1994 hat CSG (damals firmierend unter CS Holding) den Aktionären von NAB ein öffentliches Kaufangebot unterbreitet. Nach Abschluss des Angebots hielt CSG 98.75% der Stimmrechte an NAB. Per 15. September 2010 halten CSG und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen (ausgenommen die eigenen Aktien von NAB) eine Beteiligung von 98.6% der Stimmrechte an NAB.

C.
Am 21. September 2010 schlossen CSG und NAB eine Transaktionsvereinbarung betreffend das geplante öffentliche Kaufangebot ab (zum wesentlichen Inhalt vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt E Ziff. 4).

D.
Am 22. September 2010 vor Börsenbeginn kündigte CSG in den elektronischen Medien an, dass sie ein öffentliches Kaufangebot für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien von NAB unterbreiten werde (Voranmeldung). CSG bietet als Angebotspreis CHF 1'000 pro NAB-Aktie. Das Angebot untersteht keinen Bedingungen.

E.
Am 25. September 2010 wird voraussichtlich die landesweite Verbreitung des Angebotsprospekts der Anbieterin erfolgen.

F.
Das Angebotsinserat, der Angebotsprospekt, der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft sowie die Fairness Opinion wurden der Übernahmekommission vor der Publikation zur Prüfung unterbreitet.

G.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Luc Thévenoz (Präsident), Raymund Breu und Regina Kiener gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Voranmeldung

[1] Am 22. September 2010 vor Börsenbeginn erfolgte die Zustellung der Voranmeldung an die elektronischen Medien (vgl. Sachverhalt lit. D). Inhaltlich entspricht die Voranmeldung den Anforderungen von Art. 5 UEV. Falls die Veröffentlichung des Angebotsprospekts am 25. September 2010, also innerhalb von drei Börsentagen nach Zustellung der Voranmeldung an die elektronischen Medien, erfolgt, entfaltet die Voranmeldung ihre rechtlichen Wirkungen gemäss Art. 7 UEV auf den 22. September 2010 (vgl. Empfehlung 406/01 vom 17. März 2009 in Sachen Hammer Retex Holding AG, Erw. 3).

2. Gegenstand des Angebots

[2] Das öffentliche Angebot von CSG bezieht sich auf alle sich im Publikum befindenden NAB-Aktien. Finanzinstrumente sind gemäss Angaben im Angebotsprospekt (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt B, Ziff. 2) keine ausgegeben. Die Anbieterin erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 UEV.

3. Bestimmungen über den Mindestpreis

[3] CSG und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen halten im Zeitpunkt der Publikation der Voranmeldung bereits 98.6% der Stimmrechte an NAB. Somit kommen die Bestimmungen über den Mindestpreis im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung (Art. 9 Abs. 6 UEV e contrario).

4. Best Price Rule

[4] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV muss ein Anbieter, der von der Veröffentlichung des Angebotes bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwirbt, diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anbieten (Best Price Rule). Die Best Price Rule ist auch auf den Erwerb von Finanzinstrumenten anwendbar (Art. 10 Abs. 2 UEV). Die Prüfstelle hat die Einhaltung dieser Regel zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV).

5. Handeln in gemeinsamer Absprache

[5] Die Anbieterin legt die nach Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV verlangten Angaben im Angebotsprospekt offen, indem sie ausführt, dass die NAB und alle weiteren von ihr direkt oder indirekt kontrollierten Gesellschaften als mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handeln (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt C, Ziff. 3). Die Prüfstelle hält in ihrem Bericht fest, sie sei auf keine Sachverhalte gestossen, aus denen sie hätte schliessen müssen, dass die Angaben im Prospekt nicht vollständig und wahr sind. Der Angebotsprospekt entspricht insoweit den gesetzlichen Anforderungen.

[6] Die mit der Anbieterin in gemeinsamer Absprache handelnden Personen haben die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist.

6. Bericht des Verwaltungsrats

6.1 Empfehlung des Verwaltungsrats

[7] Der Verwaltungsrat von NAB setzt sich aus folgenden Personen zusammen: Josef Meier (Präsident), Andreas Binder (Vizepräsident), Erich Erne, Walter Glur, Winfried Köbel, Herbert H. Scholl, Jasmin Staiblin, Peter Wanner, Samuel Wehrli, Martin Werfeli, Hans Rudolf Widmer und Hans-Rudolf Wyss.

[8] Der Verwaltungsrat von NAB hat in Übereinstimmung mit Art. 29 Abs. 1 BEHG und Art. 30 UEV einen Bericht zum vorliegenden Angebot erstellt. Darin wird ausgeführt, dass die Verwaltungsratsmitglieder Andreas Binder, Jasmin Staiblin, Erich Erne, Martin Werfeli und Hans-Rudolf Wyss die Aufgabe hatten, die Transaktion zu verhandeln und zu prüfen und darüber Beschluss zu fassen sowie dem Gesamtverwaltungsrat eine Empfehlung an die Aktionäre von NAB zu beantragen. Gestützt auf die Vorbereitungsarbeiten haben sowohl die vorbereitend tätigen Verwaltungsratsmitglieder als auch der Gesamtverwaltungsrat, unter anderem unter Bezugnahme auf die von Ernst & Young AG erstellte Fairness Opinion, einstimmig entschieden, den Aktionären von NAB das öffentliche Kaufangebot von CSG zur Annahme zu empfehlen.

6.2 Interessenkonflikte und Fairness Opinion

[9] Der Bericht des Verwaltungsrats enthält die mit Blick auf Art. 32 UEV relevanten Angaben bezüglich der Mitglieder des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung.

