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Transaktionen

0160 - Hero

Empfehlung Hero vom 9. April 2003

Öffentliches Kaufangebot der FIM AG, Zug, für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien der Hero, Lenzburg

A.
Die Hero („Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Lenzburg. Ihr Kapital beträgt CHF 51'516'000 und ist in 5'151'600 Inhaberaktien zu je CHF 10 Nennwert eingeteilt. Die Inhaberaktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert. Ausserdem verfügt Hero über ein bedingtes Aktienkapital im Umfang von CHF 10'000'000, welches die Ausgabe von max. 1'000'000 Inhaberaktien zu je CHF 10 erlaubt.

B.
Die FIM AG („FIM“ oder „Anbieterin“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zug. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 501'000 eingeteilt in 5'010 vinkulierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 100. Die Namenaktien sind nicht kotiert.

C.
Am 21. März 2003 kündigte FIM in den elektronischen Medien an, dass sie den Aktionären der Hero ein öffentliches Kaufangebot von CHF 165 je Hero Inhaberaktie unterbreite. Im Angebotspreis ist der voraussichtliche Dividendenbetrag von CHF 4.75 pro Inhaberaktie eingeschlossen. Diese Ankündigung wurde am 24. März 2003 in den Tageszeitungen landesweit veröffentlicht.

D.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft wurden der Übernahmekommission vor ihrer Publikation unterbreitet.

E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Frau Anne Héritier Lachat (Präsidentin des Ausschusses), Herrn Thierry de Marignac und Herrn Walter Knabenhans gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:


1. Voranmeldung

Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann ein Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen veröffentlichen, zuzustellen. Damit die Rechtswirkungen gemäss Art. 9 UEV-UEK  an diesen Zeitpunkt geknüpft werden können, genügt gemäss Praxis der Übernahmekommission die blosse Zustellung an ein elektronisches Medium jedoch nicht. Vielmehr hat eine Veröffentlichung der vollständigen Voranmeldung zu erfolgen.

Im vorliegenden Fall enthielt die am 21. März 2003 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung alle von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK vorgeschriebenen Angaben. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte innerhalb von 3 Börsentagen. Somit entfaltete die Voranmeldung ihre Wirkungen am 21. März 2003.

2. Handeln in gemeinsamer Absprache

2.1 Gemäss Art. 11 UEV-UEK i.V.m. Art. 15 Abs. 2 lit. c BEHV-EBK handelt der Anbieter grundsätzlich in gemeinsamer Absprache mit allen Mitgliedern seines Konzerns und den ihn beherrschenden Aktionären. Auch die Zielgesellschaft gilt als eine Person, die in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter handelt, wenn sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospekts oder der Voranmeldung von ihm beherrscht wird.

Die Aktien der FIM werden zu 100% von der Schwartau International GmbH mit Sitz in Bad Schwartau, Deutschland gehalten, die ihrerseits zu 100 % von der AOH Nahrungsmittel GmbH & Co. KG („AOH“), ebenfalls mit Sitz in Bad Schwartau, Deutschland gehalten wird. Die AOH ist eine reine Holdinggesellschaft ohne eigene operative Geschäftstätigkeit, die von Dr. Arend Oetker kontrolliert wird. Die genannten Gesellschaften handeln daher in gemeinsamer Absprache mit FIM. Dasselbe gilt für die Zielgesellschaft, denn die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen hielten per 20. März 2003 insgesamt 3'836'866 Hero Inhaberaktien (inkl. 51'746 von Hero direkt gehaltene eigene Inhaberaktien), was 74.48% der Stimmrechte und des ausgegebenen Aktienkapitals von Hero entspricht.

2.2 Die in gemeinsamer Absprache mit FIM handelnden Personen sind den in Art. 12 UEV-UEK formulierten Regeln unterstellt. Die Prüfstelle hat zu prüfen, ob diese Personen ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen und die Einhaltung der Bestimmung in ihrem Bericht nach Art. 27 UEV-UEK zu bestätigen.

