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0103 - Altin AG

Empfehlung I in Sachen Altin AG vom 22. Juni 2001

Gesuch um Verlängerung der Sechs-Wochen-Frist nach Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK im Rahmen des öffentlichen Umtauschangebotes der Creinvest AG, Zug, für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien der Altin AG, Baar

A.
Die Altin AG (Altin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Baar. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 213'520'714.-- und ist eingeteilt in 4‘965‘598 Inhaberaktien von je CHF 43.-- Nennwert. Die Inhaberaktien sind an der Schweizer Börse kotiert.

B.
Die Creinvest AG (Creinvest) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zug. Das Aktienkapital beträgt CHF 98'000'000.-- und ist eingeteilt in 980'000 Inhaberaktien von je CHF 100.-- Nennwert. Die Inhaberaktien sind an der Schweizer Börse kotiert.

C.
Am 14. Mai 2001 veröffentlichte Creinvest in den elektronischen Medien die Voranmeldung eines öffentlichen Umtauschangebotes für alle sich im Publikum befindenden Aktien der Altin. Am 16. Mai 2001 erfolgte die Publikation der Voranmeldung landesweit in Tageszeitungen der deutsch- und französischsprachigen Schweiz.

D.
In einer Medienmitteilung vom 12. Juni 2001 gab der Verwaltungsrat der Altin die Verschiebung der ordentlichen Generalversammlung auf den 17. Juli 2001 bekannt.

E.
Mit Eingabe vom 15. Juni 2001 beantragt Creinvest der Übernahmekommission, es sei die Sechs-Wochen-Frist gemäss Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK zur Publikation des Angebotes um neun Börsentage bis am 5. Juli 2001 zu verlängern. Das Gesuch wird mit der Verschiebung der Generalversammlung der Zielgesellschaft begründet.

F.
Der Präsident der Übernahmekommission gewährte der Altin mittels verfahrensleitender Anordnung vom 15. Juni 2001 Frist bis am 20. Juni 2001, um zum oben erwähnten Antrag von Creinvest Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme der Altin wurde der Kommission fristgerecht zugestellt. Sie beantragt die Abweisung des Gesuches der Anbieterin.

G.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Ulrich Oppikofer (Präsident), Frau Claire Huguenin und Frau Anne Héritier Lachat gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Verlängerung der Frist zur Veröffentlichung des Angebotes

1.1. Gemäss Art. 9 UEV-UEK ist innerhalb von sechs Wochen nach Publikation der Voranmeldung ein Angebot zu veröffentlichen, das den Konditionen der Voranmeldung entspricht. Die Frist beginnt im Zeitpunkt der Veröffentlichung in den elektronischen Medien zu laufen (vgl. Empfehlung in Sachen Société Immobilière Genevoise vom 5. Mai 1999). Die Veröffentlichung der Voranmeldung durch Creinvest erfolgte am 14. Mai 2001. Die Sechs-Wochen-Frist läuft demnach am 25. Juni 2001 ab. Creinvest müsste also spätestens an diesem Tag den Angebotsprospekt publizieren.

Die Übernahmekommission kann die Frist, in der ein Angebot nach der Voranmeldung veröffentlicht werden muss, verlängern. Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK nennt als einen Grund für eine Verlängerung die Einholung der Bewilligung einer Behörde, insbesondere einer Wettbewerbsbehörde. Der Verordnungstext schliesst dabei nicht aus, dass die Übernahmekommission aus weiteren Gründen eine Fristverlängerung gewähren kann. Da jedoch bereits eine Voranmeldung den Handlungsspielraum der Zielgesellschaft nachhaltig einschränkt und die Berechenbarkeit der zeitlichen Abläufe ein wesentliches Element der gesetzlichen Übernahmeregelung darstellt, ist grundsätzlich Zurückhaltung bei der Gewährung von Fristverlängerungen geboten. Es bedarf demzufolge sachlicher Gründe, welche diesen Schritt als notwendig erscheinen lassen. Durch die Fristverlängerung dürfen der Zielgesellschaft und den Anlegern zudem keine wesentlichen Nachteile erwachsen. Weiter darf der Beweggrund der Verlängerung für den Anbieter nicht bereits zum Zeitpunkt der Voranmeldung voraussehbar gewesen sein. Schliesslich ist die Verlängerung nur im unbedingt notwendigen Umfang zu gewähren.

1.2. Creinvest macht geltend, sie habe den Zeitpunkt der Voranmeldung unter der Annahme gewählt, dass die Generalversammlung der Zielgesellschaft innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres stattfinde, wie dies in Art. 699 Abs. 2 OR statuiert ist. Nachdem Altin mittels Pressemitteilung vom 12. Juni 2001 die Verschiebung der ordentlichen Generalversammlung auf den 17. Juli 2001 bekannt gegeben habe, werde nun - wider Erwarten - die Einladung erst nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist erfolgen. Eine vorgängige Information über die Traktandenordnung durch die Zielgesellschaft sei ihr verwehrt worden. Creinvest führt weiter aus, dass es ihr mangels Kenntnis derjenigen Traktanden, auf die sich einzelne Bedingungen der Voranmeldung beziehen, verunmöglicht werde, den Angebotsprospekt korrekt abzufassen. So kenne sie weder den Umfang der vom Verwaltungsrat angekündigten Herabsetzung des Aktiennennwerts, noch wisse sie, ob die von ihr beantragte Fusion von Altin und Creinvest überhaupt traktandiert werden wird. Die Bezugnahme auf die Inhalte der Tagesordnung der bevorstehenden Generalversammlung der Zielgesellschaft sei jedoch erforderlich, damit der Angebotsprospekt seinen gesetzlichen Zweck erfüllen könne.

