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Transaktionen

0068 - Netstal-Maschinen AG

Empfehlung Netstal-Maschinen AG vom 17. August 2001

Ausnahme von der Pflicht der MPM Holding GmbH & Co. KG, München, bzw. der APAX Europe V-A, L.P., Guernsey zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes an die Aktionäre der Netstal-Maschinen AG, Näfels

A.
Die Netstal-Maschinen AG (Netstal) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Näfels. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 29'041'500.--, eingeteilt in 290'200 Inhaberaktien von je CHF 100.-- Nennwert und 4'300 Inhaberaktien von je CHF 5.-- Nennwert. Beide Aktienkategorien sind an der Schweizer Börse kotiert.

B.
Wichtigster Aktionär der Netstal ist die Atecs Mannesmann Aktiengesellschaft (Atecs) mit Sitz in Düsseldorf, die 260'730 Inhaberaktien von je CHF 100.-- und damit 89.78 % des Kapitals und 88.53% der Stimmrechte der Netstal hält.

C.
Am 5. Juli 2001 unterzeichnete die Atecs einen Vertrag mit der MPM Holding GmbH & Co. KG (MPM), München, über den Verkauf ihrer Mehrheitsbeteiligung an Netstal. Der eigentliche Vollzug des Verkaufes ist an die Bedingung geknüpft, dass die zuständigen Wettbewerbsbehörden zustimmen.

D.
In der Folge schloss MPM am 8. Juli 2001 ihrerseits einen Vertrag mit der Emesta Holding AG, Zug (Emesta) über den Verkauf sämtlicher erworbener 260'730 Inhaberaktien der Netstal ab. Der Vollzug dieser Vereinbarung ist von den Bedingungen abhängig, dass der von der MPM am 5. Juli 2001 abgeschlossene Vertrag rechtsgültig vollzogen wird und dass etwaig zuständige Wettbewerbsbehörden der Transaktion zustimmen. Nach Eintritt der Bedingungen soll der Vollzug innert fünf Arbeitstagen erfolgen.

E.
Mit Gesuch vom 23. Juli 2001 beantragen die MPM und deren Muttergesellschaft APAX Europe V-A L.P. (APAX), Channel Islands, der Übernahmekommission, ihnen für den Erwerb der von der Atecs gehaltenen Beteiligungen eine Ausnahme von der Angebotspflicht für alle Aktien der Netstal zu gewähren.

F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Ulrich Oppikofer (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Herrn Peter Hügle gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Grund zur Ausnahmegewährung

1.1 Die Gesuchstellerin bestreitet nicht, dass der Erwerb der Beteiligung an der Netstal einen Kontrollwechsel darstellt, der die Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG an deren Aktionäre auszulösen vermag. Sie macht jedoch geltend, es sei ihr eine Ausnahme zu gewähren, da sie das Aktienpaket innert schnellstmöglicher Frist an die Emesta weiterreiche. Dies zeige den fehlenden Willen zur Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft. Die Interessen der Minderheitsaktionäre seien zudem mit der Pflicht der Emesta, den Aktionären der Netstal ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten, vollständig gewahrt.

1.2. Art. 32 Abs. 2 BEHG erlaubt die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht "in berechtigten Fällen". Eine solche Ausnahme kann namentlich "bei nur vorübergehender Überschreitung des Grenzwertes" gewährt werden (Art. 32 Abs. 2 lit. c BEHG).

Indem die MPM die erworbenen Netstal-Aktien umgehend an die Emesta verkaufte, werden die Gesuchstellerinnen den die Angebotspflicht auslösenden Grenzwert nach Zustimmung der Wettbewerbsbehörden nur kurze Zeit überschreiten.

Weiter zeigt die Weiterveräusserung des Netstal-Aktienpakets nur einen Börsentag nach Erwerb und noch vor dem Vollzug der Transaktion, dass die Gesuchstellerinnen nicht beabsichtigen, auf die Geschäftspolitik und den Geschäftsgang der Netstal Einfluss zu nehmen.

Die Emesta ist schliesslich als neue Hauptaktionärin verpflichtet, den Minderheitsaktionären bis am 31. Oktober 2001 ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten (vgl. Empfehlung in Sachen Netstal AG vom 17. August 2001). Den Aktionären, die sich aufgrund der neusten Entwicklungen von ihren Netstal-Titeln trennen möchten, steht damit innert nützlicher Frist eine Ausstiegsmöglichkeit offen.

Den Gesuchstellerinnen wird daher eine Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes an die Aktionäre der Netstal gewährt.

1.3 Die Überschreitung des die Angebotspflicht auslösenden Schwellenwertes durch MPM und APAX ist gemäss dem vorliegenden Gesuch befristet. Die Ausnahme von der Angebotspflicht wird deshalb zeitlich begrenzt, wobei eine Frist bis zum 31. Oktober 2001 angemessen erscheint.

2. Verzicht auf Auflage

Gemäss Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK wird die Befreiung von der Angebotspflicht am 24. August 2001 im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) publiziert. Nach Praxis der Übernahmekommission muss diese Publikation grundsätzlich von einer Stellungnahme des Verwaltungsrates der Netstal begleitet werden (siehe Empfehlung i.S. Banque cantonale de Genève vom 29. Mai 2000, E. 3). Eine solche Auflage wäre jedoch aufgrund der in Ziffer 1 dieser Empfehlung dargestellten Ausgangslage unverhältnismässig. Unter diesen Umständen erübrigt sich eine Stellungnahme des Verwaltungsrates zur Befreiung von MPM und Apax von der Angebotspflicht.

3. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am ersten Tag nach Eröffnung an die Gesuchstellerin, d.h. am 20. August 2001, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht. Die Befreiung von der Angebotspflicht wird im SHAB vom 23. August 2001 publiziert, welches am 24. August 2001 erscheint.

4. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Gewährung der vorliegenden Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 15'000.-- fest. MPM und APAX haften hierfür solidarisch.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Der MPM Holding GmbH & Co. KG und der APAX Europe V-A, L.P. werden für den Erwerb einer beherrschenden Beteiligung an der Netstal-Maschinen AG, Näfels bis zum 31. Oktober 2001 eine Ausnahme von der Pflicht gewährt, den Aktionären der Netstal-Maschinen AG ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten.

  2. Diese Empfehlung wird am 20. August auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  3. Die Gebühr zu Lasten der MPM Holding GmbH & Co. KG, München und der APAX Europe V-A, L.P. beträgt CHF 15'000.--.

 

Der Präsident des Ausschusses

Ulrich Oppikofer

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • MPM Holding GmbH & Co. und APAX Europe V-A, L.P., durch ihren gemeinsamen Vertreter,
  • Netstal-Maschinen AG,
  • die EBK.