3. Nichtanwendung der Bestimmungen über Pflichtangebote

FIM und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen hielten – wie unter Ziffer 2.1 erwähnt – per 20. März 2003 bereits 74.48% der Stimmrechte und des ausgegebenen Aktienkapitals von Hero. Durch ihr Angebot wird FIM somit keinen Schwellenwert nach Art. 32 Abs. 1 BEHG überschreiten, der die Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots auslösen würde. FIM ist demzufolge nicht an die Bestimmungen über Pflichtangebote und damit insbesondere auch nicht an die Mindestpreisvorschrift von Art. 32 Abs. 4 BEHG gebunden.

4. Gleichbehandlung der Inhaber von Beteiligungspapieren

4.1 Umfasst das Angebot mehrere Kategorien von Beteiligungspapieren, so gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz für die Gesamtheit der betroffenen Titel (Art. 10 abs. 1 UEV-UEK). Erstreckt sich das Angebot auch auf nicht kotierte Titel, so ist der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 10 Abs. 2 UEV-UEK auch auf diese Beteiligungspapiere anzuwenden. Die Prüfstelle hat die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu bestätigen (Art. 26 abs. 1 lit. b UEV-UEK).

4.2 FIM bietet den im Rahmen eines sogenannten „Managementoptionsprogramms“ bezugsberechtigten Kadermitarbeitern von Hero (Mitglieder der Konzernleitung und des Konzernstabs der Hero sowie deren Geschäftsleitung) die Möglichkeit, ihre Optionen zum Erwerb von Hero Inhaberaktien an die Anbieterin zu verkaufen.

Diese (nicht kotierten) Optionen sind als vom Angebot umfasst zu betrachten, und demzufolge ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch auf diese Papiere anzuwenden. Die Prüfstelle hat somit insbesondere zu prüfen und zu bestätigen, dass das Verhältnis zwischen dem Preis für die Inhaberaktien und dem Entgelt für die Optionen angemessen ist (Art. 22 Abs. 2 UEV-UEK). Der Bericht der Prüfstelle erfüllt diese Voraussetzungen.

5. Best Price Rule

Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten (sogenannte „Best Price Rule“). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung in Sachen Big Star Holding AG vom 7. April 2000, E. 8). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflage eingehalten wurde (Art. 27 UEV-UEK).

6. Bedingung

6.1 Gemäss Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach Publikation der Voranmeldung ein Angebot veröffentlichen, das den Konditionen der Voranmeldung entspricht. Eine im Angebotsprospekt genannte Bedingung muss deshalb bereits in der Voranmeldung enthalten sein (Art. 7 Abs. 2 lit. f UEV-UEK). Dies ist in casu der Fall.

6.2 Ein öffentliches Kaufangebot darf grundsätzlich nur an aufschiebende Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt der Anbieter selbst nicht massgeblich beeinflussen kann (Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK). Diese Bestimmung untersagt dem Anbieter, das Angebot an praktisch unerfüllbare Bedingungen zu knüpfen, so dass das Angebot nur durch den Verzicht auf den Eintritt der Bedingung zustande kommen würde.

6.2.1 Die einzige Bedingung des Angebotsprospekts sieht vor, dass innerhalb der Angebotfrist FIM Hero Inhaberaktien gültig angedient werden, die, unter Einbezug der Hero Inhaberaktien, die FIM und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen bereits besitzen, mehr als 95% aller ausstehenden Hero Inhaberaktien ausmachen.

6.2.2 Knüpft der Anbieter sein Angebot an das Erreichen einer Mindestbeteiligung an der Zielgesellschaft, so darf die gesetzte Schwelle nicht unrealistisch hoch sein. Andernfalls würde es nur noch im Belieben des Anbieters stehen, ein aufgrund der unrealistischen Bedingung von Anfang an zum Scheitern verurteiltes Angebot mittels Verzicht auf die entsprechende Bedingung doch noch zustande kommen zu lassen. Eine solche Bedingung müsste als unzulässige Potestativbedingung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 erster Satz UEV-UEK qualifiziert werden.

Vorliegend halten FIM und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen per 20. März 2003 bereits 74.48% der Stimmen und des Kapitals an Hero. FIM müssen somit gut 20.5% sich im Publikum befindenden Aktien angedient werden, damit die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Ablauf der Angebotsfrist 95% der Stimmen der Zielgesellschaft halten und das Angebot somit zustande kommt. Dieses Ziel ist realistisch und ermöglicht der Anbieterin nicht, das Angebot nach Gutdünken zurückzuziehen. Die aufschiebende Bedingung ist damit zulässig.

7. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

7.1 Gemäss hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden, ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe Empfehlung in Sachen Axantis Holding AG vom 15. Dezember 2000, E. 5.3).

Der Bericht des Verwaltungsrats der Hero führt unter der Rubrik "Interessenkonflikte" aus, dass alle Mitglieder jeweils durch die Anbieterin gewählt wurden und drei der sieben Mitglieder des Verwaltungsrats von Hero auch Organfunktionen in der AOH, der Konzernobergesellschaft der Anbieterin ausüben. Weiter hält der Bericht fest, dass die Mandate aller Mitglieder des Verwaltungsrats zu den gleichen Bedingungen weitergeführt werden; dies gilt ebenso für die Geschäftsleitung von Hero. Folglich entspricht der Bericht des Verwaltungsrats in diesem Punkt den genannten Anforderungen.

7.2 Weil sich die Mitglieder des Verwaltungsrats von Hero in einem Interessenkonflikt befinden, ist im Bericht auch über die Massnahmen Rechenschaft abzulegen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken (Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK). Deshalb hat der Verwaltungsrat von Hero die Revisions- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young beauftragt, das Kaufangebot auf seine finanzielle Angemessenheit hin zu prüfen (sog. "Fairness Opinion"). Dies wurde im Bericht offengelegt, womit die Voraussetzungen von art. 31 Abs. 3 UEV-UEK erfüllt sind.

Stützt sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft – wie hier – auf eine unabhängige Bewertung, um seine Stellungnahme zum Angebot zu rechtfertigen, wird die Fairness Opinion Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats. Die Fairness Opinion ist gleichzeitig mit dem Bericht zu veröffentlichen und im selben Umfang zu begründen. Diese Bedingungen sind vorliegend erfüllt. Die Fairness Opinion der Ernst & Young liegt dem Angebotsprospekt bei. Zudem sind alle Elemente sowie die Methoden der Berechnung, die die Ernst & Young zum Schluss führen, das Angebot von FIM sei angemessen, in der Fairness Opinion offengelegt. Damit ist die Fairness Opinion im Sinne von Art. 29 Abs. 4 UEV-UEK hinreichend begründet.

7.3 Nach Art. 30 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft die Absichten derjenigen Aktionäre darzulegen, die mehr als 5 % der Stimmrechte besitzen, sofern deren Absichten dem Verwaltungsrat bekannt sind. Auch in diesem Punkt entspricht der Bericht den gesetzlichen Anforderungen.

8. Karenzfrist

Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit diese den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

Da FIM diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit.

9. Dauer des Angebots

Gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK muss ein Angebot grundsätzlich mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Diese Frist wird auf zehn Börsentage verkürzt, wenn a) der Anbieter vor der Veröffentlichung des Angebots die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft besitzt und b) der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft im Angebotsprospekt veröffentlicht wird.

Beide Bedingungen für eine Verkürzung der Angebotsdauer sind im vorliegenden Fall erfüllt.

10. Gebühr

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospekts, d.h. am 14. April 2003, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

11. Gebühr

Das Angebot bezieht sich auf 1'314'734 Hero Inhaberaktien. Der Gesamtbetrag des Angebots liegt bei einem Angebotspreis von CHF 165 bei CHF 216'931'110. Gemäss Art. 62 Abs. 2 lit. a und b UEV-UEK beträgt die Gebühr zu Lasten der FIM somit CHF 103'300.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Das öffentliche Kaufangebot der FIM AG entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.

  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgenden Ausnahmen von der Übernahmeverordnung (Art. 4): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2); Verkürzung der Dauer des Angebots auf zehn Börsentage (Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK)

  3. Diese Empfehlung wird am 14. April 2003 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  4. Die Gebühr zu Lasten der FIM AG beträgt CHF 103'300.

Die Präsidentin des Ausschusses:

Anne Héritier Lachat



Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • FIM AG und Hero, durch ihren Vertreter;
  • Die Eidgenössische Bankenkommission.