[10] In Bezug auf die finanziellen Auswirkungen wird im Bericht ausgeführt, dass das Angebot für die Mitglieder des Verwaltungsrats keine solchen habe, namentlich bleibe das System der Entschädigung der im Verwaltungsrat verbleibenden Mitglieder unverändert. Nach dem Vollzug des Angebots seien entsprechend der Transaktionsvereinbarung und nach Kenntnis von NAB keine Veränderungen im Verwaltungsrat geplant. Die Entschädigung und die anderen Vertragsbedingungen für die Geschäftsleitungsmitglieder würden durch das Angebot nicht beeinflusst. Sämtliche Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungsmitglieder werden gemäss Ausführungen im Bericht die von ihnen gehaltenen NAB-Aktien in das Angebot andienen (vgl. Bericht, Ziff. 5.1 und 5.3).

[11] Alle Verwaltungsratsmitglieder von NAB wurden mit den Stimmen der Anbieterin als Mehrheitsaktionärin (vgl. Sachverhalt lit. B) gewählt. Dieser Umstand begründet gemäss Praxis der Übernahmekommission die Vermutung, dass sich die Verwaltungsratsmitglieder in einem potentiellen Interessenkonflikt befinden (vgl. Empfehlung 200/01 vom 30. Juni 2004 in Sachen Scintilla AG, Erw. 6.2.2.2).

[12] Um zu vermeiden, dass sich diese (potentiellen) Interessenkonflikte zum Nachteil der Angebotsempfänger auswirken, hat der Verwaltungsrat Ernst & Young AG beauftragt, die finanzielle Angemessenheit des öffentlichen Kaufangebots zu prüfen (Fairness Opinion). Ernst & Young AG hat in der Fairness Opinion einen Wert pro NAB-Aktie von CHF 802 sowie eine Preisbandbreite von CHF 758 bis CHF 844 pro NAB-Aktie ermittelt und beurteilt den Angebotspreis von CHF 1'000 pro NAB-Aktie aus finanzieller Sicht als fair und angemessen (vgl. Fairness Opinion, S. 3 und 4).

[13] Vorliegend sind die von Ernst & Young AG für ihre Meinungsbildung verwendeten Informationen und Bewertungsmethoden, die Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung offengelegt, so dass die Angebotsempfänger die Einschätzung der Expertin nachvollziehen und ihren Entscheid betreffend Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen können. Die Fairness Opinion ist im Sinn von Art. 30 Abs. 5 UEV hinreichend begründet.

6.3 Jahres- oder Zwischenabschluss

[14] Der letzte von der Zielgesellschaft publizierte Zwischenabschluss ist derjenige per 30. Juni 2010. Damit liegt der letzte veröffentlichte Zwischenabschluss der Zielgesellschaft nicht mehr als sechs Monate zurück. In Bezug auf die Angaben über wesentliche Veränderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten von NAB entspricht der Bericht den Anforderungen gemäss Praxis der Übernahmekommission (vgl. Verfügung 410/01 vom 29. Mai 2009 in Sachen Quadrant AG, Erw. 7.1).

6.4 Übrige Informationen

[15] In Bezug auf die Offenlegung weiterer Informationen entspricht der Bericht des Verwaltungsrats den gesetzlichen Anforderungen.

7. Karenzfrist

[16] Die Anbieterin stellte mit Schreiben vom 20. September 2010 ein Gesuch um Erlass der Karenzfrist nach Art. 14 Abs. 1 und 2 UEV.

[17] Nach Art. 14 Abs. 2 UEV dauert die Karenzfrist in der Regel zehn Börsentage ab Veröffentlichung des Angebotsprospekts. Sie kann von der Übernahmekommission verlängert oder verkürzt werden. Mit der Karenzfrist soll den qualifizierten Aktionären die nötige Zeit eingeräumt werden, um innert Frist Parteistellung zu beantragen und gegebenenfalls Einsprache zu erheben (vgl. Art. 57 f. UEV).

[18] Vorliegend hält die Anbieterin bei Lancierung des Angebots bereits 98.6% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Folglich existiert kein anderer Aktionär mit mindestens 2% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, weshalb kein Aktionär Parteistellung erlangen kann. Von der Einhaltung einer Karenzfrist kann daher antragsgemäss befreit werden.

8. Publikation

[19] Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 33a BEHG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).

9. Gebühr

[20] Das Angebot umfasst maximal 37'477 NAB-Aktien zum Angebotspreis von CHF 1'000. Der Wert des gesamten Angebots liegt somit bei CHF 37'477'000. Gemäss Art. 69 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3 UEV wird folglich die Mindestgebühr von CHF 25'000 zu Lasten der Anbieterin erhoben.

Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Das öffentliche Kaufangebot von Credit Suisse Group AG, Zürich, an die Aktionäre von Neue Aargauer Bank AG, Aarau, entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote.
  2. Von der Einhaltung einer Karenzfrist wird befreit.
  3. Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  4. Zu Lasten von Credit Suisse Group AG wird eine Gebühr von CHF 25'000 erhoben.

Der Präsident:



Luc Thévenoz

Diese Verfügung geht an die Parteien:

  • Neue Aargauer Bank AG (vertreten durch Prof. Dr. Rolf Watter und Dr. Dieter Dubs, Bär & Karrer AG);
  • Credit Suisse Group AG (vertreten durch Dr. Gaudenz G. Zindel und Dr. Patrik R. Peyer, Niederer Kraft & Frey AG).

Diese Verfügung geht zur Kenntnisnahme an:

  • BDO AG (Prüfstelle).

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):

Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Einsteinstrasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.