Altin beantragt, das Gesuch abzuweisen. Zur Begründung führt Altin aus, dass die Voranmeldung durch Creinvest den Verwaltungsrat zur Verschiebung der Generalversammlung veranlasst habe, da verschiedene Abklärungen notwendig geworden seien. Der behauptete Zusammenhang zwischen der Einladung zur Generalversammlung und der Veröffentlichung des Angebotsprospekts bestehe zudem nicht. Denn alle Traktandierungsbegehren der Creinvest würden in die Tagesordnung aufgenommen. Deren Ablehnung durch den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft sei zudem aus der Pressemitteilung vom 12. Juni 2001 zum Ausdruck gekommen. Mehr Informationen über die bevorstehende Generalversammlung würden von der Anbieterin zur Ausarbeitung des Angebotsprospekts nicht benötigt. Schliesslich werde die Einladung bereits am 21. Juni 2001 offiziell publiziert, wodurch der geltend gemachte Zeitdruck ohnehin wegfalle.

1.3. Gemäss Art. 17 UEV-UEK hat der Angebotsprospekt alle Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebotes ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können. Damit der Angebotsprospekt in casu diejenigen Informationen enthält, welche dem Aktionär das Fällen seiner Entscheidung ermöglichen soll, erscheint es angebracht, dass in diesem auf die Tagesordnung der bevorstehenden Generalversammlung der Altin Bezug genommen werden kann. So vermag etwa die Anbieterin die steuerrechtlichen Konsequenzen für die Anleger bei einer Annahme des Umtauschangebotes nur dann konkret aufzuzeigen, wenn sie den genauen Betrag der vom Verwaltungsrat beantragten Kapitalherabsetzung kennt.

Auch wenn die vorgenommene Verschiebung der Generalversammlung aus der Sicht der Altin unausweichlich war, durfte Creinvest berechtigterweise davon ausgehen, dass die Generalversammlung der Zielgesellschaft innerhalb der gesetzlichen Frist von Art. 699 Abs. 2 OR stattfinden wird. Unter dieser Voraussetzung hätte Creinvest bis am 25. Juni 2001, dem letzten Tag der Sechs-Wochen-Frist, auch über alle für den Kaufprospekt erwünschten Informationen verfügt. Im Übrigen hatte ihr die Zielgesellschaft Auskünfte zum Inhalt der Einladung verwehrt. Die Publikation dieser Einladung am 21. Juni 2001, ein Börsentag vor dem Ende der Sechs-Wochen-Frist, erlaubt es dem Anbieter nicht mehr, den Angebotsprospekt termingerecht zu überarbeiten und in Druck zu geben. Dies gilt umso mehr, als die Anbieterin vorgängig keine Kenntnis über das geplante Publikationsdatum hatte und demnach keine entsprechenden Vorbereitungen treffen konnte.

Bei der Festlegung der Dauer der Fristverlängerung gilt es zu berücksichtigen, dass die Anbieterin nach dem Erhalt der notwendigen Informationen zur Generalversammlung den Angebotsprospekt definitiv redigieren, drucken und publizieren muss, was naturgemäss einige Zeit in Anspruch nimmt. Creinvest ging bei ihrem Antrag, die Sechs-Wochen-Frist zur Publikation des Angebotsprospekts um neun Tage zu verlängern, davon aus, dass die Einberufung durch die Zielgesellschaft zwanzig Tage vor dem Datum der Generalversammlung erfolgt. Nachdem nun die offizielle Einladung bereits im Schweizerischen Handelsamtsblatt vom 21. Juni 2001 ergangen ist, kann diese Berechnungsweise nicht mehr aufrechterhalten werden. Eine Verlängerung der Frist bis zum 2. Juli 2001, d.h. im Umfang von fünf Börsentagen, erscheint hingegen angemessen, zumal der Zielgesellschaft und den Anlegern aus der kurzen Fristverlängerung keine wesentlichen Nachteile erwachsen. Die Frist zur Publikation des Angebotes der Creinvest wird demnach gemäss Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK von der Übernahmekommission um 5 Börsentage, d.h. bis am 2. Juli 2001, verlängert.

2. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird am ersten Börsentag nach der Eröffnung an die Parteien, d.h. voraussichtlich am 25. Juni 2001, auf der Website der Übernahmekommission publiziert.

3. Gebühr

Die Gebühr wird mit der Empfehlung zum öffentlichen Umtauschangebot erhoben.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Der Creinvest AG wird die Frist zur Veröffentlichung des Angebotsprospekts um fünf  Börsentage bis am 2. Juli 2001 verlängert.
  2. Diese Empfehlung wird am 25. Juni 2001 auf der Website der Übernahmekommission publiziert.

 

Der Präsident:

Ulrich Oppikofer

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Creinvest AG, durch ihren Vertreter,
  • Altin AG, durch ihren Vertreter,
  • EBK.